OGH 10ObS226/93

OGH10ObS226/937.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Theodor Zeh (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dipl.Ing.Raimund Tschulik (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Helga I*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Dellhorn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vertreten durch Dr.Anton Rosicky, Rechtsanwalt in Wien, wegen Witwenpension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28.Juni 1993, GZ 32 Rs 73/93-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 1.September 1992, GZ 15 Cgs 38/92-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.623,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 603,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt die Zuerkennung der von der Beklagten mit Bescheid vom 2.3.1992 abgelehnten Witwenpension nach dem am 11.1.1992 verstorbenen geschiedenen Ehegatten Peter I*****.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es liege kein Unerhaltstitel im Sinne des § 258 Abs 4 ASVG vor, weil die Unterhaltsleistung lediglich mündlich zugesichert und tatsächlich nie bezahlt worden sei.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin ab 11.1.1992 die Witwenpension in Höhe von S 1.500,- monatlich zu gewähren.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen kam es nach Schluß der mündlichen Verhandlung im Scheidungsverfahren 3 C 15/91 des Bezirksgerichtes Donaustadt, - aber vor Zustellung des Urteiles, womit die Ehe aus dem Verschulden des Mannes geschieden wurde, zu einem Gespräch zwischen den Ehegatten und ihren beiden Kindern. Die Klägerin brachte dabei zum Ausdruck, daß sie ihren Mann auf Unterhalt klagen werde, es aber lieber hätte, wenn er freiwillig zahle. Peter I***** reagierte darauf einsichtig und erklärte spontan, der Klägerin einen Unterhaltsbeitrag von S 1.500,- zahlen zu wollen, "damit sie nach der Scheidung auch normal leben und eine Wohnung unterhalten könne". Er gab dieses Versprechen im Bestreben ab, ein völliges Abbrechen des Kontaktes zur Klägerin und den beiden gemeinsamen Kindern zu vermeiden. Die Klägerin zeigte sich mit diesem Unterhaltsversprechen einverstanden. Alle am Gespräch beteiligten Familienmitglieder nahmen dieses Versprechen ernst und gingen davon aus, daß es sich auf den Zeitraum nach der Scheidung beziehe. Peter I***** leistete bis zu seinem Tod keinerlei Zahlung. Die Klägerin verdiente 1991 (Zeitpunkt des Unterhaltsversprechens) S 8.500,- netto monatlich, Peter I*****, der seit März 1991 arbeitslos war, bezog hingegen lediglich Arbeitslosengeld und zum geringen Teil Krankengeld von zusammen S 7.173,- bis S 7.412,- monatlich bezogen.

Das Erstgericht erachtete die Voraussetzungen des § 258 Abs 4 ASVG als erfüllt, weil es nur darauf ankomme, ob ein in § 258 Abs 4 ASVG angeführter Tatbestand vorliege. Es sei aber nicht entscheidend, ob dieser Unterhaltsvereinbarung ein gesetzlicher oder nur ein vertraglicher Unterhaltsanspruch zugrundeliege.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es hielt die Beweisrüge für nicht berechtigt und lehnte eine inhaltliche Behandlung der Mängel- und Rechtsrüge mangels gesetzgemäßer Ausführung dieser Berufungsgründe ab.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich die Revision der Beklagten in unrichtigen rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Auf die unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aufgeworfene Frage, ob § 258 Abs 4 ASVG nur gesetzlichen oder auch vertraglichen Unterhaltsansprüchen anspruchsbegründende Wirkung zugesteht, - zumal im vorliegenden Fall auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten kein gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegenüber dem geschiedenen Ehegatten Peter I***** bestanden hätte, - kann nicht eingegangen werden.

Hat das Berufungsgericht - wie im vorliegenden Fall - die rechtliche Beurteilung der Sache abgelehnt, weil die Berufung seiner Meinung nach keine gesetzgemäß ausgeführte Rechtsrüge enthielt, so muß dies, in der Revision als Mangelhaftigkeit des Verfahrens gemäß § 503 Abs 2 ZPO bekämpft werden. Das Urteil des Berufungsgericht kann in einem solchen Falle nicht auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruhen, weshalb der Revisionsgrund nach § 503 Z 4 ZPO nicht in Betracht kommt (SSV-NF 5/18 mwN; 10 Ob S 9/93 ua). Hat die in erster Instanz unterlegene Partei den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht gesetzgemäß ausgeführt, so kann (in der Revision) die versäumte Rechtsrüge (auch in Sozialrechtssachen) nicht mehr nachgetragen werden (SSV-NF 1/28; 10 Ob S 96/93 ua).

Da die Revision eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht geltend macht und die Rechtsrüge sachlich nicht behandelt werden kann, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a und Abs 2 ASGG.

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