OGH 2Ob57/92

OGH2Ob57/928.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Graf und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitta A*****, vertreten durch Dr.Johannes Schriefl und Dr.Peter Paul Wolf, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Gerald L*****, 2.) Vera L*****, beide ***** und 3.) ***** Versicherung*****, alle vertreten durch Dr.Leopold Hammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 855.880,20 sA, Rente und Feststellung, infolge Rekurse der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Juni 1992, GZ 15 R 208/91-71, womit das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 24.Juli 1991, GZ 16 Cg 110/89-62, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Ehegatte der Klägerin verstarb an den Folgen eines am 13.11.1983 erlittenen Verkehrsunfalles, der vom Erstbeklagten als Lenker eines PKWs verschuldet wurde, dessen Halterin die Zweitbeklagte und dessen Haftpflichtversicherer die drittbeklagte Partei war.

Die Klägerin begehrte von den beklagten Parteien die Bezahlung von S 855.880,20 sA und die Zuerkennung einer monatlichen Rente ab 1.2.1991 von S 7.743,--. Außerdem beantragte sie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für die künftigen Schäden aus dem Unfall. Sie begründete ihr Begehren wie folgt:

Seit Jahren leide sie an einer chronischen Gelenksentzündung mit einer fortschreitenden Bewegungseinschränkung. Ihr linkes Bein sei infolge eines Schädel-Hirntraumas im Wachstum zurückgeblieben. Sie sei daher nicht in der Lage, ihre beiden Haushalte in der Wohnung in W***** und im Einfamilienhaus in H***** zu besorgen. Ihr verstorbener Ehemann habe in H***** sämtliche Gartenarbeiten verrichtet und Brennmaterial besorgt und geschnitten. Er habe an beiden Wohnsitzen sämtliche schwerere Haushaltsarbeiten geleistet. Der Aufwand hiefür sei mit monatlich S 9.400,-- anzusetzen. Infolge der Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin sei ein monatlicher Mehraufwand von insgesamt S 12.000,-- zu veranschlagen. Von diesen Beträgen sei die Witwenpension der Klägerin abzuziehen. Vom 13.11.1983 bis 31.1.1991 errechne sich daher ein Betrag von insgesamt S 569.238,--. Ab 1.2.1991 betrage der Mehraufwand S 7.743,-- monatlich. Der Verstorbene sei gelernter Tischler und handwerklich sehr geschickt gewesen. Vor dem Unfall sei geplant gewesen, die Wohnung und das Haus entsprechend zu adaptieren. Die Klägerin sei gezwungen gewesen, diese Arbeiten durch Gewerbetreibende durchführen zu lassen. Für die Arbeiten seien S 238.560,-- aufgelaufen, wozu noch die Materialersparnis durch Selbsteinkauf von S 48.082,20 zu rechnen sei.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein: Das Einkommen der Klägerin sei höher als jenes des Verstorbenen gewesen, sodaß dieser keinen Unterhalt zu leisten hatte. Der Wohnbedarf der Klägerin sei durch die Wohnung in W***** gedeckt. Die Arbeiten des Verstorbenen im Haus in H***** hätten keinen Unterhaltscharakter gehabt, sondern der Erhaltung und Verbesserung des Familienbesitzes sowie insbesondere der Freizeitbeschäftigung gedient. Der behauptete Aufwand stehe in Widerspruch dazu, daß der Verstorbene einer geregelten Beschäftigung nachgegangen sei und einen langen Weg zur Arbeitsstätte hatte. Es sei unerfindlich, warum die behaupteten geplanten Adaptierungen bis zum Unfall nicht in Angriff genommen worden seien, obwohl das Haus in H***** schon im Jahre 1968 erworben worden war. Die Arbeiten der Gewerbetreibenden hätten von einer Person allein nicht bewerkstelligt werden können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte - zusammengefaßt dargestellt - fest:

Die Klägerin leidet seit 1976 an chronischer Gelenksentzündung, was eine zunehmende Bewegungseinschränkung zur Folge hat. Ein längeres Stehen oder Gehen ist ihr nicht möglich. Sie kann auch die üblichen Haushalts- und Gartenarbeiten kaum erbringen. Bis zum Jahr 1988 war die Klägerin nur beschränkt in der Lage, ihre beiden Haushalte in W***** und H***** zu besorgen. Seit Jahresmitte bis Jahresende 1988 kam es zu einer Progression der Krankheit an den Mittelhandfingergelenken, was ohne operativen Eingriff in Zukunft auch das Schreiben durch Führung eines Bleistiftes oder Kugelschreibers in Frage stellen wird. Der bei der Klägerin vorliegende Typ der chronischen Polyarthritis ist höchst therapierestistent und als deutlich "progredient-maligne" zu bezeichnen.

Die Klägerin wohnte mit ihrem verstorbenen Ehegatten in zwei Haushalten in W***** und H*****. Sie waren in der Regel unter der Woche in Wien und am Wochenende in H*****. Zum Einfamilienhaus in H***** gehört ein Garten mit einer Fläche von 2.305 m2, in dem über 100 Bäume stehen und über 1.000 verschiedene Sträucher. Der verstorbene Ehegatte der Klägerin erledigte sämtliche Gartenarbeiten, wobei ihn jedoch die Klägerin je nach Krankheitsfortschritt noch bei diversen Arbeiten unterstützen konnte. Der Gatte der Klägerin war handwerklich sehr geschickt und erledigte sämtliche im Haus anfallenden Handwerksarbeiten selbst. Er war von Beruf Tischlermeister und erwarb sich Fähigkeiten auch in anderen Handwerksbereichen. Mit zunehmender Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin übernahm er auch schwerere Haushaltsarbeiten bzw solche, die die Klägerin nicht mehr erledigen konnte. Für Arbeiten in den beiden Haushalten in W***** und H***** wendete der Ehegatte der Klägerin monatlich durchschnittlich 22 Stunden auf, für zusätzliche Gartenarbeiten udgl monatlich durchschnittlich 65 Stunden. Für zusätzliche Leistungen im Haushalt H***** durch Beheizen der Öfen udgl betrug der Arbeitsaufwand 7 Stunden monatlich. Hilfskräfte für solche Arbeiten kosten durchschnittlich S 100,-- pro Stunde. Der monatliche Mehraufwand der Klägerin seit dem Tode des Ehegatten betrug bis Ende 1988 S 9.400,--. Ab dem Jahr 1988 fielen zusätzliche Arbeiten an, die von der Klägerin nicht mehr geleistet werden konnten. Ab 1.1.1989 beträgt daher der monatliche Mehraufwand S 12.000,--. Unter Berücksichtigung der in den einzelnen Perioden festgestellten Mehraufwände errechnete das Erstgericht unter Abzug der jeweiligen monatlichen Witwenpension für das Jahr 1983 einen Mehraufwand von S 9.255,--, für das Jahr 1984 einen solchen von S 74.040,--, 1985 von S 78.960,--, 1986 S 75.240,--, 1987 S 70.272,--, 1988 S 67.896,--, 1989 S 92.916,--, 1990 ebenfalls S 92.916,-- und für den Monat Jänner 1991 einen Betrag von S 7.743,--. Innerhalb des von der Klägerin geltend gemachten Zeitraumes vom 13.11.1983 bis 31.1.1991 beträgt der so berechnete Mehraufwand der Klägerin S 569.238,--.

Bereits vor dem Unfall war geplant, daß der Ehegatte der Klägerin das Haus in H***** und die Wohnung in W***** entsprechend adaptieren bzw fertigstellen sollte. Die Klägerin ließ solche Arbeiten nun durch Professionisten durchführen. Dies erforderte Arbeitsmehrkosten im Betrag von S 238.560,--. Die Eigenersparnis durch Selbsteinkauf der Materialien hätte ingesamt S 48.082,20 betragen.

Die Klägerin und ihr Ehegatte hatten vor dem tödlichen Unfall ein etwa gleich hohes monatliches Einkommen. Der Ehegatte verdiente im Jahresdurchschnitt 1982 etwa S 15.900,-- netto monatlich, die Klägerin durchschnittlich netto S 16.877,--.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß der verstorbene Ehegatte im Rahmen seiner Unterhalts- und Beistandspflicht für die krankheitsbedingt behinderte Klägerin den Haushalt geführt habe und auch geführt hätte. Da auch Arbeitsleistungen für den Bau eines der Familie zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses dienenden Hauses der Charakter von zu ersetzendem Naturalunterhalt zukomme, seien der Klägerin auch die auf die geplanten Arbeiten entfallenden Arbeitskosten sowie die Kosten, die durch die Selbstbeschaffung von Material durch den Verstorbenen unterblieben wären, zuzusprechen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien Folge, ließ das erstgerichtliche Urteil im Feststellungsaussspruch als unangefochten bestehen, hob es aber in seinen übrigen Punkten, und zwar im Zuspruch eines Betrages von S 855.880,20 sA, einer monatlichen Rente von S 7.743,-- und im Kostenausspruch auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil in der Judikatur offen geblieben sei, welche Kriterien bei einem Doppelwohnsitz für die Grenzziehung zwischen noch und nicht mehr zum Unterhalt zählenden aber tatsächlich erbrachten Leistungen beim Ersatz nach § 1327 ABGB maßgeblich seien.

Es führte aus:

Die Rechtsprechung stehe jedenfalls auf dem Standpunkt, daß der anspruchsberechtigte Hinterbliebene nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt sein soll, als wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre. Gemäß § 1327 ABGB sei nicht nur auf die gesetzliche Unterhaltspflicht abzustellen, sondern seien vielmehr die tatsächlichen Unterhaltsleistungen maßgebend. Wie schon das Erstgericht unter Zitierung von Vorentscheidungen dargelegt habe, braucht der Hinterbliebene eine Verminderung des Umfanges der im Sinn des § 91 ABGB einvernehmlich gepflogenen Beistandsleistung nicht hinzunehmen. Ferner sei anerkannt, daß die Verschaffung einer angemessenen Wohnung dem Begriff der Unterhaltsleistung zu unterstellen ist. Da sich die Ehegatten im vorliegenden Fall unstrittig schon viele Jahre vor dem Tod des Ehemannes zwei Wohnmöglichkeiten schufen, sie auch abwechselnd je nach Wochentag und Jahreszeit benützten und die Vorteile des Wohnens in der Stadtwohnung einerseits und im Haus im Grünen andererseits je nach Jahreszeit ausnutzten, träte durch die Aufgabe des einen oder anderen Wohnsitzes eine auf der Hand liegende, ganz wesentliche Verschlechterung der Lebensqualität der Klägerin ein. Man sei im Todeszeitpunkt des Ehegatten nicht etwa erst dabei gewesen, eine neue Wohnmöglichkeit neben der bestehenden alten zu schaffen, der beschriebene Zustand sei vielmehr bereits zu einem festen und selbstverständlichen Bestandteil des Alltages der Ehegatten, der sogar ein wesentlicher Lebensinhalt war, geworden. Dies zeige die Tatsache, daß sie ihre sämtliche Freizeit im Haus in H***** verbrachten und dafür auf jeden sonstigen Urlaub verzichteten. Die Unterhaltung beider Wohnsitze habe ihrem konkreten Wohnstandard, den sie sich schon längst aufgebaut hatten und gemeinsam auch leisten konnten, entsprochen. Richtig sei zwar, daß die Klägerin auf Grund ihrer schweren Erkrankung und der damit verbundenen fortschreitenden Unbeweglichkeit die doppelte Haushaltsführung nicht mehr verkrafte und auch nicht imstande sei, Wohnung, Haus und Garten mit eigener Arbeitskraft im notwendigen Ausmaß zu pflegen und in gleichbleibend gutem Zustand zu erhalten. Da nach den erstgerichtlichen Feststellungen aber gerade dies durch die Arbeitskraft und den Arbeitseinsatz ihres verunglückten Mannes ermöglicht wurde und auch weiterhin ermöglicht werden sollte, komme es auf ihre persönliche Fähigkeit oder Unfähigkeit zu einer entsprechenden Betreuung beider Realitäten nicht an. Das Berufungsgericht billige daher die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß neben der Wohnung in W***** auch das Haus in H***** unter den Begriff der angemessenen Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Klägerin zu subsumieren sei.

Der Beurteilung der durch den Tod des Ehemannes entgangenen Arbeitsleistung als ersatzfähig im Sinn des § 1327 ABGB stehe nicht entgegen, daß allenfalls gleichzeitig ein Vermögenszuwachs damit verbunden sei, weil sich in solchen Fällen der Entgang von Unterhalt und der von Vermögenszuwachs nicht trennen lassen. Selbst wenn der Verstorbene die Gartenarbeit und die weitere Ausgestaltung des Hauses als seine "aktive Freizeitgestaltung" bzw sein Hobby und den Garten als "sein eigenes Revier" betrachtet hätte, so sei doch nicht zu bestreiten, daß der von ihm getriebene Aufwand zumindest auch der Klägerin zugute kam, die sich an der gepflegten Gartenanlage usw erfreuen konnte.

Der Ersatzanspruch für die Leistungen des Verstorbenen müsse aber dort seine Grenze finden, wo sie keinen erkennbaren Effekt mehr für die Erhaltung und Verbesserung der Lebensqualität haben, der Arbeitseinsatz bei vernünftiger Betrachtung überflüssig und nutzlos erscheint, nur der Freude an einem Hobby entspringt oder etwa die Zeitdauer für die erbrachten Leistungen deshalb so lange war, weil der Verstorbene überdurchschnittlich langsam, ungeschickt, unprofessionell usw arbeitete. Es könne zwar nicht zweifelhaft sein, daß die unstrittig vom Ehemann übernommene und mit fortschreitender Krankheit der Klägerin in immer größerem Umfang zu übernehmende Hausarbeit selbst bei rationeller Abwicklung etliche Stunden Zeit beanspruchte. Die Klägerin habe hiefür zunächst 22 Stunden und ab Beginn des Jahres 1989 42 Stunden (jeweils ohne Beheizen des Hauses in H***** und kleinere Verbesserungsarbeiten) im Monatsdurchschnitt veranschlagt. Dies wären ohnehin nur etwa fünf bzw zehn Stunden pro Woche, eine Zeit also, die insbesondere bei einem Doppelhaushalt eher knapp erscheine. Allerdings habe die Klägerin offenbar auf die noch während der gemeinsamen Haushaltsführung vom Ehemann aufgewendete Zeit abgestellt. Es stelle sich aber die Frage, wie sich die Berücksichtigung des Umstandes, daß sich der Zweipersonenhaushalt auf einen Einpersonenhaushalt reduzierte, auf die fiktiv vom Verstorbenen weiter aufgewendete Zeit ausgewirkt hätte (zB weniger waschen, bügeln, einkaufen usw).

Daß für das Beheizen eines Hauses mit festen Brennstoffen einschließlich Holzschneiden usw eine Arbeitszeit von durchschnittlich sieben Stunden im Monat und für kleinere Reparaturen eine solche von sechs Stunden anfällt, wie dies die Klägerin behauptete und das Erstgericht feststellte, sei allerdings nicht weiter in Zweifel zu ziehen. Hier wirke sich auch der Wegfall einer Person kaum zeitmindernd aus.

Hinsichtlich der von der Klägerin und dementsprechend vom Erstgericht veranschlagten auffallend hohen Stundenanzahl (65 im Monatsdurchschnitt, ds 15 pro Woche) allein für die Gartenarbeit bestünden allerdings Bedenken dahin, inwieweit diese nicht teilweise etwa nur mehr mit einer außerordentlichen Akribie des Ehepaares begründbar sind und weiters, ob der erzielte Effekt der tatsächlich aufgewendeten Zeit entspricht, noch dazu, wenn man berücksichtige, daß sich die Gartenarbeiten in der schönen Jahreszeit komprimierten.

Zu berücksichtigen sei weiters, daß der Verstorbene jetzt ungefähr 60 Jahre alt wäre und daher schon im Hinblick auf sein Alter fraglich sei, ob er die von der Klägerin kalkulierten, umfangreichen, zeitaufwendigen Arbeiten tatsächlich immerfort erbringen hätte können. Es sei auch durchaus fraglich, ob das Ehepaar nicht ohnehin auf eine außenstehende Hilfe zurückgreifen hätte müssen, zumal auch der Gesundheitszustand des Verstorbenen nicht immer als gleichbleibend angenommen werden könne. In diesem Sinn sei daher die in der Berufung geltend gemachte Rüge der erstgerichtlichen Feststellungen über die Zahl der zu honorierenden Stunden und der vom Verstorbenen noch zusätzlich durchgeführten Professionistenarbeiten, wenn er am Leben geblieben wäre, berechtigt. Das Verfahren erweise sich insoweit als mangelhaft, als das Erstgericht die sich diesbezüglich aufdrängenden Fragen an die einvernommenen Personen, insbesondere an die Klägerin nicht stellte und nicht auf eine entsprechende Klärung drang. Aber auch andere Positionen seien aufklärungsbedürftig. So habe der "Geräteschuppen" 96.840,-- S gekostet, erfordere aber angeblich noch weitere Kosten für Fertigstellungsarbeiten. Nach dem Foto sei aber dieser eher als bewohnbares Häuschen zu bezeichnen. Bislang sei unklar, worin das Bedürfnis nach einem solchen zusätzlichen, offenbar als Wohnzimmer in Verwendung stehenden Raum zu erklären sei, da die Klägerin doch ohnehin eine Wohnung und ein Haus zur Verfügung habe. Ähnlich verhalte es sich mit weiteren (vom Berufungsgericht im einzelnen besprochenen) Positionen, weshalb es noch einer näheren Aufbereitung des Prozeßstoffes bedürfe.

Schließlich sei die Witwenrente gemäß § 1327 ABGB mit der mutmaßlichen Lebensdauer des Getöteten zeitlich zu begrenzen. Der voraussichtliche natürliche Todeszeitpunkt sei vom Anspruchsberechtigten auch ohne diesbezüglichen Antrag des Gegners zu behaupten und zu beweisen. Eine entsprechende Begrenzung sei auch dann vorzunehmen, wenn der Gegner den Rentenanspruch nur ganz allgemein bestreitet, aber nicht ausdrücklich eine solche fordert. Zu dieser Frage fehlten überhaupt jegliche Anhaltspunkte, weshalb auch aus diesem Grunde das erstgerichtliche Urteil aufzuheben sei.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richten sich die Rekurse der Klägerin und der beklagten Parteien. Die Klägerin beantragt die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung mit der Maßgabe, daß die Rente bis 5.3.2005 zugesprochen werden möge; die beklagten Parteien beantragen, den Beschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und das Klagebegehren abzuweisen.

In den Rekursbeantwortungen beantragen die Parteien, den Rekurs der Gegenseite zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind nicht berechtigt.

Die klagende Partei wendet sich im wesentlichen dagegen, daß das Berufungsgericht das Erstgericht beauftragte, die auffallend hohe Anzahl der Stunden an Gartenpflege durch den Ehemann der Klägerin unter dem Gesichtspunkt ihrer tatsächlichen Erforderlichkeit näher zu durchleuchten, dessen Gesundheitszustand im Hinblick auf die weitere Leistungsfähigkeit zu erheben und die Umstände um den angeblichen Geräteschuppen zu klären. Die beklagte Partei steht auf dem Standpunkt, daß die Aufrechterhaltung des Zweitwohnsitzes in H***** keinen Unterhaltscharakter hatte und die Gartenarbeiten des Ehemannes der Klägerin überhaupt nicht als Leistung von Unterhalt angesehen werden können.

Die im Hinblick auf §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO knapp wiedergegebenen Rechtsmittelausführungen sind nicht stichhältig; hingegen erweist sich die damit bekämpfte Begründung des Berufungsgerichtes im wesentlichen für zutreffend, weshalb es im Sinne der genannten Bestimmungen genügt, darauf zu verweien. Dabei ist nur noch ergänzend festzuhalten, daß das Berufungsgericht zunächst mit Recht auf die bereits vorhandene und auch für die Beurteilung des vorliegenden Falles heranzuziehende ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verweist, wonach der anspruchsberechtigte Hinterbliebene nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt sein soll, als wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre. Da die im Fall der Tötung zustehenden Schadenersatzansprüche im § 1327 ABGB erschöpfend aufgezählt sind, kommt ein Ersatz für den Entgang dieser Leistungen nur im Rahmen des entgangenen Unterhalts in Betracht. Es ist daher nur aber eben auch insoweit Schadenersatz zu leisten, als die entgangenen Leistungen Unterhaltscharakter haben (vgl SZ 42/3; ZVR 1971/102 und 1976/271; EFSlg 36.208; 8 Ob 65, 66/85 ua). Gemäß § 1327 ABGB ist dabei nicht nur auf die gesetzliche Unterhaltspflicht abzustellen, sondern sind vielmehr die tatsächlichen Unterhaltsleistungen maßgebend, wenn sie nur einigermaßen mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht ins Verhältnis gesetzt und gerechtfertigt werden können (EFSlg 36.232; SZ 45/143; 8 Ob 143, 144/80 ua, siehe auch Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 22 zu § 1327). Ferner ist anerkannt, daß die Verschaffung einer angemessenen Wohnung dem Begriff der Unterhaltsleistungen zu unterstellen ist (ZVR 1976/271; EFSlg 36.207; 8 Ob 65, 66/85 ua). Dazu gehört auch unter Berücksichtigung der modernen Gesellschaftsverhältnisse die im vorliegenden Fall praktizierte Haltung zweier Wohnungen, wovon sich eine in der Stadt am Arbeitsplatz und die andere am Land mit der Möglichkeit der Erholung in frischer Luft und der gesunden Bewegung im Garten befindet, weshalb dem Berufungsgericht zuzustimmen ist, daß auch die Bewohnung des Hauses in H***** unter den Begriff der angemessenen Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Klägerin zu subsumieren ist.

Nach ständiger Rechtsprechung kann der Oberste Gerichtshof der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß ein Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist - richtige rechtliche Beurteilung vorausgesetzt - nicht entgegentreten. Soweit das Berufungsgericht daher für aufklärungsbedürftig ansah, ob und inwieweit die Gartenarbeiten des Ehemannes der Klägerin einer normalen Arbeitseinteilung entsprachen, wie sich die Arbeitskraft und damit die Leistungsfähigkeit des Genannten unter Berücksichtigung seines Lebensalters von 60 Jahren in Zukunft gestaltet hätte, welche Professionistenarbeiten von ihm überhaupt noch durchgeführt worden wären, in welchem Belang von einem Bedürfnis an der Vervollständigung des Geräteschuppens gesprochen werden könnte udgl, ist von der Sachverhaltsebene her nicht weiter in Frage zu stellen. Dabei ist allerdings nicht zu übersehen, daß die nähere Aufklärung der dargelegten Umstände auch aus rechtlichen Erwägungen erforderlich ist, um ein vollständiges Bild darüber zu erhalten, welche Leistungen des Ehemannes der Klägerin als solche Unterhaltsleistungen anzusehen sind, daß sie - entsprechend der oben zusammenfassend wiedergegebenen Judikatur und Literatur - zur Begründung des Schadenersatzanspruches nach § 1327 ABGB als maßgeblich beurteilt werden können. Die vom Berufungsgericht in der Begründung seines Ausspruches über die Zulässigkeit des Rekurses gebrauchte Formulierung, wonach nur ein "geradezu sinnloser Aufwand" des Unterhaltspflichtigen nicht mehr ersatzfähig im Sinne des § 1327 ABGB sei, schießt jedoch übers Ziel. Da sich diese Ansicht aber in den Erhebungsaufträgen an das Erstgericht nicht auswirkt und daran auch unter den oben dargelegten Aspekten nichts zu ändern vermag, war den Rekursen der Parteien gleichwohl der Erfolg zu versagen. Die Aufträge an das Erstgericht sind aber auf die Basis der bisherigen Rechtsprechung zu stellen, wonach bei dem Ersatz gemäß § 1327 ABGB nicht auf die gesetzliche Unterhaltspflicht allein abzustellen ist, sondern vielmehr die tatsächlichen Unterhaltsleistungen maßgebend sind, "wenn sie nur einigermaßen mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht ins Verhältnis gesetzt und gerechtfertigt werden können". In diesem Sinne werden als ersatzfähig wohl nur jene Leistungen des Ehemannes der Klägerin anzusehen sein, die erforderlich sind, um Haus und Garten in einem der Verkehrsübung entsprechenden Zustand zu erhalten.

Der Kostenausspruch beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

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