OGH 15Os160/93

OGH15Os160/9318.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.November 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Freyer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Viktor F***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und 2 StGB sowie § 15 StGB über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 13.August 1993, GZ 26 Vr 545/93-40, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Weiß, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und dessen Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13.August 1993, GZ 26 Vr 545/93-40, verletzt im Schuldspruch zu Punkt 2. des Urteilssatzes, wonach der Angeklagte neben dem vollendeten Diebstahl eines PKWs durch Einbruch im Wert von ca 400.000 S (= Punkt 1. des Urteilssatzes) überdies auch noch ein weiteres gleichartiges Kraftfahrzeug wegzunehmen versucht hat, sowie in der darauf beruhenden, der Sache nach erfolgten Annahme, daß der Wert des Diebsgutes im Sinne des § 128 Abs. 2 StGB 500.000 S übersteigt, das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 15 Abs. 1, 28 und 29 StGB.

Dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch zu Punkt 2. des Urteilssatzes und demgemäß auch (jedoch unter Aufrechterhaltung der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und es wird im Umfang der Aufhebung gemäß § 292 StPO in der Sache selbst erkannt:

Viktor F***** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches (Punkt 1. des Urteilssatzes) weiterhin zur Last fallende Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2 StGB gemäß § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Text

Gründe:

Mit dem (infolge Rückziehung der Rechtsmittel durch den Angeklagten in Rechtskraft erwachsenen) Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. August 1993, GZ 26 Vr 545/93-40, wurde Viktor F***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z 1 und Z 2 StGB und § 15 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Urteilsspruches hat er am 20.Oktober 1992 in St.Johann in Tirol Gottfried K***** fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S übersteigenden Wert durch Einbruch, nämlich nach Aufbrechen eines Schlüsseltresors und Eindringen in das Fahrzeug mit dem auf diese Weise widerrechtlich erlangten Schlüssel,

1. weggenommen, und zwar einen PKW der Marke BMW 525 i im Wert von ca 500.000 S und

2. wegzunehmen versucht, und zwar einen weiteren PKW der Marke BMW 525 i im Wert von ca 400.000 S.

Dazu stellte das Schöffengericht im wesentlichen fest, daß beide im Spruch genannten Kraftfahrzeuge, die einen Wert von jeweils ca 400.000 S hatten (US 5), am Gelände der Firma U***** in St.Johann abgestellt waren, wobei sich die Fahrzeugschlüssel jeweils in einem an den Fahrzeugen angebrachten Schlüsseltresor befanden.

Nachdem der Angeklagte, der zuvor auch den Zufahrtschranken zum Firmengelände abmontiert hatte, auf die im Spruch umschriebene Weise in eines der beiden Kraftfahrzeuge gelangt war, mißlang wegen fehlender Autobatterie der Versuch, mit diesem (ersten) Kraftfahrzeug wegzufahren (= Urteilspunkt 2.). Deshalb (US 4) begab er sich zum nächststehenden PKW, drang auf die gleiche Art in diesen ein und fuhr mit diesem weg (= Urteilspunkt 1.). Der Angeklagte, der lediglich ein Fahrzeug wegnehmen wollte (vgl auch US 5), beabsichtigte, den mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommenen PKW für sich zu behalten und damit nach Rumänien zu fahren (US 4).

Dennoch wurde der Angeklagte vom Schöffengericht unter Zusammenrechnung der Werte (§ 128 Abs. 2 StGB) der Begehung eines vollendeten und eines versuchten schweren Einbruchsdiebstahls schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Der vorliegende Schuldspruch verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 15 Abs. 1, 28 und 29 StGB.

Das Landesgericht Innsbruck ging in seiner rechtlichen Beurteilung - übereinstimmend mit der Verantwortung des (ohne Mitwirkung von Mittätern oder sonstigen Beteiligten handelnden) Angeklagten - ersichtlich davon aus, daß dieser nur ein Kraftfahrzeug stehlen wollte. Dennoch lastete es dem Angeklagten den vollendeten Diebstahl eines Kraftfahrzeuges und den versuchten Diebstahl eines weiteren Kraftfahrzeuges an und rechnete demzufolge den in den Gründen (abweichend vom Urteilsspruch, aber in Übereinstimmung mit der Anklageschrift ON 33 und den Angaben des Geschädigten, S 228) mit jeweils 400.000 S angenommenen Wert beider Kraftfahrzeuge zusammen, wodurch erst die strafsatzbestimmende Wertgrenze des § 128 Abs. 2 StGB von 500.000 S überschritten wurde. Denn selbst unter der Voraussetzung, daß von dem im Spruch zu Urteilspunkt 1. genannten Wert von "ca 500.000 S" (ein bisher unberichtigt gebliebener offensichtlicher Schreibfehler) ausgegangen würde, läge ein diese Qualifikationsgrenze mit Sicherheit übersteigender Wert des gestohlenen Kraftfahrzeuges nicht vor.

Das Erstgericht übersah, daß (als Fall der sogenannten stillschweigenden Subsidiarität, vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 28 RN 58 ff) der Versuch der Straftat grundsätzlich hinter die Vollendung dieser Straftat zurücktritt, in Wahrheit somit nur eine Straftat und nicht zwei miteinander real konkurrierende Delikte vorliegen. Für die Annahme einer Tateinheit zwischen dem versuchten und dem (später) vollendeten Delikt müssen allerdings die Identität des Täters, des angegriffenen Objektes und ein einheitlicher Willensentschluß gegeben sein. Bei einer der allgemeinen Lebensauffassung entsprechenden Betrachtungsweise kann aber auch dann noch von einer sogenannten einheitlichen Tat, das heißt von einheitlich zusammengefaßtem Tun (natürlicher Handlungseinheit) gesprochen werden, wenn sich der Täter - wie hier - an mehreren gleichartigen Objekten versucht, um eines davon auszuwählen und zu entziehen, seine Angriffe also nicht gegen höchstpersönliche Rechtsgüter, sondern gegen wirtschaftlich idente Objekte (hier gleichartige Kraftfahrzeuge auf einem Autoabstellplatz) gerichtet sind (vgl EvBl 1973/208).

Damit hat der Angeklagte rechtsrichtig nur (vollendeten) Diebstahl eines Kraftfahrzeuges und nicht überdies auch noch versuchten Diebstahl eines weiteren Kraftfahrzeues zu verantworten. Von der irrigen Rechtsansicht des Vorliegens (auch) eines versuchten schweren Einbruchsdiebstahls ausgehend, hat das Erstgericht demnach aber auch zu Unrecht in den Urteilsgründen (insoweit abweichend vom Obersatz des Urteilsspruches, der lediglich von einem 25.000 S übersteigenden Wert der Diebsbeute ausgeht) den Wert der beiden Kraftfahrzeuge zusammengerechnet und solcherart rechtsirrig einen die Qualifikation des § 128 Abs. 2 StGB bedingenden, 500.000 S übersteigenden Wert der Diebsbeute angenommen.

Die aufgezeigte Gesetzesverletzung gereicht dem Angeklagten zum Nachteil.

In Stattgebung der vom Generalprokurator gemäß § 33 StPO zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde war der Angeklagte daher nur des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 sowie 129 Z 1 und Z 2 StGB schuldig zu sprechen.

Bei der dadurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden, in der Bundesrepublik Deutschland erlittenen Vorstrafen und den hohen Wert der Diebsbeute, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis und die Sicherstellung des gestohlenen Kraftfahrzeuges.

Unter Abwägung dieser Strafzumessungsgründe entspricht eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten dem Verschulden des Täters und dem Unrechtsgehalt der Tat.

Das belastete Vorleben des Angeklagten stand einer Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB entgegen.

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