OGH 5Ob520/93

OGH5Ob520/9322.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** reg. Gen.m.b.H., ***** W*****, P*****gasse 5, vertreten durch Dr.Ingrid Posch, Rechtsanwältin in Wels, wider die beklagte Partei S.W***** Ges.m.b.H. & Co, ***** V*****, S*****straße 23, vertreten durch Dr.Christian Rumplmayr, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Räumung eines Geschäftslokals, infolge Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 1.Februar 1993, GZ R 927/92-16, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 20.August 1992, GZ 6 C 530/92-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 3.264,- (darin enthalten S 544,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Mit Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 20.8.1992 (ON 10) wurde die beklagte Partei schuldig erkannt, das von ihr benützte Geschäftslokal im Haus P*****gasse Nr.5 in W***** zu räumen. Die hiefür maßgeblichen Entscheidungsgründe lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß der mit der Fa.R***** Ges.m.b.H. (ident mit der späteren Fa.P***** Ges.m.b.H.) im Herbst 1990 abgeschlossene Mietvertrag wegen Mietzinsrückständen des insolvent gewordenen Mieters mit Schreiben vom 19.11.1991 aufgelöst wurde und die beklagte Partei weder nach § 12 Abs 3 MRG noch auf Grund eines konkludent (durch die Annahme von Mietzinszahlungen) zustandegekommenen Mietverhältnisses eigene Benützungsrechte in Anspruch nehmen könne. Der Mietrechtsübergang nach § 12 Abs 3 MRG scheitere daran, daß die vormalige Mieterin nie ein Unternehmen im streitgegenständlichen Bestandobjekt betrieb; ein konkludenter Mietvertragsabschluß zwischen den Streitteilen komme nicht in Frage, weil die klagende Partei von der wirtschaftlichen Aufbringung des Mietzinses durch die beklagte Partei und deren Absicht, anstelle der Fa.R***** Ges.m.b.H. in das Mietverhältnis einzutreten, keine Kenntnis hatte.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach jedoch aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß der Rechtsfrage, inwieweit der klagenden Partei im Hinblick auf den beherrschenden Einfluß des Siegfried W***** auf alle involvierten Gesellschaften (die durchwegs im Reisebürogeschäft tätig sind) nicht doch ein Abschlußwille - auch im Sinne des Wechsels des Vertragspartners - unterstellt werden müsse, erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukomme; außerdem sei zu klären, ob es für den Mietrechtsübergang nach § 12 Abs 3 MRG unabdingbares Erfordernis ist, daß das veräußerte Unternehmen tatsächlich im betreffenden Bestandobjekt betrieben wurde.

Genau diese Rechtsfragen machte die beklagte Partei zum Gegenstand ihrer Revision; ihnen kommt jedoch - worauf die klagende Partei in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen hat - die für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes gemäß § 502 Abs 1 ZPO erforderliche Bedeutung nicht zu. Die Revision ist demnach unzulässig.

Vorauszuschicken ist, daß es entgegen der Rechtsmeinung der beklagten Partei keiner Bewertung des Streitgegenstandes bedurfte, um auch noch das Revisionshindernis des § 502 Abs 2 ZPO auszuschließen. Für Streitigkeiten über die Räumung eines Bestandobjektes besteht nämlich nach § 502 Abs 3 Z 2 ZPO dann keine streitwertabhängige Revisionsbeschränkung, wenn der Räumungsanspruch aus der Beendigung oder einem Streit über das Zustandekommen eines Bestandvertrages resultiert (vgl WoBl 1991, 67/55; 6 Ob 631/91; 5 Ob 1110/92; 5 Ob 512, 1542/93).

Was die in § 502 Abs 1 ZPO normierte Revisionsbeschränkung betrifft, haben sowohl das Berufungsgericht als auch die Rechtsmittelwerberin verkannt, daß für die Beurteilung der Konkludenz eines Verhaltens immer die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Einer derartigen Entscheidung kommt daher nur dann eine über den Anlaßfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn ihr Ergebnis den Grundsätzen des Gesetzes und der Logik widerspricht, ihre Unanfechtbarkeit daher mit der Rechtssicherheit nicht zu vereinbaren wäre (vgl WoBl 1992, 188/121). Davon kann im gegenständlichen Fall, der sich nicht zuletzt dadurch auszeichnet, daß die Mietzinszahlungen von einem Konto der Fa. R***** Ges.m.b.H. abgebucht wurden, keine Rede sein. Richtig wurde auch erkannt, daß die mangelnde Kenntnis der klagenden Partei von den mit der "wirtschaftlichen" Aufbringung des Mietzinses verfolgten Eintrittsabsichten der beklagten Partei einem konkludent erklärten Einverständnis mit der behaupteten Vertragsänderung entgegensteht (vgl MietSlg 42.250). Der wirtschaftlichen Nahebeziehung und gesellschaftsrechtlichen Verflechtung zwischen dem Mieter und der beklagten Partei kommt in dieser Gesamtschau aller Beurteilungskriterien keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

Auch die Frage, ob nur die Übernahme eines im Bestandobjekt betriebenen Unternehmens den Mietrechtsübergang nach § 12 Abs 3 MRG auslösen kann, bedarf keiner Klarstellung durch den Obersten Gerichshof. Schon der Gesetzeswortlaut läßt keinen Zweifel daran offen, daß die in § 12 Abs 3 MRG normierte Vertragsübernahme nicht eintreten kann, wenn der Mieter nie irgendeine Geschäftstätigkeit im Bestandobjekt entfaltete, sondern dort von Anfang an eine andere Person ein Unternehmen führte. Jedes andere Ergebnis widerspräche dem ständig judizierten Grundsatz, daß der Mietrechtsübergang die Veräußerung und Weiterführung eines lebenden Unternehmens voraussetzt, mag auch die Unternehmensidentität durch eine vorübergehende Stillegung des Betriebes nicht verloren gehen (SZ 57/191; MietSlg 38/25; WoBl 1988, 66/34; WoBl 1989, 45; MietSlg 41.234; AnwBl 1993, 196 ua). Diese klare Rechtslage erfordert keine Stellungnahme des Obersten Gerichtshofes (vgl WoBl 1992, 110/77; EFSlg 67.068; AnwBl 1992, 753; JusExtra 1258 ua).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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