Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die gefährdeten Parteien haben die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Über das Vermögen der gefährdeten Parteien wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 17.7.1985 zu S 45,46/85 der Konkurs eröffnet; zum Masseverwalter wurde Dkfm.Dr.Walter S***** bestellt. Nach seinem Tod am 30.9.1988 wurde Dr.Erich D***** zum neuen Masseverwalter bestellt. Die Insolvenzverfahren sind noch anhängig.
Mit ihrem gegen die Verlassenschaft nach Dkfm.Dr.Walter S***** gerichteten Sicherungsantrag beantragen die gefährdeten Parteien zur Sicherung einer Geldforderung von S 46,160.373,24, gegen die V*****bank ***** reg GenmbH ein Drittverbot zu erlassen. Der ehemalige Masseverwalter habe den gefährdeten Parteien einen Schaden in dieser Höhe zugefügt, für welchen die Verlassenschaft nach Dkfm.Dr.Walter S***** und seine Witwe Ingrid S***** (Parallelverfahren 9 Cg 37/93g des Landesgerichtes Wels) hafteten. Der nunmehrige Masseverwalter habe sich geweigert, gegen seinen Vorgänger sowie dessen Witwe einzuschreiten. Daher seien die gefährdeten Parteien selbst zum Einschreiten berechtigt.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Nur der Masseverwalter sei antragslegitimiert, eine Ausscheidung der zu sichernden Forderung sei nicht behauptet und bescheinigt worden. Die begehrten Ansprüche seien vermögensrechtlicher Natur, weshalb sie nur vom Masseverwalter verfolgt werden könnten.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit der Maßgabe, daß der Sicherungsantrag zurückgewiesen werde; weiters sprach es aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Allfällige Schadenersatzansprüche gegen die Verlassenschaft nach dem ehemaligen Masseverwalter seien vom neuen Masseverwalter zu verfolgen; erst nach Konkursaufhebung könnten sie vom Gemeinschuldner selbst geltend gemacht werden. Vor der Aufhebung des Konkurses sei über Ansprüche gegen den Masseverwalter wegen eines durch pflichtwidrige Führung seines Amtes dem gemeinsamen Befriedigungsfonds aller Konkursgläubiger zugefügten Vermögensnachteiles im Rechnungslegungsverfahren nach den §§ 121 ff KO zu entscheiden. Werde aber vor Beendigung eines Konkursverfahrens ein Masseverwalter seines Amtes enthoben, seien die Ansprüche gegen den ehemaligen Masseverwalter im Rechtsweg geltend zu machen. In der Rechtsprechung sei zwar vereinzelt eine Art "Not-Verfügungsberechtigung bzw Prozeßführungsberechtigung" des Gemeinschuldners selbst bejaht worden, doch sei diese Ansicht wieder stark eingeschränkt worden. Der einschränkenden Auffassung sei zu folgen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen von den gefährdeten Parteien erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Für Ansprüche gegen den Masseverwalter auf Ersatz fehlender Kassaeingänge ist das Konkursgericht im Verfahren über die Genehmigung der Rechnungslegung gemäß § 122 Abs. 2 KO unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges zuständig (SZ 18/66). Erst nach der Beendigung des Konkursverfahrens können solche Ansprüche im streitigen Rechtsweg geltend gemacht werden (SZ 17/144). Auch über Ansprüche gegen den Masseverwalter wegen pflichtwidriger Führung seines Amtes ist vor Beendigung des Konkursverfahrens nach § 122 Abs. 2 KO zu entscheiden (EvBl 1965/31). Dem Gemeinschuldner wird gemäß § 1 KO durch die Eröffnung des Konkurses die freie Verfügung über das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen entzogen. Rechtsstreitigkeiten, welche die Masse betreffen, hat der Masseverwalter zu führen (§ 81 KO). Ausnahmen von der Verfügungsunfähigkeit des Gemeinschuldners über das Massevermögen hat die Rechtsprechung nur in Fällen gemacht, in denen seine Rechtshandlungen keine Verfügungen über die Konkursmasse enthalten, den Interessen der Konkursgläubiger nicht widerstreiten, sondern vielmehr der Erhaltung der Masse dienen. So wurde dem Gemeinschuldner die Rekurslegitimation gegen die Abweisung seines Antrages auf Versagung des Zuschlages (SZ 16/64) sowie im Fall kridamäßiger Versteigerung gegen die Festsetzung des Schätzwertes (SZ 19/68) zuerkannt. Für legitimiert wurde der Gemeinschuldner auch gehalten, eine Streitanmerkung gemäß § 66 GBG einzubringen, wenn er eine Schmälerung der Masse durch ein strafbares Verhalten des Masseverwalters oder anderer Organe des Konkursverfahrens behauptet (EvBl 1965/408). Auch für die Verfolgung von Amtshaftungsansprüchen wurde der Gemeinschuldner mit der Begründung für legitimiert angesehen, daß diese den Interessen der Konkursgläubiger nicht widerstreiten, sondern der Erhaltung der Masse dienen (JBl 1965, 323 = EvBl 1965/224; EvBl 1965/420; 1 Ob 63/65; 1 Ob 30/89 ua). In der Entscheidung EvBl 1966/99 wurde jedoch bereits ausgesprochen, daß die klageweise Geltendmachung hoher Schadenersatzforderungen durch den Gemeinschuldner gegen den Gläubigerausschuß und gegen den Masseverwalter, ohne daß es zu einer Überlassung dieser Forderung gemäß § 119 Abs. 5 KO gekommen wäre, die Interessen der Konkursgläubiger wesentlich berührt; der Gemeinschuldner müsse sich mit solchen Ansprüchen daher auf die Möglichkeiten des Konkursverfahrens verweisen lassen.
Im vorliegenden Verfahren ist die Legitimation des Gemeinschuldners zur Einbringung einer Schadenersatzklage gegen die Verlassenschaft des ehemaligen Masseverwalters zu prüfen. Daß zunächst nur ein Sicherungsantrag vorliegt, macht keinen Unterschied, ist doch gemäß § 391 Abs. 2 EO, wenn eine einstweilige Verfügung vor Einleitung des Prozesses bewilligt wird, eine angemessene Frist für die Einbringung der Klage zu bestimmen. Der vorliegende Sicherungsantrag kann daher nur im Zusammenhang mit einer Rechtfertigungsklage gesehen werden. Auch eine Schadenersatzforderung gegen den ehemaligen Masseverwalter wegen pflichtwidriger Führung seines Amtes gehört zum Konkursvermögen, über welches der Gemeinschuldner gemäß § 1 KO grundsätzlich nicht frei verfügen kann. Daher sind auch solche Ansprüche gegen den ehemaligen Masseverwalter oder seine Verlassenschaft vom neu bestellten Masseverwalter geltend zu machen. Daß sich dieser weigert, selbst derartige Schadenersatzansprüche geltend zu machen, hat auf die Verfügungsfähigkeit des Gemeinschuldners über das Massevermögen grundsätzlich keinen Einfluß. Ausnahmen vom Gebot des § 1 KO sind nach der dargestellten Rechtsprechung nur dann möglich, wenn die Prozeßführung durch den Gemeinschuldner den Interessen der Gläubiger nicht widerstreitet, sondern der Erhaltung der Masse dient. Das kann aber von der Rechtfertigungsklage schon deshalb nicht gesagt werden, weil sie zum Massevermögen gehört und die Ansicht vertreten werden kann, daß im Fall einer solchen Prozeßführung des Gemeinschuldners die Masse mit dem Prozeßkostenrisiko belastet wäre (EvBl 1966/99). Dazu kommt aber auch noch die Erwägung, daß der Masseverwalter bei der Ausübung der ihm nach der Konkursordnung obliegenden Tätigkeiten gehemmt sein müßte, wenn er zu gewärtigen hätte, daß er im Fall einer dem Gemeinschuldner nicht genehmen Maßnahme von diesem belangt werden könnte und das hohe Risiko der Uneinbringlichkeit seiner Kostenersatzforderung tragen müßte; die Wahrnehmung der Interessen der Konkursgläubiger durch die vom Gesetz hiezu berufenen Organe müßte hiedurch zwangsläufig nachteilig beeinflußt werden (EvBl 1966/99). Diese gilt auch für die Verfolgung von Ansprüchen gegen den ehemaligen Masseverwalter.
Auch in der Bundesrepublik Deutschland wird in Lehre und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß Ansprüche gegen den Masseverwalter wegen Masseschädigung während des Konkursverfahrens nur von einem neu ernannten Verwalter, nicht dagegen vom Gemeinschuldner geltend gemacht werden können (Kilger, dKO15 Rz 4 zu § 82; Menzel-Uhlenbruck, KommzdKO10 Rz 5 zu § 82; Jaeger, KommzdKO8 Rz 11 zu § 82).
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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