OGH 9ObA166/93

OGH9ObA166/938.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr.Gerald Traxler und Olga Makomaski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gisela T*****, Verkäuferin, ***** vertreten durch Dr.Kurt Klein und Dr.Paul Wuntschek, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Gerda H*****, Inhaberin der Kinderstube *****, vertreten durch Dr.Reinhard Tögl und Dr.Nicoletta Wabitsch, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 62.287.62 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.Februar 1993, GZ 8 Ra 115/92-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. Juni 1992, GZ 33 Cga 81/92-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.623,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 603,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Feststellung, daß die Beklagte (nachdem sie auf den verfehlten Kündigungstermin aufmerksam gemacht worden war) über Kündigungstermin und Kündigungsfrist nicht mehr diskutieren wollte, findet in der Aussage der Klägerin Deckung.

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Beklagte den gesetzwidrigen Kündigungstermin berichtigen durfte, zutreffend verneint. Es genügt daher insofern auf die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Den Ausführungen der Revisionswerberin ist folgendes zu erwidern:

Eine zeitwidrige Kündigung löst das Arbeitsverhältnis zum erklärten und nicht erst zum nächstzulässigen Kündigungstermin. Die Rechtsfolgen dieser Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind nach § 29 AngG und § 1162 b ABGB zu beurteilen (Schrank in FS Strasser 309 ff; Arb 9259 mwN; Arb 9866; 10.305 uva; RdW 1987, 96; infas 1990 H 2, A 33 ua). Die Kündigungserklärung ist so zu beurteilen, wie sie der Empfänger nach ihrem Wortlaut und dem Geschäftszweck bei objektiver Betrachtung verstehen konnte (Arb 9473; Arb 10.155 = JBl 1983, 559; ZAS 1982/11; DRdA 1983/19). Auf mit Willensmängel behaftete Kündigungen finden die §§ 869 bis 875 ABGB Anwendung, so daß solche Erklärungen wie jedes andere Rechtsgeschäft nach diesen allgemeinen Regeln angefochten werden können (Holzer, Irrtumsanfechtung bei zeitwidriger Kündigung im Arbeitsverhältnis JBl 1985, 82 ff; Arb 10.155). Sie können jedoch nur sofort oder mit Zustimmung des durch die Auflösung Betroffenen widerrufen werden (ZAS 1982/19; Arb 10.155 = JBl 1983, 559 ua). Nur wenn der Empfänger der Auflösungserklärung unzweifelhaft erkennen konnte, daß der Erklärende unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen wollte und die Angabe eines verfehlten Kündigungstermines sohin nur die Folge einer unrichtigen Wissenserklärung ist, kann eine Wirkung der Kündigung zum nächstzulässigen Kündigungstermin angenommen werden (Arb 10.155; ZAS 1982/11).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; die Klägerin hat zwar den (vermeintlichen) Irrtum der Beklagten erkannt und die Beklagte sogar darauf hingewiesen. Die Beklagte hat aber auf dem erklärten Kündigungstermin bestanden und diese Erklärung erst am 28.2.1992 widerrufen. Damit scheidet auch eine Irrtumsanfechtung aus, weil der Irrtum von der Beklagten selbst veranlaßt wurde; als sie darauf hingewiesen wurde, hat sie ihre bisherige Erklärung ausdrücklich aufrechterhalten, so daß sie die Kündigung auch nicht anfechten kann.

Bei dieser Sachlage kann auch die Frage, ob der Irrtum über den Kündigungstermin Motivirrtum (so JBl 1970, 536 = Arb 8669) oder Geschäftsirrtum (so ausführlich Holzer aaO 87 mwN) ist und ob die Anfechtung zur Beseitigung der Kündigung oder zur Anpassung führt (Holzer aaO 89 ff), auf sich beruhen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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