OGH 2Ob31/93

OGH2Ob31/9328.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosa T*****, vertreten durch Dr.Eugen Radel und Dr.Willibald Stampf, Rechtsanwälte in Mattersburg, wider die beklagten Parteien 1. Thomas P*****, und 2. W***** Versicherungs-AG, Landesdirektion *****, beide vertreten durch Dr.Harald Beck und Dr.Klaus Dörnhöfer, Rechtsanwälte in Eisenstadt, wegen 99.084,-- S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25. März 1993, GZ 15 R 224/92-33, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Endurteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 30. September 1992, GZ 3b Cg 547/91-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die mit 4.348,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 724,80 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 30.8.1988 verschuldete der Erstbeklagte als Lenker des von ihm gehaltenen, bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW (B 124.372) einen Verkehrsunfall, bei dem der Ehemann der Klägerin tödliche Verletzungen erlitt.

Die Klägerin begehrte - vom Alleinverschulden des Erstbeklagten an dem Unfall ausgehend - aus dem Titel des Schadenersatzes den Zuspruch von 99.084,-- S samt Anhang; außerdem stellte sie ein entsprechendes Feststellungsbegehren. Über Auftrag der Zweitbeklagten sei ein Sachverständigengutachten eingeholt worden, nach dem es zu einem "jährlichen Einkommensverlust der Klägerin durch Wegfall der Arbeitskraft ihres verunglückten Ehegattens" von 110.255,-- S gekommen sei. Demgegenüber beziehe die Klägerin ein jährliches Renteneinkommen von 19.782,-- S. Der "Entgang" der Klägerin betrage daher 90.473,-- S jährlich, also monatlich 7.540,-- S. Für 33 Monate ab dem Tode ihres Ehegatten gebührten ihr daher 249.084,-- S abzüglich der Akontozahlung der Zweitbeklagten in der Höhe von 150.000,-- S, somit ein Restbetrag von 99.084,-- S.

Die Beklagten anerkannten das Klagebegehren dem Grunde nach und beantragten Abweisung des Leistungsbegehrens. Der monatliche Entgang der Klägerin im Sinne des § 1327 ABGB errechne sich ausgehend davon, daß der Verstorbene 60 % des gemeinsamen landwirtschaftlichen Einkommens aufgebracht habe, der Verbrauch jedoch von den Ehegatten gleichteilig erfolgt sei, mit bloß 2.303,-- S. Dies ergebe für den Zeitraum September 1988 bis einschließlich Juni 1991 einen Betrag von 78.302,-- S. Da die Zweitbeklagte für den geltend gemachten Unterhaltsentgang ohnehin schon einen Betrag von 150.000,-- S geleistet habe, bestehe derzeit kein Anspruch der Klägerin. Gemäß § 1327 ABGB sei auch nur der reine Unterhaltsentgang ersatzfähig. Der landwirtschaftliche Betrieb sei nach dem Ableben des Ehemannes der Klägerin nicht mehr gewinnbringend zu führen. Die Beklagten seien daher nicht verpflichtet, die "nunmehr erwirtschafteten Betriebsverluste zu finanzieren". Als Maßnahme zur Schadensbegrenzung hätte die Klägerin den landwirtschaftlichen Betrieb verpachten und selbst gleichzeitig als landwirtschaftlicher Betriebshelfer oder Arbeiter unselbständig tätig werden können. Eine solche Tätigkeit wäre der Klägerin auch zumutbar. Im übrigen könne ein jetzt erwirtschafteter landwirtschaftlicher Betriebsverlust nicht in die Berechnung des Verdienstentganges bzw Unterhaltsentganges einbezogen werden.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren nach Fällung eines Teilanerkenntnisurteiles über das Feststellungsbegehren (ON 7 dA) zur Gänze statt. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Nach der am 11.4.1959 erfolgten Eheschließung arbeiteten die Eheleute T***** - und zwar seit 1979 ausschließlich - in der von ihnen betriebenen Landwirtschaft; sie waren beide Vollerwerbslandwirte und damit voll ausgelastet. Zu Beginn der Ehe betrug die Betriebsgröße 4 ha. Bis 1988 wurde der vollmechanisierte Betrieb auf etwas über 20 ha aufgestockt (eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 23,3 ha und eine Weingartenfläche von 3,2 ha. Von der gesamten Betriebsfläche inklusive Wald und "Sonstiges" war der Ehemann der Klägerin Allein- und ideeller Hälfteeigentümer von 114.894 m2, die Klägerin dagegen von 87.933 m2). Schulden waren im Zeitpunkt des Todes des Ehegatten der Klägerin nicht vorhanden. Die Aufteilung der landwirtschaftlichen Arbeiten lag bei einem Verhältnis von rund 60 (Ehemann) : 40 % (Klägerin). Die Klägerin führte im übrigen den Haushalt. Die Erträgnisse aus der Landwirtschaft kamen beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zugute, weshalb der Verbrauch im Verhältnis von 50 : 50 lag. Seit dem Tod ihres Ehegatten konnte die Klägerin den Betriebsumfang und die Betriebsorganisation durch den Einsatz von Hilfskräften weitgehend aufrecht erhalten. Die bewirtschafteten Pachtflächen gingen leicht zurück. Die im Erbweg den Kindern der Ehegatten zugefallenen Liegenschaften wurden der Klägerin verpachtet, wofür diese auf Grundlage einer Kulanz der Verpächter unregelmäßig Pachtschilling bezahlt. Der Gesamtdeckungsbeitrag (Rohertrag abzüglich variabler Kosten) des landwirtschaftlichen Betriebes vor dem Unfall betrug 331.486,38 S, während der Gesamtdeckungsbeitrag nach dem Unfall nur mehr 203.196,37 S betrug und beträgt. Durch den Tod des Ehegatten der Klägerin ergebe sich daher ein Deckungsbeitragsverlust von 128.290,-- S. Zu diesem Betrag sind zu addieren 13.310,-- S (Erhöhung des Pachtschillings für die von den Kindern verpachteten Flächen), 9.600,-- S (Kosten für die Beiziehung zusätzlicher Hilfskräfte im Weinbau) und 48.430,-- S (Zusatzkosten für Aushilfskräfte in der Landwirtschaft). Abzuziehen sind dagegen 7.268,-- S (Reduktion des Pachtschillings infolge der Verminderung der Pachtflächen) und 1.022,-- S (Entfall der Versicherung für den Mähdrescher). Der Mähdrescher wurde nach dem Tod des Mannes der Klägerin wegen Reparaturbedürftigkeit verkauft. Der Verstorbene hätte ihn selbst reparieren können. Eine Fremdreparatur wäre nicht mehr wirtschaftlich gewesen. Zu Lebzeiten des Ehemannes der Klägerin wurde mit dem vorhandenen Mähdrescher im geringen Umfang Lohndrusch geleistet. Der durch das Schadensereignis entstandene Deckungsbeitragsverlust beträgt demnach 191.340,-- S jährlich, dies unter Berücksichtigung eines jetzt vorhandenen Verlustes von 9.519,-- S. Die Fixkosten des landwirtschaftlichen Betriebes änderten sich durch den Tod des Ehegatten der Klägerin nicht. Sie betrugen und betragen jährlich 124.872,-- S. Die unfallbedingten Zusatzkosten sind planvariable Kosten. Der Deckungsbeitragsverlust ist dem Einkommensverlust (Verminderung des landwirtschaftlichen Einkommens) gleichzusetzen. Vor dem Schadensereignis betrug das landwirtschaftliche Einkommen der Ehegatten 181.821,-- S. Die Nettoinvestitionen erreichten 81.620,-- S jährlich. Die Fixkosten im Privatbereich betrugen und betragen jetzt 65.067,-- S jährlich (inklusive Leistungen an die SV der Bauern). Für die Lebensführung (privater Verbrauch) verblieben den Ehegatten T***** 35.134,-- S.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß gemäß § 1327 ABGB nur der entgangene Unterhalt, nicht aber ein sonstiger Vermögensschaden zu ersetzen sei. Die Differenz zwischen dem, was die Witwe unter Berücksichtigung der künftigen Einkommensentwicklung des Getöteten im Falle seines Fortlebens erhalten hätte, und dem, was ihr nach dem Tode ihres Gatten aus den Reinerträgnissen der Landwirtschaft (bei Aufteilung auf sämtliche Familienmitglieder) zugekommen sei, bilde den Unterhaltsentgang der Witwe. Bei dieser Gegenüberstellung könnten das Ausmaß des Miteigentums der Witwe und die Verschiebung der Eigentumsverhältnisse durch den Erbgang außer Betracht bleiben, weil die Erträgnisse bei landwirtschaftlichen Familienbetrieben der vorliegenden Art in der Hauptsache das Ergebnis des Einsatzes der Arbeitskraft der Familienmitglieder seien (EFSlg 22.626; JBl 1966, 39; ZVR 1973/178 und 95). Bei der Berechnung des Unterhaltsentgangs der Klägerin sei somit von dem landwirtschaftlichen Einkommen des Ehepaares vor dem Unfall in der Höhe von 181.821,-- S auszugehen, wozu der Verstorbene mit seiner Arbeitskraft 60 %, also 109.072,60 S beigetragen habe. Durch den Tod des Ehemannes der Klägerin habe sich das landwirtschaftliche Einkommen des Betriebes (der Reinertrag; vgl Koziol; Haftpflichtrecht II 158 Anm 39) auf faktisch Null (rechnerisch minus 9.519,-- S) verringert; da Verluste nicht auf Dauer als Grundlage der Berechnung des Verdienstentganges herangezogen werden könnten, weil diese dem - auch bäuerlichen Betrieben innewohnenden - marktwirtschaftlichen Prinzip der Gewinnerzielung in auffallender Weise zuwiderlaufen würde, sei von einer unfallbedingten Einkommensminderung der klägerischen Landwirtschaft von 181.821,-- S auszugehen. Die Berechnung des Entganges der Klägerin sei im einzelnen wie folgt vorzunehmen:

Durch das Schadensereignis eingetretener

"Verlust in der Landwirtschaft" 181.821,-- S

abzüglich "ersparter Lebensunterhalt des

Getöteten" (Konsumquote) 17.567,-- S

abzüglich Unfallrente der Klägerin 19.376,-- S

Differenz 144.878,-- S.

Dies ergebe monatlich gerundet einen Betrag von 12.073,-- S. Für den dem Klagebegehren zugrundeliegenden Zeitraum von 33 Monaten errechne sich daher ein "Verdienstentgang" von insgesamt 398.409,-- S, worin der Klageanspruch zur Gänze Deckung finde. Nichts anderes ergäbe sich, berechnete man den "Unterhaltsentgang der Witwe" - entgegen der genannten Rechtsprechung - doch nach den in der Entscheidung EFSlg

36.218 dargestellten Kriterien. Auch nach dieser Ermittlungsart käme man zu einem "monatlichen Verdienstentgang" von 10.609,25 S, was wiederum bedeutete, daß das Klagebegehren vollinhaltlich zu Recht bestehe.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Parteien teilweise Folge und änderte das erstinstanzliche Endurteil dahin ab, daß es die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, der klagenden Partei den Betrag von 46.879,46 S samt Anhang zu bezahlen und das Klagemehrbegehren von 52.204,54 S sA abwies, wobei es die ordentliche Revision für zulässig erklärte.

Zu der die vom Erstgericht vorgenommene Berechnung des durch das Schadensereignis entstandenen Entganges der Klägerin betreffenden Rechtsrüge nahm das Berufungsgericht wie folgt Stellung:

Tatsächlich stelle diese Berechnung nicht nur auf den im Rahmen des § 1327 ABGB zu bestimmenden Unterhaltsentgang der Klägerin ab, sondern ermittele die Nettoertragsdifferenz des landwirtschaftlichen Betriebes vor und nach dem Schadensereignis. In der Ermittlung dieser Vermögensdifferenz würden also auch Verdiensentgangskomponenten berücksichtigt. Für einen Sonderfall (Mitarbeit des getöteten Unterhaltsverpflichteten ohne feste Entlohnung in der Landwirtschaft seiner Ehefrau) habe der Oberste Gerichtshof auch ausgesprochen, der Unterhaltsentgang der Witwe bestehe "in der Differenz zwischen dem Reinertrage aus der Landwirtschaft ... in der Zeit der Mitarbeit des Ernährers und jenem Reinertrage ..., der nach dessen Tode - unter sonst gleichbleibenden Umständen - aus der Landwirtschaft zu erzielen" sei (JBl 1966, 39). Dem vorliegenden Rechtsstreit liege aber kein solcher Sonderfall zugrunde, seien doch die Ehegatten T***** zu gleichen Teilen an den gemeinsam erwirtschafteten Erträgnissen ihrer Landwirtschaft beteiligt gewesen. In späteren Entscheidungen sei bezogen auf landwirtschaftliche Betriebsverhältnisse dagegen betont worden, der Unterhaltsentgang gemäß § 1327 ABGB ergebe sich aus der Differenz zwischen dem, was der Witwe vor und nach dem Tode ihres Ehegatten aus den Reinerträgnissen der Landwirtschaft zugekommen sei (ZVR 1973/95; 1973/178; 1976/271). Diese Praxis habe also ihr Schwergewicht in einer Quotendifferenz dessen, was dem Unterhaltsberechtigten vor und nach dem Schadensereignis aus den Erträgnissen des landwirtschatlichen Betriebes verblieben sei. Ein Berechnungsmodus für den unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in einem landwirtschaftlichen Familienbetrieb zu ermittelnden Unterhaltsentgang finde sich allerdings in letzteren Entscheidungen nicht. Später habe dann die Judikatur für den Unterhaltsentgang der Witwe ganz allgemein einen Berechnungsmodus dargelegt (EFSlg 36.218). Diese Beerchnungsart ließe sich aber auch auf Fälle wie den vorliegenden anwenden, wenn man dabei zusätzlich berücksichtige, daß das Einkommen eines Landwirtes mit jenem eines unselbständig Erwerbstätigen nicht vergleichar sei. Während nämlich der Lohnempfänger 100 % seines Bezuges privat verbrauchen könne, müsse ein Unternehmer mindestens 20 - 30 % seines Einkommens in den landwirtschaftlichen Betrieb investieren, um weiter existieren und wachsen zu können (vgl den bezüglichen unstrittigen Teil des Gutachtens ON 12 Seite 53). Die Klägerin müsse sich allerdings bei Berechnung ihres durch das Schadensereignis eingetretenen Unterhaltsentganges auch ihr Einkommen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb anrechnen lassen, da sie dieses schon zu Lebzeiten ihres Mannes freiwillig zur Bestreitung ihres Unterhaltes verwendet habe (EFSlg 63.278). Der Unterhaltsentgang der Klägerin sei daher in Anlehnung und in Ergänzung des in der Entscheidung EFSlg 36.218 dargestellten Rechenvorganges wie folgt zu ermitteln:

Jahresnettoeinkommen des Familienbetriebes

vor dem Schadensereignis 181.821,-- S

Einkommensverlust durch das Schadens-

ereignis (die Nichtberücksichtigung des

Bilanzverlustes durch das Erstgericht sei

seitens der Klägerin unbekämpft geblieben)

181.821,-- S

abzüglich Nettoinvestitionen 81.620,-- S

abzüglich Fixkosten privat 65.067,-- S

Zwischensumme 35.134,-- S

Konsumquote der Klägerin 50 % 17.567,-- S

zuzüglich Investitions- und Fixkostenanteil

des Getöteten nach dem von ihm erwirtschaf-

teten Teil des Jahresnettoeinkommens des

Familienbetriebes (60 % von 146.687,-- S)

88.012,20 S

Zwischensumme 105.579,20 S

abzüglich Eigeneinkommen der Klägerin

nach dem von ihr erwirtschafteten

Prozentsatz des Jahresnettoeinkommens

des Familienbetriebes (40 % von 181.821,-- S)

72.728,40 S

und Investitions- und Fixkostenanteil der Klägerin

(40 % von 146.687,-- S)

58.674,80 14.053,60 S

Zwischensumme 91.525,60 S

abzüglich Unfallrente der Klägerin

nach den vom Erstgericht unbekämpft

angenommenen Betrag 19.376,-- S

jährlicher Unterhaltsentgang 72.149,60 S

Die Klägerin mache ihren Anspruch für den Zeitraum vom 30.8.1988 bis 23.5.1991 geltend; dies entspräche 996 Tagen. Ausgehend vom jährlichen Unterhaltsentgang betrage der Buchteil für den täglichen Unterhaltsentgang 197,67014 S.

Dies ergäbe folgende weitere Berechnung:

996 Tage 196.879,46 S

abzüglich Teilzahlung vor Klageeinbringung 150.000,-- S

Zuspruch 46.879,46 S.

Die dargestellte Berechnungsart harmonisiere die in der Entscheidung EFSlg 36.218 zum Ausdruck kommenden Grundgedanken mit den sich aus einem landwirtschaftlichen Familienbetrieb ergebenden besonderen Bedürfnissen. Rechenergebnis sei dabei nicht bloß eine Einkommens- oder Vermögensdifferenz, sondern der tatsächiche Unterhaltsentgang der Witwe. In diesem Zusammenhang sei noch anzumerken, daß die fixen Haushaltskosten, die sich durch den Wegfall des Getöteten ihrer Höhe nach nicht wesentlich änderten, Unterhaltscharakter hätten (EFSlg 36.220; 63.286). Gleiches müsse aber ausgehend von den Bedürfnissen eines landwirtschaftlichen Betriebes auch für die notwendigen Investitionskosten gelten, da solche nicht unterlassen werden dürften, ohne der Witwe sonst ihre Unterhaltsgrundlage zu entziehen. Dem Klagebegehren sei daher in Abänderung der angefochtenen Entscheidung mit dem Betrag von 46.879,46 S sA stattzugeben gewesen, während das Mehrbegehren von 52.204,54 S sA habe abgewiesen werden müssen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu der vom Berufungsgericht vorgenommenen Berechnung des Unterhaltsentganges des überlebenden Ehegatten in einem landwirtschaftlichen Familienbetrieb im Rahmen des § 1327 ABGB.

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern.

Die beklagten Parteien beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen und hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin wendet sich gegen die vom Berufungsgericht in Anlehnung und Ergänzung der in der Entscheidung EFSlg. 36.218 dargestellten Berechnungsmethode des ihr im Sinne des § 1327 ABGB wegen des Todes ihres Mannes Entgangenen. Maßgebend für die Höhe ihrer Ansprüche sei vielmehr jener Aufwand, der nunmehr getätigt werden müsse, damit sie durch die ihr zukommenden Schadenersatzleistungen so gestellt werde, wie sie gestellt wäre, wenn ihr Mann seine Leistungen im bisherigen Ausmaß weiter erbracht hätte. Dem ist folgendes zu entgegnen:

Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits mehrmals mit der Bemessung des Ersatzanspruches nach § 1327 ABGB bei landwirtschaftlichen Familienbetrieben befaßt. Er hat bereits in der Entscheidung 2 Ob 109, 110/52 dargelegt und in der Folge daran festgehalten (ZVR 1966/31 = JBl 1966, 39 = EFSlg 4718), daß der "Entgang" unter Bedachtnahme auf die besonderen Verhältnisse in der Landwirtschaft durch Gegenüberstellung der Erträge der Landwirtschaft vor und nach dem Tod des (ohne besonderen Lohn und damit ohne Erbringung von Leistungen aus einem verdienten Lohn an seine Angehörigen) mitarbeitenden Ehegatten zu ermitteln ist. Diese Bemessungsmethode wurde aber nicht nur in Fällen ausgesprochen, in welchen der getötete Unterhaltsverpflichtete in der Landwirtschaft seiner Ehefrau mitgearbeitet hatte, sondern auch dann, wenn die Ehegatten - allenfalls gemeinsam mit ihren Kindern - eine im Miteigentum der Ehegatten stehende Landwirtschaft gemeinsam bewirtschaftet hatten. So wurde in der Entscheidung SZ 44/191 (2 Ob 234/71) bei der Mitarbeit der Ehegatten in deren gemeinsamer Landwirtschaft bei Aufteilung der Erträgnisse auf eine fünfköpfige Familie auf die Gegenüberstellung des auf die Klägerin vor dem Tode ihres Gatten entfallenden Einkommensteiles und ihres nachmaligen Einkommensteiles abgestellt. Der in ZVR 1973/178 veröffentlichten Entscheidung 2 Ob 278/71 lag ein landwirtschaftlicher Betrieb zugrunde, der im Miteigentum der die Landwirtschaft gemeinsam mit ihrer Tochter ohne fremde Hilfskräfte bearbeitenden Ehegatten stand; außerdem hatten sie Grund zugepachtet. Auch im Falle der Entscheidung ZVR 1973/95 = EFSlg 18.037 (8 Ob 29/72) handelte es sich um eine im Miteigentum der Ehegatten stehende Landwirtschaft, die - ebenso wie zusätzliche Pachtgründe - von den Eheleuten und zwei Kindern gemeinsam bewirtschaftet wurde. In dieser Entscheidung brachte der Oberste Gerichtshof zum Ausdruck, daß ein Ehemann, der als Wirtschaftsführer des bäuerlichen Familienbetriebes seine gesamte Arbeitskraft der die Existenzgrundlage der gesamten Familie darstellenden Landwirtschaft zuwendet, hiedurch zum Unterhalt seiner Familie wesentlich beigetragen hat, wobei er den "Entgang" der Witwe in der Differenz zwischen dem erblickte, was der Klägerin vor und dem, was ihr nach dem Tod des Ehegatten aus den Reinerträgnissen der Bauernwirtschaft bei Aufteilung auf sämtliche Familienmitglieder zugekommen ist. In der Entscheidung ZVR 1975/260 = EFSlg 22.626 (2 Ob 186, 187/74), in der auf die zuvor genannte Entscheidung (8 Ob 29/72) hingewiesen wurde, sprach der Oberste Gerichtshof betreffend eine im Miteigentum der Ehegatten stehende Landwirtschaft aus, daß als Entgang im Sinne des § 1327 ABGB alles anzusehen sei, was der Hinterbliebene erhielte, wenn der nach dem Gesetz Unterhaltspflichtige nicht getötet worden wäre. Auch die Entscheidung ZVR 1976/271 = EFSlg 24.876 (8 Ob 230/75) betraf eine im Miteigentum der Ehegatten befindliche (Klein-)Landwirtschaft. Diese Rechtsprechung fand auch Eingang in die Lehre (vgl Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 28 zu § 1327; Apathy, EKHG, Rz 21 zu § 12). Die den genannten Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte sind dem hier zu beurteilenden durchaus vergleichbar.

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist bei Bemessung des Ersatzanspruches der Klägerin im Sinne der Differenz zwischen dem Ertrag des bäuerlichen Familienbetriebes, der ihr vor dem Todesfall zugutekam und dem ihr danach zugutekommenden, davon auszugehen, daß den beiden Ehegatten nach den Feststellungen der Vorinstanzen aus dem gemeinsamen Betrieb der Landwirtschaft ein Rohertrag abzüglich der variablen Kosten von rund 331.486,-- S vermindert um die Fixkosten von 124.872,-- S und den zu bezahlenden Pachtschilling von 24.793,-- S somit ein Ertrag von 181.821,-- S verblieb (vgl AS.129), der nach den Ergebnissen des Verfahrens beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zukam. Bei der Entgangsberechnung ist daher von einem auf die Klägerin entfallenden jährlichen Ertrag aus der Landwirtschaft von 90.910,50 S auszugehen. Nach dem Tode ihres Mannes vermochte die Klägerin aus der von ihr weiter betriebenen bäuerlichen Landwirtschaft keinen Ertrag erwirtschaften. Da der Klägerin an Unfallsrentenleistungen 19.376,-- S jährlich zuflossen, ergibt sich ein ihr zustehender Ersatzanspruch in der Höhe von 71.534,50 S jährlich, das sind 5.961,21 S monatlich oder 195,9849 S täglich.

Da die Klägerin ihren Ersatzanspruch für den Zeitraum vom 30.8.1988 bis 23.5.1991, also für 996 Tage geltend gemacht hat, errechnet sich ein Entgang von insgesamt 195.200,99 S. Im Hinblick auf die vor Klagseinbringung vorgenommene Zahlung von 150.000,-- S und den im Berufungsverfahren erfolgten Zuspruch von 46.879,46 S steht der Klägerin somit kein weiterer Anspruch zu. Sie erscheint damit durch die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz nicht beschwert.

Der Revision konnte somit kein Erfolg beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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