OGH 13Os78/93

OGH13Os78/9314.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Juli 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Schindler, Mag.Strieder und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Hatvagner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Markus B***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22.Jänner 1993, GZ 5 c Vr 11.928/92-15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Markus B***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes), des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach dem § 212 Abs. 1 StGB (Punkt 2) und des Vergehens der sittlichen Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren nach dem § 208 StGB (Punkt 3) schuldig erkannt.

Darnach hat er im Jahre 1991 oder 1992 in Mauerbach

1.) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt Cornelia Michaela B*****, geboren am 1.Juli 1984, sohin eine unmündige Person, auf eine andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er sich mit entblößtem und erigiertem Glied auf sie legte und ihr Zungenküsse gab;

2.) durch die oben dargestellte Tat eine seiner Aufsicht unterstehende minderjährige Person zur Unzucht mißbraucht;

3.) vor einer unmündigen Person eine Handlung vorgenommen, die geeignet ist, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung von Personen unter sechzehn Jahren zu gefährden, um sich dadurch geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, indem er vor Cornelia Michaela B*****, geboren am 1.Juli 1984, onanierte.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 4, 5, 5 a und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Mängelrüge (Z 5) kommt Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat zum Schuldspruch Punkt 1 und 2 des Urteilssatzes festgestellt, daß der Angeklagte eines Nachts zu Cornelia B***** ins Bett kam, die Boxershort hinunterzog und sich auf das Kind legte, das seinen Penis spüren konnte und auch sah, daß dieser erigiert war; dabei gab der Beschwerdeführer dem Mädchen mehrere Zungenküsse (US 5). Diese Konstatierung gründete das Gericht auf die von Cornelia B***** vor der Kriminalbeamtin Christine S***** abgelegte Aussage im Zusammenhalt mit deren Angaben als Zeugin und der Aussage der Kindesmutter Regina R***** (vgl. US 7).

Während den Aussagen der Zeugen S***** und R***** zur Sache selbst nichts zu entnehmen ist, schilderte Cornelia B***** offensichtlich verschiedene Vorfälle, nämlich einen (oder mehrere) mit einem Zungenkuß und einen anderen Vorfall, bei dem sich der Angeklagte zu ihr ins Bett gelegt und sie seinen Penis gespürt habe (vgl. Bericht S 15 ff). Die oben angeführte Feststellung, daß der Angeklagte dem Mädchen dabei auch Zungenküsse gab, findet daher - wie die Mängelrüge mit Recht aufzeigt - im Beweisverfahren keine Deckung und ist somit unzureichend begründet. Ein Zungenkuß stellt zwar für sich allein keinen Mißbrauch zur Unzucht dar, solche Handlungen können aber unter entsprechenden Begleitumständen (auch als an sich sexuell indifferente Handlungsweisen) ein Indiz für einen weitergehenden Tätervorsatz darstellen (vgl. Leukauf-Steininger, Komm.3, § 207 RN 7).

Zum Schuldspruch lt. Punkt 3 des Urteilssatzes konstatierte das Gericht, daß der Angeklagte mit entblößtem Penis vor Cornelia B***** zu onanieren begann, wobei ihn das Mädchen beobachten konnte, sich aber von seinem Verhalten abgestoßen fühlte und das Zimmer verließ. Es stellte ferner fest, daß der Angeklagte wußte, daß er von Cornelia B***** beobachtet wurde, aber sein Verhalten dennoch fortsetzte (US 6).

Auch diese Konstatierungen gründen die Tatrichter auf die vor der Polizei abgelegte Aussage des Mädchens in Verbindung mit den Angaben der vernehmenden Kriminalbeamtin und der Kindesmutter Regina R***** (US 7). Cornelia B***** hatte dazu aber nur angegeben, daß der Angeklagte plötzlich dagestanden sei und seinen Penis mit beiden Händen hin- und herbewegte, worauf sie nur kurz hingeschaut habe und gleich in ihr Zimmer gelaufen sei (vgl. Bericht S 17). Der Beschwerdeführer gab hiezu vor der Gendarmerie an, er habe sich einmal - vermutlich bei Lektüre einer Sexzeitung - im Wohnzimmer selbst befriedigt und dabei Cornelia B*****, die wahrscheinlich währenddessen in den Raum hinzugekommen sei, nicht gesehen (vgl. S 27). Die Feststellung des Erstgerichts, daß der Angeklagte vor Cornelia B***** zu onanieren begann und sein Verhalten fortsetzte, obwohl er wußte, daß er von dem Mädchen beobachtet wurde, findet somit im Beweisverfahren ebenfalls keine ausreichende Deckung.

Diese Begründungsmängel (Z 5) machen die Kassation des angefochtenen Urteils unumgänglich, sodaß der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und ein zweiter Rechtsgang anzuordnen war.

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