OGH 3Ob533/93

OGH3Ob533/9315.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopold R*****, ***** vertreten durch Dr.Dietmar Lirk, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Johann R*****, Gastronom, ***** vertreten durch Dr.Georg Reiter und Dr.Christoph Brandweiner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 110.573,75 sA und Räumung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 22. April 1993, GZ 22 R 622/92-39, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 30.September 1992, GZ 18 C 1313/90-34, teilweise abgeändert und im übrigen aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Beklagte ist aufgrund eines am 22.12.1975 geschlossenen Vertrages Mieter mehrerer Räumlichkeiten in einem dem Kläger gehörenden Haus. Als Mietzins wurde der wertgesicherte Betrag von S 17.000,-- im Monat zuzüglich des Anteils an den Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und "Verwaltungsgebühren" vereinbart. Im Punkt 3 lit e wurde festgelegt, daß die vom Vermieter berechneten Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und dgl. vierteljährlich zu den Kalenderquartalen mit eingeschriebenem Schreiben abzurechnen und von diesem binnen vier Wochen nach Einlangen des Schreibens zu zahlen sind, wobei der Mieter berechtigt ist, gegen vierzehntägige schriftliche Aufforderung in die Belege Einsicht zu nehmen oder Einsicht nehmen zu lassen. Im Punkt 3 lit b des Mietvertrages verzichtete der Mieter auf das Recht zur Aufrechnung der aufgrund dieses Vertrages zu leistenden Zahlungen mit den ihn gegen den Vermieter zustehenden Forderungen. Nach Punkt 12 lit c des Mietvertrages bedürfen Änderungen und Verbesserungen zur Gültigkeit der schriftlichen Form. Bis einschließlich 1983 wurden die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben auf die im Mietvertrag festgelegte Weise bezahlt. Ab 1.1.1984 verrechnete der Kläger die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben in Form der Jahrespauschalverrechnung gemäß § 21 Abs 3 MRG. Der Beklagte bezahlte die Teilbeträge, die ihm zur Deckung der im Jahre 1991 fällig werdenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben vorgeschrieben wurden, nicht. Aufgrund eines von den Parteien in einem anderen Rechtstreit geschlossenen Vergleiches hat der Beklagte 54,17 % dieser Gesamtkosten des Hauses zu bezahlen.

In dem Haus, in dem sich der Mietgegenstand befindet, ist eine Heizungsanlage mit drei Gaskessel vorhanden, von denen zwei zur Beheizung des Mietobjektes des Beklagten dienen und einer zur Beheizung der übrigen Räumlichkeiten dient. Von den für die Heizungsanlage aufgewendeten Servicekosten, die 1989 S 1.178,-- und 1990 S 6.743,-- betrugen, wurden dem Beklagten jeweils zwei Drittel und somit S 785,34 und S 4.495,34 verrechnet. Hierauf bezahlte er 1989 S 447,05 und somit 37,95 % und 1990 S 1.561,-- und somit 23,15 % der Gesamtkosten. Die Stromkosten für die Heizungsanlage betrugen 1989 S 3.126,66 und 1990 S 4.503,09, wovon dem Beklagten 54,17 % und somit S 1.693,71 und S 2.439,32 verrechnet wurden; der Beklagte bezahlte jedoch für 1989 nur S 1.186,75 und somit 37,95 % und S 1.042,47 und somit 23,15 % der Gesamtkosten.

Der Kläger begehrte vom Beklagten zuletzt - der Schriftsatz ON 33 wurde noch nicht vorgetragen - die Bezahlung von S 110.573,75 s.A. an rückständigem Mietzins sowie die Räumung des Bestandobjektes. Von dem eingeklagten Betrag entfallen S 98.400,-- auf jene Teilbeträge, die dem Beklagten zur Deckung der im Jahre 1991 fällig werdenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben vorgeschrieben wurden, S 1.903,99 und S 2.282,75 auf die restlichen anteiligen Service- und Stromkosten für die Heizungsanlage, S 1.650,-- auf restlichen Hauptmietzins für Juli 1990 und der Rest auf nicht mehr bedeutsame Beträge.

Der Beklagte wendete, soweit es noch von Bedeutung ist, ein, daß die für die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben des Jahres 1991 vorgeschriebenen Teilbeträge noch nicht fällig seien, weil ihm die im Vertrag zu den Kalenderquartalen vorgesehene Abrechnung noch nicht zugekommen sei. Die Service- und Stromkosten seien nicht entsprechend dem Schlüssel für Betriebskosten, sondern entsprechend dem Anteil am Gesamtverbrauch der Heizungsanlage aufzuteilen, was für ihn statt eines Anteils von 54,17 %, einen Anteil von 37,95 % im Jahre 1989 und 23,15 % im Jahre 1990 ergebe. Aufrechnungsweise werde eine Gegenforderung in der Höhe von S 53.310,-- eingewendet.

Der Kläger erwiderte hierauf, daß der vom Beklagten bezogenen Bestimmung des Mietvertrages über die Verrechnung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben durch § 21 Abs 3 MRG derogiert worden und er aufgrund der zuletzt genannten Bestimmung zur Jahrespauschalverrechnung berechtigt sei.

Das Erstgericht entschied gemäß § 22 Abs 2 und 3 MRG, daß der vom Beklagten geschuldete Betrag S 8.254,58 ausmacht. Es vertrat zu den im Revisionsrekursverfahren noch strittigen Punkten die Meinung, daß die Bestimmung des Mietvertrages über die Verrechnung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben § 12 MG widersprochen habe und deshalb während der Geltungsdauer dieses Gesetzes ungültig gewesen sei. Seit dem Inkrafttreten des MRG, das auch auf Altverträge anzuwenden sei, sei aber die Vereinbarung einer vierteljährlichen Betriebskostenabrechnung zulässig, weil § 21 Abs 3 MRG keinen zwingenden Charakter habe. Die ursprünglich ungültige Bestimmung des Mietvertrages sei daher mit dem Inkrafttreten des MRG wieder aufgelebt. Eine schlüssige Vereinbarung habe über die Jahrespauschalabrechnung nicht zustandekommen können, weil Änderungen des Mietvertrages gemäß dessen Punkt 12 lit c der Schriftform bedürften. Der Beklagte sei daher nicht verpflichtet, die ihn zur Deckung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben monatlich vorgeschriebenen Teilbeträge zu leisten. Bei den Servicekosten und den Stromkosten für die Steuerung der Heizanlage handle es sich um "sonstige Kosten" im Sinne des § 24 Abs 1 MRG, weshalb der Beklagte hiervon 54,17 % zu tragen habe. Mit Gegenforderungen könne er wegen des im Mietvertrag vereinbarten Aufrechnungsverbotes nicht aufrechnen.

Das Rekursgericht entschied infolge Rekurses beider Parteien, daß der vom Bekagten geschuldete Betrag S 50.926,74 ausmacht, und trug dem Erstgericht bezüglich des noch verbleibenden Betrages von S 53.310,-- die neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auf. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung nicht zulässig sei. Auf die Frage, ob die Verrechnungsvorschrift des § 21 Abs 3 MRG zwingender Natur ist, müsse nicht eingegangen werden, weil schlüssig eine Vereinbarung über die Jahrespauschalverrechnung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zustandegekommen sei. Dem stehe nicht entgegen, daß für Änderungen des Mietvertrages die Schriftform vereinbart worden sei, weil die Parteien von diesem Erfordernis einvernehmlich und auch schlüssig abgehen könnten. Die Rechtsansicht, die das Erstgericht zu den Service- und Stromkosten der Heizungsanlage vertreten habe, sei unbedenklich. Der Beklagte habe zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung insgesamt S 104.236,74 geschuldet. Das Erstgericht sei zu Unrecht auf die von ihm eingewendete Gegenforderung nicht eingegangen, weil sich der Kläger auf das im Mietvertrag vereinbarte Aufrechnungsverbot nicht berufen habe und hierauf daher zumindest derzeit noch nicht Bedacht genommen werden könne. Selbst unter Berücksichtigung dieser Gegenforderung schulde der Beklagte aber S 50.926,74. Die Höhe der Gegenforderung werde im fortzusetzenden Verfahren zu klären sein.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Beklagten gegen den abändernden Teil dieses Beschlusses des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil zu den für die Entscheidung wesentlichen Fragen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Darauf, ob das Rekursgericht zu Recht das schlüssige Zustandekommen einer Vereinbarung über die Jahrespauschalverrechnung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben annahm, muß allerdings nicht eingegangen werden, weil der Kläger sich hierauf nicht berufen hat. Er hat vielmehr sein Recht zur Jahrespauschalverrechnung ausschließlich aus § 21 Abs 3 MRG abgeleitet. Diese Bestimmung gilt gemäß § 43 Abs 1 MRG auch für Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geschlossen worden sind, und daher auch für den zwischen den Parteien dieses Verfahrens geschlossenen Mietvertrag. Sie gewährt dem Vermieter unabhängig von früher getroffenen Vereinbarungen, mögen sie nach § 12 Abs 2 MG zulässig gewesen sein oder nicht, das Recht, zwischen Jahrespauschalverrechnungen und Einzelvorschreibung jeweils für den Zeitraum eines ganzen Kalenderjahres zu wählen. Machte der Kläger von diesem Recht Gebrauch, so stehen ihm auch die gesetzlichen Abrechnungsfristen des § 21 Abs 3 MRG zu. Es kommt entgegen der Meinung des Erstgerichtes auch nicht darauf an, ob die gesetzliche Regelung zwingender Natur ist. Dies wäre ist erst von Bedeutung, wenn eine von der gesetzlichen abweichende vertragliche Regelung nach Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossen worden wäre. Nur einen solchen Fall betraf die vom Erstgericht zitierte Entscheidung MietSlg 37.369 = RdW 1986, 80, weshalb hieraus für den hier zu entscheidenden Fall nichts zu gewinnen ist. Das Rekursgericht hat daher im Ergebnis zu Recht in den vom Beklagten geschuldeten Betrag die Teilbeträge eingerechnet, die ihm zur Deckung der im Jahre 1991 fällig werdenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben vorgeschrieben wurden und die der Höhe nach nicht strittig sind.

Nicht zu bemängeln ist entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung die Rechtsansicht, die von den Vorinstanzen zu den Service- und Stromkosten der Heizungsanlage vertreten wurde. Geht man, wie die Vorinstanzen, davon aus, daß es sich um eine zentrale Wärmeversorgungsanlage im Sinn des § 24 Abs 1 MRG handelt, wobei kein Streit darüber besteht, daß der Anteil jedes einzelnen Benützers dieser Anlage am Gesamtverbrauch durch besondere Vorrichtungen feststellbar ist, so sind nach der angeführten Gesetzesstelle nur die durch den Betrieb der Anlage auflaufenden Kosten des Verbrauches nach dem darin festgelegten besonderen Verteilungsschlüssel, die "sonstigen Kosten" hingegen nach dem allgemein für Betriebskosten geltenden Verteilungsschlüssel zu tragen. Die Auffassung des Beklagten, daß die Servicekosten zu den Verbrauchskosten zu zählen seien, widerspricht der einheitlich im Schrifttum vertretenen Meinung (Palten in Korinek-Krejci, HBzMRG 422; Call in Korinek-Krejci, HBzMRG 675 zum vergleichbaren § 19 Abs 1 Z 1 Satz 2 WEG; Würth in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 24 MRG, der nur die laufenden Energiekosten zu den Verbrauchskosten zählt). Auch der erkennende Senat schließt sich dieser Meinung an. Zu den Kosten des Verbrauches sind nur jene zu zählen, für welche die Höhe des Verbrauches von entscheidender Bedeutung ist. Kosten, deren Höhe überhaupt nicht oder jedenfalls nicht überwiegend vom Verbrauch abhängt, zählen zu den "sonstigen Kosten", weil es zu keinem sachgerechten Ergebnis führen würde, wenn auch diese Kosten unter Berücksichtigung des Verbrauches aufgeteilt würden. Dies ist nur für Kosten gerechtfertigt, auf deren Höhe der Verbrauch von maßgebendem Einfluß ist. Da dies auf die Kosten der Wartung nicht zutrifft, zählen sie nicht zu den Verbrauchskosten. Aber auch die Kosten des für die Heizungsanlage notwendigen Stromes sind nicht oder zumindest nicht überwiegend von der Höhe des Wärmeverbrauchs abhängig, weshalb sie ebenfalls zu den "sonstigen Kosten" zählen. Ist also § 24 Abs 1 MRG anzuwenden, so haben die Vorinstanzen dem Beklagten die Zahlung der angeführten Kosten zu Recht nach den Grundsätzen des § 17 MRG und demnach nach dem für ihn geltenden Verteilungsschlüssel von 54,17 % auferlegt.

Bilden aber - was nach den Feststellungen des Erstgerichtes näherliegt - die ausschließlich für die Beheizung des Mietobjektes des Beklagten bestimmten beiden Gaskessel eine eigene Heizungsanlage und sind sie deshalb nicht Teil einer zentralen Wärmeversorgungsanlage, so fallen die durch sie verursachten Kosten nicht unter den gesetzlichen Mietzins. Es kommt dann der Punkt 3 lit c des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages zum Tragen, wonach die "anteiligen Beheizungskosten" zu Lasten des Beklagten gehen. Unter Anwendung des § 273 ZPO ist auch in diesem Fall die von den Vorinstanzen vorgenommene Aufteilung der Service- und Stromkosten zu billigen, weil sie, wie schon erwähnt, nicht verbrauchsabhängig sind und die Aufteilung nach dem Betriebskostenschlüssel mit dem Verhältnis der Anzahl der für den Beklagten bestimmten Gaskessel zur Gesamtanzahl dieser Kessel im Einklang steht. Dabei ist auf Grund des Rekurses des Beklagten nicht zu entscheiden, ob dieses Verhältnis auch die vom Kläger vorgenommene Verrechnung der Servicekosten mit zwei Dritteln rechtfertigen würde, weil die Aufteilung nach dem Betriebskostenschlüssel für den Beklagten günstiger ist.

Soweit der Beklagte im Revisionsrekurs geltend macht, daß der Mietzins auch für Juli 1990 wegen der Einschränkung des Gebrauches der Bestandsache gemindert werden hätte müssen, geht er nicht von den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen aus, weil diese die von ihm behauptete Einschränkung des Gebrauches nicht festgestellt haben. Die im Revisionsrekurs schließlich noch aufgeworfene Frage, inwieweit das im Vertrag festgelegte Aufrechnungsverbot der Aufrechnung mit der vom Beklagten eingewendeten Gegenforderung entgegensteht, ist hier nicht zu entscheiden, weil der damit im Zusammenhang stehende Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes nicht angefochten wurde und mangels eines Ausspruchs im Sinn des § 527 Abs 2 ZPO auch nicht angefochten werden konnte.

Der Ausspruch über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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