OGH 8Ob615/93

OGH8Ob615/939.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gunther Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Edgar Huber, Dr.Birgit Jelinek, Dr.Ronald Rohrer und Dr.Ilse Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde I*****, ***** vertreten durch Dr.Gert F. Kastner und Dr.Hermann Tscharre, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Erwin M*****, ***** vertreten durch Dr.Heribert Schar und Dr.Andreas Oberhofer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 6. Oktober 1992, GZ 1 a R 448/92-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 1. Juli 1992, GZ 14 C 541/92g-9, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte betrieb einen mobilen Imbißstand am ehemaligen I*****-Gelände in I*****. Als das Geschäftsareal umgebaut wurde, mußte er seinen Standort verlegen. Da auch nach dem Umbau, der voraussichtlich zwei Jahre in Anspruch nehmen sollte, eine Rückkehr auf den ursprünglichen Standort nicht mehr möglich war, ersuchte der Beklagte die klagende Stadtgemeinde, auf deren Grundstück Nr. 1241 im Kreuzungsbereich Museumstraße/Amraserstraße/König Laurin Allee einen Imbißstand errichten zu dürfen. Auf Grund seines Ansuchens vom 23. Juni 1988 wurde ihm mit Schreiben vom 9.August 1988 der Abteilung IV der Stadtmagistrates I***** folgendes mitgeteilt:

"........ Diesem Begehren kann nur unter Zugrundelegung des Stadtsenatbeschlusses vom 27.Juli 1988 zugestimmt werden, wobei nachstehende Bedingungen einzuhalten wären:

1. Die Stadtgemeinde I***** als Grundeigentümerin überläßt Ihnen die im Einvernehmen mit Ihnen und allen befaßten Dienststellen am 19.Juli 1988 festgelegte Teilfläche des städtischen Grundstückes 1241 KG I***** im Kreuzungsbereich Museumstraße/Amraserstraße/König Laurin Allee (im Ausmaß von ca. 40 m**2), wie im beiliegenden Lageplan vom 21. Juli 1988 gelb dargestellt.

2. Die Grundüberlassung selbst erfolgt nur gegen jederzeitigen möglichen Widerruf und ist befristet für die Zeit des Umbaues des "I*****-Geländes" voraussichtlich bis 31.August 1990. Mit einem Widerruf in dieser Zeit ist aber nur dann zu rechnen, wenn der Weiternutzung der Überlassungsfläche städtische Interessen entgegenstehenden oder wenn Sie in diesem Schreiben enthaltene Bedingungen nicht erfüllen.

3. Im Falle des Widerrufs ist die Überlassungsfläche der Stadtgemeinde I***** zum angeordneten Zeitpunkt in sauberem und geräumtem Zustand zurückzustellen, ohne daß Ihnen hieraus Ersatzansprüche, welcher Art auch immer, gegenüber der Stadtgemeinde I***** erwachsen.

4. Die Überlassungsfläche darf nur zur Errichtung und zum Betrieb ihres Imbißstandes (Verkaufswagen gemäß beiliegender Fotografie in Ablichtung) verwendet werden. Ihrem Wunsch entsprechend wird Ihnen gestattet, die Überlassungsfläche zu asphaltieren und mit Blumentrögen abzugrenzen. Ebenso wird Ihnen gestattet, die erforderlichen Versorgungsleitungen (Wasser, Strom) in provisorischer Ausführung in geeigneter Weise über städtischen Grund zum Imbißstand zu verlegen; in diesem Zusammenhang ist das Einvernehmen mit den Stadtwerken I***** herzustellen.

9. Für diese prekaristische Bewilligung wird Ihnen ein jährlicher Anerkennungszins von S 120,-- vorgeschrieben. Dieser Betrag ist jährlich im vorhinein, erstmals im November 1988, zur Zahlung fällig.

........"

Dem Beklagten, der in seinem Antrag auch darauf hingewiesen hatte,

daß die mit der Verlegung des Imbißstandes verbundenen Investitionen

nur dann wirtschaftlich seien, wenn der Imbißstand auch nach den

Umbauarbeiten weiterbetrieben werden könne, wurde im selben Schreiben

folgender, ebenfalls am 27.Juli 1988 gefaßter Beschluß des

Stadtsenates zur Kenntnis gebracht:

"Herrn Erwin M***** wird zugesichert, auf dem städtischen Grundstück

1241 KG I*****, und zwar im Bereich der im Lageplan ............ grün

dargestellten Grundfläche auch nach Umbau des "I*****-Geländes" einen Imbißstand errichten und betreiben zu dürfen. Allerdings ist die genaue Situierung des Imbißstandes und das genaue Aussehen desselben im Einvernehmen mit der Stadtplanung rechtzeitig abzuklären. Für die dauerhafte Belassung dieses Imbißstandes wird eine gesonderte vertragliche Regelung bezüglich der Inanspruchnahme städtischen Grundes erfolgen. In diesem Sinn werden Sie also gebeten, sich möglichst bald mit der Magistratsabteilung IV, Stadtplanung, ins Einvernehmen zu setzen. ....."

Auf Grund dieses Schreibens ließ der Beklagte den ihm zur Verfügung gestellten Platz asphaltieren und die Stromzufuhr installieren. Dann nahm er seinen mobilen Imbißstand in Betrieb. Im Vertrauen auf die grundsätzliche Zusicherung zur dauerhaften Nutzung der Fläche beauftragte er mehrere Architekten mit der Planung eines Imbißstandes in Massivbauweise. Der Entwurf zweier Architekten wurde vom städtischen Planungsamt positiv bewertet. Der Stadtsenat verweigerte jedoch dem Bauvorhaben mit Beschluß vom 25.Jänner 1989 die Zustimmung und erklärte nach der Vorlage von weiteren Unterlagen mit Beschluß vom 8.März 1989, daß "an dieser Stelle kein Restaurantbetrieb errichtet werden soll, sondern ein Würstelstand mit gepflegter Umgebung und mit entsprechendem Ambiente". Es wurde auch darauf hingewiesen, daß sich der Stadtsenat nach Vorlage weiterer Modelle überlegen werde, ob das städtische Grundstück nicht auch besser und anders genützt werden könne.

Nach Vorlage der geforderten Modelle wurde mit Beschluß des Stadtsenates vom 19.Juli 1989 das Projekt des Beklagten so lange zurückgestellt, bis der "S*****park" (neue Bezeichnung des ehemaligen I*****-Geländes) und die Umgebungsgestaltung fertig gestellt ist, um beurteilen zu können, wie das Projekt des Beklagten in das Gesamtbild paßt. Für die Zwischenzeit wurde dem Beklagten die Genehmigung erteilt, den bisher aufgestellten Imbißstand weiter zu betreiben.

Mit Schreiben vom 29. August 1990 wurde dem Beklagten unter Zugrundelegung des Beschlusses des Stadtsenates vom 19.Juli 1989 die am 9.August 1988 erteilte Zustimmung zur Errichtung eines Imbißstandes auf der Teilfläche des Grundstückes der klagenden Partei bis auf weiteres verlängert, und zwar so lange, bis feststeht, ob der Stadtsenat der Errichtung eines Buffetbetriebes in Massivbauweise im Bereich dieses Grundstückes zustimmt.

Als die Außenarbeiten des neuen Geschäftsgebäudes dem Ende zugingen, ersuchte der Beklagte das Stadtplanungsamt, sein Projekt unter Zugrundelegung des mit dem Tiefbauamt und Planungsamt abgestimmten Entwurfes vom 12.September 1990 dem Stadtsenat zur Genehmigung vorzulegen. Der Stadtsenat trug am 7.November 1990 dem Stadtplanungsamt auf, "an Hand eines Lageplanes die genaue Situierung des Imbißstandes vorzulegen", und wiederholte seine Bedenken gegenüber der Größe und Art des Imbißstandes. Eine endgültige Entscheidung über das Bauvorhaben des Beklagten erfolgte nicht, obwohl dieser jeweils die an ihn gerichteten Aufforderungen der klagenden Partei in Zusammenarbeit mit dem Stadtplanungsamt erfüllte; es erwuchsen ihm dabei Planungskosten von ca. S 300.000,--.

Im Herbst 1991 erhöhte die klagende Partei den Anerkennungszins für die Grundstücksüberlassung und schrieb dem Beklagten S 3.000,-- pro Jahr vor.

Mit Schreiben vom 17.Dezember 1991 wurde dem Beklagten der Beschluß des Stadtsenates vom 11.Dezember 1991 mitgeteilt, wonach das mit ihm abgeschlossene Prekarium mit 31.Dezember 1991 widerrufen und die Zusicherung, daß der Beklagte auch nach dem Umbau des Geschäftsgeländes auf dem gegenständlichen Grundstück einen Imbißstand errichten und betreiben dürfe, zurückgenommen wurde. Auf den bis dahin fälligen Anerkennungszins von S 3.000,-- wurde verzichtet. Der Beklagte wurde aufgefordert, die Grundfläche bis 31. Dezember 1991 zu räumen. Als Gründe hiefür wurden die Ausübung des konzessionierten Gewerbes durch den Beklagten ohne Gewerbeberechtigung sowie dessen Säumigkeit in der Bezahlung von Gemeindeabgaben angegeben.

Gegen den Beschluß des Stadtsenates erhob der Beklagte am 31.Dezember 1991 Einspruch und ersuchte, den Widerruf aufzuheben und den ursprünglichen Vertragszustand wieder aufleben zu lassen. Weiters ersuchte er um eine Fristverlängerung bis 31.Jänner 1992.

Die klagende Partei begehrte mit der vorliegenden Klage die Verurteilung des Beklagten zur Räumung der Grundstücksfläche mit der Behauptung, es sei ihm diese am 9.August 1988 prekaristisch überlassen und das Prekarium mit Beschluß des Stadtsenates, der dem Beklagten mit Schreiben vom 17.Dezember 1991 mitgeteilt worden sei, zum 31.Dezember 1991 widerrufen worden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß keine Bittleihe, sondern ein Bestandverhältnis vorliege, weil ihm das Grundstück auf Dauer überlassen und als Gegenleistung ein über einen Anerkennungszins hinausgehender Betrag verlangt worden sei.

Mit am 3.April 1992 eingelangtem Schriftsatz brachte die klagende Partei noch vor, daß das Prekarium beendet worden sei, weil der Beklagte das Gewerbe ohne entsprechende Konzession ausgeübt habe, der Betrieb deshalb zwangsweise geschlossen worden und der Beklagte mit der Zahlung der Getränkesteuer säumig geworden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, weil die klagende Partei dem Beklagten die Grundfläche im Wege einer Bittleihe überlassen habe und die klagende Partei nun von ihrem Recht auf jederzeitigen Widerruf Gebrauch gemacht habe. Selbst der auf S 3.000 jährlich erhöhte Anerkennungszins falle gegenüber dem Wert der Benützung der Grundfläche wirtschaftlich nicht ins Gewicht, sodaß kein Bestandverhältnis vorliege.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten Folge und wies in Abänderung des Ersturteils das Klagebegehren ab. Es vertrat die Ansicht, daß von den Parteien stets eine bestimmte Zeit der Gebrauchsüberlassung vereinbart worden sei, weil dem Beklagten die Errichtung und der Betrieb eines Imbißstandes auch für die Zeit nach dem Umbau des Geschäftsgeländes zugesichert und die Benützungsdauer so lange verlängert worden sei, bis feststehe, ob der Stadtsenat der Errichtung eines Buffetbetriebes in Massivbauweise zustimme. Andernfalls wären auch die vom Beklagten zu tätigenden Investitionen im Zusammenhang mit der Verlegung des Imbißstandes unwirtschaftlich gewesen. Auf Grund der Bemühungen des Beklagten, der hiezu durch das Stadtbauamt ermuntert worden sei, wäre die klagende Partei nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, konstruktiv am Zustandekommen einer vertraglichen Regelung für die Zukunft mitzuwirken. Es liege daher kein Prekarium, sondern Leihe vor. Die zum Gebrauch bestimmte Zeit sei noch nicht abgelaufen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Beklagte einen mit der seinerzeitigen Absicht der Vertragsparteien übereinstimmenden Vergleich nicht angenommen hätte. Die von der klagenden Partei herangezogenen Unzukömmlichkeiten, nämlich die Säumigkeit des Beklagten mit der Zahlung der Getränkeabgaben und der mangelnden Konzession, stellten keine wichtigen, zur vorzeitigen Auflösung des Dauerschuldverhältnisses berechtigenden Gründe dar. Denn die Frage der Entrichtung der Getränkesteuer betreffe den Bereich der Hoheitsverwaltung. Der Frage, ob der Beklagte im Besitz einer entsprechenden Konzession sei, habe die klagende Partei ja auch bei Vertragsabschluß keine Bedeutung beigemessen.

Das Berufungsgericht sprach (in seinem Ergänzungsbeschluß vom 13.Mai 1993) aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige, und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil der an der oberstgerichtlichen Rechtsprechung orientierten Entscheidung im Hinblick auf diesen Einzelfall keine erhebliche Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist jedoch zulässig und sie ist auch berechtigt.

Entgegen der von der klagenden Partei auch noch in ihrer Revision aufrechterhaltenen Ansicht ist zwar die zwischen den Streitteilen getroffene Benützungsvereinbarung der Grundfläche nicht als Prekarium zu beurteilen.

Ob der zuletzt von der klagenden Partei dem Kläger vorgeschriebene und von diesem offensichtlich akzeptierte und auch einbezahlte "Anerkennungszins" von S 3.000,-- jährlich gegenüber dem ortsüblichen Zins für vergleichbare Grundstücke tatsächlich überhaupt nicht ins Gewicht fällt, läßt sich mangels erstgerichtlicher Feststellungen über Lage und Beschaffenheit des Grundstückes und der Ortsüblichkeit von Mietzinsen für vergleichbare Flächenmieten nicht beurteilen. Ohne nähere Prüfung kann die zuletzt als vereinbart anzusehende jährliche Summe von S 3.000,-- aber nicht schon von vornherein als wirtschaftlich völlig unerheblich abgetan werden. Insbesondere der Umstand, daß es sich um eine relativ kleine Freifläche im Bereich eines - möglicherweise stark befahrenen - Kreuzungsbereiches handelt, läßt es ohne nähere Kenntnis der örtlichen Marktlage fraglich erscheinen, ob diese Fläche in einer derartigen, offenbar nur bedingt zur Verwertung geeigneten Lage tatsächlich ohne weiteres zu weit höheren Preisen zu vermieten ist (vgl. zum Verhältnis Anerkennungszins - Bestandzins: Schubert in Rummel**2 I, § 974 ABGB Rz 2).

Es kann jedoch nach dem derzeitigen Akteninhalt dahingestellt bleiben, ob die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung als Miete zu beurteilen und deshalb das Vorliegen einer Bittleihe zu verneinen ist. Selbst wenn der zuletzt zu entrichtende Betrag von S 3.000,-- jährlich als nach den hier vorliegenden Umständen zu vernachlässigen und die Gebrauchsüberlassung daher gleichsam als unentgeltlich zu beurteilen wäre, läge aus den bereits vom Berufungsgericht dargestellten Gründen Leihe und nicht Bittleihe vor.

Die Hinweise der Klägerin in dem an den Beklagten gerichteten

Schreiben, daß die Überlassung der Freifläche bloß prekaristisch und

jederzeit widerruflich sei, steht in unvereinbarem Widerspruch mit

der in ihrem Schreiben vom 9.August 1988 enthaltenen Befristung für

die Dauer des Umbaues des I*****-Geländes, der eindeutigen

Zweckbestimmung, dem Beklagten die Fläche während dieses Umbaues zum

Betrieb seines mobilen Imbißstandes, den er nicht am alten Platz

belassen konnnte, zur Verfügung zu stellen, der im Schreiben vom

29. August 1990 enthaltenen Befristung "bis zu dem Zeitpunkt, zu dem

feststeht, ob der Stadtsenat der Errichtung des Buffetbetriebes in

Massivbauweise zustimmt", und der Ankündigung, vom Widerruf nur beim

Vorliegen bestimmter Gründe (aus städtischen Interessen, bei

Nichterfüllung der Bedingungen durch den Beklagten) Gebrauch zu

machen. Nicht ohne weiteres mit der Betonung der bloß prekaristischen

Überlassung in Einklang zu bringen ist überdies die bereits im

ersteren Schreiben enthaltene Zusicherung an den Beklagten, dort auch

noch nach der Fertigstellung des Umbaues des Betriebsgeländes eine

Imbißstube errichten und betreiben zu dürfen, sowie das festgestellte

Verhalten der klagenden Partei, dem Beklagten Architektenpläne, Baumodelle usw. anfertigen und ihn immer wieder hoffen zu lassen, daß er auf dem Grundstück bleiben und sein Projekt eines Imbißstandes in Massivbauweise verwirklichen könne.

Da daher sowohl die Dauer als auch die Absicht des Gebrauches

bestimmt wurde, fehlt es an den essentiellen Erfordernissen des § 974

ABGB für das Vorliegen einer Bittleihe.

Es stellt sich aber die Frage, ob das Vertragsverhältnis nicht

infolge des Verlaufes der bedungenen Zeit erloschen ist. Dies läßt sich an Hand des bisherigen Akteninhaltes jedoch nicht beurteilen. Auch wenn auf Grund der im Schreiben vom 17.Dezember 1991 enthaltenen Widerrufserklärung der klagenden Partei zu vermuten ist, daß der Stadtsenat inzwischen die Errichtung des Imbißstandes in Massivbauweise endgültig abgelehnt hat, ist dies den bisher getroffenen Feststellungen nicht mit Eindeutigkeit zu entnehmen. Es geht aus diesen auch nicht hervor, ob der Umbau des ehemaligen I*****-Geländes überhaupt schon fertiggestellt und daher der zunächst vereinbarte, ebenfalls zu wahrende Benützungszeitraum bereits abgelaufen ist oder nicht. Es ist durchaus denkbar, daß die zugesagten Fristen für den Gebrauch zwar abgelaufen, aber durch die weitere tatsächliche Überlassung der Fläche an den Beklagten zum Gebrauch stillschweigend verlängert wurden. Unklar ist weiters, wie die Zusicherung der klagenden Partei, der Beklagte könne auf dem Grundstück auch nach dem Umbau des Geschäftsgeländes einen Imbißstand "errichten" (?), zu verstehen ist. Die Beschreibung der Teilflächen einerseits als "gelb eingezeichnet" und andererseits als "grün eingezeichnet" spricht eher dafür, daß sich diese Zusicherung nicht auf eine mit dem Standort des mobilen Imbißstandes identische Grundfläche bezieht. Ohne Kenntnis dieses Umstandes sowie der allenfalls zwischen den Parteien hierüber geführten Gespräche und die diesbezüglichen Anträge des Beklagten an die klagende Partei kann nicht beurteilt werden, ob bereits mit dieser Zusicherung ein Dauerschuldverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen wurde und ob und inwieweit die klagende Partei tatsächlich verpflichtet ist, geeigneten Vorschlägen des Beklagten zur Errichtung eines Imbißstandes auf Dauer zuzustimmen, wie dies das Berufungsgericht zum Ausdruck gebracht hat.

Gemäß § 975 ABGB muß bei einem Streit über die Dauer des Gebrauches der Entlehner das Recht auf den längeren Gebrauch beweisen. Der Verleiher braucht daher bei Rückforderung der Sache nur zu behaupten und zu beweisen, daß er die Sache dem Entlehner unentgeltlich zum Gebrauch übergeben hat (Schubert in Rummel**2 I § 975 ABGB Rz 1). Es kann deshalb der klagenden Partei - sollte es sich um Leihe und nicht um Miete handeln - nicht schaden, daß sie sich bei ihrem Rückforderungsanspruch in diesem Verfahren bislang nicht auf den Ablauf der Gebrauchsfrist berufen hat. Im fortgesetzten Verfahren wird mit den Parteien gemäß § 182 ZPO zu erörtern sein, ob sie - wie es bisher den Anschein hatte - davon ausgehen, daß die Vertragsdauer noch nicht abgelaufen ist bzw. ob - sei es von vornherein so vereinbart, sei es durch Gestattung des Gebrauches über die vereinbarte Frist hinaus - ein Dauerschuldverhältnis auf unbestimmte Zeit vorliegt. Sollten keine übereinstimmenden Behauptungen in diese Richtung erzielt werden können, wird im Hinblick auf die besonderen, für Bestandverträge geltenden Regelungen der §§ 1114 und 1115 ABGB über ihre stillschweigende Erneuerung und - wenn nicht besondere Beendigungsgründe im Sinn des § 1118 ABGB vorliegen - die Notwendigkeit der Aufkündigung von Bestandverträgen (§ 1116 ABGB, § 560 ZPO) unter Umständen doch geprüft werden müssen, ob hier Miete oder Leihe (nach oben aufgezeigten Abgrenzungskriterien) vorliegt.

Die Frage nach dem allfälligen Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer und deren rechtlichen Folgen stellt sich jedoch dann nicht, wenn sich im fortgesetzten Verfahren ergeben sollte, daß wichtige, jedenfalls die vorzeitige Beendigung des Dauerschuldverhältnisses herbeiführende Umstände vorliegen.

Die beklagte Partei hat sich zwar primär auf den Widerruf der Prekariums gestützt. Sie hat aber in ihrem am 3.April 1992 eingelangten Schriftsatz ON 6 schon im Verfahren erster Instanz wichtige Gründe für die Vertragsauflösung geltend gemacht.

Das Protokoll über die nachfolgende und zugleich letzte Tagsatzung vor Schluß der mündlichen Verhandlung vom 5.Juni 1992 enthält zwar keinen Hinweis darauf, daß der Schriftsatz ON 6 mündlich vorgetragen wurde; dessen ungeachtet gibt das Ersturteil das darin enthaltene Vorbringen, daß dem Beklagten die Benützungsberechtigung deshalb entzogen worden sei, weil er keine Konzession besitze, der Betrieb zwangsweise geschlossen worden sei und er mit den Getränkesteuern säumig gewesen sei, als Prozeßbehauptung der klagenden Partei wieder. Es ist daher denkbar, daß der Schriftsatz ON 6 tatsächlich vorgetragen wurde, aber die Protokollierung des Vortrages aber versehentlich unterblieben ist. Im fortgesetzten Verfahren wird Gelegenheit sein, dies klarzustellen. Sollte der Schriftsatz nicht vorgetragen worden sein, wäre das Erstgericht gemäß § 182 ZPO verpflichtet gewesen, die in erster Instanz nicht anwaltlich vertretene klagende Partei auf den Prozeßgrundsatz der Mündlichkeit hinzuweisen, sie im Sinne der §§ 176 ff ZPO zu belehren und zu einem mündlichen Vortrag anzuleiten. In diesem Fall wird die entsprechende Anleitung im fortgesetzten Verfahren nachgeholt und dem Beklagten Gelegenheit gegeben werden müssen, zu den aufgestellten Behauptungen Stellung zu nehmen.

Unter der Voraussetzung, daß die klagende Partei die genannten Vertragsauflösungsgründe wirksam im Prozeß geltend gemacht hat bzw geltend machen wird, wird sich das Erstgericht damit auseinanderzusetzen, die angebotenen Beweise aufzunehmen und entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die im Schriftsatz ON 6 angeführten Gründe könnten keineswegs die vorzeitige Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses rechtfertigen, ist nicht richtig.

Gemäß § 978 ABGB ist der Verleiher berechtigt, die Sache sogleich zurückzufordern, wenn der Entlehner die geliehene Sache anders gebraucht als es bedungen war. Sollte sich daher die Behauptung als richtig herausstellen, daß der Imbißstand zwangsweise geschlossen wurde, der Beklagte keine Gewerbeberechtigung zur Führung des Imbißstandes hat und ihm auch keine (weitere ?) Nachsicht vom allenfalls fehlenden Befähigungsnachweis erteilt wurde, sodaß mit einer Öffnung des Imbißstandes nicht mehr zu rechnen ist, wäre das Räumungsbegehren der klagenden Partei mangels der weiterbestehenden Möglichkeit, den Grundstücksteil zum bedungenen Gebrauch zu verwenden, berechtigt. Dieser Sachverhalt würde auch die vorzeitige Auflösung eines allenfalls vorliegenden Mietvertrages rechtfertigen, weil die endgültige Schließung des Imbißstandes aus auf Seiten des Beklagten gelegenen Gründen dem ausdrücklich vereinbarten Vertragszweck widerspricht und der Eintritt dieses Umstandes zumindest nach dem bisherigen Akteninhalt bei Vertragsabschluß nicht einkalkuliert wurde (vgl. MietSlg. 31.222 u.a.).

Sollte sich die Behauptung über die Schließung des Imbißstandes als unrichtig erweisen, wird zu beachten sein, daß die Annahme des Berufungsgerichtes, die klagende Partei habe der Frage der Konzession keinerlei Bedeutung beigemessen, in den bisherigen Feststellungen keine Deckung findet. Ob die anderen im Schriftsatz ON 6 angeführten Auflösungsgründe die vorzeitige Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses rechtfertigen, läßt sich mangels Kenntnis der näheren Umstände, die dann noch abzuklären wären (vgl. hiezu Würth in Rummel**2 I, § 1118 ABGB Rz 1 ff) derzeit ebenfalls nicht beurteilen.

In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, daß für den Fall

des Vorliegens einer Miete die Bestimmungen des MRG nicht anwendbar

wären, weil die bloße Flächenmiete, sei es auch zu Geschäftszwecken,

- anders als nach der Rechtsprechung zu § 1 Abs 1 MG - nicht mehr in

den Bereich des Kündigungsschutzes des MRG fällt (MietSlg. 29.207/57

mit weiteren Nachweisen). Da es sich bei einem mobilen Imbißstand

auch nicht um ein Superädifikat handelt, kommt hier eine analoge

Anwendung des § 1 MRG (so etwa MietSlg. 36.235/28 = EvBl 1984/161;

MietSlg. 36.236/48 = SZ 57/154) nicht in Betracht.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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