OGH 2Ob46/93

OGH2Ob46/9328.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Martina M*****, geboren am *****1975, ***** vertreten durch Dr.Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagten Parteien 1. Heinz N*****, 2. Firma ***** Heinz N***** Gesellschaft mbH, beide ***** und 3. ***** Versicherungs AG,***** alle vertreten durch Dr.Herwig Mayrhofer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Zahlung von S 518.501 sA und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 15.April 1993, GZ 2 R 72/93-64, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 21.Dezember 1992, GZ 5 Cg 308/90-56, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es als Teilurteil wie folgt zu lauten hat:

1. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von S 503.500 samt 4 % Zinsen aus S 383.500 seit 28.11.1989 und aus S 120.000 seit 15.7.1992 zu bezahlen, wobei bis zum Betrag von S 173.500 samt 4 % Zinsen seit 28.11.1989 die Haftung zur ungeteilten Hand mit dem durch Versäumungsurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 28.1.1991, 5 Cg 308/90-6, zur Zahlung dieses Betrages verpflichteten Alexander H***** besteht.

2. Es wird festgestellt, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für alle zukünftigen Schäden zu haften haben, die die klagende Partei aufgrund des Verkehrsunfalles vom 15.8.1989 in K***** erleiden wird, wobei die Haftung der drittbeklagten Partei mit der zur Unfallszeit bestehenden Haftpflichtversicherungssumme für den PKW ***** der Höhe nach beschränkt ist und die Haftung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand mit dem durch Versäumungsurteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 28.1.1991, 5 Cg 308/90-6, verurteilten Alexander H***** besteht.

3. Das auf Zahlung von S 15.000 samt 4 % Zinsen seit 28.11.1989 gerichtete Mehrbegehren, das Zinsenmehrbegehren von 4 % aus S 70.000 vom 28.11.1989 bis 14.7.1992 sowie das auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für die mit der Drogensucht der Klägerin verbundenen Schäden gerichtete Mehrbegehren werden abgewiesen.

4. Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz sind weitere Verfahrenskosten.

II. den

Beschluß

gefaßt:

Im übrigen (hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 1 samt 4 % Zinsen seit 28.11.1989) wird das Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 6.000 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 15.8.1989 ereignete sich in K***** ein Verkehrsunfall, an dem der Erstbeklagte als Lenker des von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKWs und Alexander H***** als Lenker und Halter eines nicht zum Verkehr zugelassenen Mopeds beteiligt waren. Die Klägerin war Beifahrerin am Moped des Alexander H*****.

Die Klägerin erlitt durch diesen Unfall eine Gehirnerschütterung, einen Oberschenkelbiegebruch rechts, einen zweigradigen offenen Unterschenkelstückbruch rechts, ausgedehnte Hautnekrosen sowie mehrfache Rißquetschwunden am rechten Unterschenkel. Sie wurde am Unfallstag operiert, weitere Operationen erfolgten am 1.9.1989 und 5.9.1989. Die Hautplastiken heilten an, mehrere kleinere Defekte mußten immer wieder verbunden werden. Der erste stationäre Aufenthalt dauerte bis 18.9.1989. Der Gipsverband mußte bis 18.10.1989 getragen werden; nach Gipsabnahme durfte das Bein nicht belastet werden. Anfang Dezember 1989 zeigte sich eine sekundäre Verschiebung der Bruchenden des Unterschenkelbruches in Schaftmitte aufgrund einer Defektbildung. Die Platte lockerte sich, sodaß am 10.1.1990 ein weiterer operativer Eingriff durchgeführt werden mußte. Auch nach diesem Eingriff trat wieder eine Hautnekrose auf, so daß die Klägerin bis 10.4.1990 einen Gipsverband tragen mußte. Am 8.5.1990 wurde die Behandlung vorübergehend abgeschlossen.

Das rechte Bein der Klägerin ist nun um ca 1,5 cm verkürzt, so daß im Stehen ein leichter Beckenschiefstand sichtbar ist. Das Gangbild ist leicht hinkend, der Zehengang behindert und der Fersengang rechts nicht möglich. Insgesamt ist die Funktion des rechten Beines der Klägerin durch eine Spitzfußstellung im rechten Sprunggelenk erheblich beeinträchtigt. Hüpfen ist wegen Schmerzen rechts einbeinig und beidbeinig nicht durchführbar, Gehen im unebenen Gelände, Laufen etc. sind praktisch nicht möglich. Schmerzen bei längerem Stehen sowie Wetterfühligkeit treten nach wie vor auf.

Am rechten Unterschenkel verblieb eine ca 25 bis 30 cm lange Narbe, die ca 0,5 bis 1 cm breit und rötlich gefärbt ist. Links und rechts der rötlich gefärbten Narbe bestehen weißlich gefärbte kleine Narben und Einstiche. Im Bereich des rechten Unterschenkels ist ein ca 25 x 5 cm großes, längs-ovales Narbenbild sichtbar, das die natürliche Form der Wade insoferne verändert, als eine zumindest handflächengroße Eindellung sichtbar ist. Im Bereich des Schienbeins verblieb eine ca 30 x 5 cm große, flächige Narbe. Die mit einer Konturveränderung einhergehende Narbenbildung des gesamten Unterschenkels ist sowohl von vorne als auch von hinten betrachtet erkennbar.

Die Klägerin mußte insgesamt 19 Tage starke, drei Wochen mittelstarke und 14 Wochen leichte Schmerzen ertragen. Darüber hinaus sind aufgrund der Narben noch auf Jahre hinaus Schmerzen zu erwarten. Wahrscheinlich wird eine Verschlechterung des Zustandes eintreten. Im Frühjahr 1991 bestand eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 30 %. Ob eine kosmetische Korrekturoperation möglich ist, kann derzeit nicht beurteilt werden.

Die am 19.2.1975 geborene Klägerin hatte im Zuge der Operationen mit Narkose Todesängste. Ausgelöst durch die erlittene körperliche Beschädigung und die Krankenhausaufenthalte empfand sie überdies eine Angst vor dem Verlassenwerden und Verlassensein. Sie fürchtete sich vor physischem Schmerz, der ihr zwangsläufig von Ärzten und vom Pflegepersonal während der Behandlung und Pflege zugefügt wurde. Sie leidet an einem Unlustgefühl wegen der erlebten Einengung der Bewegungsfreiheit, ausgelöst durch die Ruhigstellung während der Krankenhausaufenthalte, die Gipsverbände, die geringe Belastbarkeit des Beines, die Unfähigkeit, Sport zu betreiben und gewisse Berufe auszuüben, sowie durch die Angst, das Leben nicht zu bewältigen. Wegen der Verletzung des Körperschemas wurde die libidinöse Besetzung des Körpers und damit das narzistische Gleichgewicht der Klägerin gestört, was zu einem verminderten Selbstwertgefühl führte. Bei der Klägerin ist zudem eine soziale Angst vorhanden, die die Ablehnung durch andere wegen ihrer körperlichen Beschädigung bzw die Phantasie der aversiven Einstellung der Menschen ihr gegenüber beinhaltet. Das Gefühl, wegen der Beinverletzung minderwertig und als Frau unvollständig zu sein, verursacht bei ihr eine Angst vor dem Verlust der Weiblichkeit, was zwangsläufig eine gestörte Sexualität bedingt.

Die unverheiratete Klägerin beabsichtigte, nach Abschluß der Pflichtschule eine Lehre als Verkäuferin, Friseurin oder Kosmetikerin anzutreten. Nach dem Unfall mußte sie jedoch aufgrund ihrer Behinderung einen sitzenden Beruf wählen und begann am 3.9.1990 eine Lehre als Bürokauffrau, an der sie allerdings keinen Gefallen fand. Das Lehrverhältnis wurde vom Arbeitgeber mit 30.8.1991 vorzeitig aufgelöst.

Die Klägerin begehrte zunächst mit der auch gegen Alexander H***** als Viertbeklagten gerichteten Klage die Zahlung von S 172.500 samt Anhang sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden.

Gegen Alexander H***** erging am 28.1.1991 ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil.

Hinsichtlich der übrigen Beklagten wurde das Klagebegehren auf Zahlung von S 518.501 sA und auf Feststellung der Haftung für alle künftigen Nachteile, Schäden, Folgen und Auslagen, die die Klägerin aufgrund des vorliegenden Verkehrsunfalles und der dadurch verursachten Drogensucht erleiden wird, ausgedehnt.

Das Zahlungsbegehren der Klägerin setzt sich wie folgt zusammen:

Schmerzengeld S 400.000

Verunstaltungsentschädigung S 85.000

Kleiderschaden S 1.000

Heilbehandlungs-Selbstbehalt S 2.000

Heilbehandlungs-Fahrtkosten S 10.000

Pflegekosten S 20.000

pauschale Unkosten S 500

Drogentherapie (Fahrtkosten und

Verdienstentgang) S 1

S 518.501.

Zum Begehren auf Schmerzengeld brachte die Klägerin vor, auch erhebliche psychische Schmerzen erlitten zu haben. Weiters führte sie aus, durch den Unfall und seine Folgen habe sich die Lebensführung und ihr Lebensziel so verändert, daß sie in die Drogenwelt geflüchtet sei; der vorliegende Verkehrsunfall sei daher kausal für die Drogensucht, der die Klägerin verfallen sei und die eine derzeit laufende Heilbehandlung erforderlich mache. An durch die Drogensucht verursachtem Verdienstentgang und an Fahrtkosten zur Drogentherapie begehrte die Klägerin insgesamt einen Teilbetrag von S 1.

Die Beklagten wendeten unter anderem ein, die geltend gemachten Ansprüche seien überhöht, der Unfall sei für die Drogensucht der Klägerin nicht kausal, jedenfalls fehle es aber an einem adäquaten Zusammenhang.

Das Erstgericht sprach der Klägerin einen Betrag von S 383.501 samt 4 % Zinsen seit 28.11.1989 zu und gab dem Feststellungsbegehren zur Gänze statt.

Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend traf es folgende Feststellungen:

Die Klägerin gab nach dem Unfall ihren Freundeskreis auf und suchte im Herbst 1991 Kontakt zur Drogenszene, wobei der Unfall sicher der unmittelbare Auslöser dafür war. Vor dem Unfall hatte die Klägerin keinen Kontakt mit Drogen. Durch das Abgleiten in die Drogenszene wurde der Heilungsprozeß der Klägerin nicht verlängert.

Seit 10.9.1991 befindet sich die Klägerin auf Langzeittherapie in der Rehabilitationseinrichtung des Vereines ***** in S*****. Für die Anreise nach S***** entstanden der Klägerin Fahrtkosten von zumindest S 1.

Das Erstgericht bejahte in rechtlicher Hinsicht das Verschulden des Erstbeklagten und vertrat die Ansicht, der Klägerin stehe ein Schmerzengeld von 300.000 S und eine Verunstaltungsentschädigung von 50.000 S zu. Die Pflegekosten (S 20.000), Fahrtkosten zur Schule (S 10.000), den Kleiderschaden (S 1.000), den Selbstkostenbeitrag für den Krankenhausaufenthalt (S 2.000) und die pauschalen Unkosten (S 500) sprach das Erstgericht in der begehrten Höhe zu.

Weiters vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Beklagten hätten der Klägerin auch jenen Schaden zu ersetzen, der im Zusammenhang mit der Drogentherapie entstehe, insbesondere die Fahrtkosten und den Verdienstentgang. Der diesbezüglich geltend gemachte Schaden von S 1 sei somit zuzusprechen und sei mit Rücksicht auf die Dauerfolgen auch das Feststellungsbegehren berechtigt.

Das Berufungsgericht sprach der Klägerin einen Betrag von S 453.500 samt Zinsen zu und stellte die Haftung der Beklagten für alle künftigen Schäden aufgrund des Verkehrsunfalles vom 15.8.1989 fest. Das auf Zahlung vonS 65.001 gerichtete Mehrbegehren sowie das Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für die mit der Drogensucht der Klägerin verbundenen Schäden wurde abgewiesen.

Die von den Beklagten bekämpfte Feststellung, der vorliegende Unfall sei der unmittelbare Auslöser dafür gewesen, daß die Klägerin im Herbst 1981 Kontakt zur Drogenszene gesucht, vor dem Unfall jedoch keinen Kontakt mit Drogen gehabt habe, übernahm das Berufungsgericht nicht, wobei es die Ansicht vertrat, daß die Beklagten für die aus der Drogensucht der Klägerin resultierenden Schäden deswegen nicht verantwortlich seien, weil die Adäquanz des Kausalzusammenhanges fehle. Das vom Erstgericht festgestellte "Abgleiten", die Flucht der Klägerin in die Drogenszene und letztlich die Drogensucht seien jedenfalls auch die Folge einer freiwilligen Willensentscheidung der Klägerin. Anhaltspunkte dafür, daß ihre Entscheidungsfreiheit weitgehend oder gänzlich aufgehoben war, seien nicht gegeben. Es sei daher der Zuspruch eines Teilschadensbetrages von S 1 zu Unrecht erfolgt und auch das darauf gerichtete Feststellungsbegehren nicht berechtigt.

Im übrigen aber erachtete das Berufungsgericht ein Schmerzengeld von 350.000 S für angemessen. Die zum Unfallszeitpunkt erst 14-jährige Klägerin sei überaus schwer verletzt worden, sie habe sich einer langwierigen Heilbehandlung unterziehen müssen, ohne daß die Verletzungsfolgen gänzlich beseitigt werden konnten. Sie sei auf die Dauer im Erwerbsleben und in der Freizeitgestaltung stark beeinträchtigt und werde auch in Zukunft immer wieder Schmerzen erleiden. Auch ihre Ängste im Zusammenhang mit den Operationen müßten entsprechend abgegolten werden.

Auch die Verunstaltungsentschädigung sei vom Erstgericht zu gering bemessen worden, vielmehr rechtfertige die Verhinderung des besseren Fortkommens eine Verunstaltungsentschädigung von S 70.000.

Die ordentliche Revision wurde zugelassen, weil insbesondere die Frage des adäquaten Zusammenhanges zwischen dem Unfall und der Drogensucht der Klägerin eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung darstelle.

Gegen die Abweisung des Begehrens auf Zahlung eines weiteren Schmerzengeldes von S 50.000, auf Ersatz der Fahrtkosten und des Verdienstentganges von S 1 zur Drogentherapie und auf Feststellung der Haftung für die mit der Drogensucht der Klägerin verbundenen Schäden richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß ihr ein weiterer Betrag von 50.001 S samt 4 % Zinsen seit 14.7.1992 zugesprochen und festgestellt werde, daß die Beklagten für die mit der Drogensucht der Klägerin verbundenen Schäden in Zukunft zu haften haben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten haben Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig, sie ist zum Teil auch berechtigt.

Die Klägerin vertritt in ihrem Rechtsmittel die Ansicht, die Adäquanz zwischen dem von ihr erlittenen Unfall und der Drogensucht sei zu bejahen. Unstrittig hätten die Schädiger für die psychischen Veränderungen einzustehen, dies habe zur Folge, daß auch die Drogensucht, die Folge dieser psychischen Veränderung sei, eine Ersatzpflicht der Beklagten begründe. Eine auf psychische Veränderung zurückzuführende Drogensucht könne nicht als atypischer Erfolg angesehen werden. Es sei daher das auf Zahlung von S 1 (Fahrtkosten und Verdienstentgang zur Drogentherapie) berechtigt, desgleichen das weitere Feststellungsbegehren.

Auch das vom Berufungsgericht zuerkannte Schmerzengeld sei zu niedrig, sondern wäre ein solches von 400.000 S angemessen.

Diese Ausführungen sind zum Teil zutreffend.

Die Beurteilung der Adäquanz ist - anders als jene der Kausalität - eine Rechtsfrage die der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich ist (8 Ob 171/73). Eine adäquate Schadensursache liegt dann vor, wenn sie ihrer allgemeinen Natur nach für die Herbeiführung eines Erfolges wie des eingetretenen nicht als völlig ungeeignet erscheint, wenn es sich also um keinen atypischen Erfolg handelt (Apathy, Komm z EKHG, Rz 11 zu § 1 mwN). Ein Schaden ist inadäquat, wenn seine Ursache nur zufolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung wurde (Koziol-Welser I9, 443). Daß der Schädiger auch Beeinträchtigungen zu ersetzen hat, die auf einer durch die Körperverletzung ausgelösten seelischen Störung des Betroffenen beruhen, entspricht herrschender Ansicht (JBl 1992, 255; Wussow, Unfallhaftpflichtrecht13 Rz 93 mwN). Daraus folgt, daß auch eine Drogensucht, die auf die mit dem Schadensereignis und seinen Folgen verbundenen Beschwerden zurückzuführen ist, eine Ersatzpflicht des Schädigers begründet (vgl Geigel, Haftpflichtprozeß20, 125). Auch eine Drogensucht als Folge schwerer Verletzungen mit Dauerfolgen kann nicht als ungewöhnlich angesehen werden und ist daher nicht atypisch. Es besteht zwar dann keine Haftung, wenn als weitere Ursache für den Schaden ein freies menschliches Handeln hinzukommt, mit dem der Schädiger nach der Lebenserfahrung nicht zu rechnen brauchte, doch liegt ein derartiger Fall hier nicht vor, weil - unter Zugrundelegung der Feststellungen des Erstgerichtes - auch die Drogensucht nicht auf freier Willensbildung beruhte (vgl JBl 1992, 255). Daraus folgt, daß die vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht nicht übernommenen Feststellungen über die Kausalität des Unfalles für die Drogensucht der Klägerin für die Entscheidung von Relevanz sind. Es war daher hinsichtlich des auf Ersatz der Fahrtkosten und des Verdienstentganges zur Drogentherapie gerichteten Begehrens das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben; das Berufungsgericht wird sich im fortgesetzten Verfahren mit der Beweisrüge der Beklagten auseinanderzusetzen haben.

Unberechtigt ist aber jedenfalls das auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für die mit der Drogensucht der Klägerin verbundenen Schäden gerichtete Begehren. In jedem Fall, in dem die Ersatzpflicht für künftige Schäden festgestellt wird, kann sich die Feststellung notwendigerweise nur auf die des haftungsbegründenden Verhaltens der beklagten Parteien, nicht aber auf die eines in Zukunft mit Sicherheit konkret zu erwartenden Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhanges beziehen (SZ 61/43 mwN). Die Feststellung der Haftung für die mit der Drogensucht der Klägerin verbundenen Schäden ist daher nicht möglich. Insoweit ist daher die Entscheidung des Berufungsgerichtes jedenfalls zutreffend.

Nach Ansicht des erkennenden Senates ist auch das von der Klägerin begehrte Schmerzengeld von 400.000 S angemessen. Die Bemessung des Schmerzengeldes hat global zu erfolgen und sind die körperlichen und seelischen Schmerzen abzugelten. In die globale Bemessung sind auch die künftigen, nach dem Lauf der Dinge zu erwartenden Schmerzen einzubeziehen und orientiert sich die Bemessung des Schmerzengeldes insbesondere an der Art, Zahl und Schwere der Verletzungen; Dauer und Maß der physischen und psychischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes sowie Dauer und Intensität der Schmerzen sind zu berücksichtigen (Apathy, aaO, Rz 35 f § 13 mwN). Berücksichtigt man nun, daß die Klägerin bisher 19 Tage starke, drei Wochen mittelstarke und 14 Wochen leichte Schmerzen zu tragen hatte, daß auf Jahre hinaus weitere Schmerzen zu erwarten sind und eine Verschlechterung des Zustandes eintreten wird und daß die Klägerin erhebliche psychische Schmerzen hatte und hat, dann bestehen gegen eine Zuerkennung eines Schmerzengeldes von 400.000 S keine Bedenken.

Die Revision erweist sich sohin - ausgenommen das Feststellungsbegehren - zum Teil im Sinne des Antrages auf Abänderung, zum Teil im Sinne des Aufhebungsantrags als berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz gründet sich auf § 52 Abs 2 ZPO. Hinsichtlich des zuerkannten Teilanspruches ist eine Bemessung der Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz noch nicht möglich, da noch nicht vorhersehbar ist, wie sich das weitere Verfahren entwickelt. Hinsichtlich des Revisionsverfahrens ist jedoch eine Kostenentscheidung bereits möglich und ist davon auszugehen, daß beide Teile annähernd gleich obsiegten und unterlegen sind. Dies führt gemäß § 43 Abs 1 ZPO grundsätzlich zu einer Kostenaufhebung, doch war gemäß § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO der Klägerin die Hälfte der Pauschalgebühr zuzusprechen.

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