OGH 3Ob8/94

OGH3Ob8/9424.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr. Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei W***** Z*****gmbH (früher: R***** Z*****gmbH), ***** vertreten durch Rechtsanwälte Dr.Giger, Dr.Ruggenthaler & Dr.Simon Partnerschaft in Wien, wider die verpflichteten Parteien 1. N***** Kommanditgesellschaft und 2. N*****gmbH, ***** vertreten durch Dr.Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung von Unterlassungen, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 5.März 1993, GZ 46 R 80, 142/93-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 3. Dezember 1992, 14 E 14.448/92-2, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die verpflichteten Parteien haben die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen und sind schuldig, der betreibenden Partei die mit 19.475,28 S (darin 3.245,88 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses je zur Hälfte binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Den verpflichteten Parteien ist auf Grund der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 19.11.1992, 38 Cg 449/92-7, verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, insbesondere in Zeitungen und Zeitschriften sowie im Rundfunk, anzukündigen, daß sie oder ein mit ihnen in Geschäftsverbindung stehender Dritter dem Käufer von Zeitungen oder Zeitschriften, deren Verleger sie sind, insbesondere der Zeitschrift N*****, unentgeltliche Zugaben gewähren, insbesondere wenn die Zugabe in der Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an einem Gewinnspiel besteht, bei dem Flugtickets der L***** verlost werden, sofern der Gesamtwert der ausgespielten Preise 300.000 S überschreitet.

Die betreibende Partei beantragte auf Grund dieser einstweiligen Verfügung, ihr zur Erwirkung des darin ausgesprochenen Unterlassungsgebotes die Exekution zu bewilligen. Sie stützte den Antrag darauf, daß die verpflichteten Parteien in der Nummer 6 der im Exekutionstitel genannten Zeitschrift, die am 23.11.1992 österreichweit, insbesondere in einem näher bezeichneten Zeitungskiosk, verkauft worden sei, eine dem Exekutionstitel widersprechendes Gewinnspiel angekündigt hätten.

Das Titelgericht bewilligte die beantragte Exekution mit Beschluß vom 25.11.1992.

Die betreibende Partei beantragte in einem am 27.11.1992 zur Post gegebenen Schriftsatz, gegen jede der verpflichteten Parteien eine Geldstrafe von 50.000 S zu verhängen. Sie brachte dazu vor, daß am 26.11.1992 österreichweit, insbesondere in einer näher bezeichneten Tabaktrafik, die Ausgabe einer bestimmten Tageszeitung vertrieben worden sei. Dieser sei über Auftrag der verpflichteten Parteien ein Werbefolder für die am 26.11.1992 erscheinende Ausgabe der im Exekutionstitel genannten Zeitschrift beigelegt gewesen. Auf den Seiten 2 und 3 dieses Werbefolders werde dasselbe Gewinnspiel angekündigt, auf Grund dessen die einstweilige Verfügung ergangen sei. Unter der Überschrift "Gewinn mit L*****! Ihr Flug wartet" werde angekündigt, daß der Leser mit dem Kauf jedes Exemplars der im Exekutionstitel genannten Zeitschrift ein kostenloses, in die Zeitschrift eingeklebtes Gewinn-Ticket erhalte. Dieses werde von den verpflichteten Parteien bzw von N***** L*****, der mit ihnen in Geschäftsverbindung stehe, gewährt. Der Gesamtwert der Preise, die bei dem angekündigten Gewinnspiel ausgespielt würden, übersteige 300.000 S. Insgesamt würden bei dem über sieben Wochen gehenden Gewinnspiel Preise im Gesamtwert von über 1,000.000 S ausgespielt.

Das Erstgericht verhängte über jede verpflichtete Partei auf Grund der Exekutionsbewilligung eine Geldstrafe von 30.000 S und auf Grund des dargestellten Strafantrags eine solche von 50.000 S.

Das Rekursgericht setzte infolge Rekurses der verpflichteten Parteien die auf Grund der Exekutionsbewilligung verhängte Geldstrafe auf je 20.000 S herab und wies den Strafantrag ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Aus dem Werbefolder, auf den Bedacht zu nehmen sei, gehe nicht hervor, daß in dem darin angekündigten Gewinnspiel der Gesamtwert der ausgespielten Preise 300.000 S überschreitet. Es sei nur davon die Rede, daß 300.000 kostenlose Flugkilometer verschenkt würden. Durch die in dem Werbefolder enthaltene Ankündigung werde daher gegen das Unterlasssungsgebot der Exekutionsbewilligung nicht verstoßen.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Partei gegen die Abweisung des Strafantrages durch das Rekursgericht erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil zu der in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Frage, ob ein Verstoß gegen § 9 a UWG oder gegen einen damit übereinstimmenden Exekutionstitel nur dann vorliegt, wenn schon der Ankündigung des Gewinnspiels zu entnehmen ist, daß Preise in einer 300.000 S überschreitenden Höhe ausgespielt werden, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Gemäß § 9 a Abs 1 Z 1 UWG in der hier noch maßgebenden Fassung vor der UWGNov 1993 BGBl 227 war es unter anderem verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder an deren Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, anzukündigen, daß Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt werden. Abs 1 ist gemäß dem nachfolgenden Abs 2 Z 8 nicht anzuwenden, wenn die Zugabe in der Einräumung einer Teilnahmemöglichkeit an einem Preisausschreiben (Gewinnspiel) besteht, bei dem der sich aus dem Gesamtwert der ausgespielten Preise im Verhältnis zur Zahl der ausgegebenen Teilnahmekarten (Lose) ergebende Wert der einzelnen Teilnahmekarte 5 S und der Gesamtwert der ausgespielten Preise 300.000 S nicht überschreitet.

Diese gesetzliche Bestimmung kann im allgemeinen auch zur Auslegung von denselben Gegenstand betreffenden Exekutionstiteln herangezogen werden, zumal wenn diese - wie hier - im wesentlichen mit dem Gesetz übereinstimmen (ähnlich schon 3 Ob 146/93). Der Wortlaut des Gesetzes spricht aber ebenso wie der in diesem Punkt gleiche Wortlaut den Exekutionstitel bildenden einstweiligen Verfügung gegen die Auslegung, daß schon der Ankündigung der Gesamtwert der ausgespielten Preise zu entnehmen sein muß, weil es für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 9 a Abs 2 Z 8 UWG nur auf die Höhe der "ausgespielten" nicht aber auf die der "angekündigten" Preise ankommt. Dies zeigt auch der erste Tatbestand des § 9 a Abs 2 Z 8 UWG. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, daß in der Ankündigung immer auch die Anzahl der Teilnahmekarten angegeben wird. Ohne Kenntnis dieser Anzahl kann der Verbraucher aber nicht beurteilen, ob der Wert der einzelnen Teilnehmerkarte 5 S überschreitet. Für eine berichtigende Auslegung des Wortlautes des Gesetzes und damit auch des Exektutionstitels besteht daher kein Grund.

Kommt es aber nicht darauf an, ob der Ankündigung der Gesamtwert der ausgespielten Preise zu entnehmen ist, sondern nur darauf, in welcher Höhe Preise ausgespielt werden, damit es sich um eine mißbilligte Zugabe nach § 9 a Abs 1 UWG handelt, so war es ausreichend, daß die betreibende Partei im Strafantrag behauptete, der Gesamtwert der ausgespielten Preise überschreite 300.000 S. Hievon ist auszugehen (vgl ÖBl 1980, 165; ÖBl 1978, 75 ua). Sollte die Behauptung nicht zutreffen, so ist es Sache der verpflichteten Partei, dies mit einer Klage nach § 36 EO geltend zu machen.

Da somit das Vorbringen im Strafantrag der betreibenden Partei ausreicht, um eine Zuwiderhandlung gegen den Exekutionstitel (vgl EvBl 1993/137) schlüssig darzutun, und auch sonstige Hindernisse gegen die Verhängung einer Strafe nicht bestehen, hat das Erstgericht dem Strafantrag zu Recht entsprochen. Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, eine geringere Geldstrafe als das Erstgericht zu verhängen. Das von den verpflichteten Parteien hiefür ins Treffen geführte Argument, daß die Strafen niedriger bemessen werden müßten, weil sie zur Verhinderung des titelwidrigen Verhaltens in den Vertrieb eines fremden Druckwerkes eingreifen hätten müssen, überzeugt nicht. Es mußte ihnen schon seit der Zustellung der den Exekutionstitel bildenden einstweiligen Verfügung klar sein, daß jedes Zuwiderhandeln gegen das damit ausgesprochene Unterlassungsgebot mit Strafe bedroht ist. Sie hätten daher die Verteilung des Werbematerials nicht veranlassen dürfen oder jedenfalls vor dem Beginn des Vertriebes der Zeitung die Vereinbarung über die Verteilung auflösen müssen. Schwierigkeiten, die damit verbunden wären, haben für die Höhe der Strafe keine Bedeutung, weil es darum geht zu verhindern, daß der Verpflichtete sich titelwidrig verhält. Im Hinblick auf den repressiven Charakter von Strafen, die im Zug von zur Erwirkung von Duldungen oder Unterlassungen geführten Exekutionen verhängt werden (vgl ecolex 1993, 686), und im Hinblick auf die Vorteile, welche die verpflichteten Parteien aus einem titelwidrigen Verhalten erwarten durften, erscheint es gerechtfertigt, schon für die zweite Zuwiderhandlung eine verhältnismäßig hohe Geldstrafe zu verhängen, weil nur dann, wenn die verpflichteten Parteien von vornherein mit solchen Geldstrafen rechnen mußten, erwartet werden konnte, daß sie dem Unterlassungsgebot nicht zuwiderhandeln und alles unternehmen werden, um dies zu verhindern. Unter diesem Gesichtspunkt ist es auch ohne Bedeutung, daß das Rekursgericht die vom Erstgericht auf Grund der Exekutionsbewilligung verhängten Geldstrafen von 30.000 S auf 20.000 S herabgesetzt hat.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses der betreibenden Partei beruht auf § 74 EO, jener über die Kosten des Rekurses der verpflichteten Parteien auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.

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