OGH 12Os129/93

OGH12Os129/937.10.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Oktober 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Mag.Strieder, Dr.Mayrhofer und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Mazzolini als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Metin H***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Metin H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 18.Juni 1993, GZ 26 Vr 1816/91-92, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 8.Jänner 1971 geborene Metin H***** wurde (zugleich mit zwei weiteren Angeklagten, deren Urteil in Rechtskraft erwachsen ist) des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs. 1 StGB und des (damit idealkonkurrierenden) Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs (Punkt 1.) hat der Angeklagte in der Zeit vom 9.Jänner 1985 bis zu einem unerhobenen Zeitpunkt im Jahre 1989/90 (zu ergänzen: in Wattens) mit der am 25.Oktober 1976 geborenen unmündigen Semra S***** mehrmals den außerehelichen Beischlaf unternommen, indem er sie teils durch gefährliche Drohung, nämlich durch die Äußerung, wenn sie jemandem etwas von den geschlechtlichen Handlungen sagen würde, werde er sie schlagen und töten, ihr Vater werde sie schlagen und umbringen, und: "Du mußt mit mir schlafen, sonst schlage ich dich", zu den angeführten geschlechtlichen Handlungen nötigte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5 a und 9 lit. a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.

Soweit sich die Mängelrüge (Z 5) auf die Einlassungen der Angeklagten und die darauf bezughabenden Urteilserwägungen (US 8 bis 10) bezieht, kann sie als irrelevant auf sich beruhen, weil die Tatrichter den Schuldspruch der Sache nach ausschließlich auf die für glaubhaft befundenen Angaben der Zeugin Semra S***** stützten, die leugnende Verantwortung der Angeklagten als hiedurch für widerlegt erachteten (US 13) und mithin den betreffenden Entscheidungspassagen ersichtlich bloß illustrative Bedeutung zukommt.

Der in Ansehung der Würdigung der Aussage der Zeugin Semra S***** aufgestellten Behauptung, das Urteil habe zahlreiche (in der Tatsachenrüge aufgelistete) Widersprüche des Mädchens mit Nichtigkeit bewirkendem Stillschweigen übergangen, ist global und zusammenfassend zu erwidern, daß es nach der Vorschrift des Gesetzes (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nur Aufgabe des Gerichtes ist, die schriftliche Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung abzufassen, wobei es nicht verpflichtet ist, sich mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im voraus auseinanderzusetzen (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 281 Abs 1 Z 5 ENr 6 ff).

Abgesehen davon ist es eine notorische Tatsache, daß nebensächliche Tatmodalitäten - wie in der Beschwerde hervorgehoben - sich nicht exakt ins Gedächtnis einzuprägen pflegen, welchem Umstand das Schöffengericht durch die Wendung, die Zeugin habe bei der Gendarmerie und vor Gericht die Vorfälle "nahezu gleichlautend" geschildert (US 10 unten), ausreichend Rechnung trug.

Der weitwendigen Tatsachenrüge (Z 5 a) ist - soweit sie sich nicht in einer im schöffengerichtlichen Verfahren nach wie vor unzulässigen Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung (hier: namentlich mit Bezug auf die Zeugin S***** erschöpft - entgegenzuhalten, daß die darin ins Treffen geführten Wahrscheinlichkeitsüberlegungen weder einzeln noch im Zusammenhalt geeignet waren, Bedenken - geschweige denn solche erheblicher Qualität - im Sinne objektiver Zweifel an den den Schuldspruch tragenden Tatsachenfeststellungen zu erwecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit. a, der Sache nach auch Z 10) entbehrt zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie nicht - wie es zur erfolgreichen Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes unabdingbare Voraussetzung ist - am gesamten wesentlichen Urteilssachverhalt festhält und diesen mit dem darauf angewendeten Gesetz vergleicht, sondern bloß isoliert zwei (3.a und 3. b der Beschwerdeschrift) der mehreren dem Schuldspruch zugrundeliegende Drohungen (vgl. US 3, 6 bis 7) herausgreift und solcherart unsubstantiiert lediglich unter teilweiser Berücksichtigung der tatrichterlichen Feststellungen - vom Erstgericht abweichend - die fehlende Eignung der Drohungen, Semra S***** "zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung" zu nötigen (US 4, 6, 7 und 13), mit der Behauptung abzuleiten trachtet, es habe sich dabei - wenn überhaupt - nur um eine "normale Nötigung" mit dem Zweck gehandelt, daß Semra S***** niemanden etwas von den geschlechtlichen Handlungen erzähle. Der Einwand hinwieder, es liege im Hinblick auf die in Aussicht gestellte, vom Willen des Metin H***** aber unabhängige Reaktion des Vaters der Semra S***** begrifflich keine Drohung vor, läßt die entscheidende Urteilsfeststellung unberücksichtigt, wonach das angedrohte Übel in der angekündigten Bekanntgabe des (gerade wegen der im türkischen Kulturkreis herrschenden strengen Moralvorstellung folgenschweren) unehrenhaften Verhaltens der Unmündigen bestanden hat.

Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten teils als unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß §§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Daraus folgt, daß die Kompetenz zur Entscheidung über dessen Berufung dem Oberlandesgericht Innsbruck zufällt (§ 285 i StPO).

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