European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:E33643
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Der im Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23. Juni 1993, GZ 38 E Vr 849/93‑10, enthaltene Schuldsprüche des Eduard D* wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 vierter und fünfter Fall SGG verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 17 Abs. 1 und 19 SGG.
Dieses Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, wird im Schuldspruch und im Strafausspruch aufgehoben; gemäß § 292 StPO wird im Umfang der Aufhebung eine Erneuerung des Verfahrens vor dem Landesgericht Salzburg angeordnet.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem im Sinne der §§ 458 Abs. 3 und 488 Z 7 StPO gekürzt ausgefertigten Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes Salzburg vom 23. Juni 1993, GZ 38 E Vr 849/93‑10, wurde ein vom öffentlichen Ankläger gegen Eduard D* gestellter Strafantrag teils durch Freispruch und teils durch Schuldspruch sowie Straferkenntnis erledigt. Der Schuldspruch erging wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 vierter und fünfter Fall SGG, weil Eduard D* in Saalfelden und an anderen Orten außer den Fällen der §§ 12 und 14 a (SGG) den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift zu einem nicht mehr näher bekannten Zeitpunkt im Sommer 1992, und zwar eine unbekannte Menge, mindestens jedoch 2 Gramm Cannabisharz, erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum besessen hat.
Dem Gericht lag bei seiner Entscheidung keine Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde im Sinne des § 17 Abs. 3 Z 2 SGG vor. Aus einer Auskunft der Suchtgiftüberwachungsstelle beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz (ON 7) ergab sich keine aktuelle Vormerkung des Eduard D* in einem anderen Verfahren. Diese Umstände und der in der Tatumschreibung des Schuldspruches aufscheinende Ausspruch über die nur mit einem Mindestquantum bezeichnete, sonst aber offen gebliebene Menge des Suchgiftes lassen erkennen, daß die Verurteilung ohne Rücksichtnahme auf den bedingt temporären sachlichen Strafausschließungsgrund nach §§ 17 Abs. 1 und 19 SGG ergangen ist. Gemäß dieser Regelung, deren Anwendung andere Anklagevorwürfe gegen Eduard D* wegen Vergehen nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 SGG zufolge des insoweit ergangenen Freispruches nicht entgegenstanden (SSt. 45/14), hat das mit einem Antrag auf Bestrafung befaßte Gericht unter Einhaltung bestimmter Verfahrensvorschriften eine vorläufige Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, wenn dem Beschuldigten zur Last liegt, eine geringe Menge Suchtgift zum eigenen Gebrauch erworben oder besessen zu haben.
Das vom Erstgericht als Mindestmenge angenommene Quantum des von Eduard D* erworbenen und bis zum Eigenkonsum besessenen Cannabisharzes stellt eine geringe Menge im Sinne des § 17 Abs. 1 SGG dar. Es hätte daher der Klärung bedurft, ob die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für die (grundsätzlich obligatorische) vorläufige Verfahrenseinstellung erfüllt sind. Eine solche Entscheidung kann nämlich nur noch davon abhängig gemacht werden, daß sich der Beschuldigte bereit erklärt, bestimmten Weisungen (§ 51 StGB) nachzukommen, ist aber darüber hinaus mit keiner gerichtlichen Ermessensausübung verbunden.
Die unterbliebene Beachtung der Vorschriften der §§ 17 Abs. 1 und 19 SGG anläßlich der Urteilsfällung kann sich zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt haben, weshalb der gemäß § 33 StPO erhobenen Beschwerde der Generalprokuratur Folge zu geben und neben der Feststellung der Gesetzesverletzung gemäß § 292 letzter Satz StPO in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang die Verfahrenserneuerung anzuordnen war.
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