OGH 4Ob89/93

OGH4Ob89/9321.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Kodek, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Ö*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei E *****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Friedrich H.Knöbl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 13.Mai 1993, GZ 3 R 45/93-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 5.Februar 1993, GZ 37 Cg 339/92-4, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 17.704,80 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin S 2.950,80 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Verlegerin der Zeitschrift "KFZ-Wirtschaft"; die Beklagte ist Medieninhaberin der Zeitschrift "A & W" (Auto & Wirtschaft).

Die Beklagte hat ab 1.1.1992 folgenden "Anzeigentarif Nr. 5/Mediainformation" verwendet:

Seit 1.1.1993 verwendet die Beklagte den "Anzeigentarif Nr. 6/Mediainformation". Darin ist keine Tausenderpreisgegenüberstellung, wohl aber die Aufforderung enthalten "Vergleichen* Sie - wir dürfen es nicht - unseren Tausenderpreis mit dem unseres Mitbewerbers!"

"* Und so berechnen Sie den 1000-Leser-Preis: Gesamtpreis

Leserzahl x 1000".

Die Klägerin begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, den Tausenderpreis der Zeitschrift "A & W" dem Tausenderpreis der Zeitschrift "KFZ-Wirtschaft" gegenüberzustellen, wenn nicht gleichzeitig ausdrücklich darauf hingewiesen wird, daß die Zielgruppen der genannten Zeitschriften erheblich voneinander abweichen; in eventu, Preisvergleiche anzustellen, die auf nicht signifikanten Vergleichsdaten beruhen und geeignet sind, die betroffenen Verkehrskreise irrezuführen, insbesondere in der Form, daß Inserate in der Zeitschrift "A & W" als preisgünstiger als Inserate in der Zeitschrift "KFZ-Wirtschaft" bezeichnet werden, ohne gleichzeitig ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Zielgruppen der genannten Zeitschriften erheblich voneinander abweichen.

Die "KFZ-Wirtschaft" wende sich insbesondere an KFZ-Werkstätten; die Zeitschrift "A & W" habe hingegen einen viel weiteren Adressatenkreis. Die Zielgruppen der beiden Zeitschriften deckten sich nur in jenem Bereich, den die Beklagte unter der Überschrift "KFZ-Gewerbe, -Handel etc. Gesamt" zusammenfaßt. Von den 87 Inseraten in den Juni- und August-Nummern 1992 der "KFZ-Wirtschaft" wendeten sich 55 ausschließlich an KFZ-Werkstätten; die Zeitschrift "A & W" erreiche bloß 3590 Personen aus der Gruppe "KFZ-Mechaniker, -Spengler, -Verschrotter, -Elektriker". Leser des Anzeigentarifs der Beklagten müßten aus der Gegenüberstellung der Tausenderpreise den Schluß ziehen, daß es weit billiger sei, in "A & W" zu inserieren. Dieser Schluß sei falsch, weil die Beklagte in der Gegenüberstellung der Tausenderpreise als Auflage von "A & W" nur den vergleichbaren Leserkreis hätte anführen dürfen; das seien die 11.834 Adressaten der Gruppe "KFZ-Gewerbe, -Handel etc.". Diese Gegenüberstellung ergebe einen Tausenderpreis, der über dem der "KFZ-Wirtschaft" liegt. Die Eignung zur Irreführung werde durch den Hinweis, der Leser erreiche nirgendwop anders "diese Zielgruppen mit einem einzigen Medium", nicht beseitigt, weil die Annahme naheliege, daß bereinigte Leserzahlen einander gegenübergestellt würden. Als zur Irreführung geeigneter Preisvergleich verstoße die Ankündigung gegen § 2 UWG.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Die "A & W Mediainformation" sei in Zusammenarbeit mit dem Beklagtenvertreter in der Annahme erstellt worden, daß vergleichende Preiswerbung nunmehr zulässig sei. Wegen der von der Klägerin dennoch eingebrachten Klagen seien im November 1992 neue Anzeigentarife ohne Preisvergleich versandt worden. Es bestehe daher keine Wiederholungsgefahr. Im übrigen wende sich die "KFZ-Wirtschaft" nicht nur an die von der Klägerin behaupteten Zielgruppen. Beide Zeitschriften richteten sich vielmehr an all jene Betriebe, die mit der Instandhaltung von Kraftfahrzeugen und dem Handel mit Kraftfahrzeugen und KFZ-Teilen zu tun haben; das seien wesentlich mehr als jene 9700, die Bezieher der "KFZ-Wirtschaft" sind. In beiden Zeitschriften inserierten zu 90 % dieselben Unternehmen; auch inhaltlich seien die beiden Publikationen weitgehend gleich, sie unterschieden sich jedoch wesentlich in der redaktionellen Aufmachung der Themen. Sämtlichen Inserenten sei bekannt, daß die Zielgruppen der beiden Medien ähnlich sind.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Preisgegenüberstellung erwecke den irreführenden Eindruck, daß die Zielgruppen beider Medien weitgehend gleich seien, und es wesentlich billiger sei, in der Zeitschrift "A & W" zu inserieren. Der Hinweis auf die Verbreitung in den angegebenen Zielgruppen beseitige die Irreführungseignung nicht, weil dieser nicht wisse, wie stark sich die Zielgruppen unterschieden. Der Unterlassungsanspruch sei nicht verjährt, weil die Klägerin erst im Juli 1992 von dem Wettbewerbsverstoß Kenntnis erlangt habe. Auch die Wiederholungsgefahr sei nicht weggefallen. Im aktuellen Anzeigentarif fordere die Beklagte die Leser auf, den Tausendleser-Preis ihrer Zeitschrift mit dem des Mitbewerbers zu vergleichen. Das Verhalten der Beklagten sei auch im Verfahren widersprüchlich: einerseits behaupte sie, einem Rechtsirrtum unterlegen zu sein, andererseits bestreite sie die Irreführungseignung.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Der Anzeigentarif der Beklagten wende sich an Interessenten für Werbeeinschaltungen in den Druckschriften der Streitteile und nicht an deren Leser. Angesprochen sei daher ein fachkundiges Publikum, von dem erwartet werden könne, daß es weiß, wie sich der Leserkreis der beiden Zeitschriften zusammensetzt. Den angesprochenen Verkehrskreisen sei bewußt, daß die Wirksamkeit der Einschaltungen von den verschiedensten Faktoren abhängt. Die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Auflagen zeige ohnedies, daß sich der Leserkreis der beiden Medien keineswegs deckt. Darüber hinaus kläre die Beklagte gerade über diesen Umstand durch den Hinweis auf, daß der Inserent "nirgendwo anders ... diese Zielgruppen mit einem einzigen Medium erreicht". Solle eine Anzeige nicht nur den engeren Leserkreis der "KFZ-Wirtschaft", sondern auch die unter "Fuhrpark" zusammengefaßten Zielgruppen ansprechen, dann könne die wahre Gegenüberstellung der "Tausenderpreise" eine sachliche Entscheidungshilfe bieten. Ein solcher Preisvergleich sei zulässig, auch wenn sich die beiden Medien in anderer Hinsicht unterschieden, weise doch die Beklagte auf die für relevant angesehenen Umstände hin, soweit sie den angesprochenen Fachkreisen nicht ohnedies schon bewußt sind.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Die Beklagte beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine Preiswerbung bisher nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung war. Die von der Rechtsmittelgegnerin zitierte Entscheidung 4 Ob 48/89 MR 1989, 143 mit Anm von Karsch bejaht die Zulässigkeit von Preisvergleichen bei gleichartigen Gütern, befaßt sich aber nicht mit der Frage, ob Zusatzinformationen die Irreführungseignung eines Preisvergleiches ausschließen, der sich auf nur zum Teil gleiche Güter bezieht. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin hält an ihrer Auffassung fest, daß den Inserenten, die sich an die "KFZ-Branche" allein wenden wollen, ein grob verzerrtes Bild vermittelt werde. Diese Inserenten seien vielleicht sogar primär Nichtfachleute; Fachleute nähmen an, daß die "Gegenüberstellung" auf bereinigten Zahlen aufbaue. Den Hinweis auf die Reichweite der Zeitschrift "A & W" nehme der flüchtige Leser nicht wahr; lese er ihn, dann werde er ihn für eine marktschreierische Übertreibung halten.

Die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin gehen an der konkreten Gestaltung der "A & W Mediainformation" vorbei. Die "Mediainformation" besteht nicht allein aus der Gegenüberstellung der Tausenderpreise; sie wird von ihr nicht einmal beherrscht. Mindestens ebenso wie die Gegenüberstellung zieht die mit " - wo sonst? Nirgendwo anders erreichen Sie diese Zielgruppen mit einem einzigen Medium" überschriebene Aufstellung der in "Fuhrparks Gesamt" und "KFZ-Gewerbe, -Handel etc. Gesamt" zusammengefaßten Branchen die Aufmerksamkeit auf sich. Wer die "Mediainformation" betrachtet, kann nicht übersehen, daß "A & W" - anders als die "KFZ-Wirtschaft" - nicht bloß die KFZ-Branche, sondern auch die unter "Fuhrparks Gesamt" zusammengefaßten Branchen erreicht. Daß der Leserkreis der "KFZ-Wirtschaft" auf die KFZ-Branche beschränkt ist, ergibt sich schon aus dem Titel der Zeitschrift. Selbst wenn daher die "Mediainformation" nur flüchtig betrachtet wird und der Betrachter kein Fachmann ist, kann er durch die Gegenüberstellung der Tausenderpreise nicht darüber irregeführt werden, daß er mit einem Inserat in "A & W" einen weiteren Leserkreis erreicht, der sich nur zum Teil mit dem der "KFZ-Wirtschaft" deckt.

Die beanstandete Gegenüberstellung der Tausenderpreise ist daher ein Preisvergleich, der zwar die Preise zweier nur zum Teil gleicher Produkte vergleicht, diese Ungleichheit aber offenlegt, so daß eine Irreführung ausgeschlossen ist. Solche Preisvergleiche sind zulässig, weil wahre, sachliche, nicht irreführende Werbevergleiche weder gegen § 1 UWG noch gegen § 2 UWG verstoßen (ÖBl 1991, 160; ÖBl 1991, 71 jeweils mwN; s. auch Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 264 ff;

Karre-Abermann, Liberalisierung der vergleichenden Werbung:

UWG-Novelle 1988 und Rechtsprechung des OGH, etwa WBl 1990, 198, insb 200, 203 f).

Zum Eventualbegehren enthält der Revisionsrekurs keine Ausführungen; darauf ist somit nicht weiter einzugehen (s. SZ 55/113).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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