OGH 5Ob96/93

OGH5Ob96/9323.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Gertrude F*****, vertreten durch Dr.Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die Antragsgegner 1.) Elisabeth H*****, vertreten durch Dr.Markus Hupfauf, Rechtsanwalt in Innsbruck, und 2.) Stadtgemeinde H*****, vertreten durch den Bürgermeister Dr.Josef P*****, wegen §§ 3 und 6 MRG infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 23.April 1993, GZ 3 a R 662/92-27, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hall i.T. vom 4.September 1992, GZ Msch 55/91-21, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden, soweit sie sich auf die das Nebengebäude betreffenden Erhaltungsarbeiten (abweisender Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes) beziehen, aufgehoben.

Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekurses wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragsgegnerinnen sind je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches *****, auf der sich eine freistehende Villa (T*****), das sogenannte Stöckl-Gebäude (T*****; s AS 11) und ein Nebengebäude befinden. Die Antragstellerin ist Hauptmieterin einer in dieser Villa gelegenen Wohnung. Sie behauptet - im Verfahren unwidersprochen - auch Mietrechte an einem Teil des Nebengebäudes (östliches Abteil; s AS 31 = S 6 des Gutachtens ON 8).

Die Antragstellerin begehrt, die Antragsgegnerinnen zur Durchführung bestimmt bezeichneter Erhaltungsarbeiten am Haupt- und Nebengebäude sowie an der Liegenschaftseinfassung zu verhalten (ON 1 und 16).

Die Antragsgegnerinnen beantragen die Abweisung dieses Antrages.

Das Erstgericht gab dem Antrag der Antragstellerin vollständig statt.

Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes teilweise insoweit ab, als es das Begehren der Antragstellerin auf Sanierung des Nebengebäudes abwies; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete den abweisenden Teil seiner Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Das Nebengebäude sei vom Wohngebäude, in welchem der Antragstellerin das Hauptmietrecht an einer Wohnung zukomme, räumlich völlig abgesondert. Es bestehe kein Zusammenhang mit den von der Antragstellerin im Hauptgebäude gemieteten Räumlichkeiten oder auch nur eine Berechtigung der Antragstellerin auch zur Benützung dieses Nebengebäudes. Derartiges sei weder behauptet noch im Verfahren hervorgekommen. Das Nebengebäude könne auch nicht zu jenen Anlagen gezählt werden, die etwa wie der Gartenzaun (Garten- und Fußgängertor) zur Straße hin oder die Stiegen im Wohngebäude für die Antragstellerin zum Erreichen der von ihr gemieteten Räumlichkeiten gebraucht würden. Zur Geltendmachung der das von der Antragstellerin nicht benützte Nebengebäude betreffenden Erhaltungsarbeiten sei sie daher nicht legitimiert. Auf den Einwand der Antragsgegner, daß eine Sanierung des Nebengebäudes infolge dessen Abbruchreife wirtschaftlich nicht vertretbar sei, brauche daher nicht eingegangen werden.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil es sich um einen Einzelfall handle und weil Fragen vom Gewicht des § 528 Abs 1 ZPO nicht zu lösen seien.

Gegen den abweisenden Teil des Sachbeschlusses des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß diesbezüglich dahin abzuändern, daß insofern der Sachbeschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Zweitantragsgegnerin beantragt, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig und berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit:

Das Rekursgericht verneinte bezüglich des Nebengebäudes unzutreffend, wie in der Sachentscheidung ausgeführt werden wird, die Aktivlegitimation der Antragstellerin.

b) Zur Sachentscheidung:

Rechtliche Beurteilung

Zunächst bezieht sich das Antragsrecht eines Mieters auf Durchführung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten im Sinne der §§ 3 und 6 MRG auf alle auf einem Grundbuchskörper befindlichen, eine wirtschaftliche Einheit bildende Objekte. Dies folgt schon daraus, daß infolge der Verschränkung der Bestimmungen des § 6 MRG mit denjenigen des § 18 MRG die Mieter jedes der einzelnen Gebäude anteilig für die Instandhaltungskosten jedes anderen Gebäudes im Falle einer Anhebung der Mietzinse nach § 18 MRG aufzukommen hätten (vgl Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 § 17 MRG Rz 2 mwN). Die Bezeichnung "Nebengebäude" weist darauf hin, daß es sich nicht um ein wirtschaftlich selbständiges Objekt handelt. Überdies wurde derartiges von keiner der Antragsgegnerinnen im Verfahren erster Instanz behauptet.

Dazu kommt, daß bei dem vom Sachverständigen durchgeführten Ortsaugenschein in Anwesenheit der Vertreter der Antragsgegnerinnen die Antragstellerin - dort und in der Folge unwidersprochen - behauptete, von ihrem Mietrecht sei auch das östliche Abteil im Erdgeschoß des Nebengebäudes umfaßt (AS 31 = S 6 des Gutachtens ON 8). Es ist daher - unabhängig vom Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit der beiden Haupt- und des Nebengebäudes - von der Antragslegitimaton der Antragstellerin bezüglich der im Nebengebäude durchzuführenden Erhaltungsarbeiten auszugehen.

Ungeprüft blieb bisher - vom Rekursgericht ausdrücklich erklärt - die Frage der Wirtschaftlichkeit der Durchführung der beantragten Erhaltungsarbeiten am Nebengebäude. Die Erhaltungspflicht des Vermieters findet auch im Anwendungsbereich des MRG an der Unwirtschaftlichkeit der Erhaltung des Gebäudes, in dem das Mietobjekt liegt, ihre Grenze (MietSlg 40/27), ausgenommen, es handelt sich um Arbeiten im Sinne des § 3 Abs 3 Z 2 MRG (SZ 62/209). Da zu diesem Tatsachenbereich Feststellungen fehlen, und zwar schon im Sachbeschluß des Erstgerichtes, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen betreffend die beantragten Erhaltungsarbeiten im Nebengebäude (abweisender Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes) aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG. Die Antragstellerin verzeichnete im Revisionsrekurs - ebenso wie in ihrem Rekurs und ihrer Beantwortung der Rekurse der Antragsgegnerinnen - nur die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung. Der Ersatz derartiger Kosten könnte nach der genannten Gesetzesstelle den Antragsgegnerinnen jedoch nur aufgetragen werden, wenn sie mutwillig durch die Stellung nicht gerechtfertigter Anträge verursacht wären. Eine solche Mutwilligkeit läßt sich der Aktenlage nicht entnehmen. Es kann daher über die geltend gemachten Kosten des Revisionsrekursverfahrens bereits abschließend entschieden werden. Aus denselben Gründen ist auch eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Kostenpunkt - trotz Teilaufhebung der Sachentscheidung - nicht erforderlich.

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