OGH 4Ob139/93

OGH4Ob139/932.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb, ***** vertreten durch Dr.Dieter Böhmdorfer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei "F*****", ***** Inhaber Helmut M*****, vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 90.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 11.August 1993, GZ 2 R 168/93-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 10.Mai 1993, GZ 5 Cg 177/93x-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend verweist der Kläger darauf, daß entgegen dem - für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§§ 78, 402 Abs 4 EO; § 526 Abs 2, letzter Satz, ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichtes die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses (§§ 78, 402 Abs 4 EO; § 528 Abs 1 ZPO) nicht vorliegen, stimmt doch die angefochtene Entscheidung in allen Punkten mit der Rechtsprechung des OGH, aber auch mit der Lehre, überein:

Die beanstandete Werbeankündigung erweckt - jedenfalls nach dem Grundsatz, daß der Werbende bei Mehrdeutigkeit seiner Angaben die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muß (ÖBl 1987, 67; ecolex 1993, 464 uva) - den Eindruck, daß der Beklagte Waren aus eigener Erzeugung anbiete. Verkauf zum Fabrikspreis durch den Erzeuger bedeutet aber nach der Auffassung des Verkehrs die Überlassung der Ware zu jenem Preis, den normalerweise der Großhändler als Wiederverkäufer zu zahlen hat; werden also - wie es der Beklagte tut - die Kosten der eigenen Verkaufsniederlage in den Preis einbezogen, dann liegt kein Fabrikspreis mehr vor (JBl 1933, 259; ÖBl 1956, 42; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 31; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17, 920 Rz 328 und 329 zu § 3 dUWG).

Da der Beklagte nur Kinderbekleidung erzeugt, ist die beanstandete Ankündigung auch insoweit zur Irreführung geeignet, als beim Publikum der Anschein erweckt wird, die angebotene "Damen-, Herren- und Kinderbekleidung" stamme zur Gänze aus der Erzeugung des Beklagten; damit verbindet aber der Durchschnittskonsument die Erwartung besonderer Vorteile (SZ 45/44; ÖBl 1975, 148; ÖBl 1979, 101; ÖBl 1987, 19; WBl 1993, 127). Der Beklagte hält dieser Auffassung nur die Behauptung des Gegenteils entgegen, ohne neue bedeutsame Argumente zu bringen; daher besteht kein Anlaß zu einer neuerlichen eingehenden Befassung des OGH mit diesen Rechtsfragen.

Soweit sich der Beklagte auf einen Handelsbrauch des Inhaltes beruft, daß Hersteller von Fabrikserzeugnissen auch fremde Fabriksware veräußerten, wirft er auch damit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO auf:

Zunächst ist darauf zu verweisen, daß selbst dann, wenn die Vorinstanzen die vom Beklagten in erster Instanz behaupteten Werbeaktionen anderer Unternehmer festgestellt hätten, daraus noch nicht der Schluß gezogen werden könnte, es sei im Handel ganz allgemein üblich, zugekaufte Waren - entgegen den vom Obersten Gerichtshof in ÖBl 1975, 148 dargelegten Grundsätzen - zusammen mit eigener Ware, ohne zu unterscheiden, als "Fabriksware" odgl anzubieten. Vor allem aber ist darauf zu verweisen, daß "auf die im Handelsverkehre geltenden Gewohnheiten und Gebräuche" (nur) unter Kaufleuten Rücksicht zu nehmen ist (§ 346 HGB; Kramer in Straube, HGB2 Rz 1 zu § 346); sie haben nur für den rechtsgeschäftlichen Verkehr unter Kaufleuten Bedeutung (Kramer aaO Rz 2; 4 Ob 27/88). Bei der Beurteilung des Deliktstatbestandes nach § 2 UWG kommt es aber nicht darauf an, was unter Kaufleuten üblich ist, sondern nur darauf, ob und wie weit die angesprochenen Verkehrskreise, welche im vorliegenden Fall Letztverbraucher sind, in einen für den Kaufentschluß maßgebenden Irrtum geführt werden können.

Der Revisionsrekurs war somit als unzulässig zurückzuweisen (§§ 78, 402 Abs 4 EO; § 510 Abs 3, letzter Satz, § 528a ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten des Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten des Klägers - dessen Revisionsrekursbeantwortung, in welcher auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen wurde, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung diente - auf § 393 Abs 1 EO.

Stichworte