European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00056.9300000.0916.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ingrid N* wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch dieser Angeklagten wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs. 1 Z 1, 161 Abs. 1 StGB (Punkt B/II) sowie demzufolge auch in dem sie betreffenden Strafausspruch ‑ unter Aufrechterhaltung des Ausspruches gemäß § 44 Abs. 2 StGB ‑ aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Ingrid N* wird von der wider sie erhobenen Anklage, sie habe in der Zeit von 1981 bis 23.November 1982 in Wien als Geschäftsführerin der G* Koch‑ und Heizapparate Fabrikations‑GesmbH (nachmals G* GesmbH), die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, fahrlässig die Ende Juli 1988 eingetretene Zahlungsunfähigkeit dieses Unternehmens durch verlustreiche Gebarung herbeigeführt und hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs. 1 Z 1, 161 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihr nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch weiterhin zur Last liegende Verbrechen der betrügerischen Krida als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs. 1 und Abs. 2, 161 Abs. 1 StGB wird Ingrid N* nach § 156 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 (zwölf) Monaten verurteilt.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird diese Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
II. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag.Pierre‑Matthieu N* sowie jene der Angeklagten Ingrid N* im verbleibenden Umfang werden verworfen.
III. Der Berufung des Angeklagten Mag.Pierre‑Matthieu N* wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt.
Gemäß § 260 Abs. 2 StPO wird festgestellt, daß auf die vorsätzlich begangene strafbare Handlung keine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt.
IV. Die Angeklagte Ingrid N* wird mit ihrer Berufung auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.
V. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Mag.Pierre‑Matthieu N* und Ingrid N* auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen ‑ das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche der im folgenden genannten Angeklagten sowie dreier weiterer Angeklagten enthält ‑ wurden Mag.Pierre‑Matthieu N* (zu A/I) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs. 1 und Abs. 2, 161 Abs. 1 StGB und (zu A/II) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs. 1 Z 1, 161 Abs. 1 StGB und Ingrid N* (zu B/I) des Verbrechens der betrügerischen Krida als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, "14 Abs. 1", 156 Abs. 1 und Abs. 2, 161 Abs. 1 StGB und (zu B/II) des Vergehens der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs. 1 Z 1, 161 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs haben sie in Wien, und zwar
(zu A/) Mag.Pierre‑Matthieu N*
I. am 24.November 1987 als Geschäftsführer (§ 309 StGB) der Firma G* GesmbH einen Bestandteil des Vermögens des genannten Unternehmens, nämlich die Liegenschaft EZ 296 Grundbuch P* im tatsächlichen Wert von 5,986.000 S, an sich und Ingrid N* veräußert und dadurch vorsätzlich die Befriedigung von Gläubigern hinsichtlich eines 500.000 S übersteigenden, mit 3,446.000 S errechneten Schadens geschmälert, indem er und die Mehrheitsgesellschafterin der Firma G* GesmbH, Ingrid N*, die im Kaufvertrag vom 26.August 1986 vereinbarte aufschiebende Bedingung, obwohl die Voraussetzungen noch nicht zutrafen, aufhoben und hiedurch die unmittelbare Übertragung des Eigentums an der bezeichneten Liegenschaft herbeiführten;
II. in der Zeit vom 23.November 1982 bis 27.Juli 1988 als Geschäftsführer der Firma G* GesmbH, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, fahrlässig die Ende Juli 1988 eingetretene Zahlungsunfähigkeit des genannten Unternehmens durch verlustreiche Gebarung herbeigeführt;
(zu B/) Ingrid N*
I. am 24.November 1987 dadurch zur Ausführung der unter A/I bezeichneten strafbaren Handlung des Mag.Pierre‑Matthieu N* beigetragen, daß sie der Aufhebung der im Kaufvertrag vom 26.August 1986 vereinbarten aufschiebenden Bedingung zustimmte;
II. in der Zeit von 1981 bis 23.November 1982 als Geschäftsführerin der damaligen Firma G* Koch‑ und Heizapparate Fabrikations‑Gesellschaft mbH (nachmals Firma G* GesmbH), die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, fahrlässig die Ende Juli 1988 eingetretene Zahlungsunfähigkeit des genannten Unternehmens durch verlustreiche Gebarung herbeigeführt.
Rechtliche Beurteilung
Den gegen dieses Urteil von beiden genannten Angeklagten erhobenen, gemeinsam ausgeführten und auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a, 9 lit. a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden kommt ‑ wie auch die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt ‑ nur in Ansehung der Angeklagten Ingrid N* teilweise, im übrigen aber keine Berechtigung zu.
Zu den Schuldsprüchen A/I und B/I:
Zu Unrecht bestreiten beide Beschwerdeführer im Rahmen der an den Beginn ihrer Ausführungen gestellten Rechtsrüge (Z 9 lit. a), durch ihr Verhalten vom 24.November 1987 einen Vermögensbestandteil veräußert zu haben.
Wird die betreffende ‑ vom Erstangeklagten als Geschäftführer der Verkäuferin G* GesmbH mit den Käufern der Liegenschaft EZ 296 KG P*, also mit sich selbst und mit der Zweitangeklagten, geschlossene ‑ Vereinbarung über die Aufhebung der im Kaufvertrag vom 26.August 1986 vorgesehenen aufschiebenden Bedingung (vgl. die im Beilagenkonvolut zum Gutachten des Buchsachverständigen Mag.Z* ON 18 als Beilage 11 erliegenden Ablichtungen beider Vereinbarungen) der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise unterzogen, ist darin eine Maßnahme zu erblicken, durch welche die bezeichnete Liegenschaft am 24.November 1987 aus dem wirtschaftlichen Vermögen der Schuldnerin ausschied (Leukauf‑Steininger3 § 156 RN 16 mit Judikaturhinweisen; Tschulik im WK § 156 Rz 22 a). Daß die Vereinbarung vom 24.November 1987 formell nur die Aufhebung einer aufschiebenden Bedingung betraf, und daß (dem insoweit mißverständlichen Wortlaut des Urteilsspruches ‑ wo von einer "unmittelbaren" Eigentumsübertragung die Rede ist ‑ zuwider) weder durch sie noch durch den hiemit in Wirksamkeit gesetzten Kaufvertrag vom 26.August 1986, sondern erst durch die Verbücherung (Einverleibung) Eigentum an der Liegenschaft übertragen wurde, ist nicht entscheidend; denn für die Beurteilung, ob eine Sache (noch) im wirtschaftlichen Vermögen des Gemeinschuldners steht, ist das bücherliche Eigentum nicht unter allen Umständen maßgeblich (SSt. 55/44). Zudem wird von den Beschwerdeführern die Urteilsfeststellung, daß die Einverleibung auf Grund der erwähnten Vereinbarungen ihrem Willen entsprechend herbeigeführt wurde (US 22 f), gar nicht bekämpft.
Dem Beschwerdeeinwand, wonach eine Verringerung des Vermögens der G* GesmbH durch die Urteilstat (A/I und B/I) überhaupt nicht eingetreten sei, zuwider ist bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Aufhebung der aufschiebenden Bedingung Punkt VIII des Kaufvertrages als Veräußerung der gegenständlichen Liegenschaft zu beurteilen. Eine solche Veräußerung ist dann tatbildlich im Sinne einer wirklichen Vermögensverringerung des Gemeinschuldners, wenn dieser für den aus seinem Vermögen ausgeschiedenen Wert nicht ein wirtschaftlich entsprechendes Äquivalent erhält (s. insb. Kienapfel BT II2 § 156 Rz 16 mit Judikaturhinweisen). Dies war nach den Urteilsfeststellungen nicht der Fall, entsprach doch der Kaufpreis von 2,540.000 S bei weitem nicht dem (vom Erstgericht mit 5,986.000 S festgestellten) Wert der Liegenschaft am 24.November 1987 (US 21). Darauf, daß ein Kaufpreis von 2,540.000 S zum Zeitpunkt des bedingt aufgeschobenen Vertragsabschlusses vom 26.August 1986 noch dem damaligen ungefähren Wert der Liegenschaft entsprochen hatte (US 19), kommt es ‑ entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ‑ nicht an, weil bei der Beurteilung, ob und in welcher Höhe ein Schaden (im Sinne einer Beeinträchtigung der Befriedigungsrechte der Gläubiger) eingetreten ist, ein Vergleich des Vermögens des Gemeinschuldners unmittelbar vor und nach dem als Tathandlung in Betracht kommenden Verhalten (hier also der auf die Grundstücksveräußerung hinauslaufenden Vereinbarung vom 24.November 1987) vorzunehmen ist. Bei dieser Prüfung im Sinne des § 156 StGB - wie auch des § 146 StGB (vgl. Kienapfel, BT II2 § 146 Rz 162 und 169) ‑ ist nämlich auf das Verhältnis von Gewinn und Verlust aus dem Austausch von Leistung und Gegenleistung zum Zeitpunkt der Vornahme der Vermögensverfügung (hier: dem 24.November 1987) abzustellen. Daß nach anders gelagerten Kriterien des Abgabenrechtes ‑ das zwischen der Entstehung der Grunderwerbssteuerschuld mit Eintritt einer (aufschiebenden) Vertragsbedingung oder mit der Genehmigung einer Behörde (§ 16 Abs. 2 GrEStG 1955 - nunmehr wortgleich: § 8 Abs. 2 GrEStG 1987) und der Festsetzung der GrESt nach den Verhältnissen am Tag des (ursprünglichen) Vertragsabschlusses unterscheidet (vgl. Czurda Komm.z.GrEStG 1987 § 8 Tz 14,22) ‑ der Kaufvertrag vom 26.August 1986 als der Grunderwerbssteuer unterliegender Vorgang gewertet wurde (vgl. die im Beilagenkonvolut G 1 zur Hauptverhandlung ON 112 bis 119 erliegende Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland vom 5.April 1989, GZ GA 11‑783/7/89), ist für die strafrechtliche Beurteilung ohne Belang.
Mit dem hieran anknüpfenden Beschwerdevorbringen, die Vereinbarung vom 24.November 1987 sei lediglich zum Zwecke der Ausnützung der günstigeren Bestimmungen des GrunderwerbssteuerG 1987 in der Hoffnung auf eine ‑ allerdings nicht verwirklichte ‑ Steuerersparnis abgeschlossen worden, aber letztlich infolge früherer Erfüllung (auch) der in Punkt VIII/2 des Kaufvertrages vom 26.August 1986 vereinbarten Bedingungen überflüssig gewesen und daher ohne strafrechtliche Relevanz, wird die Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt; denn die Beschwerdeführer weichen insoweit von den erstgerichtlichen Feststellungen sowohl hinsichtlich des Zwecks der Vereinbarung vom 24.November 1987 als auch hinsichtlich der Nichterfüllung einzelner aufschiebender Bedingungen, wie der Erlangung aller erforderlichen Bewilligungen für den Tankstellenbetrieb durch die B* AG und dem ernstlichen Beginn der erforderlichen Bauarbeiten (US 20 ff), ab.
Der Hinweis der Beschwerdeführer darauf, daß letztlich alle Bedingungen eintraten und daher die Angeklagten (als Liegenschaftskäufer) ohnehin einen Anspruch auf Vertragserfüllung gegen die G* GesmbH gehabt hätten, übersieht, daß nach den Urteilsfeststellungen noch vor Eintritt sämtlicher Bedingungen ‑ Baubeginn der Tankstelle war erst der 19.September 1988 (US 23) ‑ der Konkurs über die in Adele L* GesmbH umfirmierte Gesellschaft eröffnet wurde, und zwar am 13.September 1988 (US 13), sodaß der Masseverwalter gemäß § 21 Abs. 1 KO auch das Recht zum ‑ angesichts der Wertsteigerung der Liegenschaft seit dem 26.August 1986 naheliegenden ‑ Rücktritt vom noch nicht erfüllten Kaufvertrag gehabt hätte. Gerade die für eine derartige Vorgangsweise des Masseverwalters vorausgesetzte Zugehörigkeit der Liegenschaft zur Konkursmasse suchten die beiden Angeklagten, wie das Erstgericht feststellte, durch frühere Herbeiführung der Wirksamkeit des Kaufvertrages zu vereiteln.
Von der dargestellten strafrechtlichen Beurteilung der erwähnten Vereinbarung als Veräußerung der Liegenschaft ausgehend ergibt sich bereits die mangelnde Stichhaltigkeit jener weiteren rechtlichen Beschwerdeausführungen, die auf die Angemessenheit des im Kaufvertrag vom 26.August 1986 vereinbarten Kaufpreises zur Zeit dieses Vertragsabschlusses abstellen. Die in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführern angestellten Erwägungen zur Unbeachtlichkeit spekulativer Momente für die Ermittlung des strafrechtlichen Schadens gehen angesichts der zutreffenden Rechtsauffassung des Erstgerichtes von der Tatbegehung am 24.November 1987 ins Leere; denn zu diesem Zeitpunkt lagen keineswegs nur allgemeine und vage ‑ also nicht ausreichend konkretisierte ‑ Hoffnungen auf ein günstiges Geschäft (Exspektanzen), sondern im Hinblick auf die bereits der B* AG (wenn auch noch nicht rechtskräftig) erteilten behördlichen Bewilligungen (US 18 und 20, 21 f) rechtlich und tatsächlich verfestigte Aussichten auf hohe Erträgnisse aus einer Vermietung der Liegenschaft vor, die der Annahme eines höheren Verkehrswertes zugrundegelegt werden konnten (Kienapfel, BT II2 146 Rz 141, 142 mit Hinweis auf SSt. 54/68).
Der rechtliche Einwand der Angeklagten Ingrid N* schließlich, durch bloße Zustimmung im Sinne einer Bekundung des Einverständnisses mit der Tat noch keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet zu haben, beruht auf einer Fehlinterpretation des ihr gemachten Vorwurfes: Wie schon aus dem Urteilstenor, noch deutlicher aber aus den Entscheidungsgründen (US 20), hervorgeht, wird ihr nicht eine Äußerung ihres Einverständnisses mit der Verübung der Urteilstat A I durch den Erstangeklagten, sondern eine rechtsgeschäftliche Zustimmung (in ihrer Eigenschaft als Liegenschaftskäuferin) angelastet, nämlich die Einwilligung in die Aufhebung der am 26.August 1986 vereinbarten aufschiebenden Bedingungen durch Mitunterfertigung der betreffenden Vereinbarung vom 24.November 1987, also ein aktives Handeln als Vertragsschließende. Da ohne diese Mitwirkung die schuldspruchgegenständliche Liegenschaftsveräußerung vor Konkurseröffnung, somit auch die damit verbundene Vermögensverringerung der Gemeinschuldnerin und Beeinträchtigung von Befriedigungsrechten der Gläubiger, nicht möglich gewesen wären, haftet der Beurteilung des Verhaltens der Beschwerdeführerin als Beitragstäterschaft ein Rechtsirrtum nicht an.
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider stehen jene Urteilsfeststellungen, wonach zur Begehungszeit der Taten A I und B I Verhandlungen (zu Sanierungszwecken) mit einer Konkurrenzfirma begannen und die tatsächliche Zahlungsunfähigkeit der Firma G* GesmbH erst im Juni 1988 eintrat, spätestens Ende Juli 1988 aber auch subjektiv erkannt wurde (US 25), nicht im Widerspruch zur Urteilsfeststellung, daß den Angeklagten im November 1987 eine Insolvenzgefahr bereits bewußt geworden war und ihren Tathandlungen ein wenigstens bedingt auf Schädigung der Gesellschaftsgläubiger gerichteter Vorsatz zugrundelag (US 20 ff); denn die bloße Kenntnis der Insolvenzgefahr und der bedingt ‑ für den Fall ihrer Verwirklichung ‑ auf Beeinträchtigung der Gläubiger gerichtete Vorsatz (also das ernstliche Bedenken der Möglichkeit, Befriedigungsrechte mehrerer Gläubiger zu beeinträchtigen, und das Sichabfinden mit diesem Erfolg - § 5 Abs. 1 StGB) schließen nicht aus, daß erst einige Monate später die Insolvenz tatsächlich eintritt (und auch als solche erkannt wird).
Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite der betrügerischen Krida beruhen auch keineswegs auf einer bloßen Scheinbegründung, hat doch das Erstgericht nachvollziehbare Schlüsse aus der zeitlichen Nähe der Tathandlungen A/I und B/I zum Bekanntwerden der äußerst ungünstigen Bilanz des Unternehmens für das Wirtschaftsjahr 1986/1987 (US 24) sowie aus der damals bestehenden Ungewißheit hinsichtlich des Erfolges von Sanierungsversuchen (US 25) gezogen.
Einer Erörterung der Zeugenaussage des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters Dr.Br*, wonach es im November 1987 keine Gespräche (des Zeugen mit den Angeklagten) über Insolvenz gab (S 386 f/V), bedurfte es nicht, weil die (vorläufige) Unterlassung solcher Gespräche mit dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater nicht ausschließt, daß die Angeklagten entsprechende Befürchtungen aus eigenen Überlegungen dennoch hegten und zum Anlaß nahmen, die Vereinbarung vom 24.November 1987 abzuschließen. Zudem hat sich der Zeuge außerstande erklärt, über die Motive für den Kauf auszusagen (AS 384 f/V). Seine konkrete Befassung mit der hier maßgeblichen Vereinbarung vom 24.November 1987 geht aus seiner Aussage auch gar nicht hervor. Als (nicht hinreichend erörterter) Entlastungsbeweis in Ansehung der subjektiven Tatseite des § 156 StGB kann die Aussage umso weniger dienen, als ihr jedenfalls zu entnehmen ist, daß im November 1987 "natürlich" schon "die schlechte Situation der Firma G* bekannt" war (AS 387/V).
Auch die Urteilsfeststellung über den Wert der Liegenschaft am 24.November 1987 beruht entgegen der weiteren Mängelrüge keineswegs auf einer Scheinbegründung. Das Erstgericht hat sich insoweit nämlich nicht mit Hinweisen auf die positive Erwartungshaltung der Angeklagten hinsichtlich der Wertsteigerung der Liegenschaft begnügt, sondern mehrfach (US 21, 26) auf die bereits vorliegenden erstinstanzlichen verwaltungsbehördlichen Bewilligungen des Tankstellenbetriebes und die daher eingetretene reale Erhöhung der Aussichten auf Abschluß eines lukrativen Bestandvertrages mit der B* AG hingewiesen. Das Liegenschaftsschätzungsgutachten des Sachverständigen Dipl.Ing.M* (ON 28 bzw. S 355 ff/V) steht zu dieser Argumentation in keinem unlösbaren Widerspruch: Der Sachverständige ist nämlich von seinem in der Hauptverhandlung vertretenen Standpunkt, bei Aufhebung der aufschiebenden Bedingung sei der Liegenschaftswert von "5,............... Millionen Schilling" (gemeint wohl: 5,986.000 S) gegeben gewesen (S 359/V), aus ‑ für das Erstgericht nicht maßgeblichen ‑ rechtlichen Erwägungen, nämlich einem Abstellen auf eine allfällige Verwaltungsgerichtshofentscheidung (S 363/V), abgegangen, weil er aus der Verkehrswertermittlung jegliches spekulative Moment auszuschließen suchte (vgl. auch das schriftliche Gutachten ON 28, insb. S 73/II). Diese vom Sachverständigen Dipl.Ing.M* in der Hauptverhandlung angestellten Erwägungen treffen für den konkreten Fall nicht zu: Zwar liegen allgemeine Hoffnungen auf ein günstiges Geschäft außerhalb des Umfangs des wirtschaftlichen Vermögensbegriffes; doch zählen ‑ wie bereits zur Rechtsrüge ausgeführt wurde ‑ rechtlich und tatsächlich verfestige konkrete Gewinnchancen sehr wohl zum Vermögen im wirtschaftlichen Sinn (s. insb. Kienapfel BT II2 § 146 Rz 119, 141 und 142). Die ungeachtet dieser Verfestigung noch bestehende Gefahr mangelnder Realisierbarkeit der Gewinnchance, vorliegend etwa wegen der vom Sachverständigen berücksichtigten Möglichkeit des Erfolges eines ordentlichen Rechtsmittels oder einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eines Anrainers gegen die behördlichen Bewilligungen, könnte nur (allenfalls) bewirkt haben, daß der durch die Verfestigung der Gewinnchancen erhöhte Verkehrswert noch nicht die volle Höhe des auf Grund der Nutzung für den Tankstellenbetrieb gegebenen Wertes der Liegenschaft zu erreichen vermochte, sondern je nach Größe der einer Lukrierung noch entgegenstehenden Hindernisse geringer ausfiel (s. auch die Ausführungen des Sachverständigen Dipl.Ing.M* S 362/V und S 356 bis 358/V).
Die Annahme des Verkehrswertes durch das Erstgericht gründet sich sohin auf Überlegungen, die im Faktischen durchaus an das Gutachten des Sachverständigen Dipl.Ing.M* anknüpfen, soweit von einer Wertsteigerung des Grundstückes um insgesamt 3,446.000 S (dem Differenzbetrag zwischen dem Ertragswert der Liegenschaft auf Grund des Bestandvertrages in Höhe von 5,986.000 S und dem tatsächlichen Verkaufspreis von 2,540.000 S) ausgegangen wird; lediglich die vom Sachverständigen aufgrund unzutreffender rechtlicher Erwägungen getroffene Annahme eines "Sprunges" des Verkehrswertes von 2,5 Millionen S und auf rund 6 Millionen S (erst) zum Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit sämtlicher behördlicher Bewilligungen (S 363/V) hat das Erstgericht korrigiert. Allerdings hat es eine Begründung dafür unterlassen, warum es den Liegenschaftswert am 24.November 1987 bereits mit dem vollen sich aus dem späteren Bestandvertrag ergebenden Ertragswert angenommen hat und nicht ‑ wie dies vom Sachverständigen (S 356 f/V) nahegelegt wird ("subjektiver Wert, der aber nicht voll objektiviert werden kann ..... ich würde es nicht um 2,5 Mio S verkaufen, aber deswegen kann man nicht sagen, daß es 6 Mio S wert ist ..... das weiß ich erst in diesem Moment, wo die Baubewilligung rechtskräftig war und nicht eine Sekunde früher. Dann hat es objektiv diesen Wert und dazwischen pendelt es halt irgendwo .....") ‑ von einem am 24.November 1987 den Betrag von 5,986.000 S noch nicht ganz erreichenden Verkehrswert ausgegangen ist. Dieser Begründungsmangel beträfe allerdings nur dann eine entscheidende Tatsache im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, wenn davon der für die Anwendung des Strafsatzes des § 156 Abs. 2 StPO maßgeblichen Kern der erstgerichtlichen Feststellungen zur Schadenshöhe, nämlich die Annahme eines jedenfalls 500.000 S übersteigenden Schadens, betroffen wäre. Hievon kann indes nicht die Rede sein, weil das Verfahren keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben hat, daß ungeachtet der bereits vorliegenden erstinstanzlichen Bewilligungen und der unbestrittenen Bereitschaft der ‑ die erforderlichen Bewilligungsverfahren initiierenden - B* AG zum Abschluß des Bestandvertrages die schließlich ein Ausmaß von fast 3 1/2 Millionen S erreichende Wertsteigerung der Liegenschaft am 24.November 1987 nicht einmal zu einem mehr als eine halbe Million S betragenden Bruchteil eingetreten sein könnte.
In der Tatsachenrüge (Z 5 a) werden, soweit sie sich gegen die erstgerichtlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite der betrügerischen Krida richtet, lediglich beweiswürdigende Überlegungen nach Art einer gegen ein kollegialgerichtliches Urteil unzulässigen Schuldberufung angestellt; beschränken sich doch die Beschwerdeführer der Sache nach durch ihren Hinweis auf die angeblich durch die Grundstücksveräußerung beabsichtigte Liquiditätsverbesserung der Gesellschaft, auf ihr Bemühen um deren marktgerechte Bewertung (allerdings ohne Berücksichtigung der bereits konkretisierten Gewinnaussichten durch das Tankstellenprojekt), auf ihre angebliche Motivation, das Grundstück nicht in die Hände eines Konkurrenten (und möglichen Sanierungspartners) fallen zu lassen, und die Behauptung, weder zur Tatzeit noch bei Vertragsabschluß im August 1986 an Insolvenz und Gläubigerschädigung gedacht zu haben, darauf, die (theoretische) Möglichkeit von für sie günstigerer Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen. Daß der auch in diesem Zusammenhang behauptete Widerspruch zwischen der festgestellten Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit ab Ende Juli 1988 und der Annahme eines bereits im November 1987 vorgelegenen bedingten Schädigungsvorsatzes und des Bewußtseins der Insolvenzgefahr nicht vorliegt, wurde bereits bei Behandlung der Mängelrüge dargetan. Die (nach den obigen Ausführungen auch rechtlich unbedenkliche) Berücksichtigung konkret verfestigter Gewinnerwartungen bei Bewertung der Liegenschaft ist keineswegs lebensfremd. Die von den Beschwerdeführern "angemeldeten", jedoch nicht substantiierten erheblichen Bedenken gegen die Möglichkeit der Erzielung eines höheren Kaufpreises für die bestandsfreie Liegenschaft durch den Masseverwalter beziehen sich nicht auf eine vom Erstgericht getroffene tatsächliche Annahme; ist doch in den Urteilsfeststellungen über die Verwertungsmöglichkeit für den Masseverwalter ausdrücklich der bereits vor Konkurseröffnung abgeschlossene Bestandvertrag berücksichtigt worden (US 23).
Zu einem im Gerichtstag der Sache nach angeregten Vorgehen nach § 290 Abs. 1 StPO sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt. Für einen behaupteten schuldausschließenden Rechtsirrtum bieten nämlich die Urteilsfeststellungen keine Grundlage (und die Verfahrensergebnisse kein Indiz).
Zu den Schuldsprüchen A/II und B/II:
Soweit sich die Beschwerdeführer gegen ihre Verurteilung wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB wenden, kommt nur der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ingrid N* Berechtigung zu:
Zutreffend macht sie nämlich ‑ teils in ihren Ausführungen zu Z 9 a, teils in formell auf Z 5 und Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten, inhaltlich jedoch der Sache nach einen materiellrechtlichen Feststellungsmangel reklamierenden Beschwerdeeinwänden ‑ geltend, daß die ihr für den Zeitraum ihrer Geschäftsführungstätigkeit für die G* GesmbH in der Zeit von 1981 bis 23.November 1982 vorgeworfene verlustreiche Gebarung im Hinblick auf die damalige wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nicht sorgfaltswidrig gewesen sei. Bei der gebotenen Anlegung eines deliktsspezifischen Sorgfaltsmaßstabes ist davon auszugehen, daß sogar grob unwirtschaftliche Verhaltensweisen mangels objektiver Sorgfaltswidrigkeit den Tatbestand des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB nicht verwirklichen, solange keine Insolvenz droht (Kienapfel, BT II2 § 159 Rz 15; Rittler Lehrbuch II2 242). Eine unwirtschaftliche geschäftliche Gestion, die weder bei bereits aufziehender Krisensituation gesetzt wird noch selbst eine solche Situation in absehbarer Zeit auszulösen droht, ist, bezogen auf den Schutzzweck des in Rede stehenden Tatbestandes, kein Verstoß gegen die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes; trifft doch einen solchen bei ausreichender wirtschaftlicher Stärke seines Unternehmens nicht die Pflicht, stets den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu entsprechen. Ein Wirtschaftstreibender verstößt sohin erst durch ein solches Verhalten gegen die kaufmännische Sorgfaltspflicht, welches in Anbetracht seiner konkreten wirtschaftlichen Gesamtsituation aus der Sicht des Schutzes seiner Gläubiger nicht mehr vertretbar ist (Kienapfel aaO; vgl. ÖJZ‑LSK 1982/29 zu § 159 Abs. 1 Z 1 StGB).
Mit Recht weist daher die Angeklagte Ingrid N* darauf hin, daß ‑ ungeachtet des bereits in den letzten beiden Jahren ihrer Geschäftsführungstätigkeit unwirtschaftlich hohen Personalstandes und zu hohen Produktsortimentes, durch welche Umstände ab 1980 keine kostendeckenden Preise mehr erwirtschaftet wurden und "operative Verluste" eintraten (US 11) ‑ bis zu ihrem Ausscheiden als Geschäftsführerin (noch) keine Krisensituation vorlag, zumal die in diesem relativ kurzen Zeitraum eingetretenen "operativen Verluste" ‑ die im Wirtschaftsjahr 1981/1982 rund 200.000 S betrugen ‑ durch die jahrelang bis 1978 erzielten Gewinnrücklagen "kaschiert" wurden und jeweils mehrere Millionen Schilling pro Jahr betragende Verluste erst ab dem Wirtschaftsjahr 1984/85 festgestellt wurden (US 11; vgl. die in der Beschwerde ‑ formell im Rahmen der Mängelrüge und der Tatsachenrüge ‑ hervorgehobenen Ausführungen des Buchsachverständigen Mag.Z*, insb. S 221/I, 223 f/I, S 231/I, 235/I, 273/I, 341 f/I, 345 ff/I sowie 351/I; s. auch die Ausführungen des Sachverständigen Mag.Z* in der Hauptverhandlung S 349 f/V). Die Beurteilung der verlustreichen Gebarung der Angeklagten Ingrid N* im fast sechs Jahre vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit beendeten Zeitraum ihrer Geschäftsführung als objektiv sorgfaltswidrig hätte sohin die Feststellung vorausgesetzt, daß schon damals eine wirtschaftliche Krisensituation des Unternehmens abzusehen war. Eine solche Feststellung wurde vom Erstgericht jedoch nicht getroffen und hätte auf Grund der Aktenlage (s. insb. die Ausführungen des Buchsachverständigen S 350/V, wonach die G* GesmbH damals vermögensmäßig "bestens dotiert" und "kapitalmäßig bei weitem nicht gefährdet war") auch nicht getroffen werden können.
Der die Angeklagte Ingrid N* betreffende Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida (B/II) war daher zu kassieren und insoweit sogleich in der Sache selbst auf Freispruch zu erkennen.
Hingegen kommt den Beschwerdeeinwänden des Angeklagten Mag.Pierre‑Matthieu N* gegen seinen Schuldspruch wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida (A/II) Berechtigung nicht zu:
Der Einwand mangelnder Auseinandersetzung des Erstgerichtes mit den aus den Buchsachverständigengutachten, den Zeugenaussagen des Masseverwalters und der Betriebsangehörigen und der Verantwortung der beiden Angeklagten hervorgehenden entlastenden Umständen ist ‑ was diesen Beschwerdeführer betrifft ‑ nur durch den Hinweis darauf konkretisiert, daß nach Ansicht des Buchsachverständigen Mag.Z* das Unternehmen noch zum 31.März 1988 rechnerisch nicht überschuldet gewesen sei (S 351/I). Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß es für die Verwirklichung des Tatbestandes nach § 159 Abs. 1 Z 1 StGB nicht auf die Überschuldung (Überhang der Passiven gegenüber den Aktiven), sondern auf die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit, also des durch den Mangel flüssiger Mittel bedingten Unvermögens, binnen angemessener Frist bei redlicher wirtschaftlicher Gebarung alle fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen, ankommt. Das Vorhandensein von Vermögen ist nur dann von Bedeutung, wenn der Schuldner daraus in Kürze ausreichende Mittel zur Überwindung einer bloß momentanen Illiquidität gewinnen kann und will (Leukauf‑Steininger3 § 159 Rz 20 bis 22 mit Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung). Indem sich das Erstgericht in Ansehung der hier wesentlichen Feststellungen zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, zu ihrer Verursachung durch die verlustreiche Gebarung der Geschäftsführung und zur Vorhersehbarkeit dieser Folge für den Erstangeklagten vor allem auf das Buchsachverständigengutachten (s. insb. S 341/I bis 353/I, S 269 f/V und S 350/V) stützt und dessen Schlußfolgerungen über die mangelnde Rentabilität der Unternehmensgebarung durch eine Reihe weiterer Beweisergebnisse bestätigt sieht (US 14 f), hat es jedenfalls die wesentlichen Urteilsfeststellungen zum Schuldspruch A/II in logisch nachvollziehbarer Weise begründet. Daran ändern die ‑ an sich nur für die Angeklagte Ingrid N* aktuellen ‑ Erwägungen nichts, daß eine verlustreiche Gebarung bei zur Deckung der Verluste ausreichendem Eigenkapitalstand noch nicht als sorgfaltswidrig zu beurteilen ist; denn die Fortsetzung einer solchen Gebarung unter (seit 1985) fortwährenden systematischer Erosion des Eigenkapitals (s. S 351/I), die zu immer größeren Finanzierungslücken und schließlich vorhersehbar in die Illiquidität führte (S 341/I), wird den an die Unternehmensführung durch einen ordentlichen Kaufmann zu stellenden Anforderungen nicht gerecht.
Der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) zum Schuldspruch A/II zuwider handelt es sich bei jenem Verhalten, welches dem Erstangeklagten als fahrlässig im Sinne des § 159 Abs. 1 Z 1 StGB vorgeworfen wird, keineswegs allein um Unterlassungen; bestand doch die ihm angelastete verlustreiche Gebarung in der Aufrechterhaltung eines dem gesunkenen Umsatz nicht mehr entsprechenden Verwaltungsapparates, in der Weiterbeschäftigung eines überhöhten Personalstandes, im Angebot eines zu hohen Produktsortimentes und in einer Preisgestaltung, die nicht kostendeckend war (US 10 f). Angesichts des bei mehrdeutigen Verhaltensweisen zu beachtenden Primats des Tuns (Kienapfel AT4 Z 28 Rz 25; Leukauf‑Steininger3 Vorbem. § 1 RN 9) ist schon die der Rechtsrüge des Erstangeklagten zugrundeliegende Beurteilung seiner Verhaltensweise als unechtes Unterlassungsdelikt verfehlt. Zudem geht aus den Urteilsfeststellungen, denen zufolge jedenfalls der Angeklagte Mag.Pierre‑Matthieu N* für die Zeit ab 23.November 1982 durch ein der Anwendung der Sorgalt eines ordentlichen Kaufmannes entsprechendes Alternativverhalten in der Lage gewesen wäre, die Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden (US 13), der Auffassung der Rechtsrüge zuwider ohnehin die Kausalität auch der passiven Verhaltensweisen dieses Angeklagten für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit hervor; insoweit genügt bei einem unechten Unterlassungsdelikt, daß das gebotene Tun nicht hinzugedacht werden kann, ohne daß der Erfolg in seiner konkreten Gestalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele (Kienapfel aaO Z 29 Rz 10 f). Stellt das Tatverhalten solcherart wenigstens eine von mehreren (untereinander gleichwertigen) Bedingungen für den Erfolgseintritt dar, ist es auch dann (mit)ursächlich, wenn zu den weiteren Bedingungen des Erfolges das Verhalten einer anderen Person zählt.
Dem zusätzlichen Einwand, mangelnder radikaler Personalabbau stelle keine objektive Sorgfaltswidrigkeit dar, fehlt es schon an der für eine prozeßmäßige Ausführung der Rechtsrüge erforderlichen Bezugnahme auf den Urteilssachverhalt; kann doch die Verringerung des überhöhten Personalstandes im Verlauf eines fast sechsjährigen Deliktszeitraums keineswegs als radikal angesehen werden. Zudem richtet sich dieser Einwand nur gegen die Annahme einer von mehreren Bankrotthandlungen, deren Wegfall an der Tatbestandsverwirklichung nichs ändert (Mayerhofer‑Rieder StGB3 § 159 E 10).
Der überdies in der Rechtsrüge hervorgehobene Versuch des Erstangeklagten, Sanierungsvorschlägen im Betriebsberatungsgutachten der Tr* Treuhand‑ und Beratungs‑GesmbH zu entsprechen, wird zwar in der Urteilsbegründung (US 16) als "kläglich gescheitert" bezeichnet; aus dem Gesamtzusammenhang insb. mit den unmittelbar vorangehenden Ausführungen wie auch mit US 35 f geht jedoch hervor, daß das Erstgericht ‑ der Aktenlage (s. insb. die Ausführungen des Sachverständigen Mag.Z* S 269 f/V, 275/V) gemäß ‑ annahm, daß die Sanierungsvorschläge nur zu einem geringen Teil und nicht mit der erforderlichen Konsequenz befolgt wurden, obwohl sich hiefür im Deliktszeitraum hinreichend Gelegenheit geboten hätte. Vom in der Beschwerde behaupteten Mangel an Feststellungen über die Gründe, aus welchen die Sanierungsbemühungen nicht zum angestrebten Erfolg führten, kann daher keine Rede sein; auch insoweit ist die Rechtsrüge nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.
Zur Strafbemessungsrüge (Z 11):
Beide Beschwerdeführer rügen die Verurteilung zu einer das Ausmaß von einem Jahr übersteigenden bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe unter gleichzeitiger Nachsicht der Rechtsfolgen gemäß § 44 Abs. 2 StGB als Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung. Aus dem Hinweis der Beschwerde darauf, daß das Erstgericht zu der im § 260 Abs. 2 StPO vorgeschriebenen Feststellung verhalten gewesen wäre, durch welche sich (unter Umständen) eine Entscheidung nach § 44 Abs. 2 StGB erübrigt hätte, ergibt sich allerdings, daß der Sache nach nicht die (zugunsten der Angeklagten erfolgte) Anwendung des § 44 Abs. 2 StGB, sondern das Unterbleiben der bei Verurteilung wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Taten zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe gebotenen Feststellung (im Anschluß an den Strafausspruch), ob auf eine oder mehrere vorsätzlich begangene strafbare Handlung(en) eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt, bemängelt wird. Diese Unterlassung begründet allerdings keine materielle Nichtigkeit des Strafausspruches, sondern kann von Amts wegen oder auf Antrag eines zur Ergreifung der Nichtigkeitsbeschwerde Berechtigten mit Beschluß nachgeholt werden, gegen welchen das Rechtsmittel der Beschwerde zusteht (§ 260 Abs. 3 StPO).
Das Erstgericht hat demgemäß mittlerweile mit Beschluß vom 4.Juni 1993 (ON 135) ausgesprochen, daß auf die von Mag.Pierre‑Matthieu N* begangene vorsätzliche strafbare Handlung des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs. 1 und Abs. 2, 161 Abs. 1 StGB und auf die von Ingrid N* begangene vorsätzliche strafbare Handlung des Verbrechens der betrügerischen Krida als Beteiligte nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs. 1 und Abs. 2, 161 Abs. 1 StGB jeweils eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt. In der Begründung des Beschlusses führte es aus, daß bei Mag.Pierre‑Matthieu N* fünf Monate auf das Fahrlässigkeitsdelikt (und demnach 15 Monate auf das Vorsatzdelikt) und bei Ingrid N* ein Monat auf das Fahrlässigkeitsdelikt (und demnach 14 Monate auf das Vorsatzdelikt) entfallen wären.
Dieser gemäß § 260 Abs. 3 StPO gefaßte Beschluß blieb unangefochten. Angesichts der vom Erstgericht ausgesprochenen bedingten Nachsicht der Rechtsfolgen liegt in diesem Punkt keine weitere Beschwer der Angeklagten vor.
Zur Strafneubemessung bei der Angeklagten
Ingrid N* und zur Berufung des Angeklagten
Mag.Pierre‑Matthieu N*
Bei der Strafneubemessung hinsichtlich der Angeklagten Ingrid N* wertete der Oberste Gerichtshof keinen Umstand als erschwerend, ihren bisher untadeligen Wandel hingegen als mildernd.
Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß sie und ihr Sohn ernstlich bemüht waren, das Unternehmen zu sanieren, erscheint eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten der personalen Täterschuld dieser Angeklagten und dem Unwert der Tat entsprechend.
Die Freiheitsstrafe war ‑ wie bereits im erstgerichtlichen Urteil geschehen ‑ bedingt nachzusehen.
Das Schöffengericht stellte in bezug auf den Angeklagten Mag.Pierre‑Matthieu N* die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig fest. Von einem wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung, den dieser Angeklagte als zusätzlichen Milderungsgrund für sich reklamiert, kann nach der Art seiner Verantwortung, die ein umfangreiches Beweisverfahren erforderlich machte, allerdings nicht gesprochen werden.
Auch bei diesem Angeklagten ist indes das ernstliche Bestreben um Sanierung der G* GesmbH mit ins Kalkül zu ziehen. Dies führt zu einer angemessenen Reduzierung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe auf 15 Monate. Dieses Ausmaß entspricht der personalen Täterschuld und dem verschuldeten Unrecht.
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