OGH 12Os106/93

OGH12Os106/9311.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.November 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Markel, Mag.Strieder und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schmidt als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dipl.Arch.Ferdinand H***** wegen des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28.April 1993, GZ 35 Vr 1385/91-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dipl.Arch.Ferdinand H***** des Finanzvergehens nach § 33 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt, weil er in Zell am See vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch unrichtige Steuererklärungen für die Steuerjahre 1976 bis 1982 Abgabenverkürzungen bewirkte und zwar einerseits als Geschäftsführer der B***** Gesellschaft mbH in den Jahren 1977 bis 1982 jeweils insgesamt 3,856.980 S an Körperschaftssteuer und 1,303.793 S an Gewerbesteuer sowie für die Jahre 1978 bis 1982 746.885 S an Kapitalertragssteuer (1. des Schuldspruchs) und anderseits aus der persönlichen gewerblichen Tätigkeit als Makler für die Jahre 1976 bis 1982 12,104.627 S an Vermögenssteuer, für die Jahre 1977, 1979, 1981 und 1982 1,341.019 S an Gewerbesteuer und für die Jahre 1976 bis 1978 87.200 S an Vermögenssteuer (2.).

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a und 9 lit a StPO, ohne die Mängelrüge (Z 5) gesondert auszuführen. Die Nichtigkeitsbeschwerde versagt jedoch zur Gänze.

Die Verfahrensrüge (Z 4) releviert die Abweisung gestellter Beweisanträge ohne nähere Begründung. Sie wirft dem Schöffengericht zunächst die Unterlassung der Vernehmung von Wendelin B***** und Kurt A***** als Zeugen vor, die den Angeklagten steuerrechtlich beraten haben. Damit sollte nachgewiesen werden, daß keiner der beiden beantragten Zeugen den Angeklagten jemals darauf hingewiesen hätte, daß die von ihm durchgeführten Grundstücksankäufe und -verkäufe eine Maklertätigkeit darstellten.

Bei Kurt A***** mangelt es bereits an der formellen Voraussetzung für die Geltendmachung der Verfahrensrüge, weil seine Vernehmung in der Hauptverhandlung nicht beantragt worden war (Protokoll ON 36 und 38; Mayerhofer-Rieder StPO3, ENr 1 zu § 281 Z 4).

Im übrigen entbehrt das unter Beweis gestellte Thema (namentlich in Richtung des ersichtlich intendierten § 9 FinStrG) der Relevanz, weil das Schöffengericht ausdrücklich konstatierte, daß die Frage der Maklertätigkeit bereits anläßlich einer Betriebsprüfung im Beisein des Angeklagten am 18.11.1975 - also vor Abgabe der Steuererklärung für 1975 - besprochen wurde und er damit unabhängig von dem begehrten Zeugen B***** davon Kenntnis erhalten hatte (US 15 f).

Des weiteren fühlt sich der Angeklagte dadurch beschwert, daß das Erstgericht Anträge auf Einholung von Gutachten von Sachverständigen aus dem Baufach, der Betriebswirtschaft und der Steuerberatung sowie auf Vernehmung der Masseverwalterin im Konkurs der Baufirma B***** und des Geschäftsführers B***** abgelehnt hat, womit er nachweisen wollte, daß "schwarz vereinnahmte Beträge betrieblich verwendet wurden". Damit stellt die Verfahrensrüge aber auf ein anderes Beweisthema als in der Antragstellung ab; wurde doch die Vernehmung der Masseverwalterin und des Geschäftsführers B***** zum Beweis dafür begehrt, daß Bauvorhaben (von der Firma B*****) nicht fertiggestellt wurden und (von der Masseverwalterin) auf 7 Mill S verzichtet werden mußte, weil die Baufirma B***** ihre Leistungen nicht erbracht habe (S 90/II). Der Sachverständige aus dem Baufach wurde hingegen zum Beweis dafür geführt, daß zum damaligen Zeitpunkt unter Berücksichtigung der Angebote der Baufirma B***** insgesamt Baukosten für das Bauvorhaben S***** und F***** von ca 5,7 Mill S realistisch und angemessen waren (S 39/II), während durch einen Buchsachverständigen bewiesen werden sollte, daß "effektiv die im Gutachten S***** (Sachverständiger im Zivilverfahren der Masseverwalterin im Konkurs der Baufirma B***** gegen die B***** Gesellschaft mbH) angeführten Zahlungen und darüber hinaus nichts mehr geleistet worden sei" (S 90/II) und sich aus dem beim Finanzamt befindlichen Unterlagen zwar Baukosten in der Höhe von ca 50 Mill S ermitteln ließen, aber nicht nachvollziehbar sei, welche Zahlungen tatsächlich geleistet wurden (S 93/II).

Die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO setzt voraus, daß über in der Hauptverhandlung gestellte Anträge nicht im Sinn des Antragstellers entschieden wurde. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr seine Verfahrensrüge auf die Ablehnung von Beweisanträgen stützen möchte, die ein von dem in der Hauptverhandlung angeführten völlig verschiedenes Beweisthema zum Gegenstand haben, so mangelt es dem Rechtsmittel (auch) diesbezüglich an der gesetzmäßigen Ausführung, weil der angeführte Nichtigkeitsgrund nur geltend gemacht werden kann, wenn ein Antrag, dessen Ablehnung den Beschwerdepunkt bildet, nach dem Inhalt des Protokolls über die Hauptverhandlung auch (so) gestellt worden ist (Mayerhofer-Rieder, StPO3, ENr 15 zu § 281 Z 4).

Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) wendet sich der Beschwerdeführer gegen die schöffengerichtlichen, zur inneren Tatseite getroffenen Konstatierungen, wobei er zunächst die bereits zur Verfahrensrüge vorgetragene Argumentation wiederholt, er sei von seinem Steuerberater niemals über eine Abgabenverpflichtung aus einer Maklertätigkeit hingewiesen worden. Sollte anläßlich einer Schlußbesprechung zu einer im Jahre 1975 durchgeführten Betriebsprüfung davon die Rede gewesen sein, so wäre in Konsequenz des Kompromißcharakters der Steuerfestsetzung aus Anlaß einer solchen Schlußprüfung damals keine Gewerbesteuer vorgeschrieben worden. Mit diesen hypothetischen Überlegungen vermag der Beschwerdeführer aber keine Bedenken gegen die Richtigkeit der diesbezüglich von den Tatrichtern festgestellten Tatsachen zu erwecken, weil die behaupteten Umstände lediglich den Schluß rechtfertigen, daß für die damaligen Prüfungszeiträume von der Abgabenbehörde die Voraussetzungen für eine Abgabenverpflichtung des Angeklagten in bezug auf Maklertätigkeit nicht angenommen wurden, was jedoch der Feststellung seines Wissens um eine solche persönliche Verpflichtung für danach liegende Zeiträume offenbar nicht entgegensteht.

Die weiteren Einwände der Tatsachenrüge entsprechen der Verantwortung des Angeklagten vor dem Schöffengericht (und bereits im Abgabenverfahren), die insolvente Baufirma B***** habe die ihr aufgetragenen Bauten nur teilweise erstellt, weswegen zur Fertigstellung in erheblichem Ausmaß "Pfuscharbeiten" hätten durchgeführt und aus vom Angeklagten eingenommenen "Schwarzgeldern" finanziert werden müssen.

Dem genügt es zu erwidern, daß die Beschwerde diesbezüglich nichts ins Treffen zu führen vermag, das objektive Zweifel an den diesbezüglich vom Erstgericht getroffenen Konstatierungen aufkommen ließe und namentlich geeignet wäre, die vom Erstgericht aus einem zivilgerichtlichen Verfahren gewonnenen und verwerteten Beweisergebnisse, wonach die vorzitierten Bauvorhaben "vollständig oder zumindest fast vollständig fertiggestellt" und über die verbuchten Baukosten hinaus keine nennenswerten Aufwendungen notwendig waren (US 6) zu relativieren, ganz abgesehen davon, daß die Abgabenbehörde dennoch gewissen Mehraufwendungen bzw Qualitätseinbußen, die zu verminderten Erlösen geführt haben könnten, durch großzügige Abschläge Rechnung trug (US 7).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht zur Gänze von urteilsfremden Prämissen aus.

Soweit sie neuerlich mangelnden Vorsatz zum Urteilsfaktum 2. behauptet, stehen ihr die gegenteiligen Sachverhaltsfeststellungen entgegen (US 13, 16).

Wenn sie aber des weiteren gegen die dem Angeklagten als Geschäftsführer der B***** Gesellschaft mbH angelasteten Abgabenverkürzung einwendet, in diesem Fall seien eingenommene "Schwarzgelder" für betriebliche Zwecke der W***** Gesellschaft mbH verwendet worden, weshalb steuerpflichtige Erlöse nicht entstanden seien, läßt sie unberücksichtigt, daß das Erstgericht gerade diese ausdrückliche Prämisse zurückgewiesen hat (US 14).

Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen hat das Schöffengericht den von der Abgabenbehörde im Schätzungsweg ermittelten Verkürzungsbetrag keineswegs ungeprüft übernommen, sondern an Hand der Verfahrensergebnisse Methode und Ergebnisse einer kritischen Nachprüfung unterzogen und im Rahmen der Beweiswürdigung dem Schätzungsergebnis die größtmögliche Wahrscheinlichkeit bzw eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit zugemessen (US 5 bis 7).

Mit dem dagegen remonstrierenden Beschwerdevorbringen wird der geltend gemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund (Z 9 lit a) nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, damit aber auch kein Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO aufgezeigt, sondern lediglich die schöffengerichtliche Beweiswürdigung einer unzulässigen Kritik unterzogen.

Letztlich geht auch der Einwand, der Beschwerdeführer selbst ("ich") hätte die der W***** Gesellschaft zugeflossenen, nicht deklarierten und als verdeckte Gewinnausschüttung beurteilten Einnahmen doppelt versteuern müssen, in prozeßordnungswidriger Weise am Urteilssachverhalt vorbei. Dieser stellt nämlich darauf ab, daß der Angeklagte nur hinsichtlich seiner gewerblichen Maklertätigkeit als abgabenpflichtiger Steuerschuldner herangezogen wurde, während seine strafrechtliche Verantwortlichkeit in Beziehung auf die die W*****gesellschaft (als Steuerschuldnerin) betreffenden Abgabenverkürzungen in seiner Funktion als verantwortlicher Gesellschafter wurzelt (US 4 und 12).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit bereits bei nichtöffentlicher Beratung teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2, 285 a Z 2 StPO) sofort zurückzuweisen. Demzufolge wird über die Berufung des Angeklagten das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

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