OGH 2Ob24/93

OGH2Ob24/9326.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf, Dr.Schinko und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Landesversicherungsanstalt N*****, vertreten durch Dr.Friedrich Harrer und Dr.Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Alexander G*****, *****, ***** 2. Georg H*****., *****, und 3. Georg H***** Gesellschaft mbH, beide ***** sämtliche vertreten durch Dr.Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, wegen 57.185,87 DM sA, Bezahlung einer monatlichen Rente von 315,04 DM und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 22.Dezember 1992, GZ 3 R 270/92-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 14.August 1992, GZ 13 Cg 2/92-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur Fortsetzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung

Am 15.4.1976 gegen 22,40 Uhr ereignete sich auf der Katschberg-Bundesstraße B 99 im Ortsgebiet von Pöham ein Verkehrsunfall, an dem Abdyrahim M***** als Lenker des PKW mit dem deutschen Kennzeichen A-***** und der Erstbeklagte als Lenker des LKW-Zuges mit den Kennzeichen S-***** und S-***** beteiligt waren. Abdyrahim M***** wurde bei dem Unfall getötet.

Mit der am 30.8.1991 eingebrachten Klage begehrte die klagende Versicherungsanstalt als Legalzessionarin (§ 1542 RVO) vom Erstbeklagten als Lenker des beteiligten LKW-Zuges, vom Zweitbeklagten als dessen Halter und von der Drittbeklagten als Rechtsnachfolger des Zweitbeklagten den Ersatz der von ihr an die Witwe und die sieben Kinder des Abdyrahim M***** erbrachten Sozialversicherungsleistungen sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle (künftigen) Sozialversicherungsleistungen, soweit sie in den kongruenten zivilrechtlichen Ersatzansprüchen der Hinterbliebenen aus dem Unfall vom 15.4.1976 Deckung finden. Den Erstbeklagten treffe das Alleinverschulden an dem Unfall, weil er mit seinem Wagen über die Fahrbahnmitte gefahren sei. Abdyrahim M***** sei bei ihr rentenversichert gewesen. Aufgrund des von dessen Hinterbliebenen nach dem zwischen Jugoslawien und der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Abkommen über soziale Sicherheit in Jugoslawien gestellten Antrages habe sie an die Witwe und die Waisen Leistungen in der zuletzt begehrten Höhe erbracht und müsse sie auch weiterhin Rentenleistungen erbringen. Da die Hinterbliebenen nach Abdyrahim M***** im Zeitpunkt des Unfalles und dem an der Unfallsstelle eingetretenen Tod ihres Mannes bzw. Vaters vom Ableben desselben keine Kenntnis gehabt hätten, habe sich die Legalzession zu einem Zeitpunkt vollzogen, als die Verjährung der Ansprüche der Hinterbliebenen noch nicht zu laufen begonnen habe. Für die Verjährung der auf die Klägerin übergegangenen Ansprüche sei daher die Kenntnis der Klägerin vom Eintritt des Schadens und der Person des Schädigers maßgeblich. Da der Rentenantrag bei ihr, Klägerin, in der Rentenabteilung am 13.6.1989 eingelangt sei und sie erst in diesem Zeitpunkt die für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebliche Kenntnis erlangt habe, seien die auf sie übergegangenen Ansprüche gegen die Beklagten aufgrund des gegenständlichen Verkehrsunfalles nicht verjährt.

Die Beklagten bestritten das Vorbringen der klagenden Partei, wendeten Verjährung allenfalls zu Recht bestandener Forderungen der Klägerin ein und beantragten Abweisung der Klagebegehren. Die Legalzession vollziehe sich nicht mit dem Unfallszeitpunkt, sondern mit dem Eintritt des Versicherungsfalles. In dem hier nach deutschem Recht zu bestimmenden Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles seien den Geschädigten alle wesentlichen Kenntnisse über den Unfall, insbesondere Schaden, Ursachenzusammenhang, Schädiger, bereits zugekommen, sodaß die Verjährungszeit bereits in Gang gesetzt gewesen sei. Diese begonnene Verjährungszeit habe sich gegen die klagende Partei unverändert fortgesetzt und sei daher längst abgelaufen. Sollte der Versicherungsfall aber früher, somit vor Beginn der Verjährungsfrist gegen die Geschädigten, eingetreten sein, so wären die Ansprüche der Klägerin dennoch verjährt. Die Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist gegen die klagende Partei als Legalzessionar seien nämlich bereits vorgelegen, als sie bei entsprechender Aufmerksamkeit und Sorgfalt vom Schaden, Ursachenzusammenhang und Schädiger hätte Kenntnis haben können. Der Klägerin sei der Unfallstod ihres Versicherten "zweifellos kurz nach dem Unfall" bekannt geworden. Es wäre ihre Verpflichtung gewesen, sich um die notwendigen Informationen zu bemühen, um dadurch den Rückgriff bei späteren Leistungsanträgen zu sichern. Selbst bei einer sehr weit gespannten Frist für diese Information von zwei Jahren seien die Ansprüche der Klägerin seit spätestens 1981 verjährt. Die Beklagten brachten schließlich noch vor, nach den Rentenbescheiden der klagenden Partei seien der Klägerin spätestens schon im Februar 1987 die entsprechenden Rentenanträge vorgelegen.

In Entgegnung dieses ergänzenden Vorbringens modifizierte die klagende Partei ihre Prozeßbehauptungen wie folgt:

Die Klägerin habe am 9.2.1987 ein Schreiben eines jugoslawischen Rechtsanwaltes erhalten, worin dieser im Namen der Witwe und der Waisen mitgeteilt habe, daß beim jugoslawischen Versicherungsträger ein Rentenantrag gestellt worden sei. Aufgrund dessen habe die Klägerin beim jugoslawischen Versicherungsträger mit Schreiben vom 17.2.1987 die Rentenanträge angefordert. Der Rentenantrag (Beilage A) sei bei der Klägerin aber erst am 13.6.1989 eingelangt. Auch aus diesem Antrag seien weder die Unfallsbeteiligten noch der Umstand hervorgegangen, daß Abdyrahim M***** infolge Fremdverschuldens getötet worden sei. Der Rentenantrag sei von der Leistungsabteilung an die Regreßabteilung der Klägerin weitergeleitet worden, wo er am 26.6.1989 eingelangt sei. Mit Schreiben vom 30.6.1989 habe die Klägerin von der Witwe Auskünfte über den Unfallshergang, Unfallsbeteiligte usw verlangt. Dieses Schreiben sei mit Anmerkungen am 25.7.1989 zurückgelangt. Aus der Antwort seien weder die Unfallsbeteiligten noch der Unfallshergang hervorgegangen. Über schriftliches Ersuchen der Klägerin an die B***** Bau-Berufsgenossenschaft vom 27.7.1989 habe diese den Unfallsgegner und die gegnerische Versicherung bekanntgegeben und der klagenden Partei mit einem am 29.8.1989 eingegangenen Schreiben die Verkehrsunfallsanzeige übermittelt (vgl ON 9 dA).

Das Erstgericht wies sowohl die Leistungsbegehren als auch das Feststellungsbegehren ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Klägerin erhielt am 9.2.1987 ein Schreiben des jugoslawischen Rechtsanwaltes Franklin Sedaj mit der Mitteilung, daß Abdyrahim M*****, geboren am *****, bei einem Verkehrsunfall am 15.4.1976 verstorben und ein Antrag auf Witwen- und Waisenrente beim jugoslawischen Versicherungsträger in Pristina gestellt worden sei; das Schreiben enthält weiters die Namen der Witwe und der Kinder des Verunglückten sowie unter genauer Anführung des Arbeitgebers des Verstorbenen das Ersuchen, mit der B***** Bau-Berufsgenossenschaft in München Kontakt aufzunehmen. Mit dem Eingangsdatum dieses Schreibens beginnt der Leistungsakt der Klägerin. Mit Schreiben vom 17.2.1987 forderte die Klägerin beim jugoslawischen Versicherungsträger die Rentenanträge an, setzte sich aber mit der B*****Bau-Berufsgenossenschaft, welche schon im Jahre 1976 Namen und Anschrift der Witwe erhoben hatte, nicht in Verbindung. Am 13.6.1989 ging der jugoslawische Rentenantrag bei der Klägerin ein, wo er am 26.6.1989 an die Regreßabteilung weitergeleitet wurde. Diese ersuchte mit Schreiben vom 30.6.1989 die Witwe, nähere Unfalldaten bekanntzugeben. Der ausgefüllte Fragebogen langte am 24.7.1989 bei der Klägerin ein. Diese wandte sich mit Schreiben vom 27.7.1989 an die B***** Bau-Berufsgenossenschaft München mit der Bitte um Übermittlung von Unterlagen. Mit dem am 29.8.1989 bei der Klägerin eingelangten Schreiben vom 21.8.1989 erteilte diese Berufsgenossenschaft entsprechende Auskunft unter Beifügung von Kopien der Verkehrsunfallanzeige. Die Leistungsabteilung der Klägerin hatte nach dem Eingang des Schreibens vom 9.4.1987 (richtig wohl: am 9.2.1987) deshalb keine weiteren Erhebungen veranlaßt, weil für sie zu diesem Zeitpunkt ein formeller Rentenantrag nicht vorgelegen hatte, und dies zur Bearbeitung des Rentenaktes für sie ohne Bedeutung war. Das Datum 5.2.1987 (Antragstellung in Jugoslawien) wurde deshalb in den Rentenbescheid übernommen, weil es für die Versicherten das günstigere Datum ist. Ab diesem Zeitpunkt hat die Klägerin Leistungen an die Witwe und die Kinder erbracht.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes wendete das Erstgericht bezüglich der Verjährung österreichisches Recht an und ging es davon aus, daß die Verjährungsfrist gegenüber der Klägerin nicht schon mit dem Unfallstag, sondern erst mit Kenntnis von den auf sie übergegangenen Ansprüchen beginne. Diese Kenntnis habe die Klägerin aber nicht erst am 13.6.1989, sondern bereits mit Eingang des Schreibens des Rechtsanwaltes Sedaj am 9.2.1987 erlangt. Aufgrund der darin enthaltenen Daten sei die Klägerin verpflichtet gewesen, sich um die notwendigen Informationen zu bemühen. Bei entsprechender Aufmerksamkeit und Sorgfalt hätte sie sich unmittelbar nach dem 9.2.1987, also wesentlich früher, Kenntnis vom Schaden, vom Ursachenzusammenhang und vom Schädiger verschaffen können.Selbst wenn man die Frist für die Verschaffung entsprechender Informationen im Hinblick auf einen ausländischen Versicherungsnehmer großzügig mit etwa dem Zeitraum der dreijährigen Verjährungsfrist bemesse, seien die Ansprüche der Klägerin jedenfalls seit 1982, somit seit über neun Jahren, verjährt. Eine erfolgreiche Geltendmachung der Ansprüche der Klägerin gegenüber den Beklagten widerspreche daher nicht nur den geltenden Verjährungsvorschriften, sondern auch dem Prinzip der Rechtssicherheit.

Das Gericht zweiter Instanz gab der von der Klägerin gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes insgeamt 50.000,-- S übersteigt und die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Das Berufungsgericht wiederholte das Beweisverfahren durch Verlesung der Aussage des in erster Instanz vernommenen Zeugen sowie der vorgelegten Urkunden und traf folgende ergänzende Feststellungen:

Im Schreiben des Rechtsanwaltes Franklin Sedaj vom 6.2.1987, eingelangt bei der Berufungswerberin am 9.2.1987, heißt es unter Verwendung eines Vordruckes wörtlich:

"Hiermit stellen wird den Antrag auf WITWEN- und WAISENRENTE. ... Ein Rentenantrag wurde bereits beim jugosl. Versicherungsträger Pristina gestellt. Sie erhalten die JU 201.206 von hier. Die Witwe heißt:

Miradie M*****, *****, YU-*****, und die WAISEN: ...

Ich bitte Sie mit Bayer. BU-Berufsgenossenschaft Kontakt aufzunehmen.

Ich danke Ihnen für Ihre EMPFANGSBESTÄTIGUNG dieses Antrages.

Letzte Fa: Ottmar R*****, Hoch- und Tiefbau, *****."

Dem Schreiben war ein an Miradie M***** gerichtetes Schreiben der B***** Bau-Berufsgenossenschaft vom 4.11.1986 beigefügt, das sich auf den "Unfall ihres verstorbenen Ehegatten" bezog. Darin wurden Schulbescheinigungen der Kinder angefordert.

In dem am 13.6.1989 bei der Berufungswerberin eingegangenen vollständigen Rentenantrag findet sich kein Hinweis auf die Art des Unfalls und auf die Beteiligten. Im Antrag steht lediglich das serbokroatische Wort für "Krankheit". Die Fragen nach Fremdverschulden und ersatzpflichtigen Dritten sind verneint. Die Regreßabteilung der Berufungswerberin wurde deshalb am 26.6.1989 vom Rentenantrag informiert, weil dies infolge Beteiligung einer Berufsgenossenschaft geschehen mußte.

Die Berufungswerberin hat den fomellen Rentenantrag vom jugoslawischen Sozialversicherungsträger in Pristina mehrmals eingemahnt.

Von diesen derart ergänzten Feststellungen ausgehend erachtete das Berufungsgericht die in der Berufung der Klägerin erhobene Rechtsrüge als nicht berechtigt. Zu der im wesentlichen dahin ausgeführten Rechtsrüge, daß die Klägerin nach Erhalt des Schreibens des Rechtsanwaltes Sedaj am 9.2.1987 nicht verpflichtet gewesen sei, Erhebungen zu pflegen, und die Verjährungsfrist erst ab dem Jahre 1989, und zwar jedenfalls nur ab der Kenntnis der Rechtsabteilung der klagenden Partei von den näheren Umständen des Unfalles zu berechnen sei, nahm das Berufungsgericht wie folgt Stellung:

Zutreffend habe das Erstgericht die Frage der Verjährung nach österreichischem Recht beurteilt und für den Beginn der Verjährungsfrist die Kenntnis der Berufungswerberin als maßgebend erachtet, wobei das Berufungsgericht auf die Begründung im angefochtenen Urteil sowie auf Schubert in Rummel II2 Rz 2 zu § 1489 ABGB verwies. Richtig sei auch, daß die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB erst mit dem Zeitpunkt zu laufen beginne, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden, als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben könne, und daß Kennenmüssen nicht ausreiche (Schubert aaO, Rz 3). Es genüge aber die Kenntnis solcher Umstände, die es dem Geschädigten ermöglichten, den Schädiger in zumutbarer Weise ohne besondere Mühe festzustellen; in diesem Fall beginne die Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem diese Kenntnis bei entsprechender Erkundigung zu erlangen gewesen wäre (Schubert aaO, Rz 3 und 4). Bei juristischen Personen sei das Wissen ihrer zur Vertretung berufenen Organmitglieder vom maßgeblichen Sachverhalt entscheidend. Das Wissen von anderen Vertretern, zB Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, könne der Gesellschaft nur insoweit zugerechnet werden, als es sich um das im konkreten Fall diesen Bevollmächtigten übertragene Aufgabengebiet handle und sie mit der speziellen Sache auch tatsächlich befaßt gewesen seien. Bei einer Gebietskörperschaft komme es auf den Wissensstand des zuständigen Referatsleiters an, auch wenn die rechtlichen Schlußfolgerungen auf das Vorliegen von Schadenersatzansprüchen nicht in sein Aufgabengebiet fielen (Schubert aaO, Rz 3).

Nach Erhalt des Schreibens des Rechtsanwaltes Sedaj am 9.2.1987 hätte sich die Berufungswerberin, wie sie es zwei Jahre später auch getan habe, durch eine Anfrage bei der B***** Bau-Berufsgenossenschaft in München ganz leicht und binnen weniger Wochen Kenntnis vom Schaden und vom Schädiger verschaffen können. Wenn sie dieses Schreiben entgegen seinem Wortlaut nicht als Rentenantrag aufgefaßt habe, sei dies ihre Sache und vermöge dies den Beginn der Verjährungsfrist nicht hinauszuschieben. Daß die Berufungswerberin dem Schreiben aber doch eine gewisse Bedeutung beigemessen habe, zeigten die Anforderungen und Einmahnung der Unterlagen des jugoslawischen Versicherungsträgers und die Erbringung der Leistungen ab 5.2.1987. Der Einwand, die Regreßabteilung der Berufungswerberin habe erst im Jahre 1989 von dem Fall erfahren, gehe ins Leere. Es komme zwar nach den obigen Grundsätzen auf die Kenntnis des zuständigen Referatsleiters an, im vorliegenden Fall somit des Leiters der Regreßabteilung. Wie aber der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung SZ 52/167 = GesRZ 1980, 216 und der Bundesgerichtshof in der von der Berufungswerberin vorgelegten Entscheidung vom 11.2.1992, VI, ZR 133/91, angedeutet hätten, müsse von der juristischen Person eine innere Organisation verlangt werden, die es gewährleiste, daß die zuständige Abteilung unverzüglich von den sie betreffenden Angelegenheiten informiert wird. Andernfalls könnte durch entsprechende Organisation verhindert werden, daß eine Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird. Im vorliegenden Fall stehe fest, daß die Leistungsabteilung in allen Fällen, in denen eine Berufsgenossenschaft beteiligt sei, die Regreßabteilung zu verständigen habe. Dies sei nach Eingang des Rentenantrages am 9.2.1987 unterblieben, obwohl dieser mehr Hinweise auf ein Fremdverschulden enthalten habe als der am 13.6.1989 eingelangte Antrag, und obwohl die Berufungswerberin darin sogar ersucht worden sei, sich mit der Berufsgenossenschaft in Verbindung zu setzen. Die Berufungswerberin könne sich daher zur Entkräftung des Verjährungseinwandes nicht darauf berufen, daß ihre Regreßabteilung erst im Jahr 1989 von der Angelegenheit verständigt worden sei. Zusammenfassend sei davon auszugehen, daß sich die Berufungswerberin bereits im Jahre 1987 in zumutbarer Weise Kenntnis vom Schaden und vom Schädiger hätte verschaffen können, und daß die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB im Zeitpunkt der Klageeinbringung am 30.8.1991 bereits abgelaufen gewesen sei. Das Erstgericht habe die Klage daher mit Recht abgewiesen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht mit dem Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, wann die Verjährungsfrist gegen eine juristische Person zu laufen beginne, wenn die zur Bearbeitung einer Angelegenheit zuständige Stelle nicht ordnungsgemäß informiert werde.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.

Die Beklagten beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Im Revisionsverfahren wird die zutreffende Ansicht nicht bekämpft, daß die Voraussetzungen der Legalzession im vorliegenden Fall nach deutschem Recht zu beurteilen sind. Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des BGH erfolgt der Forderungsübergang nach § 1542 RVO sofort mit dem Entstehen des Schadenersatzanspruches (ZVR 1980/241). Obwohl regelmäßig noch ungewiß ist, in welcher Höhe der Schädiger zur Leistung von Schadenersatz verpflichtet ist, und obwohl auch die Voraussetzungen für die Zahlungspflicht des Versicherungsträgers im einzelnen noch nicht feststehen, vollzieht sich der Übergang bereits in dem die Ersatzpflicht des Schädigers auslösenden Zeitpunkt (ZVR 1980/241 samt Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung). Desgleichen wird mit Recht auch die Ansicht nicht mehr in Zweifel gezogen, daß die Verjährung nach dem für das Rechtsverhältnis selbst maßgebenden Recht zu beurteilen ist und die Verjährung des durch Legalzession auf die klagende Partei übergegangenen Schadenersatzanspruches im Hinblick darauf, daß sich der Unfall in Österreich ereignet hat, dem Deliktsstatut entsprechend nach österreichischem Recht zu beurteilen ist (ZVR 1980/241 ua). Die Vorinstanzen haben auch zutreffend erkannt, daß sich durch die im § 1542 RVO normierte Legalzession - ebenso wie nach der Regelung des § 332 ASVG - weder die Rechtsnatur des Anspruches noch die Verjährungszeit ändern, die Legalzession auf die Ansprüche gegen den Schädiger nur insofern einen Einfluß hat, als der ursprünglich einheitliche Ersatzanspruch in zwei Teile aufgespaltet wird, nämlich in den von der Legalzession nicht erfaßten Teil (etwa Schmerzengeld oder Sachschäden) und in jenen, der nach Wirksamkeit der Legalzession den Deckungsfonds für die kongruenten Leistungen des Sozialversicherungsträgers an die Geschädigten bildet, und die aufgrund der Legalzession an den Sozialversicherungsträger übergegangenen und die etwa beim Geschädigten verbliebenen Anspruchsteile sich vom Beginn des Überganges an als selbständige Forderungen gegenüberstehen. Nach herrschende Lehre und Rechtsprechung hat der Forderungsübergang lediglich zur Voraussetzung, daß der Versicherungsfall, aufgrund dessen der Schadenersatzberechtigte Leistungen des Sozialversicherungsträgers beanspruchen kann, eintritt; dabei ist es rechtlich unerheblich, ob und wann die Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers festgestellt wird und wann der Versicherte einen dahingehenden Antrag stellt. Die beiden Anspruchsteile haben daher völlig getrennte rechtliche Schicksale, sodaß auch die Frage der Verjährung getrennt zu beurteilen ist (vgl Apathy, EKHG, Rz 7 zu § 17 samt Rechtsprechungshinweis; JBl 1985, 296). Da die Forderung auf den Legalzessionar übergeht, wie sie im Zeitpunkt des Rechtsüberganges bestanden hat, ist bei Beurteilung der Frage des Beginnes des Laufes der Verjährungsfrist darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt des Forderungsüberganges die (dreijährige) Verjährungsfrist bereits zu laufen begonnen hat. Ist dies der Fall, so läuft sie auch gegenüber dem Legalzessionar weiter (SZ 47/68; ZVR 1979/22; Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 1489 [S.1249] samt Rechtsprechungshinweis). Da im Regelfall dem aus einem Verkehrsunfall Beschädigten am Unfallstag selbst der Eintritt des Schadens und die Person des Schädigers bekannt werden (vgl ZVR 1980/241), läuft in der Regel für den Legalzessionar keine eigene Verjährungsfrist ab seiner Kenntnis von der Person des Haftpflichtigen und des Schadens (vgl Schubert, aaO, mit Rechtsprechungshinweis). Wenn jedoch im Zeitpunkt der Legalzession die Verjährungsfrist noch nicht zu laufen begonnen hat - was dann der Fall sein wird, wenn etwa die Hinterbliebenen vom Schadensfall keine Kenntnis erlangt haben - so ist die Kenntnis des Legalzessionars für den Beginn des Laufes der die auf ihn übergegangenen Forderungen betreffenden Verjährungsfrist maßgebend (Schubert, aaO, unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung; Apathy, aaO, Rz 7 zu § 17 EKHG). Im vorliegenden Fall befand sich der bei der klagenden Partei versicherte Abdyrahin M***** auf der Fahrt von Deutschland in seine Heimat (Kosovo), als sich der Unfall ereignete. Da Abdyrahim M***** noch an der Unfallsstelle starb (AS 9 der Strafakten des Landesgerichtes Salzburg) und seine Angehörigen in Kosovo leben, konnten diese zur Zeit des Ablebens ihres Vaters bzw Ehegatten vom Schadensfall keine Kenntnis erlangt haben. Die Vorinstanzen sind daher mit Recht von der Annahme ausgegangen, daß zur Zeit des mit dem Ableben des Versicherten (15.4.1976) bewirkten Eintrittes des Versicherungsfalles (vgl dazu auch den diesbezügichen Hinweis in den Rentenbescheiden der klagenden Partei, Beilage P S.3 bezüglich der Witwenrente und Beilagen Q und R S.2 sowie S bis U jeweils S.3 bezüglich der Waisenrenten) und damit im Zeitpunkt der Legalzession die für die geschädigten Hinterbliebenen geltende Verjährungsfrist noch nicht zu laufen begonnen hatte. Der Oberste Gerichtshof billigt daher die Ansicht der Vorinstanzen, daß bei Beurteilung der Verjährung der klagsgegenständlichen Ansprüche nicht vom Todestag des Verunglückten, sondern von jenem Zeitpunkt auszugehen ist, in dem die klagende Partei als Legalzessionar in Kenntnis jener Umstände gelangt ist, die geeignet sind, den Lauf der Verjährungsfrist in Gang zu setzen.

Was nun die Frage anlangt, ob der Lauf der für die klagende Partei maßgeblichen Verjährungsfrist schon am 9.2.1987 durch Einlangen des Schreibens des jugoslawischen Rechtsanwaltes bei der klagenden Partei ausgelöst wurde, vermag sich der Oberste Gerichtshof allerdings der von den Vorinstanzen vertretenen Meinung nicht anzuschließen. Die Vorinstanzen haben wohl richtig erkannt, daß die dreijährige Verjährungsfrist grundsätzlich mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen so weit kennt, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, das Kennenmüssen nicht ausreicht, wohl aber die Kenntnis solcher Umstände genügt, die es dem Geschädigten ermöglichen, den Schädiger in zumutbarer Weise ohne besondere Mühe festzustellen; in einem solchen Fall beginnt die Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem diese Kenntnis bei entsprechender Erkundigung zu erlangen gewesen wäre. Mit Recht vertritt die Revisionswerberin aber den Standpunkt, daß der Inhalt des genannten Schreibens die Verpflichtung der klagenden Partei zur Einholung entsprechender Erkundigungen nicht auszulösen vermochte.

Der Begriff "Kenntnis des Schadens" im Sinne des § 1489 ABGB ist dahin auszulegen, daß der Geschädigte, hier also die klagende Partei als Legalzessionar, von der schädigenden Handlung sowie davon Kenntnis erlangt, daß ein Schadenseintritt vorhersehbar ist (vgl. Mader in Schwimann, ABGB V, Rz 7 zu § 1489 samt Rechtsprechungshinweis; Schubert, aaO, Rz 3 zu § 1489 [S.1252] samt Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung). Unter der weiteren Voraussetzung für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist, nämlich der Kenntnis des Schädigers, ist die Kenntnis des Ersatzpflichtigen zu verstehen (vgl Mader, aaO, Rz 13 zu § 1489 und Schubert, aaO, Rz 4 zu § 1489 jeweils unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung).

Eine Analyse des Inhaltes des genannten, bei der klagenden Partei am 9.2.1987 eingelangten Schreibens des jugoslawischen Rechtsanwaltes (Beilage W) ergibt, daß darin von dem genannten Rechtsanwalt namens der namentlich angeführten Angehörigen des bei der klagenden Partei rentenversicherten Verunglückten Antrag auf Witwen- und Waisenrente gestellt wird, bekanntgegeben wird, daß ein Rentenantrag bereits beim jugoslawischen Versicherungsträger gestellt wurde und ersucht wird, mit der "B*****. BU-Berufsgenossenschaft" Kontakt aufzunehmen, wobei noch der letzte Dienstgeber des Verunglückten mit Namen und Anschrift bekanntgegeben wird. Eingangs dieses Schreibens wird darauf hingewiesen, daß das Aktenzeichen der klagenden Partei nicht bekannt ist, es sich aber um den Versicherungsnehmer "M***** Abdyrahim, geboren am *****, verstorben am 15.4.1976 in Verkehrsunfall" handelt. Dem Inhalt dieses Schreibens ist somit nicht zu entnehmen, daß an dem Verkehrsunfall etwa ein anderes Kraftfahrzeug beteiligt gewesen wäre, sodaß der Schluß nahe läge, es könnte wegen Fremdverschuldens einen Ersatzpflichtigen geben. Da der Anspruch auf Witwen- und Waisenrente unabhängig von der Frage des Vorliegens von Fremdverschulden an dem Tod des Versicherten besteht, mußte die klagende Partei nicht annehmen, daß der Tod ihres Versicherten überhaupt auf eine schädigende Handlung eines Dritten zurückzuführen sei und es zu einem ersatzfähigen Schaden kommen könnte. Waren dem genannten Schreiben aber keine Hinweise auf ein Fremdverschulden an dem Tod des bei ihr Versicherten zu entnehmen, so war die klagende Partei auch nicht verhalten, vor dem Einlangen konkreter Rentenanträge, die sie ja mit Schreiben vom 17.2.1977 beim jugoslawischen Versicherungsträger angefordert hatte, mit dem ehemaligen Dienstgeber ihres Versicherten oder der B***** Bau-Berufsgenossenschaft in München Kontakt aufzunehmen, die ja als Unfallsversicherung Leistungen zu erbringen hat, die mit den Ansprüchen aus der Rentenversicherung in keinem rechtlichen, Ersatzansprüche der Klägerin auslösenden Zusammenhang stehen. Wollte man unter den gegebenen Umständen von der klagenden Partei verlangen, sie müsse nachforschen, ob der Tod ihres Versicherten auf Fremdverschulden zurückzuführen ist und überhaupt ein ersatzfähiger Schaden zu erwarten sein werde, so würde dies im Hinblick auf die Vielzahl der von einer Sozialversicherungsanstalt den gesetzlichen Bestimmungen gemäß zu bearbeitenden Versicherungsfällen zu einer nicht zu billigenden Überspannung der Erkundigungspflicht führen (vgl ZvR 1982/277). Ist somit nicht davon auszugehen, daß das am 9.2.1987 bei der Klägerin eingegangene Schreiben eine weitere Erkundungspflicht im Sinne der genannten Rechtsprechung ausgelöst hat, so kann der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist auch nicht mit dem Zeitpunkt angenommen werden, in dem die klagende Partei Kenntnis des Schadens sowie des Schädigers im Sinne des § 1489 ABGB erlangt hätte, wenn sie das genannte Schreiben zum Anlaß weiterer Erhebungen gemacht hätte. Da die Unterlagen der jugoslawischen Sozialversicherung mit den konkreten Rentenanträgen bei der Klägerin erst am 13.6.1989 eingelangt sind, die dann zufolge der von der Klägerin konkret angestellten Nachforschungen der Klägerin Kenntnis vom Schaden und auch von den Ersatzpflichtigen brachte, erweist sich die von der Klägerin am 30.8.1991 beim Erstgericht eingebrachte Klage als innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erhoben. Die Vorinstanzen sind daher zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Verjährungseinwand der Beklagten berechtigt sei.

Damit erweist sich aber die Revision der Klägerin als berechtigt, weshalb die Rechtssache nach Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen an das Erstgericht zur Fortsetzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückzuweisen war. Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigt es sich, auf die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete und in der Revision relevierte Frage einzugehen, wann die Verjährungsfrist gegen eine (deutsche) Sozialversicherungsanstalt zu laufen beginnt, wenn die zur Bearbeitung von Regreßansprüchen zuständige Stelle von einer anderen Abteilung nicht ordnungsgemäß informiert wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

Stichworte