Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Im Zuge des gegen die verpflichtete Partei geführten Zwangsversteigerungsverfahrens wurde die den Gegenstand der Exekution bildende Liegenschaft um das Meistbot von 2,900.000 S zugeschlagen. Auf dieser Liegenschaft ist im ersten Rang das Pfandrecht für die Forderung einer Versicherungsgesellschaft in der Höhe von 800.000 S sA eingetragen. Es folgen Pfandrechte für eine Forderung der führenden betreibenden Partei von 850.000 S sA und eines weiteren Pfandgläubigers im Höchstbetrag von 1,800.000 S. Im nächsten Rang ist sodann das Pfandrecht für die vollstreckbare Forderung des Revisionsrekurswerbers in der Höhe von 73.370,05 S sA eingetragen.
Die Versicherungsgesellschaft meldete zu der vom Erstgericht anberaumten Meistbotsverteilungstagsatzung eine Forderung von 4.108,97 S an und verzeichnete hiefür Kosten von 124,80 S. Sie führte dazu aus, daß ihr die verpflichtete Partei diesen Betrag aus dem "Versicherungsvertragsverhältnis" schulde. Nach der Verteilungstagsatzung langte beim Erstgericht eine weitere Forderungsanmeldung der Versicherungsgesellschaft ein, in der ausgeführt wurde, daß es sich bei der zuerst angemeldeten Forderung nicht um die pfandrechtlich sichergestellte Forderung handle und daß diese einschließlich der im Rahmen der Nebengebührensicherstellung zuzuweisenden Beträge 969.146,30 S, davon 786.324,11 S Kapital, ausmache. Es wird der Antrag gestellt, eine neuerliche Verteilungstagsatzung anzuberaumen und den angemeldeten Betrag aus dem Meistbot zuzuweisen.
Bei der vom Erstgericht durchgeführten Verteilungstagsatzung, zu welcher der Revisionsrekurswerber erschienen war, gab der Richter bekannt, daß die Versicherungsgesellschaft "in der bücherlichen Rangordnung" den Betrag von 4.233,77 S angemeldet habe. Gegen die Berücksichtigung dieser Forderung wurde kein Widerspruch erhoben.
Mit dem Meistbotsverteilungsbeschluß wies das Erstgericht der Versicherungsgesellschaft den Betrag von 800.000 S an Kapital, der führenden betreibenden Partei einschließlich der Nebengebühren den Betrag von 968.391,16 S und dem Höchstbetragspfandgläubiger den Meistbotsrest von 1,131.608,90 S jeweils samt den anteiligen Meistbots- und Fruktifikatszinsen zu und wies den Antrag der Versicherungsgesellschaft auf neuerliche Anberaumung einer Verteilungstagsatzung ab. Die vor der Verteilungstagsatzung eingelangte Forderungsanmeldung habe nicht die pfandrechtlich sichergestellte Forderung betroffen. Da somit rechtzeitig keine Forderung angemeldet worden sei, könne auf Grund des im Grundbuch für die Versicherungsgesellschaft eingetragenen Pfandrechts nur der sichergestellte Kapitalsbetrag zugewiesen werden, weil die rückständigen Nebengebühren dem Grundbuch nicht zu entnehmen seien.
Das Rekursgericht gab dem vom Revisionsrekurswerber gegen diesen Meistbotsverteilungsbeschluß erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß sich die vor der Verteilungstagsatzung eingelangte Forderungsanmeldung der Versicherungsgesellschaft, die allein zu berücksichtigen sei, nicht auf deren pfandrechtlich sichergestellte Forderung bezogen habe, weshalb ihr zu Recht der dem Grundbuch zu entnehmende Kapitalsbetrag zugewiesen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der vom nachrangigen Pfandgläubiger gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zwar zulässig, weil zur Frage der Geltendmachung von Mängeln des Verfahrens erster Instanz im Revisionsrekurs eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt; er ist jedoch nicht berechtigt.
Dem Revisionsrekurswerber kann nicht darin gefolgt werden, daß der Versicherungsgesellschaft nur der in der ersten Anmeldung genannte Betrag von (einschließlich der für die Anmeldung verzeichneten Kosten) 4.233,77 S zugewiesen werden hätte dürfen. Es ist zwar richtig, daß eine widerspruchsfreie und schlüssige Anmeldung die alleinige Grundlage der Verteilung bildet (SZ 53/39) und daß die Anmeldung auch dann, wenn ihr ein Irrtum zugrundeliegt, die Grenze darstellt, über die hinaus eine Zuweisung nicht erfolgen darf (SZ 53/39; ZBl 1933/29). Den Vorinstanzen ist aber darin beizupflichten, daß die erste Forderungsanmeldung der Versicherungsgesellschaft nicht auf die für sie pfandrechtlich sichergestellte Forderung bezogen werden darf. Dies ergibt sich daraus, daß für die angemeldete Forderung nicht ein bestimmter grundbücherlicher Rang in Anspruch genommen wurde. In einem solchen Fall ist aber mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte, die etwa in der vollständigen betragsmäßigen Übereinstimmung mit einer pfandrechtlich sichergestellten Forderung bestehen könnten, davon auszugehen, daß die Anmeldung nicht eine pfandrechtlich sichergestellte Forderung zum Gegenstand hat. Gerade solche Anhaltspunkte lagen hier nicht vor, sondern es sprach der erhebliche Unterschied in der Höhe der angemeldeten und der sichergestellten Forderung vielmehr dafür, daß es sich nicht um dieselbe Forderung handelt. Ohne Bedeutung ist, daß der Richter in der Verteilungstagsatzung bekanntgab, die Versicherungsgesellschaft habe die Forderung "in der bücherlichen Rangordnung" angemeldet. Diese - aktenwidrige - Mitteilung änderte nichts am Inhalt und der Wirkung der Forderungsanmeldung.
Auf die erst nach der Verteilungstagsatzung beim Erstgericht eingelangte Forderungsanmeldung haben die Vorinstanzen mit Recht nicht Bedacht genommen, weil gemäß § 211 Abs. 4 EO die Anmeldung nach Beendigung der Verteilungstagsatzung nicht ergänzt werden darf. Ist aber somit davon auszugehen, daß die Versicherungsgesellschaft die pfandrechtlich sichergestellte Forderung nicht angemeldet hat, so wurde diese gemäß § 210 letzter Halbsatz EO zu Recht mit dem aus dem Grundbuch sich ergebenden Kapitalsbetrag berücksichtigt (3 Ob 96/92).
Der Revisionsrekurswerber führt in seinem Rechtsmittel noch aus, daß er nicht die Möglichkeit zu einem Widerspruch gegen die Berücksichtigung der pfandrechtlich sichergestellten Forderung gehabt habe, weil hierüber in der Verteilungstagsatzung nicht gemäß § 212 EO verhandelt worden sei. Er macht damit einen Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend, den er allerdings in seinem Rekurs gegen den Verteilungsbeschluß nicht vorgebracht hatte. Nun ist es zwar zum Revisionsverfahren ständige Rechtsprechung, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz, die in der Berufung nicht geltend gemacht wurden, mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden können (SSV-NF 5/120, 1/68; EFSlg 57.817, 55.100 ua). Soweit dies überblickt werden kann, hat der Oberste Gerichtshof aber noch nicht dazu Stellung genommen, ob dasselbe für den Revisionsrekurs gilt. Der erkennende Senat hat hiezu erwogen:
Der Oberste Gerichtshof hat in der in diesem Teil nicht veröffentlichten Entscheidung 4 Ob 544/90 bereits ausgesprochen, daß die Rechtsprechung, wonach angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht bereits verneinte, im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden könnten (JBl 1990, 535 mwN), auch für das Rekursverfahren gelte. Die dafür ausschlaggebende Erwägung, daß dem Obersten Gerichtshof doch nicht die Prüfung der vom Berufungsgericht verneinten, keine Nichtigkeit bewirkenden Mängel des Verfahrens erster Instanz obliegen könne, wenn ihm die Prüfung der vom Berufungsgericht verneinten (schwerer wiegenden) Nichtigkeitsgründe nach § 519 Abs 1 ZPO verwehrt sei (JBl 1972,569; JBl 1990,535), treffe nämlich nicht nur auf Revisionen, sondern auch auf das Rekursverfahren (vgl RZ 1989/50) zu. Dies hat aber zur Folge, daß auch die zuerst bezogene Rechtsprechung auf das Rekursverfahren übertragen werden muß, weil der säumige Rechtsmittelwerber nicht besser gestellt sein darf als derjenige, der die Mängel des Verfahrens erster Instanz - wenn auch erfolglos - schon im Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß geltend gemacht hat. Es würde zu einem gänzlich abzulehnenden Wertungswiderspruch führen, wenn diesem die Geltendmachung der Verfahrensmängel im Revisionsrekurs verwehrt wäre, während derjenige, der die Geltendmachung im Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß unterlassen hat, sie noch im Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof geltend machen könnte.
Zumindest im Bereich des streitigen und damit zufolge § 78 EO auch des Exekutionsverfahrens können somit Mängel des Verfahrens erster Instanz, die mit dem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß nicht geltend gemacht wurden, mit dem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Revisionsrekurs nicht mehr geltend gemacht werden. Dieser Fall ist hier aber gegeben, weshalb auf die Ausführungen, die im Revisionsrekurs in diesem Zusammenhang enthalten sind, nicht näher einzugehen ist.
Da somit eine wirksame Mängelrüge nicht vorliegt und eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache nicht dargetan wurde und auch nicht zu erkennen ist, mußte dem Revisionsrekurs der Erfolg versagt werden.
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