Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Beklagte ist seit Jahrzehnten Mieter des nun von der klagenden Partei aufgekündigten Geschäftslokals. Vereinbarungsgemäß durfte er das Objekt nur für Geschäftszwecke benützen und an dritte Personen weder weitervermieten noch entgeltlich oder unentgeltlich zur Benützung überlassen; auch die Untervermietung war ihm ausdrücklich untersagt. Ab etwa 1972 verkaufte er in dem Geschäftslokal Textilien und Souveniers, ab 1987 auch Wein. 5 bis 6 Jahren vertrieb auch eine GmbH, deren Geschäftsführerin die Lebensgefährtin des Beklagten war, im Bestandobjekt ihre Textilien.
1979 nahm der Beklagte die Vereinigung der Freunde G***** Gesellschaft mbH & Co KG in das Bestandobjekt auf und betätigte sich für diese Vereinigung, ohne bei ihr angestellt zu sein; er vertrieb ua "Weinstöcke", die als Symbol für die entgeltliche Mitgliedschaft bei der Vereinigung vergeben wurden. Mit dem Geschäftsführer der Vereinigung vereinbarte der Beklagte, daß er seine Mietrechte am Bestandobjekt in die Vereinigung einbringe. Zur Durchführung dieser Vereinbarung kam es in der Folge nicht mehr, weil der Geschäftsführer der Vereinigung in Untersuchungshaft genommen wurde. Der Beklagte erledigt für diese Vereinigung den Schriftverkehr und entfaltet für sie auch Werbung, insbesondere führt er eine Adressenkartei, wofür er entlohnt wird. Für die Benützung der Räumlichkeiten bzw des Inventars bezahlt die Vereinigung nichts.
Seit Ende 1987 übt der Beklagte im aufgekündigten Geschäftslokal keine geschäftliche Tätigkeit auf eigene Rechnung mehr aus; er arbeitet dort nur als Mitarbeiter der genannten Vereinigung in der Absicht, seine Mietrechte dieser Vereinigung zu übertragen.
Im Herbst 1990 holte die klagende Partei beim Beklagten Auskünfte über die Nutzung des Bestandobjektes ein. Der Beklagte erwähnte in einem Antwortschreiben vom 28.12.1990 lediglich seine Vereinbarungen mit der Vereinigung der Freunde G***** Gesellschaft mbH & Co KG (sowie der mit ihr verbundenen Werbemittelhersteller der Vereinigung der Freunde G***** Gesellschaft mbH & Co KG) und teilte mit, daß er an der Durchführung der Einbringung der Mietrechte in diese Vereinigungen bisher durch Gerichtsverfahren gehindert worden sei, verschwieg allerdings, daß er bereits im März 1990 eine Vereinbarung mit K***** B***** getroffen hatte, welche diesen berechtigte, das Bestandobjekt für seine Geschäftszwecke zu nutzen. B***** verpflichtete sich hierin, den Beklagten mit 5 % am Umsatz als Ausgleich für die Überlassung der Verkaufs- und Nebenräume samt Inventar zu beteiligen, sowie selbst für die Kosten der Instandsetzung und Adaptierung, die für die Einrichtung seines Geschäftsbetriebes erforderlich sind, aufzukommen. Für die Strom- und Gasverrechnung wurde eine separate Vereinbarung getroffen.
Seit März 1990 betreibt K***** B***** im Bestandobjekt einen Viktualienmarkt, in dem er biologische Naturkostwaren in einem Sortiment von Kosmetikwaren bis zu Grünwaren vertreibt. Er erzielt monatliche Umsätze zwischen S 150.000 und S 200.000; S 7.500 bis S 10.000 (5 %) zahlt er vereinbarungsgemäß an den Beklagten. Der Beklagte gab B***** die im Geschäftslokal befindlichen Regale, ein Ladenbausystem, in Bestand. Bestimmte Regalmeter sind vereinbarungsgemäß für Waren der Vereinigung der Freunde G***** reserviert; dieser Vereinigung steht auch ein kleiner Büroraum, der durch eine Regalwand abgeteilt ist, zur Verfügung.
Der Mietzins für das Bestandobjekt beträgt seit März oder April 1991 monatlich S 3.600 inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer; zuvor belief sich der Zins auf S 2.600 oder S 2.800.
Am 15.2.1991 kündigte die klagende Partei, gestützt auf § 30 Abs 2 Z 4 MRG, den Beklagten das Mietlokal auf. Sie brachte vor, der Beklagte habe das Lokal zur Gänze weitergegeben, benötige es weder für sich noch für eintrittsberechtigte Personen in naher Zukunft, sondern habe es vielmehr an die Vereinigung der Freunde G***** Gesellschaft mbH & Co KG sowie Werbemittelhersteller der Vereinigung der Freunde G***** Gesellschaft mbH & Co KG gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung weitergegeben. Ergänzend brachte sie am 12.6.1991 vor, das Objekt sei, ebenfalls gegen eine unverhältnismäßig hohe Gegenleistung, an K***** B***** weitergegeben worden, der im Bestandobjekt einen Viktualienmarkt betreibe.
Der Beklagte beantragte die Aufhebung der Aufkündigung und wandte ein, das Bestandobjekt nicht weitergegeben zu haben; der Beklagte habe sich an den genannten Firmen beteiligen und das im Bestandobjekt geführte Unternehmen in die Gesellschaften einbringen wollen, was nicht gelungen sei, weil diese infolge des Strafverfahrens gegen ihren Geschäftsführer derzeit nicht handlungsfähig seien. Dieser Zustand bestehe seit 1979, weshalb sich die klagende Partei ihres Kündigungsgrundes verschwiegen habe. Im übrigen erhalte der Beklagte von den genannten Gesellschaften keine Gegenleistung für die Mietrechte. Betreffend der Vermietung an K***** B***** wandte der Beklagte nichts ein.
Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und verpflichtete den Beklagten zur Räumung, weil er einerseits das Bestandobjekt gegen ein übermäßiges Entgelt einem Dritten zur Nutzung als Geschäftslokal weitergegeben und andererseits die Regalflächen und die Bürofläche, welche dieser nicht nütze, der Vereinigung der Freunde G***** Gesellschaft mbH & Co KG zur Ausstellung ihrer Waren und für deren Bürotätigkeit überlassen habe. Daß sich diese Verhältnisse in naher Zukunft ändern würden, habe er nicht behauptet.
Das Berufungsgericht gab aus rechtlichen Erwägungen der Berufung des Beklagten Folge und änderte das Urteil dahingehend ab, daß es die Aufkündigung aufhob und das Räumungsbegehren abwies. Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ es nicht zu. Was die Tätigkeit für die Vereinigung der Freunde G***** Gesellschaft mbH & Co KG betreffe, sei der Beklagte im Bestandobjekt für einen Dritten auf dessen Rechnung selbstätig geblieben und von diesem für seine Tätigkeit entlohnt worden. Stelle die Einbringung von Mietrechten in eine Gesellschaft, sofern es dabei nicht überwiegend um die Ausnützung der Bestandrechte gehe, keine Weitergabe im Sinn des § 30 Abs 2 Z 4 MRG dar, so könne der Beklagte nicht bloß deshalb schlechter gestellt werden, weil es zur Einbringung der Mietrechte nicht gekommen sei. Seine Entlohnung sei einer Gewinnbeteiligung wirtschaftlich gleichzuhalten. Eine solche stünde im Falle der zulässigen Verfügung über seine Bestandrechte durch Einbringung in eine Gesellschaft der Verwirklichung des Kündigungsgrundes der Weitergabe entgegen, sodaß auch die ohne jede gesellschaftsvertragliche Regelung entfaltete Tätigkeit des Beklagten für den Verein, die in wirtschaftlicher Hinsicht eine analoge Behandlung nach den Grundsätzen des Gesellschaftsrechtes rechtfertige, den geltend gemachten Kündigungsgrund nicht verwirkliche.
Was die teilweise Überlassung des Geschäftslokals an K***** B***** anlange, so entziehe sich dieser Sachverhalt der Prüfung auf seine Eignung als Kündigungsgrund deshalb, weil eine derartige Überlassung in der Kündigung nicht als Kündigungsgrund geltend gemacht worden sei. Wenn auch in der Aufkündigung gemäß § 33 Abs 1 MRG nur eine kurze Anführung der geltend gemachten Kündigungsgründe erforderlich sei, habe die klagende Partei einen bestimmten Sachverhalt - nämlich die Weitergabe an die beiden namentlich angeführten Gesellschaften - eindeutig bezeichnet, sodaß der dadurch individualisierte Kündigungsgrund später nicht durch das Vorbringen weiterer Tatsachen erweitert werden konnte. Eine nachträgliche Änderung des bereits in der Aufkündigung angeführten Kündigungsvorbringens widerspräche dem Grundsatz der Eventualmaxime und sei daher ausgeschlossen. Auf das erst später erstattete Vorbringen, das Bestandobjekt sei an K***** B*****, der dort einen Viktualienmarkt betreibe, gegen unverhältnismäßig hohe Gegenleistung vermietet worden, sei daher nicht Bedacht zu nehmen. Die Aufkündigung sei daher aufzuheben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte beantragt in der ihm vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Die klagende Partei bringt zur Zulässigkeit der Revision ua vor, es dürften keine Vorfälle als Kündigungsgründe nachträglich geltend gemacht werden, die auch nicht andeutungsweise in der Kündigung enthalten seien. Sie habe darin behauptet, der Beklagte habe das Mietobjekt zur Gänze weitergegeben, er benötige es weder für sich noch für eintrittsberechtigte Personen und die Überlassung sei gegen unverhältnismäßiges Entgelt erfolgt; hiebei habe sie auch zwei Gesellschaften namentlich bezeichnet, an die weitervermietet worden sei. In der nachträglichen Nennung eines weiteren Mieters liege kein Verstoß gegen die Eventualmaxime, weil kein anderer Kündigungsgrund geltend gemacht worden sei. Es sei daher auch auf diese Weitergabe gegen unverhältnismäßig hohes Entgelt einzugehen.
Es trifft zu, daß zu diesem Punkt keine ausreichende oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, sodaß die Revision jedenfalls aus diesem Grund zulässig ist.
Hat die klagende Partei in der Kündigung nur den gesetzlichen Kündigungsgrund bzw -gründe angegeben, muß sie dann, wenn ein Kündigungsgrund (wie hier) mehrere Tatbestände enthält, diesen individualisieren (MietSlg 38.493 ua); sie ist aber nicht verpflichtet, in der Aufkündigung bereits alle Details zu nennen, zB den Namen des Mieters, dem das Geschäftslokal gegen unverhältnismäßig hohes Entgelt (teilweise) weitergegeben wurde (§ 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG). Es kann ihr deshalb nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie bereits in der Aufkündigung aus freien Stücken zwei Mieter genannt hat und in der Folge einen dritten Mieter nennt, an den der Beklagte das Lokal gegen unverhältnismäßig hohes Entgelt weitervermietet haben soll, besonders wenn sie der Beklagte irreführend und unvollständig informiert hatte, indem er den Namen des Mieters, an den er das Lokal in Wahrheit gegen unverhältnismäßig hohes Entgelt weitergegeben hat, bewußt verschwieg. Es liegt daher in der nachträglichen Nennung dieses Namens kein Verstoß gegen die Eventualmaxime, sodaß es dahingestellt bleiben kann, ob das Berufungsgericht diesen angeblichen Verstoß gegen die Eventualmaxime auch von Amts wegen aufgreifen durfte.
Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes ist daher auch die Überlassung des Großteils des Geschäftslokals an K***** B***** auf seine Eignung als Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 zweiter Fall MRG zu prüfen. Sollte das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen übernehmen, ist die Aufkündigung berechtigt. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Überlassung des Großteils des Geschäftslokals an K***** B***** gegen unverhältnismäßiges Entgelt erfolgte (2,5-faches des vom Beklagten an die klagende Partei zu leistenden Hauptmietzinses inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer). Von der Rechtsprechung werden nämlich Überschreitungen bis zu 60 oder 65 % jedenfalls als tolerierbar angesehen (MietSlg 23.387 ff; MietSlg 41/30 ua), hingegen Überschreitungen von 100 % und mehr stets als unverhältnismäßig beurteilt (MietSlg 23.386 ff, 42.324 ua). Wenn auch beim Vergleich von Leistung und Gegenleistung sämtliche vom Hauptmieter gegenüber dem Untermieter erbrachten vermögenswerte Leistungen gegenüberzustellen (8 Ob 517/90 ua) und daher auch die Überlassung der den Beklagten gehörenden Regale an K***** B***** zur Benützung mitzuberücksichtigen sind, hinsichtlich deren Mietwerts keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen worden sind, ändert dies an der Unverhältnismäßigkeit der Gegenleistung nichts, da der Mietwert solcher Regale bei einem derart hohen Untermietzins für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit nicht wesentlich ins Gewicht fallen kann.
Da das Berufungsgericht die Beweisrüge des Beklagten nicht erledigt hat, kann der Oberste Gerichtshof noch keine Endentscheidung fällen, sondern muß das Urteil des Berufungsgerichtes aufheben und diesem die neuerliche Entscheidung nach Erledigung der Beweisrüge auftragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf dem § 52 Abs 1 ZPO.
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