OGH 12Os88/93

OGH12Os88/9331.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. August 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Dr.Rzeszut, Dr.Mayrhofer und Dr.Rouschal als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Weigl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anto B***** wegen des Finanzvergehens der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23.März 1993, GZ 6 a Vr 14246/86-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 16.Mai 1945 geborene Anto B***** wurde der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach (A) §§ 33 Abs 1 FinStrG, teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 13 FinStrG, (B I) § 33 Abs 2 lit a FinStrG und (B II) § 33 Abs 2 lit b FinStrG schuldig erkannt. Demnach hat er in Wien als (zunächst eingetragener, später tatsächlicher) Geschäftsführer der "O*****" Handelsgesellschaft mbH vorsätzlich in mehrfachen Tathandlungen (A) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (I) eine in zu niedriger Festsetzung gelegene Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben zu bewirken versucht (§ 13 FinStrG), nämlich jeweils für das Jahr 1984 der Umsatzsteuer um 756.519 S, der Körperschaftssteuer um 159.880 S und der Gewerbesteuer um 70.940 S, indem er am 9.Mai 1986 durch die Ausweisung zu geringer Erlöse und Gewinne unrichtige Steuererklärungen (samt zugehöriger Bilanz) abgab, die jedoch infolge zwischenzeitiger Betriebsprüfung nicht zur Erlassung darauf beruhender Bescheide führten; (II) eine in unterbliebener Entrichtung gelegene Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragsteuer für die aus den verschwiegenen Geschäftsfällen zugeflossenen, sowie durch die (unzulässige) Anrechnung privaten Aufwandes verheimlichten Erlöse als verdeckte Gewinnausschüttung bewirkt, indem er im Jahr 1984 im Gesamtbetrag von 459.004 S ihre Einbehaltung, Anmeldung und Abfuhr (§§ 95 Abs 1, 96 Abs 1 und 2 EStG 1972) unterließ; (B) eine Verkürzung nachangeführter selbst zu berechnender Abgaben bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten, nämlich (I) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen, die er teils unterließ, teils durch Verschweigen von Erlösen und unberechtigte Geltendmachung privater Aufwendungen als Vorsteuern unrichtig erstattete und seine Zahlungen wie die Erwirkung von Gutschriften daran orientierte, eine in unterbliebener Entrichtung oder in unberechtigter Erwirkung von Gutschriften gelegene Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlung (1) in der Zeit vom 12.März 1985 bis 11.Februar 1986 für die Monate Jänner bis Dezember 1985 um 1,577.469 S und (2) in der Zeit vom 11.März 1986 bis 11.Februar 1987 für die Monate Jänner bis Dezember 1986 um

536.874 S; (II) unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1972 entsprechenden Lohnkonten durch Nichterfassung beschäftigter Arbeiter und Unterlassung der gesetzlich gebotenen Zahlungen eine in unterbliebener Entrichtung gelegene Verkürzung der Lohnsteuer sowie der Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen in der Zeit von Februar 1984 bis Februar 1987 für die Monate Jänner 1984 bis Dezember 1986 um 1,205.862 S.

Nach den wesentlichen tatrichterlichen Feststellungen war der Angeklagte lediglich bis 1.Juli 1985 als Geschäftsführer der (am 21. Februar 1984 gegründeten) "O*****" Handelsgesellschaft mbH registriert, übte diese Funktion jedoch tatsächlich während des gesamten Tatzeitraumes aus, obwohl ab 1.Juli 1985 zunächst Ernst Z***** und ab 18.Februar 1986 Stipe S***** formell als Geschäftsführer registriert aufschienen. Die steuerlichen Agenden des bezeichneten Unternehmens wurden vom Wirtschaftstreuhänder Mag.Rudolf G***** ausschließlich nach Maßgabe jener Buchhaltungsunterlagen wahrgenommen, die ihm durch den Angeklagten selbst oder von diesem entsprechend angewiesene Angestellte zugemittelt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider bedeutete das Unterbleiben der in der Hauptverhandlung beantragten Vernehmung des Zeugen (richtig:) Zarko O***** keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsrechte. Zu der damit unter Beweis gestellten Behauptung des Angeklagten, tatsächliche Geschäftsführungsakte (auch hinsichtlich der steuerlichen Unternehmensgebarung) ausschließlich im Zeitraum seiner formellen Registrierung als Geschäftsführer (bis 1.Juli 1985) gesetzt zu haben, hatte der Zeuge O***** nämlich inhaltlich des im Akt erliegenden Vernehmungsprotokolls vom 9.Mai 1988 bei seiner Befragung durch das Finanzamt für Körperschaften als Finanzstrafbehörde erster Instanz - in vollinhaltlicher Übereinstimmung mit den Angaben der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Ernst Z***** und Stipe S***** - ausdrücklich die (nicht nur) "kaufmännisch-buchhalterisch" bestimmende Unternehmensführung durch den Angeklagten bestätigt (114). Bei dieser Sachlage hing aber die prozessuale Tauglichkeit des in Rede stehenden Beweisantrags von der Anführung (hier von selbst nicht einsichtiger) konkreter Gründe ab, aus denen die Durchführung der begehrten Beweisaufnahme das angestrebte Ergebnis hätte erwarten lassen.

Auch die Rechtsrügen erweisen sich insgesamt als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Die dazu vorgebrachten Argumente gegen eine nach § 33 FinStrG tatbestandsspezifische Subjekteignung eines bloß faktischen Geschäftsführers (nach der Anfechtungsintention ausschließlich Z 9 lit a) orientieren sich nämlich nicht - wie bei Darlegung materieller Nichtigkeitsgründe unabdingbar geboten - an allen wesentlichen tatrichterlichen Feststellungen. Sie setzen sich insbesondere darüber hinweg, daß die abgabenrechtlichen Unternehmensbelange während des gesamten Tatzeitraums in tatsächlicher Hinsicht durchgehend konform, nämlich in der Weise abgewickelt wurden, daß dabei ausnahmslos der (von Anfang an) vom Unternehmen dazu bevollmächtigte Steuerberater tätig wurde, der als Vertreter der jeweiligen Geschäftsführung stets gutgläubig nach seinem ausschließlich vom Angeklagten dominierten Informationsstand handelte. Bei dieser Sachlage kommt aber für den nach der formellen Enthebung des Angeklagten als Geschäftsführer (am 1.Juli 1985) gelegenen Tatzeitraum vorweg nur die Bestimmung eines vorsatzlos Handelnden zur Tatausführung, mithin die mit unmittelbarer Täterschaft rechtlich gleichwertige Beteiligungsform nach § 11 zweiter Fall FinStrG in Betracht, deren Verwirklichung keine wie immer geartete abgabenrechtliche Subjektqualität voraussetzt (ua Dorazil-Harbich, Finanzstrafgesetz E 6 a und 12 zu § 11 sowie 3 a zu § 33). Daß diesem Punkt in der erstgerichtlichen Tatsubsumtion gleichfalls nicht konsequent Rechnung getragen wurde, hat wegen der rechtlichen Gleichwertigkeit der in § 11 FinstrG normierten Beteiligungsformen im Nichtigkeitsverfahren auf sich zu beruhen.

Die zur Gänze nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Über die vom Angeklagten außerdem erhobene Berufung wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien zu befinden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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