OGH 4Ob522/93

OGH4Ob522/9327.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Claudia K*****, vertreten durch Dr.Guido Held, Rechtsanwalt in Graz, wider den Antragsgegner Peter K*****, vertreten durch Dr.Hans Kortschak, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Aufteilung ehelicher Ersparnisse (Streitwert S 300.000) infolge außerordentlichen Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 26.Februar 1993, GZ 1 R 507/92-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 2.Oktober 1992, GZ F 2/92-17, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er insgesamt, einschließlich seines bestätigenden Teils, wie folgt zu lauten hat:

"Die aus dem Notariatsakt vom 27.6.1989 erfließenden Rechte an der Liegenschaft EZ ***** stehen künftig der Antragstellerin allein zu; das zugunsten des Antragsgegners einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot ist zu löschen.

Die Antragstellerin ist verpflichtet, dem Antragsgegner einen weiteren Ausgleichsbetrag von S 30.000 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Die Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben."

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Die am 15.4.1989 geschlossene Ehe der Parteien wurde am 16.5.1991 einvernehmlich geschieden; der Ehe entstammt das am 11.8.1989 geborene Kind Bianca. In die vor der Ehescheidung geschlossene Vereinbarung über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse hatten die Parteien die ihnen aus dem Notariatsakt vom 27.6.1989 erwachsenden Rechte nicht einbezogen. Mit dem genannten Vertrag hatte die Mutter der Antragstellerin beiden Parteien die Liegenschaft EZ ***** auf den Todesfall verkauft; gleichzeitig war zugunsten beider Parteien ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt worden.

Die Antragstellerin begehrt auszusprechen, daß die aus dem Notariatsakt vom 27.6.1989 erfließenden Rechte ihr allein zustünden. Das aus dem Notariatsakt erwachsene Anwartschaftsrecht sei irrtümlich nicht in die Aufteilungsvereinbarung einbezogen worden. Den Kaufpreis für die Liegenschaft habe die Antragstellerin allein aus Mitteln aufgebracht, über die sie schon vor der Eheschließung mit dem Antragsgegner verfügt habe. Sie habe dem Antragsgegner dessen Anteil nicht geschenkt; dieser hätte vielmehr eine Gegenleistung in Form von Arbeitsleistungen erbringen sollen. Das sei auch geschehen, jedoch nicht im Ausmaß von 300 Arbeitsstunden.

Der Antragsgegner beantragt die Abweisung des Antrages. Das Begehren sei nicht schlüssig, weil einerseits die Aufteilung ehelicher Ersparnisse, andererseits die Zuweisung eines Anwartschaftsrechtes begehrt werde. Habe die Antragstellerin den Kauf allein finanziert, dann habe sie dem Antragsgegner dessen Anteil geschenkt; Schenkungsverträge könnten aber nur im streitigen Verfahren aufgehoben werden.

Der Antragsgegner habe rund 300 Arbeitsstunden als Maurer für die Renovierung des auf der Liegenschaft befindlichen Hauses aufgewendet; dafür stünden ihm S 30.000 zu. Eine Übertragung des Anwartschaftsrechtes auf die Antragstellerin komme nur gegen eine Ausgleichszahlung in der Höhe des halben Schätzwertes der Liegenschaft in Frage.

Das Erstgericht sprach aus, daß der Antragsgegner Zug um Zug gegen Zahlung von S 205.200 durch die Antragstellerin dieser sein Anwartschaftsrecht auf die Übertragung des Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ ***** zu übertragen habe. Das Anwartschaftsrecht sei von beiden Antragstellern während aufrechter Ehe erworben worden; es könne daher Gegenstand eines Aufteilungsverfahrens gemäß §§ 81 ff EheG sein. Die Generalbereinigungsklausel in der Aufteilungsvereinbarung sei kein Hindernis, weil die Parteien vergessen hätten, das Anwartschaftsrecht in die Vereinbarung einzubeziehen. Die Übertragung des Anwartschaftsrechtes auf die Antragstellerin sei billig, allerdings nur gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages in der Höhe des halben Schätzwertes der Liegenschaft.

Das Rekursgericht setzte den Ausgleichsbetrag mit S 30.000 fest und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Die Einverleibung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten des Antragsgegners sei in erster Instanz nicht begehrt worden; es sei nicht Aufgabe des Gerichtes, bei der Aufteilung oder gemäß § 93 EheG derartige Verbote aufzuheben und deren Löschung zu veranlassen.

Die Ansprüche des Antragsgegners aus Arbeitsleistungen für das auf der Liegenschaft befindliche Haus würden von der Generalbereinigungsklausel in der Aufteilungsvereinbarung nicht erfaßt; sie seien daher mit dem als angemessen erscheinenden Betrag von S 30.000 abzugelten. Eine darüber hinausgehende Ausgleichszahlung stehe aber dem Antragsgegner nicht zu, weil die Antragstellerin den Kaufpreis von S 30.000 aus ihren Ersparnissen aufgebracht habe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs beider Teile. Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß das zugunsten des Antragsgegners einverleibte Belastungs- und Veräußerungsverbot aufgehoben und zu löschen sei und die Verpflichtung zur Zahlung des Ausgleichsbetrages von S 30.000 ersatzlos aufgehoben werde. Der Antragsgegner beantragt, den Beschluß für nichtig zu erklären; in eventu begehrt er die Abweisung des Antrages, hilfsweise die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist bereits mit Beschluß vom 20.4.1993 als unzulässig zurückgewiesen worden. Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil es zu der Frage, ob die Löschung eines zugunsten beider Parteien einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes im Aufteilungsverfahren anzuordnen ist, wenn ausgesprochen wird, daß die Rechte aus der zugrunde liegenden Vereinbarung einer der Parteien zustehen, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung gibt.

Die Rechtsmittelwerberin weist zutreffend darauf hin, daß im vorliegenden Fall kein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot zwischen (geschiedenen) Ehegatten besteht; beide Parteien sind vielmehr aus dem Belastungs- und Veräußerungsverbot berechtigt, das zu Lasten der Mutter der Antragstellerin als Liegenschaftseigentümerin einverleibt ist. Das Rekursgericht hat die Löschung des zugunsten des Antragsgegners einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes nicht angeordnet, weil es der Auffassung war, daß ein entsprechender Antrag fehle und es auch nicht Aufgabe des Gerichtes sei, gemäß § 93 EheG derartige Verbote aufzuheben und ihre Löschung zu veranlassen. Der erkennende Senat teilt diese Auffassung nicht:

§ 93 EheG trägt dem Gericht auf, die zur Durchführung seiner Entscheidung nötigen Anordnungen zu treffen. Das Rekursgericht hat ausgesprochen, daß "die aus dem Notariatsakt vom 27.6.1989 erfließenden Rechte an der Liegenschaft EZ ***** ... künftig der Antragstellerin allein zu(stehen)". Zu diesen Rechten gehört das in Punkt 8 der Vereinbarung eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot, das in C-L Nr. 6 der EZ ***** verbüchert ist. Zur Durchführung der vom Rekursgericht verfügten Übertragung aller Rechte aus dem Notariatsakt vom 27.6.1989 auf die Antragstellerin gehört die Löschung des dem Antragsgegner eingeräumten Belastungs- und Veräußerungsverbotes; das Gericht hätte - auch ohne Antrag (§ 93 EheG) - diese Löschung anordnen müssen.

Das unterscheidet auch den vorliegenden Fall von dem der Entscheidung 3 Ob 521, 522/85 zugrunde liegenden Sachverhalt. Gegenstand der Entscheidung 3 Ob 521, 522/85 war die Zuweisung der Liegenschaftshälfte des Mannes an die Frau. Auf der Liegenschaft war ein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt. Die Löschung dieses Belastungs- und Veräußerungsverbotes war keine zur Durchführung der Entscheidung nötige Anordnung und daher vom Gericht nicht anzuordnen; die Frau hatte in erster Instanz auch keinen derartigen Antrag gestellt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 16 Abs 3 AußStrG; § 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 234 AußStrG.

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