OGH 1Ob618/93

OGH1Ob618/9317.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Dr. techn. Maximilian P*****, vertreten durch Dr. Karl Zingher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Dietbert Helbig-Neupauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 16. März 1993, GZ 48 R 109/93-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 30. September 1992, GZ 7 C 1418/89w-39, im noch nicht rechtskräftig erledigten Teil bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden im Ausspruch über das Räumungsbegehren aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Der Kläger ließ auf einer von ihm 1963 erworbenen Liegenschaft in Wien-Favoriten aufgrund der Baubewilligung vom 26.1.1969 ein mehrgeschoßiges Wohnhaus mit einem Vorder- und einem Hintertrakt aufführen, ohne hiefür öffentliche Mittel in Anspruch zu nehmen.

Mit Vertrag vom 14.3.1977 vermietete er der beklagten Partei alle Räumlichkeiten im 2., 3., 4. und 5. Obergeschoß des Vordertrakts bis 31.7.1985; das Bestandverhältnis wurde in der Folge jedoch wiederholt verlängert. Vereinbart war ein monatlicher Mietzins von S 13.800 zuzüglich anteiliger Betriebskosten sowie der Kosten der Zentralheizung und Warmwasseraufbereitung. Die Betriebskosten sollten jährlich abzurechnen sein und vierteljährlich in noch bekanntzugebender Höhe akontiert werden.

Schon am 15.3.1977 vereinbarten die Streitteile in einer „Interpretation“, daß die beklagte Partei den Bestandgegenstand im besichtigten Rohbauzustand übernimmt und die Ausbauarbeiten bis zu einem Gesamtbetrag von 1,5 Mio.S in Anrechnung an den Bestandzins selbst ausführt, wogegen für alle weiteren für die Benützungsbewilligung erforderlichen Arbeiten der Kläger aufzukommen haben sollte.

Mit seiner am 3.11.1989 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 108.129,14 s.A. an Wertsicherungsbeträgen je S 1.648,59 für die Monate März bis August 1989, an Mietzinsen je S 11.179,11 für die Monate September und Oktober 1989 und an Betriebskostenpauschale von S 34.537,11 zum 1.7.1989 und von S 41.342,27 zum 1.10.1989 und ferner deren Verurteilung zur Räumung des Bestandgegenstandes. Das Räumungsbegehren stützte der Kläger einerseits auf den Mietzinsrückstand, zum anderen auf erheblich nachteiligen Gebrauch in näher umschriebener Weise.

Die beklagte Partei wendete u.a. ein, ihr stünde ein Guthaben aus unrichtig verrechneten Betriebskosten in Höhe von S 154.638,95 zu, sodaß von einem Rückstand keine Rede sein könne. Die Behauptungen über den erheblich nachteiligen Gebrauch bestritt sie.

Bei der Verhandlungstagsatzung vom 29.1.1990 schränkte der Kläger sein Zahlungsbegehren um die geltend gemachten Wertsicherungsbeträge (insgesamt S 9.891,54) und Mietzinse (zusammen S 22.358,22) um S 32.249,76 auf S 75.879,38 (an Betriebskostenpauschale) ein und stützte sein Räumungsbegehren hilfsweise auf den in einem anderen Verfahren geltend gemachten Mietzinsrückstand, ohne diesen näher zu konkretisieren. Auch den Grund der Klagseinschränkung erläuterte er nicht näher.

Mit seinem bei der Verhandlungstagsatzung vom 4.5.1990 vorgetragenen Schriftsatz anerkannte der Kläger ein Guthaben der beklagten Partei aus zu viel verrechneten Betriebskosten für die Jahre 1986 bis 1988 in einer Gesamthöhe von S 63.907,75, schränkte das Zahlungsbegehren um diesen Betrag ein, replizierte auf Gegenforderungen aus Betriebskostenzahlungen vor dem Jahre 1986 mit Verjährung und dehnte das Zahlungsbegehren gleichzeitig um die zum 1.1. und 1.4.1990 fällig gewordenen Betriebskostenpauschale im Betrag von je S 41.342,27 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer auf S 106.924,63 (rechnerisch richtig: S 102.924,62) aus.

Bei der Verhandlungstagsatzung vom 18.6.1990 stellte der Kläger das Zahlungsbegehren unter Hinweis auf einen Rechenfehler auf den Betrag von S 94.656,17 richtig und machte nun damit die zum 1.1. und 1.4.1990 fällig gewordenen Betriebskostenpauschale erkennbar nur mehr ohne Umsatzsteuer geltend.

Bei der Verhandlungstagsatzung vom 5.4.1991 schränkte er das Zahlungsbegehren unter Anrechnung der kompensablen Gegenforderungen der beklagten Partei auf Rückzahlung zu viel verrechneter Betriebskosten bis 1989 auf die Restschuld aus ausständigem Betriebskostenpauschale für das letzte Quartal 1990 auf S 38.757,65 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer (rechnerischer daher zusammen S 42.633,42) ein.

Bei der Verhandlungstagsatzung vom 27.2.1991 schränkte der Kläger sein Zahlungsbegehren infolge einer am 23.4.1991 geleisteten Zahlung von S 38.757,65 auf S 3.523,42 ein, dehnte es um die restlichen Betriebskostenpauschale aus allen Quartalen des Jahres 1990 in einer Gesamthöhe von S 128.820,96 und das restliche erste Quartal 1992 von S 5.607,65 auf S 137.952,03 aus und schränkte es gleichzeitig wieder um das vom Sachverständigen ermittelte Guthaben der beklagten Partei von S 122.625,29 (d.i. der Nettobetrag zum 31.12.1989) auf S 15.326,74 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer ein.

Bei der Verhandlungstagsatzung am 26.6.1992, bei der das Erstgericht die Verhandlung schloß, schränkte der Kläger sein Zahlungsbegehren um „netto“ S 5.607,65 (das sei der Rückstand aus dem ersten Quartal 1991) infolge einer am 11.5.1992 geleisteten Zahlung ein und dehnte es gleichzeitig um die Wertsicherungsbeträge für die Monate Februar bis Juni 1992 a S 2.593,39 auf S 22.686,04 aus, ging somit bei der Berechnung dieses Zahlungsbegehrens davon aus, daß es seit der Verhandlungstagsatzung vom 27.2.1992 bloß auf den Betrag von S 15.326,74 (also ohne 10 % Umsatzsteuer) gerichtet war.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit S 12.966,95 und die Gegenforderung mit S 27.906,72 zu Recht bestünden und wies das Klagebegehren zur Gänze ab.

Es stellte - abgesehen von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - noch fest, am 30.10.1981 hätten die Streitteile vierteljährliche Akontozahlungen von S 43.000 auf die Betriebskosten ab 1.1.1981 vereinbart. Der Kläger habe seither die beklagte Partei lediglich davon verständigt, daß die jährlichen Betriebskostenabrechnungen in seinem Büro eingesehen werden könnten, die beklagte Partei habe darauf jahrelang nicht reagiert. Erst 1987 habe die beklagte Partei die Einsichtnahme in die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre ab 1982 gefordert. Am 25.6.1989 habe der Kläger der beklagten Partei schließlich die gewünschten Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 1982 bis 1989 übermittelt. Der Sachbearbeiter der beklagten Partei habe zum 30.6.1989 ein Guthaben seiner Dienstgeberin von S 154.638,95 aus fehlerhafter Abrechnung ermittelt, dies dem Kläger mit Schreiben vom 25.7.1989 mitgeteilt und ihn darauf hingewiesen, daß der „Überschuß“ erst im vierten Quartal des Jahres 1990 aufgezehrt worden sein werde und der Kläger daher mit Betriebskostenzahlungen erst wieder ab dem ersten Quartal 1991 rechnen dürfe; ausdrücklich habe er ihn darauf aufmerksam gemacht, daß das Guthaben auf die Hauptmietzinsforderungen nicht angerechnet werden würde. Zwischen den Parteien seien niemals Vereinbarungen dahin getroffen worden, daß der Kläger in Betriebskostenabrechnungen auch die Kosten von Erhaltungsarbeiten aufnehmen dürfe. Die beklagte Partei sei im Zeitraum von 1982 bis 1989 zu Betriebskostenzahlungen von insgesamt S 1,149.476,01 verpflichtet gewesen; unter Einbeziehung der Position „Arbeiten für ... (die beklagte Partei) ...“ im Betrag von S 27.906,72 errechne sich zum 31.12.1989 aus den Betriebskostenabrechnungen ein Guthaben der beklagten Partei von S 122.625,29 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. Welche Arbeiten mit dem erwähnten Betrag von S 27.906,72 abgegolten sein sollten, sei nicht feststellbar. Mit Schreiben vom 21.4.1992 habe der Kläger unter Berufung auf die im Mietvertrag vorgesehene Wertsicherung Wertsicherungsbeträge in monatlicher Höhe von S 2.593,39 geltend gemacht und eingemahnt, daß der monatliche Mietzins ab 1.2.1992 S 49.573,73 (einschließlich der Umsatzsteuer) betrage. Dennoch habe die beklagte Partei den Fehlbetrag für die Monate Februar bis April 1992 nicht nachgezahlt und auch im Mai und Juni dieses Jahres den Mietzins ohne Berücksichtigung der Wertsicherung entrichtet.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Kläger habe zwar zulässigerweise vierteljährliche Akontozahlungen auf die Betriebskosten vorschreiben dürfen, doch habe die beklagte Partei mit Schreiben vom 25.7.1989 mit Gegenforderungen von S 154.638,95 aufgrund eines aus unberechtigten Vorschreibungen entstandenen Betriebskostenguthabens aufgerechnet. Das Guthaben sei zum 31.12.1989 mit S 122.625,29 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer errechnet worden; dem habe der Kläger durch entsprechende Klagseinschränkungen Rechnung getragen. Die aus den Jahren 1982 bis 1985 stammenden Gegenforderungen seien nicht verjährt, weil es dabei nicht auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung ankomme. Bei der Klagseinbringung habe daher kein Mietzinsrückstand bestanden, sodaß die auf § 1118 ABGB gestützte Auflösungserklärung nicht wirksam gewesen sei. Gegen den letztlich verbleibenden Klagsbetrag von S 22.686,04 habe die beklagte Partei zu Recht mit einer Gegenforderung aus ungerechtfertigter Verrechnung von Arbeiten als Betriebskosten aufgerechnet. Die eigenmächtige bauordnungswidrige, im Zuge der Behebung eines Rohrgebrechens erfolgte Deckenöffnung verletze ebensowenig wichtige Interessen des Bestandgebers wie Undichtheiten an Wasser- und Abwasserleitungen, zumal diese schon vor ca. drei Jahren von der beklagten Partei behoben worden seien. Gleiches gelte für die vom Verwalter abgestellte Herstellung von Gipsfiguren in den Bestandräumen. Auch der Einbau von Ventilatoren in die Naßzellen rechtfertige die Vertragsauflösung wegen erheblich nachteiligen Gebrauchs nicht, habe der Kläger doch deren Entfernung erst etwa vier Monate vor Schluß der Verhandlung begehrt, obwohl ihm die dadurch verursachten Brände seit Jahren bekannt gewesen seien. Die beklagte Partei habe darauf den Austausch aller Ventilatoren durch geeignete Geräte veranlaßt, der Kläger habe die Arbeiten jedoch verhindert.

Das Gericht zweiter Instanz sprach in teilweiser Stattgebung der Berufung des Klägers aus, daß die Klagsforderung mit S 12.966,95 zu Recht und die eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, gab dem Zahlungsbegehren mit diesem Betrag statt, wies das Mehrbegehren von S 9.719,09 sowie auf Räumung des Bestandgegenstandes ab und sprach ferner aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. In Erledigung der Rechtsrüge führte es aus, soweit der Kläger auf die vor 1986 entstandenen Gegenforderungen aus überhöht verrechneten Betriebskosten mit Verjährung repliziere, sei ihm entgegenzuhalten, daß er selbst sein Begehren um das gesamte vom Sachverständigen ermittelte Guthaben der beklagten Partei eingeschränkt habe und sich die Frage der Verjährung deshalb gar nicht stellen könne. Gleiches gelte auch für die vom Kläger nicht anerkannte Gegenforderung auf Rückzahlung von S 27.906,72. Diese Hauptmietzinsrückständen aus Wertsicherungsbeträgen entgegengehaltene Forderung sei lediglich darauf gestützt worden, daß der beklagten Partei ein Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung zustehe. Ein solches Guthaben begründet zwar bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 1431 ABGB eine Gegenforderung, doch setze diese die hier nicht erhobene Behauptung sowie den Beweis der irrtümlichen Zahlung voraus. Da nur die Betriebskosten akontiert worden seien, nicht aber auch der Hauptmietzins, könne das vom Kläger im Verfahren nur bei den Akontozahlungen auf die Betriebskosten akzeptierte Guthaben die Hauptmietzinsforderung nicht schmälern. In diesem Umfang bestehe die Klagsforderung daher zu Recht.

Dennoch sei die soweit berechtigte Klagsforderung keine einen im Sinne des § 1118 ABGB qualifizierten Rückstand begründende Verbindlichkeit der beklagten Partei, sei diese Forderung doch erst bei der letzten Verhandlungstagsatzung vom 26.6.1992 geltend gemacht und - mangels Behauptung vorausgegangener außergerichtlicher Mahnung - erst damit eingemahnt worden. Auch sonst sei während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens nie ein qualifizierter Rückstand gegegeben gewesen. Die bei der Verhandlungstagsatzung vom 5.4.1991 geltend gemachte, tatsächlich offene Betriebskostenforderung von S 38.757,65 habe die beklagte Partei noch im April 1991 beglichen. Alle übrigen Betriebskostenforderungen hätten wegen des Abrechnungsguthabens der beklagten Partei nicht zu Recht bestanden. Soweit das Klagebegehren auch auf rückständige Wertsicherungsbeträge gestützt worden sei, habe es der Kläger schon bereits bei der ersten Verhandlungstagsatzung um den darauf entfallenden Klagsbetrag eingeschränkt, ohne etwa zu behaupten, daß die beklagte Partei in der Zwischenzeit Zahlung geleistet habe; es sei daher davon auszugehen, daß der Kläger in diesem Umfang von seinem Zahlungsbegehren abgestanden sei und somit auch sein Räumungsbegehren nicht darauf stützen könne.

Zum erheblich nachteiligen Gebrauch führte das Berufungsgericht - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - aus, der Einbau der bauordnungswidrigen Ventilatoren sei erstmals nach dem Brand vom November oder Dezember 1991 mit Schreiben vom 18.2.1992 moniert und gleichzeitig der Auftrag zur Entfernung erteilt worden. Wenngleich die beklagte Partei diesem Auftrag nicht nachgekommen sei, habe sie sich ihm doch nicht einfach widersetzt: Sie habe unverzüglich einen behördlich befugten Unternehmer mit dem Austausch der Ventilatoren durch mit Zeitschaltuhren ausgerüstete Geräte beauftragt, die sich nach einiger Zeit automatisch abschalten. Damit habe sie eine Vorkehrung getroffen, von der sie zumindest habe annehmen dürfen, daß damit die Gefahr eines weiteren Ventialtorbrands gebannt sei. Daß sie dem Entfernungsauftrag nicht nachgekommen sei, möge zwar einen Verstoß gegen vertragliche Pflichten bedeuten, berechtigte den Vermieter aber noch nicht zur Vertragsauflösung wegen erheblich nachteiligen Gebrauchs. Die Mißachtung eines der beklagten Partei zur Kenntnis gebrachten behördlichen Auftrags sei nicht hervorgekommen, habe sich die Entfernungsaufforderung des Rauchfangkehrers doch an den Kläger gerichtet und fehle in dem an die beklagte Partei gerichteten Schreiben jeder Hinweis auf den behördlichen Auftrag.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger dagegen erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil die Rechtsprechung zur Frage, ob auch die erst während des Verfahrens aufgelaufenen Mietzinsrückstände gesondert eingemahnt werden müßten, ehe sie zum Gegenstand eines Räumungsbegehrens gemacht werden könnten, uneinheitlich ist (vgl MietSlg 39.169 gegen MietSlg 34.264 ua); sie ist aber auch im Ergebnis berechtigt.

Mit der Mängelrüge macht der Kläger ausschließlich Verfahrensmängel erster Instanz geltend, die in dritter Instanz aber allein schon deshalb nicht mehr geprüft werden können, weil er sie nicht auch schon mit der Berufung gerügt hat (EFSlg 57.817 uva).

Als dem Gericht zweiter Instanz unterlaufene Aktenwidrigkeit führt der Kläger den Umstand ins Treffen, es habe übersehen, daß er sein Zahlungsbegehren bei der Verhandlungstagsatzung vom 27.2.1992 bloß um Nettobeträge eingeschränkt habe: Dem ist entgegenzuhalten, daß diesem Vorbringen (ON 37, S. 1) derartiges keineswegs entnommen werden kann. Wohl begehrt der Kläger dort - nach zwei Klagseinschränkungen und einer Klagserweiterung - im Ergebnis Zahlung von S 15.326,74 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer, den Umsatzsteuerbetrag ließ er indessen bei der Verhandlungstagsatzung vom 26.6.1992, bei der die Verhandlung erster Instanz geschlossen wurde, wieder fallen, indem er bei der Neuberechnung des schließlich zur Entscheidung gestellten Zahlungsbegehrens nur mehr vom Nettobetrag (also S 15.326,74 ohne Umsatzsteuer) ausging.

Weiteren Ausführungen zur Mängel- und zur Aktenwidrigkeitsrüge bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Berechtigt ist im Ergebnis dagegen die Rechtsrüge. Soweit der Kläger allerdings zur Dartuung des erheblich nachteiligen Gebrauchs gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, die Aufforderung zur Entfernung der Ventilatoren habe der Rauchfangkehrer an ihn gerichtet, in dem an die beklagte Partei gerichteten Schreiben fehle dagegen ein Hinweis auf den Entfernungsauftrag, ins Treffen führt, der Kläger habe die beklagte Partei unter Hinweis auf eine Bauordnungswidrigkeit dieser Geräte zu deren Entfernung aufgefordert, der beklagten Partei sei daher „sehr wohl“ der behördliche Entfernungsauftrag bekannt gewesen, übersieht er, daß seinem Schreiben ein solcher Auftrag keineswegs entnommen werden kann.

Auch soweit der Kläger auf seinem Standpunkt beharrt, die beklagte Partei habe ihre Betriebskostenrestschuld von S 38.757,65, auf deren Zahlung er sein Begehren bei der Verhandlungstagsatzung vom 5.4.1991 eingeschränkt hatte (das zusätzliche Begehren auf Entrichtung von 10 % Umsatzsteuer aus diesem Betrag ließ er im weiteren Verfahren wieder fallen!), in der Folge - und zwar anm 23.4.1991, also noch vor der nächstfolgenden Zinsperiode und damit, ohne einen im Sinne des § 1118 ABGB qualifizierten Zinsrückstand aufkommen zu lassen (vgl Würth in Rummel, ABGB2 § 1118 Rz 15 mwN) - beglichen und „damit die Betriebskostenschuld auch im Zeitpunkt der Klagseinbringung“ anerkannt, kann ihm nicht beigepflichtet werden: Zum einen übergeht er dabei sein eigenes Vorbringen bei der erwähnten Verhandlungstagsatzung, er habe den eingeschränkten Klagsbetrag als Restschuld aus dem letzten Quartal 1990 errechnet, zum anderen übersieht er, daß der beklagten Partei nach den vorinstanzlichen Feststellungen zum Jahresende 1989 noch ein Guthaben von S 134.887,82 aus zuviel verrechneten Betriebskosten zustand. Schon seinem Vorbringen zufolge hatte der Kläger also der beklagten Partei die mit der Klage selbst geltend gemachten Betriebskostenrückstände zu den Fälligkeiten 1.7 und 1.10.1989 zu Unrecht angelastet, weshalb er sich auch im Zuge des Verfahrens - nicht nur bei der Verhandlungstagsatzung vom 4.5.1990 (dort um S 63.907,75), sondern vor allem auch bei der Verhandlungstagsatzung vom 5.4.1991 - zu Einschränkungen seines Zahlungsbegehrens um den gesamten Betrag der vom Sachverständigen ermittelten Gegenforderung der beklagten Partei auf Rückzahlung zu viel verrechneter Betriebskosten bis zum Jahre 1989 bestimmt fand. Das weitere Vorbringen in der Revision, um die in der Klage geltend gemachten Betriebskostenschuld sei das Zahlungsbegehren im Laufe des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens nie eingeschränkt worden, ist angesichts der dargestellten Aktenlage geradezu unverständlich.

Dagegen beurteilte das Berufungsgericht den im Gesamtbetrag von S 12.966,95 zuerkannten Rückstand an Wertsicherungsbeträgen für den Zeitraum vom Februar bis Juni 1992, um den der Kläger sein Zahlungsbegehren erst bei der letzten Verhandlungstagsatzung vom 26.6.1992 erweitert hatte, zu Unrecht nicht als qualifizierten Zinsrückstand im Sinn des § 1118 zweiter Fall ABGB. Nach dieser Gesetzesstelle kann der Bestandgeber die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termins den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat. Da für die Berechtigung des Auflösungsbegehrens wegen Nichtzahlung des Bestandzinses nicht die Sachlage bei Klagseinbringung, sondern jene bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz (vgl Würth aaO Rz 19) entscheidend ist, können auch erst im Zuge des Verfahrens aufgelaufene Bestandzinsrückstände das auf § 1118 ABGB gestützte Räumungsbegehren rechtfertigen (MietSlg 39.169 uva). Solchen Rückständen kann allerdings die Eignung als berechtigter Grund zur Vertragsaufhebung nur dann zuerkannt werden, wenn sie wenigstens zu irgendeinem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens (also noch vor dessen Schluß) einen im Sinn des § 1118 ABGB qualifizierten Zinsrückstand ergaben und nicht innerhalb der ab Geltendmachung des erst fällig gewordenen Betrags gewährten Nachfrist (sc. „nach geschehener Einmahnung“) bezahlt wurden (MietSlg 39.169; Würth aaO Rz 19). Soweit in anderen Entscheidungen (etwa MietSlg 26.144 und 34.264) die qualifizierte Eignung von im Zuge des Verfahrens aufgelaufenen Rückständen ohne weiteres angenommen wurde, kann der diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Rechtsauffassung schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sie der nach § 1118 ABGB gebotenen zeitlichen Aufeinanderfolge der Mahnung, der Nachfristgewährung und - bei fruchtlosem Verstreichen dieser Frist - der Auflösungserklärung nicht Rechnung trägt.

Das Gericht zweiter Instanz billigte den erst bei der letzten Verhandlungstagsatzung geltend gemachten Wertsicherungsbeträgen die Qualifikation als Aufhebungsgrund deshalb nicht zu, weil der Kläger gar nicht behauptet habe, er habe diese Rückstände vorher außergerichtlich eingemahnt (und der beklagten Partei daher eine fruchtlos verstrichene Nachfrist gewährt). Die Klagserweiterungserklärung bei dieser Verhandlungstagsatzung sei daher nur als Mahnung zu verstehen, sodaß sich der Kläger in bezug auf diese allein ausständigen Rückstände auf keine wirksame Aufhebungserklärung berufen könne. Diese Ausführungen sind indessen aktenwidrig, weil nicht nur der Kläger bei der Verhandlungstagsatzung vom 26.6.1992 (ON 38, S. 1) ausdrücklich vorbrachte, er habe die Indexerhöhung der beklagten Partei mit Schreiben vom 21.4.1992 zur Kenntnis gebracht, diese habe die Beträge aber in der Folge nicht beglichen, und das Mahnschreiben in Ablichtung vorlegte, sondern das Erstgericht diesen Vorgang auch entsprechend den Behauptungen des Klägers feststellte (ON 39, S. 24 f).

Soweit der Kläger daher damals bereits rückständige Wertsicherungsbeträge für die Monate Februar, März und April 1992 einmahnte, die die beklagte Partei bis Schluß der Verhandlung ebensowenig bezahlt hat wie die Wertsicherungsbeträge für die beiden folgenden Monate (bis Schluß der Verhandlung), ist insoweit ein qualifizierter Mietzinsrückstand anzunehmen, der den Kläger zu der der Klagserweiterungserklärung bei der Verhandlungstagsatzung vom 26.6.1992 implizierten Vertragsaufhebung berechtigte, weil auch ein Wertsicherungsbetrag als der zu zahlende Mietzins anzusehen (MietSlg 40.175 ua) und ein Aufhebungsbegehren auch dann berechtigt ist, wenn der Bestandnehmer auch nur mit der Bezahlung eines Teilbetrags des Zinses säumig wurde (WoBl 1990, 166 mwN).

Die beklagte Partei führte gegen den Mietzinsrückstand in ihrer Revisionsbeantwortung ins Treffen, das Berufungsgericht habe zu Unrecht der (weiteren) zur Aufrechnung eingewendeten Gegenforderung von S 27.906,72 die Berechtigung aberkannt, weil sie nicht den dem Rückforderungsanspruch gemäß § 1431 vorausgesetzten Irrtum bei der Zahlung behauptet habe. Diese Ausführungen sind einer Prüfung durch den Obersten Gerichtshof schon deshalb entzogen, weil das Berufungsgericht die beklagte Partei in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Zahlung des Mietzinsrückstandes von S 12.966,95 verurteilt hat und dieser Ausspruch mangels Bekämpfung durch die beklagte Partei in Rechtskraft erwachsen ist.

Wird wie hier das Räumungsbegehren mit dem Begehren auf Zahlung rückständiger Mietzinsbestandteile verbunden, entfällt zwar die in § 33 Abs 2 letzter Satz MRG vorgesehene Beschlußfassung (RZ 1988/24 ua), der urteilsmäßige Ausspruch über die Verpflichtung zur Zahlung von Mietzinsbestandteilen hat aber dieselbe Funktion wie eine solche beschlußmäßige Entscheidung. Dem Beklagten muß daher die Möglichkeit geboten werden, durch Nachzahlung des Rückstands die Auflösungserklärung zu entkräften (MietSlg 39.478). In der Folge trifft dann ihn aber die Beweislast, daß ihn kein grobes Verschulden an Zahlungsverzug trifft (WoBl 1990, 166 mwN).

Es bedarf daher einer Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen in Stattgebung der Revision aufzuheben sind und dem Erstgericht insoweit die Fortsetzung der Verhandlung aufzutragen ist.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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