OGH 1Ob554/93

OGH1Ob554/932.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Arlamovsky und Dr. Michael Brunner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Schmautzer, Rechtsanwalt in Wien, unter Beitritt der Nebenintervenientin auf seiten der beklagten Partei ***** H***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Dieter Böhmdorfer ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 340.560,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 22. Februar 1993, GZ 4 R 278/92-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei und der Nebenintervenientin auf seiten der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. Juni 1992, GZ 28 Cg 801/91-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 340.560,-- samt 12 % Zinsen seit 3.8.1991 zu bezahlen, abgewiesen und die klagende Partei schuldig erkannt wird, binnen 14 Tagen an Prozeßkosten der beklagten Partei S 76.067,16 (darin enthalten S 11.057,86 Umsatzsteuer und S 9.720,-- Barauslagen) und der Nebenintervenientin auf seiten der beklagten Partei S 77.879,52 (darin enthalten S 11.359,92 Umsatzsteuer und S 9.720,-- Barauslagen) zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 26.972,76 (darin enthalten S 2.495,46 Umsatzsteuer und S 12.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin brachte vor, mit der Beklagten einen Alleinvermittlungsauftrag hinsichtlich der Vermittlung eines Bestandvertrages über die Vielzweckhalle in W*****, abgeschlossen zu haben. Aufgrund der Tätigkeit der Klägerin habe die Beklagte einen Mietvertrag abgeschlossen. Die Klägerin sei also verdienstlich geworden, und schulde die Beklagte an Provision S 340.560,- -.

Die Beklagte wendete ein, es seien ihr von mehreren Immobilienmaklern, so auch von der Klägerin, Betriebsobjekte angeboten worden. Die Beklagte habe lediglich ein von der Klägerin angebotenes Objekt in Aussicht genommen, welches aber nicht habe realisiert werden können. Das letztlich angemietete Betriebsobjekt in der Z*****gasse ***** sei von der Nebenintervenientin angeboten worden, die sich als Alleinvermittlerin deklariert habe. Infolge erfolgreicher Vermittlungstätigkeit der Nebenintervenientin sei an diese die vereinbarte Provision im Betrag von S 290.000,-- zuzüglich 20 % USt mit der Einschränkung bezahlt worden, daß die überwiegende Verdienstlichkeit am Zustandekommen des Mietvertrages auf seiten der Nebenintervenientin liege.

Die Nebenintervenientin schloß sich den Ausführungen der Beklagten an und ging mit diesen lediglich insoweit nicht konform, als sie die Behauptung aufstellte, es sei ihr kein Alleinvermittlungsauftrag erteilt worden. Sie sei aber aufgrund eines Vermittlungsauftrags tätig und für die Beklagte verdienstlich geworden, weshalb ihr der bereits bezahlte Provisionsanspruch zustehe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging davon aus, daß die Beklagte die Klägerin mit der Vermittlung von Gewerbeimmobilien zur Anmietung beauftragt habe. Unter anderem habe die Klägerin am 11.6.1991 der Beklagten das Objekt Z*****gasse ***** angeboten, wobei am 17.6.1992 infolge Unterfertigung des Anbots seitens der Beklagten die genaue Objektsadresse mit dem Hinweis, sich zwecks Besichtigung mit der Klägerin in Verbindung zu setzen, genannt worden sei. Die Beklagte habe das Anbot hinsichtlich des gegenständlichen Objektes weggeworfen, weil sie sich zunächst für ein anderes von der Klägerin angebotenes Objekt interessiert habe. Da ein Vertragsabschluß hinsichtlich dieser Liegenschaft nicht zustandegekommen sei, sei die Beklagte infolge eines Inserats der Nebenintervenientin auf das klagsgegenständliche Objekt aufmerksam geworden. Die Nebenintervenientin habe der Beklagten das Objekt Z*****gasse ***** am 24.6.1991 angeboten, es sei ein Besichtigungstermin vereinbart und schließlich ein Mietvertrag zwischen der Beklagten und dem Vermieter des genannten Objektes abgeschlossen worden. Das Anbot der Klägerin bezüglich der Mehrzweckhalle in der Z*****gasse ***** sei in Vergessenheit geraten. Dieser Umstand könne die Provisionspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin aber nicht beseitigen. Die Klägerin habe als erste den Mietgegenstand angeboten, und sei ihr lediglich aufgrund der mangelhaften Innenorganisation der Beklagten die Möglichkeit genommen worden, die Verhandlungen bezüglich der Anmietung des Objektes Z*****gasse ***** zu fördern und so zum Abschluß des Mietvertrages (weiterhin) beizutragen. Eine überwiegende Verdienstlichkeit der Nebenintervenientin liege nicht vor, da es deren Einschaltung bei korrekter Beachtung der Vertragsbeziehung zwischen den Streitteilen nicht bedurft habe. Der Klägerin gebühre daher die geltend gemachte Vermittlungsprovision.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der Beklagten und der auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenientin nicht Folge. Es sei zwar die Nebenintervenientin hinsichtlich des Mietvertragsabschlusses überwiegend verdienstlich geworden, sodaß nur sie grundsätzlich eine Provision gemäß § 8 IMV fordern könne. Die Streitteile hätten aber einen Alleinvermittlungsauftrag im Sinne des § 9 Abs. 1 Z 1 IMV geschlossen, mit welchem eine Provisionspflicht der Beklagten auch für den Fall des vorzeitigen Widerrufs bzw. des Abschlusses des im Auftrag bezeichneten Rechtsgeschäftes allein oder mit Hilfe eines anderen Immobilienmaklers ausdrücklich vereinbart worden sei. Der Klägerin stehe die Provision daher gemäß § 9 Abs. 1 IMV zu.

Die Revision der Beklagten ist berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Im Geschäftszweig der Immobilienmakler begründet die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit den Provisionsanspruch des Vermittlers, ohne daß es noch einer weiteren Zuführungs- oder Vermittlungstätigkeit auf seiner Seite bedürfte. Der Provisionsanspruch hat darüber hinaus zur Voraussetzung, daß die Tätigkeit des Realitätenvermittlers für den Abschluß des Rechtsgeschäfts kausal und verdienstvoll war (JBl. 1988, 181; WBl. 1990, 352; MietSlg. 35.707; MietSlg. 34.629). Provisionspflichtig ist der Auftraggeber des Immobilienmaklers, der mit ihm ausdrücklich oder schlüssig einen Maklervertrag abgeschlossen hat (JBl. 1991, 727; JBl. 1988, 181). Ein Verstoß gegen die in der IMV umschriebenen Ausübungsregeln, insbesondere gegen § 4 Abs. 1 Z 1 IMV, wonach sich Immobilienmakler im Geschäftsverkehr mit den Auftraggebern dann standeswidrig verhalten, wenn sie nicht im Einverständnis mit den Verfügungsberechtigten Vermittlungen anbieten oder durchführen, vermag die Rechtswirksamkeit eines zustandegekommenen Vermittlungsauftrages nicht auszuschließen, und bringt ein Zuwiderhandeln gegen diese Ausübungsregeln den Provisionsanspruch nicht zum Erlöschen (SZ 56/15; vgl. JBl. 1991, 727). Da es also für die Rechtswirksamkeit des zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Vermittlungsauftrages bedeutungslos ist, ob die Klägerin den im § 4 IMV festgelegten Ausübungsregeln entsprochen hat, stellt sich die Frage, ob ihr aufgrund des zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses aufrechten Vermittlungsauftrages eine Provision gebührt.

Im vorliegenden Fall waren zwei Immobilienmakler - die Klägerin und die Nebenintervenientin - an der Vermittlung beteiligt. Grundsätzlich darf nur jener vom Auftraggeber eine Provision oder sonstige Vergütung verlangen, dessen Verdienstlichkeit an der Vermittlung überwog oder - falls keine überwiegende Verdienstlichkeit eines Immobilienmaklers an der Vermittlung gegeben ist - der ihm als erster den Partner des Geschäftes genannt hat (JBl. 1988, 181; MietSlg. 35.718; MietSlg. 34.643; SZ 60/85). Bei Beurteilung der Frage, ob im Falle der Beteiligung mehrerer Immobilienmakler an der Vermittlung die Verdienstlichkeit eines von ihnen überwiegt, ist auf ihre für das Zustandekommen des zu vermittelnden Geschäftes ursächliche und verdienstliche Tätigkeit abzustellen (MietSlg. 34.643). Aufgrund des Umstands, daß die Klägerin lediglich - wenn auch als erste - den Partner des zu vermittelnden Rechtsgeschäftes genannt hatte, die Nebenintervenientin aber alle weiteren Tätigkeiten, die letztlich zum Zustandekommen des Mietvertrages führten, vornahm, ist das Berufungsgericht richtigerweise zu der Ansicht gelangt, daß die überwiegende Verdienstlichkeit am Mietvertragsabschluß auf seiten der Nebenintervenientin gelegen sei und lediglich diese - ginge man nur von der Bestimmung des § 8 IMV aus - von der Beklagten Vermittlungsprovision fordern könne.

Nun hat die Klägerin behauptet, es sei ihr ein Alleinvermittlungsauftrag erteilt worden. Ein solcher unterscheidet sich vom gewöhnlichen Maklerauftrag dadurch, daß einerseits der Auftraggeber auf sein Widerrufsrecht auf bestimmte, nicht zu lange Zeit verzichtet, den Makler aber die Verpflichtung trifft, sich nach Kräften für die Ausführung des Auftrages einzusetzen. Im Falle eines Alleinvermittlungsauftrages kann gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 lit. b IMV eine Provision auch ohne Verdienstlichkeit am Abschluß des im Vermittlungsauftrag bezeichneten Rechtsgeschäftes dann vorgesehen werden, wenn der Auftraggeber innerhalb der vereinbarten Frist unter anderem das im Alleinvermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft allein oder mit Hilfe eines anderen Immobilienmaklers abschließt. Die bloße Verwendung des Ausdruckes Alleinvermittlungsauftrag im Vertrag reicht noch nicht aus, um in einem solchen Falle eine Provisionspflicht des Auftraggebers bejahen zu können. Eine solche Verpflichtung muß vielmehr im Auftrag vorgesehen, d.h. ausdrücklich vereinbart sein (SZ 53/117 = EvBl. 1981/73; MietSlg. 32.594). Die Verpflichtung zur Provisionszahlung wurde im vorliegenden Fall zwar auch für den Fall, daß das angebotene Objekt „zu anderen Konditionen“ innerhalb von drei Jahren gemietet werde, vereinbart. Es fehlt aber eine ausdrückliche Vereinbarung darüber, daß die Provision auch dann zu bezahlen sei, wenn das im Alleinvermittlungsauftrag bezeichnete Rechtsgeschäft mit Hilfe eines anderen Immobilienmaklers abgeschlossen wird (§ 9 Abs. 1 Z 1 lit.b IMV). Dies hätte aber im zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrag vorgesehen werden müssen, um trotz überwiegender Verdienstlichkeit der Nebenintervenientin einen Provisionsanspruch der Klägerin zu begründen (vgl. MietSlg. 32.591).

In Stattgebung der Revision ist das Klagebegehren daher abzuweisen.

Die Entscheidung über die Prozeßkosten gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte