OGH 15Os80/93

OGH15Os80/9319.8.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.August 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Weigl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Waltraud R* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25.Februar 1993, GZ 12 e Vr 5945/92‑64, sowie über die Beschwerde der Angeklagten gegen den zugleich gefaßten Beschluß gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Presslauer, und des Verteidigers Dr.Bernhauser, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00080.9300000.0819.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Angeklagten wird dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Jahre herabgesetzt wird.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 260 Abs. 2 StPO wird festgestellt, daß auf die vorsätzlich begangenen strafbaren Handlungen eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe entfällt.

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Waltraud R* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB, teils als Bestimmungtäterin nach § 12 zweiter Fall StGB (Punkt A des Schuldspruches), des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB (Punkt B des Schuldspruches) und des Vergehens (richtig: der Vergehen) der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und Z 2161 Abs. 1 StGB (Punkt C des Schuldspruches) schuldig erkannt.

Darnach hat sie in Wien

A/ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eines schweren Betruges eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich, die in ihrem Eigentum stehende Firma R* bzw Helga K* unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Vorspiegelung, eine redliche Vertragspartnerin zu sein, zu Handlungen, nämlich zum Abschluß von Verträgen und der Erbringung von Leistungen, verleitet, die diese am Vermögen schädigten, und zwar:

I. als unmittelbare Täterin

1. vom 1.Mai 1990 bis 31.Dezember 1991 Beamte des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50, zur Gewährung von Wohnbeihilfe, Schaden 27.820 S;

2. vom 14.Juni 1989 bis 12.November 1989 und vom 12.Mai 1990 bis 11.August 1991 Beamte des Arbeitsamtes für Versicherungsdienste zur Gewährung von Arbeitslosenunterstützung und Notstandshilfe, Schaden 107.388 S;

II. dadurch, daß sie die diesbezüglich abgesondert verfolgte und rechtskräftig verurteilte Helga K* zur Tatausführung bestimmte,

1. am 23.Dezember 1988 Angestellte der Creditanstalt‑Bankverein zum Abschluß des Kreditvertrages Konto‑Nr 4145/1911.105 und zur Auszahlung eines Darlehens von 400.000 S, Schaden: 395.049 S;

2. am 22.August 1989 Angestellte der Creditanstalt‑Bankverein zum Abschluß eines Rahmenkreditvertrages Konto‑Nr 0242‑37778/00 und zur Auszahlung von Bargeld und Quittierung von Schecks in der Höhe von 340.633,41 S, Schaden: 340.633,41 S;

3. am 30.September 1989 Angestellte der Bank für Arbeit und Wirtschaft zur Eröffnung des Gehaltskontos Nr 03110‑773‑534 und Auszahlung von Bargeld bzw Quittierung von Schecks, Schaden: 96.976,53 S;

4. am 20.Februar 1990 Angestellte der Ersten Österreichischen Spar‑Casse zur Eröffnung des Kontos Nr 042‑29223 und Auszahlung von Bargeld und Quittierung von Schecks, Schaden: 120.250,66 S;

5. in der Zeit vom 17.November 1989 bis 17.Jänner 1990 Angestellte der Creditanstalt‑Bankverein zur Eröffnung des Gehaltskontos Nr 1242‑13729/00 und Auszahlung von Schecks bzw Bankomatauszahlungen, Schaden: 325.584,20 S;

B./ ein Gut, das ihr anvertraut worden ist, nämlich treuhändig übergebene Bargeldbeträge dadurch, daß sie diese für eigene Zwecke bzw Zwecke Dritter verwendete, sich oder dem Dritten mit dem Vorsatz zugeeignet, sich oder den Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

I. in Gesellschaft der diesbezüglich rechtskräftig abgeurteilten Helga K* als Mittäterin

1. am 6.Juni 1991 von Boris W* als Angeld geleistete 304.000 S;

2. am 23.Juli 1991 für eine bereits am 22.Juli 1991 verkaufte Eigentumswohnung von Ingrid D* übernommene 200.000 S;

II. am 11.Oktober 1989 von Manfred R* als Provision und Angeld insgesamt übernommene 257.600 S;

C./ teils als eingetragene, teils als tatsächliche Geschäftsführerin der Firma "R*", sohin als leitende Angestellte (§ 309 StGB) einer juristischen Person, die Schuldnerin mehrerer Gläubiger war, fahrlässig

1. ab 11.November 1987 bis Ende 1989 die Zahlungsunfähigkeit der genannten Firma insbesondere dadurch herbeigeführt, daß sie diese ohne ausreichende Eigenmittel gründete und führte, leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benutzte und Geschäfte schloß, die mit den Vermögensverhältnissen des Unternehmens in auffallendem Widerspruch standen, sowie durch übermäßige ‑ nicht ins Verdienen gebrachte ‑ Privatentnahmen;

2. von Ende 1989 bis 22.Juni 1992 in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der genannten Firma die Befriedigung von deren Gläubigern dadurch vereitelt und geschmälert, daß sie alte Schulden bezahlte, neue Schulden einging, hohe Privatentnahmen tätigte und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht rechtzeitig beantragte.

 

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagte bekämpft allein den Schuldspruch wegen Betruges (wobei der Sache nach jedoch Punkt A./ I./ 1. dieses Schuldspruches unangefochten bleibt) und einen Teil des Schuldspruches wegen Veruntreuung (nämlich im Umfang eines Teilbetrages von 57.600 S des Schuldspruches zu B./ II./) mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Mängelrüge (Z 5) reklamiert in Ansehung des Punktes II./ 1. des Schuldspruches eine unvollständige Urteilsbegründung; dies indes zu Unrecht:

Die Angaben der Zeugin K* und die Verantwortung der Angeklagten, wonach die Kreditsumme zur Begleichung von Schulden der "R*" Verwendung fand, wurde vom Erstgericht keineswegs unberücksichtigt gelassen, sondern vielmehr ohnehin den Urteilsfeststellungen zugrunde gelegt (US 14 bis 16). Ferner steht die Bekundung der genannten Zeugin, daß sie nicht beabsichtigt habe, die ausgeschüttete Kreditsumme nicht zurückzuzahlen ("Es war nicht beabsichtigt, daß ich sage, ich nehme den Kredit auf und zahle ihn nicht zurück" ‑ S 439/II), und daß bei ordentlicher Unternehmensgebarung die Kreditrückzahlung wirtschaftlich möglich gewesen wäre, in keinem Gegensatz zu den Urteilsannahmen über den vorgefaßten Plan der Angeklagten, ihre aufwendige Lebensführung aufrecht zu erhalten, die Bankangestellten bei Rückzahlungsforderungen zu vertrösten und den Eintritt eines vorhersehbaren Schadens des Kreditgebers zu billigen. Insoweit bedurfte es daher keiner gesonderten Erörterung in den Urteilsgründen. Die Erwägung des Schöffengerichtes, daß die Leistung von insgesamt siebzehn Kreditrückzahlungsraten durch die Absicht künftiger Darlehensaufnahmen motiviert war und vermeiden sollte, Helga K* "gegenüber anderen Filialen der Creditanstalt‑Bankverein, anderen Geldinstituten oder dem Kreditschutzverband als zahlungsunwillig erscheinen zu lassen", wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die letzte Ratenzahlung über ein Jahr nach der letzten als Betrug erfaßten Krediterlangung (Schuldspruch zu A./ II./ 4.) erfolgte. Denn das festgestellte Bestreben, den Anschein der Kreditwürdigkeit zu wahren, kann durchaus auch ohne annähernd gleichzeitiger Verübung von Betrugstaten bestanden haben, weshalb auch diesbezüglich der relevierte Begründungsmangel nicht vorliegt.

Die von der Beschwerde unter Bezugnahme auf den Schuldspruch zu A./ II./ 2. bemängelte Begründung für die Annahme der subjektiven Tatseite beruht ‑ der Beschwerdeargumentation zuwider ‑ auf einer tragfähigen Überlegung, weil sich aus einem ohne konkrete Aussicht auf eine Erfüllungsmöglichkeit gegebenen Leistungsversprechen durchaus folgern läßt, daß das Unterbleiben der zugesagten Leistung und deren Folgen vom Tatplan ebenfalls umfaßt waren. Weshalb die Verwendung eines Teils des Kredits für Ablösezahlung und für Wareneinkauf, der Betrieb des Textilgeschäftes für einen Zeitraum von eineinhalb Jahren, der wirtschaftliche Niedergang des Geschäftes durch zu hohe Geldentnahmen der Angeklagten sowie die Nichtexistenz eines Treuhandvertrages im Zusammenhang mit diesem Unternehmen gegen die Annahme sprechen sollen, daß die Angeklagte diese Kreditaufnahme der Helga K* mit auf unrechtmäßige Bereicherung einer Person gerichtetem Vorsatz ("Absicht" im Sinne des § 5 Abs. 3 StGB ist insoweit nicht erforderlich) veranlaßte, ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde auch nicht dargelegt. Die hiezu in der Beschwerde (aktenwidrig ‑ S 441/II) zitierte Aussage der Helga K*, es habe keine "Absicht" bestanden, mit dem Kredit "eine Linke" zu machen, bezog sich überhaupt nur auf die Vorstellungen dieser Zeugin und nicht auf den Willensinhalt der Angeklagten, sodaß die Rüge insoweit von einem Beweisergebnis ausgeht, welches die angefochtene Feststellung gar nicht betrifft.

Aus welchem Grund weitere Erörterungen darüber geboten gewesen sein sollten, daß die Zahlungsunfähigkeit der "R*" zum Jahresende 1989 erkennbar war (US 11) und die dem Schuldspruch zu A./ II./ 1., 2. und 3. zugrundeliegenden Betrugstaten vor diesem Zeitpunkt verwirklicht wurden, wird von der Beschwerde nicht ausgeführt, weshalb dieses Vorbringen einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich ist. Klarstellend sei lediglich angemerkt, daß dem Urteilssachverhalt zufolge für den Geldbedarf der Angeklagten primär deren private Schulden und deren (aufwendige) Lebensführung (US 10), nicht aber wirtschaftliche Belange der genannten Gesellschaft maßgebend waren. Ebensowenig einsichtig ist die behauptete Notwendigkeit der Berücksichtigung von Verfahrensergebnissen, "wonach K* diese Darlehen dem Unternehmen zur Verfügung gestellt hat und die Angeklagte erklärte, die Zahlungen aus dem Unternehmen rückzuführen" ‑ eine ausdrückliche Urteilsfeststellung über diese Umstände liegt entgegen der Beschwerdemeinung gar nicht vor ‑, weil auch hier offen bleibt, welcher erstgerichtliche Ausspruch über eine entscheidende Tatsache überhaupt bekämpft wird. Mit dem Beschwerdevorbringen, bestimmte Verfahrensergebnisse und Urteilsannahmen seien unerörtert geblieben und hätten andernfalls zu anderen Urteilsfeststellungen geführt, wird nur dann ein Begründungsmangel bezeichnet, wenn das Anfechtungsziel zumindest aus dem inhaltlichen Zusammenhang deutlich wird. Dies ist hier nicht der Fall.

Auch die in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vorgebrachten Einwände versagen:

Ob die zu Punkt A./ I./ 2. des Schuldspruches erfaßte Betrugstat auch eine Verwaltungsübertretung (§ 71 Abs. 2 ALVG 1977) verwirklichte, ist unerheblich, weil dies auf die gerichtliche Strafbarkeit des Verhaltens keinen Einfluß haben könnte. Es trifft nicht zu, daß eine Tat, welche eine Verwaltungsübertretung darstellt, keine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung begründen kann. Hiezu genügt es, auf die ausdrückliche gegenteilige Regelung des § 30 Abs. 1 VStG 1991 zu verweisen, derzufolge Verwaltungsübertretungen und gerichtlich strafbare Handlungen unabhängig voneinander zu verfolgen sind, und zwar in der Regel auch dann, wenn die strafbaren Handlungen durch ein und dieselbe Tat begangen worden sind. Davon abgesehen enthält die von der Beschwerde herangezogene Verwaltungsstrafbestimmung zudem noch eine Subsidiaritätsanordnung gegenüber strengeren Strafdrohungen nach einem anderen Gesetz.

Gegen den Schuldspruch wegen Veruntreuung zu B./ II./ wird von der Beschwerde ins Treffen geführt, die Angeklagte habe nur für die Zueignung einer a‑conto‑Zahlung von 200.000 S, nicht jedoch für jene einer Provisionszahlung von 57.600 S einzustehen, weil letztere kein "Fremdgeld" gewesen sei. Dem Ersturteil liegt die Annahme zugrunde, daß die Angeklagte beide Zahlungen mit einer Widmung erhielt und über beide Beträge widmungswidrig verfügte (US 26), wobei sich die Sachverhaltsfeststellung nicht nur auf ein Schuldbekenntnis der Angeklagten (S 455/II), sondern auch auf eine Urkunde (US 21) stützt, in der eine vereinbarte Rückerstattung sowohl der a‑conto‑Zahlung wie auch der Honorarzahlung (Provision) bei Unterbleiben der "Überschreibung der Trafik" zum Ausdruck kommt (S 293/II). Somit fehlt es aber an einer Tatsachengrundlage für die von der Beschwerde angestrebte Differenzierung zwischen den beiden Zahlungen, weil beide Geldbeträge mit einer ausdrücklichen bedingten Verpflichtung zur Rückerstattung übernommen wurden und wirtschaftlich nicht in das freie Vermögen der Angeklagten oder der "R*" übergingen. Demgemäß war auch der als Honorar oder Provision bezeichnete Betrag von 57.600 S ein der Angeklagten anvertrautes Gut, sodaß dem Erstgericht insoweit kein Fehler bei der rechtlichen Beurteilung unterlaufen ist.

Unzutreffend ist ferner der gegen den Schuldspruch wegen Betruges zu A./ II./ erhobene Einwand, es mangle an ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Angeklagten, wobei die Beschwerdeargumentation in Wirklichkeit auf eine Abänderung des sinngemäßen Urteilsausspruches abzielt, daß die Angeklagte das Unterbleiben der Kreditrückzahlungen zumindest billigend in Kauf nahm. Mit der auf die Urteilsfeststellung über die von Anfang an bestandene Unklarheit der Rückzahlungsmöglichkeit gestützten Forderung, nicht bedingten Betrugsvorsatz, sondern bewußte Fahrlässigkeit der Angeklagten anzunehmen, wird ebensowenig ein Rechtsirrtum des Urteils aufgezeigt wie mit dem Vorbringen, daß die Angeklagte im Zusammenhang mit dem zu A./ II./ 1. beschriebenen Tatverhalten insgesamt siebzehn Monatsraten zurückbezahlte, bei der "R*" ausreichende Einnahmen für ihre beträchtlichen Privatentnahmen erzielte und aus ihrer subjektiven Sicht die Annahme gerechtfertigt war, die Rückzahlungen für die überwiegend in das Unternehmen geflossenen Fremdgelder aufbringen zu können. Insgesamt bezeichnet die Beschwerdeführerin damit keinen Feststellungsmangel. Sie kritisiert vielmehr im Ergebnis nur die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, welches ihrer Ansicht nach aus den hervorgehobenen Verfahrensergebnissen andere Schlußfolgerungen abzuleiten gehabt hätte, als sie dem angefochtenen Schuldspruch zugrunde liegen. Solcherart wird aber bloß in einer prozeßordnungswidrigen und daher unbeachtlichen Weise die schöffengerichtliche Entscheidung der Tatfrage bekämpft, nicht aber der geltendgemachte materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund gesetzmäßig ausgeführt.

Mit der Subsumtionsrüge (Z 10) schließlich wendet die Beschwerde gegen die angenommene gewerbsmäßige Begehung der schweren Betrugstaten ein, daß die Qualifikation eine direkte Bereicherung des Täters aus der Straftat erfordere und diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, weil das betrügerisch erlangte Geld in die "R*" und in die Firma V* investiert worden sei.

Abgesehen davon, daß die Angeklagte den Urteilsfeststellungen zufolge nur einen Teil des erlangten Geldes für Unternehmenszwecke verwendete, ist auch die rechtliche Prämisse des Beschwerdestandpunktes nicht zutreffend. Gewerbsmäßigkeit in der Bedeutung des § 70 StGB erfordert die Täterabsicht, sich selbst eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wobei dies unmittelbar aus der Tat oder mittelbar auf dem Umweg über einen Dritten, aber immer als eine unmittelbare wirtschaftliche Folge der Tat erfolgen kann. Es reicht nicht aus, daß der Täter eine direkte Einnahme unmittelbar für einen Dritten anstrebt, wie dies bei einem sogenannten fremdnützigen Betrug der Fall wäre. Der bloße Umstand aber, daß der Täter eine in seinem Vermögen eingetretene Bereicherung zugunsten anderer Personen heranziehen will, vermag an der Einnahmenerzielung durch den Täter selbst nichts zu ändern und steht daher der Annahme gewerbsmäßigen Handelns nicht entgegen (Leukauf‑Steininger Komm3 § 70 RN 6 a).

Nach den Urteilsfeststellungen handelte Helga K* in den von A./ II./ 1., 2., 3. und 4. erfaßten Betrugsfällen im Auftrag der Angeklagten, welche ebenso wie bei dem (im Urteilsspruch irrtümlich als Bestimmungstat eingereihten ‑ vgl S 379 f/II) Schuldspruch zu A./ II./ 5. jeweils die Verfügungsmacht über die herausgelockten Geldsummen erlangte und solcherart sehr wohl Einnahmen (durch unrechtmäßige Bereicherung) erzielte. Ob sie über diese Einnahmen im eigenen oder im fremden wirtschaftlichen Interesse disponieren wollte, ist aber nach dem Gesagten für die Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit der Taten ohne Belang (Leukauf‑Steininger Komm3 § 148 RN 3).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte gemäß §§ 28 Abs. 1, 147 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe von 3 1/2 (dreieinhalb) Jahren. Erschwerend waren dabei die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art, die Tatwiederholungen bei der Veruntreuung, die einschlägige Vorstrafe der Angeklagten, der rasche Rückfall in offener Probezeit, der hohe vorsätzlich herbeigeführte Vermögensschaden von rund 2,15 Mill Schilling, die Verleitung der Helga K* zu strafbaren Handlungen und die mehrfache Qualifikation des Betruges, mildernd hingegen "das unbedeutende lippenbekenntnismäßige Teilgeständnis zu einzelnen Fakten nach Erkenntnis der Tatsache, daß Leugnen keine Aussicht auf Erfolg hat".

Die Angeklagte strebt mit ihrer Berufung unter Hinweis auf die durch die finanziellen Zuwendungen an ihren (drogenabhängigen) Sohn hervorgerufene wirtschaftlich schwierige Situation, auf die Berichtigung "alter Verbindlichkeiten" und ihr Geständnis eine Strafherabsetzung und die Gewährung einer teilbedingten Strafnachsicht an. Die Staatsanwaltschaft hingegen beantragt unter Hervorhebung des den Erschwerungsumständen innewohnenden Gewichtes, insbesondere des raschen Rückfalls, eine schuldangemessene Erhöhung der Sanktion.

Nur der Berufung der Angeklagten kommt im Ergebnis teilweise Berechtigung zu.

Die vom Schöffengericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen insoweit einer Korrektur zugunsten der Angeklagten, als der Rückfall innerhalb offener Probezeit nach herrschender Rechtsprechung keinen Erschwerungsgrund bildet (Leukauf‑Steininger Komm3 § 33 RN 8); dies vorliegend umsoweniger, als dieser Rückfall zum Widerruf der bedingten Strafnachsicht führt. Es kann aber nach Lage des Falles auch nicht von einem gesondert als erschwerend zu wertenden hohen Vermögensschaden gesprochen werden, sodaß auch dieser Erschwerungsgrund zu entfallen hat.

Ausgehend von den solcherart korrigierten Strafzumessungsgründen und unter Berücksichtigung des Umstands, daß die Angeklagte zumindest partiell geständig gewesen ist, erachtet der Oberste Gerichtshof eine geringfügige Reduktion des in erster Instanz gefundenen Strafmaßes für geboten; die Strafe wurde daher auf 3 (drei) Jahre herabgesetzt.

Auf diese Entscheidung war die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung zu verweisen.

Eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein zukünftiges straffreies Verhalten der Angeklagten als Voraussetzung für die angestrebte Gewährung teilbedingter Strafnachsicht im Sinn des § 43 a Abs. 4 StGB konnte hingegen bei der gegebenen Sachkonstellation nicht angenommen werden.

Keine Berechtigung kommt überdies der Beschwerde der Angeklagten gegen den gemäß § 494 a Abs. 3 und 4 (richtig: Abs. 1 Z 4, Abs. 4) StPO gefaßten Widerrufsbeschluß zu. Daß das einschlägig getrübte Vorleben der Angeklagten den Widerruf der im Vorverfahren AZ 12 d EVr 4709/87 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gewährten Strafnachsicht zwingend nach sich zu ziehen hat, bedarf im Hinblick auf die bereits ersichtlich manifeste Tendenz der Beschwerdeführerin zur Vermögensdelinquenz und den überaus raschen Rückfall keiner näheren Erörterung.

Damit erwies sich auch die Beschwerde der Angeklagten gegen den Widerrufsbeschluß als nicht berechtigt.

 

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