OGH 14Os170/93

OGH14Os170/939.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.November 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer und Dr.Massauer als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schmidt als Schriftführerin, in der beim Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 12 (18) Vr 8/93 anhängigen Strafsache gegen Ludwig Rudolf L***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 StGB und anderen strafbaren Handlungen über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 8.Oktober 1993, AZ 11 Bs 412/93 (= ON

157) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Ludwig Rudolf L***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Gegen Ludwig Rudolf L***** ist beim Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 12 (18) Vr 8/93 ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB sowie der Vergehen der Täuschung nach § 108 Abs. 1 StGB und der Untreue nach § 153 Abs. 1 und Abs. 2 erster Fall StGB anhängig.

Die rechtswirksame Anklage (s. ON 87 iVm S 414/III) wirft ihm (ua) das bezeichnete Verbrechen vor, weil er in der Zeit von 20.Juni 1992 (ON 121) bis 20.November 1992 (vgl. ON 9) neun (teils schwere) Betrügereien mit einem Gesamtschaden von über 177.000 S gewerbsmäßig verübt habe. Ludwig Rudolf L***** befindet sich in dieser Strafsache seit 20.Mai 1993 wegen Tatbegehungsgefahr (§ 180 Abs. 2 Z 3 lit. c StPO) in Untersuchungshaft.

Rechtliche Beurteilung

Die Hauptverhandlung vom 26.August 1993 wurde vertagt und der Akt zur Durchführung beantragter Beweisaufnahmen gemäß § 276 StPO an den Untersuchungsrichter rückgeleitet.

Am 22.September 1993 lehnte die Ratskammer einen Enthaftungsantrag des Angeklagten wegen Fortbestehens des Haftgrundes ab und hielt die Untersuchungshaft auch durch gelindere Mittel nicht für substituierbar (ON 135). Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluß vom 8.Oktober 1993, AZ 11 Bs 412/93 (= ON 157), nicht Folge.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Ludwig Rudolf L*****, die jedoch nicht berechtigt ist.

Die vom Beschwerdeführer gegen die vom Oberlandesgericht bejahte primäre Haftvoraussetzung des dringenden Tatverdachtes ins Treffen geführten Argumente sind nicht geeignet, Bedenken gegen die vom Gerichtshof zweiter Instanz zutreffend begründete Intensität des Tatverdachtes zu erwecken. Weder den - sich weitgehend in Wiederholungen des Beschwerdevorbringens vom 27.Juli 1993 (ON 123 a) erschöpfenden - nunmehrigen Einwendungen, noch der Aktenlage sind ins Gewicht fallende Umstände zu entnehmen, die eine Beurteilung der bisherigen Verfahrensergebnisse in einem solchen Ausmaß in Frage stellen würden, daß von einem Wegfall der Dringlichkeit des - durch Ausdehnung der Voruntersuchung am 29.September 1993 auf weitere Betrugs- und Untreuefakten bezogenen - Tatverdachtes die Rede sein könnte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf das Grundrechtserkenntnis vom 16.August 1993, 14 Os 133/93-7, verwiesen. Im übrigen ist der freien Beweiswürdigung des Schöffensenates vom Obersten Gerichtshof im Rahmen der Prüfung der Grundrechtsbeschwerde nicht vorzugreifen.

Auch gegen die bereits in der zitierten Vorentscheidung überprüften Argumente in Ansehung des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr (§ 180 Abs. 2 Z 3 lit. c StPO) hat der Beschwerdeführer in seiner nunmehrigen Grundrechtsbeschwerde nichts vorgebracht, was einer besonderen Erörterung bedürfte.

Von einer im Verhältnis zu der zu erwartenden (Zusatz-)Strafe offenbar unangemessenen Dauer der Untersuchungshaft kann mit Rücksicht auf die Strafdrohung von einem bis zu fünfzehn Jahren nach wie vor (vgl. abermals 14 Os 133/93) nicht gesprochen werden. Deshalb war auch auf die in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängel nicht einzugehen, weil aus Verzögerungen der vorgebrachten Art eine Grundrechtsverletzung - abgesehen von weiteren Voraussetzungen - erst dann abgeleitet werden kann, wenn sie zu einer Unverhältnismäßigkeit der Haft führen.

Daß die Frist des § 193 Abs. 3 StPO im vorliegenden Verfahren am 20. November 1993 endet, ergibt sich schon aus dem Gesetz. Der vom Beschwerdeführer dazu begehrten ausdrücklichen Feststellung bedarf es umsoweniger, als die angefochtene Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz ohnehin einen diesbezüglichen Hinweis enthält. Auch die Frage der Zulässigkeit einer allfälligen Überschreitung dieser (sechsmonatigen) Frist gemäß § 193 Abs. 4 StPO bzw. des Entfalls der zeitlichen Beschränkung der Untersuchungshaft gemäß § 193 Abs. 5 StPO kann mangels Aktualität nicht Gegenstand des vorliegenden Grundrechtsbeschwerdeverfahrens sein. Dies gilt auch für den vom Beschwerdeführer beantragten "Auftrag" des Obersten Gerichtshofes, daß "im besonderen unter Berücksichtigung des mit 1. Jänner 1994 in Kraft tretenden Strafprozeßänderungsgesetzes 1993 eine eventuelle Verlängerung nach Ablauf der Sechsmonatefrist am 20. November 1993" unzulässig und vor diesem "Zeitraum" zu entscheiden sei, "daß die Haft nach § 180 Abs. 5 StPO aufzuheben" wäre.

Durch den angefochtenen Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz hat sohin keine Verletzung des Grundrechtes des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit stattgefunden (§ 2 Abs. 1 iVm § 7 GRBG), weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Beschwerdekosten wurden nicht verzeichnet, sie wären auch gemäß § 8 GRBG nicht zu ersetzen.

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