Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten Martina R***** auch die bisherigen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martina R***** des Verbrechens nach § 12 Abs. 1, Abs. 3 Z 3 SuchtgiftG in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 (Abs. 1) StGB (A./2.) schuldig erkannt, weil sie am 2.Oktober 1992 in L***** in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Mitverurteilten Rudolf K***** eine die große Menge des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG um mehr als das Fünfundzwanzigfache übersteigende Menge, nämlich 992,4 Gramm Kokain mit einem reinen Kokainbaseanteil von zumindest 686,6 Gramm durch Übergabe an einen Unbekannten in Verkehr zu setzen versuchte.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit einer ausdrücklich auf § 281 Abs. 1 Z 2, 4, 5 a, 8 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch überdies - ebenso wie die Mitverurteilten Valentin M***** und Rudolf K***** die sie betreffenden Strafaussprüche - mit Berufung.
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt in keinem Anfechtungspunkt Berechtigung zu.
Was den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 2) anlangt, genügt der Hinweis darauf, daß der vom Leiter der hier eingesetzten Kriminalbeamten Obstlt.N.D***** (und nicht, wie von der Beschwerde aktenfremd behauptet, vom verdeckten Ermittler, dessen Identität nicht preisgegeben wurde) verfaßte Bericht ON 73, der ohne Verwahrung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung verlesen wurde (I 429), als im Zuge von Erhebungen durch die Sicherheitsbehörde verfaßt, überhaupt nicht als "nichtiger Vorerhebungsakt" im Sinne dieser Gesetzesstelle in Betracht kommt (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 4 zu § 281 Z 2).
Die Verfahrensrüge (Z 4) wendet sich dagegen, daß trotz diesbezüglicher Antragstellung "der verdeckte Ermittler" (gemeint:
jener verdeckte Ermittler, der am 23.September 1992 in einer Autobahnraststätte mit der Beschwerdeführerin ein die Lieferung von Kokain betreffendes Gespräch führte) nicht ausgeforscht und die beantragten Einvernahmen der Zeugen Franz W*****, BezInsp.K*****, auch K***** (richtig: K*****) und Peter Z***** nicht durchgeführt wurden. Dabei übersieht sie jedoch, daß die Hauptverhandlung am 27. Mai 1993 gemäß § 276 a StPO neu durchgeführt wurde und daher die in Rede stehenden, in der Hauptverhandlung am 11.März 1993 gestellten Beweisanträge (I 431 f), um rechtswirksam zu bleiben, hätten wiederholt werden müssen (Mayerhofer-Rieder StPO3 EGr 31, ENr 32, 33 zu § 281 Z 4). Der Verstoß gegen dieses Erfordernis bewirkt somit, daß die Beschwerdeführerin insoweit zur Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht legitimiert ist. Dies gilt auch für den im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5 a, sachlich Z 4) erhobenen Einwand, das Erstgericht hätte "dem Beweisantrag des Beschuldigten M***** folgen müssen und die Richtigkeit der von der Beschuldigten R***** vorgelegten Darlehensurkunde zu überprüfen gehabt", weil die Beschwerdeführerin diesem Antrag (I 433) nicht beitrat.
Die Verfahrensrüge vermag aber auch darüber hinaus keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte aufzuzeigen: Die Angeklagte beantragte in der Hauptverhandlung am 27.Mai 1993 (II 47) "die Einvernahme des Christian J***** und des (N.) S***** zum Beweis dafür, daß der Angeklagte M***** von der Firma H***** GmbH bzw der Frau R***** Geld erhalten hat und ihr den Auftrag gegeben hat, Eigentumswohnungen im dritten Bezirk zu vermitteln bzw zu verkaufen". Damit sollte - in weitgehend sinngemäßer Ergänzung der Prozeßerklärung des Verteidigers - der Beweis erbracht werden, daß die Beschwerdeführerin dem Mitangeklagten M***** im Hinblick auf den von ihr durchzuführenden Verkauf seiner Eigentumswohnung ein Darlehen von 400.000 S gewährte und ihm (entgegen dessen Behauptung) diesen Betrag nicht zum inkriminierten Ankauf von Kokain zur Verfügung stellte.
Im Hinblick darauf, daß Christian J***** (vgl Vernehmung des Zeugen Johann Werner L***** II 33 f) ein bereits im April 1992 von der C*****-Bank***** dem Valentin M***** in verfahrensfremdem Zusammenhang gewährtes Darlehen vermittelte und N.S***** diesem Angeklagten einen weiteren, grundbücherlich sicherzustellenden Kredit vermitteln sollte (Zeuge L***** - II 36), wäre es Voraussetzung für einen prozessual tauglichen Beweisantrag gewesen, jene (hier nicht von selbst einsichtigen) Gründe anzuführen, aus welchen erwartet werden kann, daß die Durchführung der beantragten Beweise das behauptete Ergebnis haben werde.
Den teilweise aus der Z 2 des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemachten, zum Teil im Rahmen der Tatsachenrüge erhobenen Einwänden (sachlich jeweils Z 5), das Erstgericht habe die leugnende Verantwortung der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt und sei über die vorgelegten Darlehensurkunden sowie über die Aussagen des Zeugen L***** hinweggegangen, ist zu entgegnen, daß sich die Beschwerdeausführungen damit über die dazu angestellten detaillierten erstgerichtlichen Erwägungen (US 13 ff, 15 bis 17) hinwegsetzen.
Auch mit den weiteren Einwänden (Z 5 a) vermag die Beschwerdeführerin keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen darzutun. Der Sache nach unternimmt sie vielmehr mit ihrem Vorbringen insgesamt nur den Versuch, die Zuverlässigkeit der Angaben des Angeklagten Valentin M*****, dem das Schöffengericht Glauben schenkte, und damit die tatrichterliche Beweiswürdigung in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustandegekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Punkten aufkommen lassen.
Ebenso unbegründet wie die Tatsachenrüge erweist sich das Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 8 StPO. Von einer nach dieser Gesetzesstelle Nichtigkeit bewirkenden Überschreitung der Anklage kann nur dann gesprochen werden, wenn sich ein Schuldspruch auf eine Tat erstreckt, die nicht von der Anklage erfaßt war, nicht aber dann, wenn - wie hier - ohne Abweichen von der in der Anklage bezeichneten Suchtgiftmenge (ein Kilogramm Kokain - ON 14) auf Grund des Gutachtens des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Graz (ON 22) vom Erstgericht auch die (von der Staatsanwaltschaft nicht herangezogene) Qualifikation nach Abs. 3 Z 3 des § 12 SuchtgiftG bejaht wurde (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 3, 6, 21 zu § 281 Abs. 1 Z 8).
Schließlich entbehrt die eine Tatsubsumtion (allein) nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG anstrebende Rechtsrüge (Z 9 lit a, sachlich Z 10) insofern der gesetzmäßigen Ausführung, als den nicht näher konkretisierten Beschwerdebehauptungen, die vom Erstgericht festgestellte übergroße Menge des Suchtgiftes liege nicht vor, die deutliche und bestimmte Bezeichnung (§§ 285 Abs. 1, 285 a Z 2 StPO) der einzelnen tatsächlichen oder gesetzlichen Gegebenheiten, aus denen der Nichtigkeitsgrund resultieren soll, nicht entnommen werden kann.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2, 285 a Z 2 StPO).
Über die Berufungen wird das Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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