OGH 13Os160/93

OGH13Os160/9324.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. November 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Massauer, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Mazzolini als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ottokar K***** wegen des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 16. September 1993, GZ 20 Vr 602/93-79, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Strickner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde der am 12. September 1934 geborene Ottokar K***** (neben anderen strafbaren Handlungen, die nicht Gegenstand der Anfechtung sind) des Verbrechens des Mordes nach dem § 75 StGB schuldig erkannt und gemäß den §§ 28 Abs 1, 75 StGB zu 18 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am 21. Feber 1993 in Zams seine Lebensgefährtin Cäcilia W***** durch zahlreiche Messerstiche getötet hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Als Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) rügt er die Unterlassung der fragenmäßigen Teilung des von der Hauptfrage 7 (nach Mord) bzw. von den Eventualfragen 8 (nach Totschlag), 9 (nach absichtlicher schwerer Körperverletzung mit Todesfolge) und 10 (nach schwerer Körperverletzung mit tödlichem Ausgang) umfaßten Sachverhalts in zwei Phasen sowie der Stellung von Eventualfragen jeweils nach Versuch in Ansehung der ersten Tatphase. Mangels einer solchen Differenzierung sei den Geschworenen die Möglichkeit genommen worden, die erste Phase der Tat, die nach dem Gutachten des Sachverständigen Dr. U***** noch nicht zum Tode des Opfers geführt hat, als Versuch zu beurteilen und dem Angeklagten hinsichtlich der zweiten Tatphase den Schuldausschließungsgrund der Zurechnungsunfähigkeit infolge eines "Blutrausches" zuzugestehen.

Der Beschwerdeauffassung zuwider bestand für eine solche Fragenteilung (vgl. § 317 Abs 2 StPO) kein Anlaß, weil in der Hauptverhandlung keine Tatsachen vorgebracht wurden, die für ein mehrheitliches Tatgeschehen gesprochen hätten. Sofern nämlich zwar mehrere, aber zeitlich nicht allzusehr differierende Ausführungshandlungen von einem einheitlichen - obschon im Zuge der Tat modifizierten - Vorsatz umspannt und planmäßig auf Vollendung eines und desselben Verbrechens bei Identität des Angriffsobjektes ausgerichtet sind, liegt nur eine Straftat vor, und zwar auch dann, wenn eine Angriffshandlung fehlschlägt und eine weitere folgt. In einem solchen Fall tritt der Versuch der Straftat hinter der Vollendung zurück, sodaß nur scheinbar Realkonkurrenz besteht (Mayerhofer-Rieder StGB**n E 77 zu § 28; Leukauf-Steininger Komm**n § 28 RN 59 ff). Das Gutachten des medizinischen Sachverständigen, wonach sich der Vorfall in zwei Teilphasen abgespielt habe, nämlich zunächst im Bereich Küche/Wohnzimmer/Gang und danach auf dem Balkon (S 357/II), vermochte schon wegen seiner Beschränkung auf die objektive Tatseite keineswegs zu indizieren, daß die gegen das Opfer gerichteten wiederholten Angriffe des Beschwerdeführers nicht als Einheit im aufgezeigten Sinn zu werten gewesen wären. Daß er keinen einheitlichen Tatvorsatz gehabt hätte, wurde auch vom Angeklagten nicht behauptet. In seiner Verantwortung beruft er sich vielmehr auf eine Erinnerungslücke (S 331/II), was ebensowenig als Grundlage für die nunmehr begehrte Fragestellung an die Geschworenen geeignet war. Das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. P***** schließlich bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß dem Angeklagten in irgendeiner Phase der Tatausführung die Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit abhanden gekommen wäre (S 359 ff/II), sodaß auch von daher für die vom Beschwerdeführer reklamierte Fragenkonzeption kein Anlaß bestanden hat.

Der daran anknüpfende Einwand gegen die Rechtsbelehrung (Z 8), in dieser sei weder der Versuchsbegriff erläutert noch der Tatablauf in zwei Phasen erörtert worden, versagt somit schon deshalb, weil den Geschworenen eine Rechtsbelehrung nur zu gestellten Fragen zu erteilen (Mayerhofer-Rieder StPO**n E 20 und 23 a zu § 345 Abs 1 Z 8) und zudem auf Besonderheiten des Falles in tatsächlicher Beziehung in der Rechtsbelehrung überhaupt nicht einzugehen ist (a.a.O. E 14 und 15).

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Geschworenengericht das Zusammentreffen von einem Verbrechen mit wiederholten Vergehen und die besonders brutale Vorgangsweise beim Mord als erschwerend; als mildernd hingegen einen als "Tatsachengeständnis" bezeichneten wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung, die Selbststellung, die Unbescholtenheit und die verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten.

Seiner auf eine Herabsetzung des Strafausmaßes abzielenden Berufung kommt gleichfalls keine Berechtigung zu, zumal der Berufungswerber weder zusätzliche Milderungsgründe ins Treffen führt noch die angenommenen Erschwerungsgründe in Abrede stellt. Er vermeint bloß, daß die Verminderung seiner Zurechnungsfähigkeit bereits im Grenzbereich zum Schuldausschluß gelegen sei und auch die Unbescholtenheit wegen seines fortgeschrittenen Alters stärker zu berücksichtigen gewesen wäre.

Für den ersten Einwand fehlt es allerdings an einer entsprechenden Grundlage im Beweisverfahren, hat doch der psychiatrische Sachverständige dem Angeklagten keineswegs einen Gemütszustand zur Tatzeit attestiert, der einem Schuldausschließungsgrund schon nahekäme. Richtig ist zwar, daß ein tadelsfreies Vorleben mit zunehmendem Alter an Gewicht gewinnt, doch wurde dieser Umstand bei Abwägung der das Ausmaß der Schuld bestimmenden Faktoren (§ 32 Abs 2 StGB) im Ergebnis ohnedies gebührend bewertet. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher zu der begehrten Milderung der zeitlichen Freiheitsstrafe nicht veranlaßt.

Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

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