OGH 7Ob592/93

OGH7Ob592/9324.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Eberhardt R*****, vertreten durch Dr.Herwig Kubac, Dr.Harald Svoboda und Dr.Richard Kirchweger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Helmut D*****-Handelsgesellschaft mbH, ***** wegen S 200.000 sA infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 16.Juni 1993, GZ 14 R 116/93-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26.April 1993, GZ 9 Cg 149/93k-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt vom Beklagten S 200.000 mit der Begründung, die A***** Gesellschaft mbH (A*****) in Wien 1,***** deren Gesellschafter der Kläger damals gewesen sei, habe am 1.Oktober 1991 die K*****-Handelsgesellschaft (K*****) in Wien 4, ***** deren Prokurist der Beklagte gewesen sei, mit der Vermittlung des Verkaufs ihrer Gesellschaftsanteile beauftragt. Zum Gesellschaftsvermögen zählte ein Mietvertrag über das Geschäftslokal in Wien 1, ***** zum Betrieb eines Handelsgewerbes ohne Getränke- oder Imbißstube. Der Beklagte habe darauf hingewiesen, daß gerade im Betrieb einer Getränke- oder Imbißstube Interessen potentieller Neugesellschafter liegen könnten und habe sich persönlich, im eigenen Namen, erbötig gemacht, den Vermieter zu einer entsprechenden Änderung des Mietvertrages zu bewegen. Er benötigte hiefür den Betrag von S 200.000. Diesen Betrag habe ihm der Kläger privat übergeben. Mittlerweile seien die Gesellschaftsanteile veräußert worden, wobei der Mietvertrag unverändert geblieben sei. Der Beklagte habe keinerlei ihm durch diese Tätigkeit entstandenen Barauslagen behauptet und sei daher ungerechtfertigt bereichert. Er weigere sich, den Betrag zurückzubezahlen und habe vielmehr erklärt, Forderungen der K***** gegen die A***** sowie gegen die Gattin des Klägers aufzurechnen.

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Nach der Auffassung der Vorinstanzen sei das Versprechen des Prokuristen einer mit der Vermittlung des Verkaufs von Gesellschaftsanteilen beautragten Immobilienfirma privat eine zur Verbesserung und somit zur leichteren Vermittlung beitragende Leistung zu erbringen, zwar nicht im Namen der Gesellschaft, aber jedenfalls im Rahmen seiner (gesellschaftsbezogenen) Tätigkeit abgegeben worden. Der Gegenstand des Auftrages, nämlich die Vermittlung einer Änderung des Mietvertrages, sei für die von der K***** zu entfaltende Vermittlungstätigkeit nicht derart atypisch, daß sie aus dem Rahmen der gesellschaftsbezogenen Tätigkeit eines Prokuristen falle. Derartige aus der gesellschaftsbezogenen Tätigkeit eines der Mitglieder der Verwaltung herrührende Streitigkeiten gehörten vor die Kausalgerichte, weil durch die Bestimmung des § 51 Abs 1 Z 6 JN für diese Streitigkeiten offensichtlich eine Konzentration bei diesen Gerichten herbeigeführt werden sollte.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.

Es trifft zwar zu, daß mit der durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingeführten Bestimmung, wonach auch Streitigkeiten der im § 51 Abs 1 Z 6 genannten Personen aus Rechtsverhältnissen zu Dritten, denen sie sich in dieser Eigenschaft "verantwortlich" gemacht haben, vor den selbständigen Handelsgerichten auszutragen sind - soferne es sich nicht um Arbeitsrechtssachen handelt -, ganz offensichtlich eine gewisse Konzentration solcher Streitigkeiten vor den Kausalgerichten herbeigeführt werden sollte. Gleichwohl aber werden jedoch, wie in der Rechtsprechung hervorgehoben wurde (EvBl 1987/27, EvBl 1992/146), Kontraktansprüche nicht schlechthin unter diese Bestimmung fallen (vgl Fasching I 322, ZPR2 Rz 254).

Der Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang - worauf das Rekursgericht bereits verwiesen hat - ausgesprochen, daß Klagen der Sozialversicherungsträger gegen Prokuristen (7 Ob 527/92), bzw Geschäftsführer einer GmbH (EvBl 1992/146 = WBl 1992, 263 = ecolex 1992, 635 = RdW 1992, 374), die Bürgschaften für Beitragsrückstände ihrer Gesellschaft übernommen hatten, vor die selbständigen Handelsgerichte gehören. Hingewiesen wurde aber gleichzeitig auf den spezifischen Anspruch, der mit solchen Klagen geltend gemacht wird. Die für die Gesellschaft tätigen Prokuristen und Geschäftsführer hafteten nämlich dem Sozialversicherungsträger gegenüber deliktisch, falls sie sich einer Konkursverschleppung schuldig gemacht hätten. Ebenso seien sie bei Einbehaltung und Vorenthaltung der Dienstnehmeranteile für den strafbaren Tatbestand des § 114 Abs 1 ASVG verantwortlich. Der enge Konnex zwischen deliktischer Haftung und vertraglicher Verpflichtung sowie die möglichen Auswirkungen der vertraglichen Verpflichtung auf einen deliktischen Haftungsgrund gebiete es, derartige Streitigkeiten vor den Handelsgerichten auszutragen.

Bei Anwendung dieser Rechtssätze kommt aber für den vorliegenden Fall die Zuständigkeit der Kausalgerichte nicht in Betracht.

Bei der amtswegigen Zuständigkeitsprüfung ist von den für wahr zu haltenden Angaben in der Klage auszugehen (Fasching I, 260 f, ZPR2 Rz 1033, JBl 1980, 430).

Nach den Angaben in der Klage, die demnach der Zuständigkeitsprüfung zugrunde zu legen sind, wurde die vom Beklagten als Prokurist vertretene Immobiliengesellschaft mit der Vermittlung des Verkaufs von Gesellschaftsanteilen an einer GmbH beauftragt. In diesem Zusammenhang hat sich der Beklagte im eigenen Namen und persönlich erbötig gemacht, eine Änderung des zum Vermögen der zu verkaufenden Gesellschaft gehörenden Mietvertrages zu erwirken und hat dafür privat einen Geldbetrag in Empfang genommen. Diese Ausführungen lassen aber hinreichend erkennen, daß die vom Beklagten, wenn auch im Zusammenhang mit dem der Gesellschaft erteilten Vermittlungsauftrag, gegebene Zusage ausdrücklich im eigenen Namen abgegeben wurde, ohne daß damit auch eine Verbindlichkeit der Gesellschaft begründet werden sollte.

Diese vom Beklagten im eigenen Namen und persönlich erteilte Zusage, eine Änderung des Mietvertrages zu erwirken, mag zwar im Interesse der von ihm vertretenen Gesellschaft an einer erfolgreichen Vermittlungstätigkeit gelegen sein, doch fehlt dabei der in den vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen hervorgehobene enge Konnex zwischen der privatrechtlichen Verpflichtung des Prokuristen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft und seiner allfälligen deliktischen Haftung.

Für Streitigkeiten, die sich aus persönlich, im eigenen Namen abgegebenen Verpflichtungen eines Prokuristen, der damit keinerlei Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernehmen wollte, ergeben, ist daher eine Zuständigkeit der Kausalgerichte nicht gegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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