Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.471,80 (darin enthalten S 1.245,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 9.7.1990 wurde der klagenden Partei zur Hereinbringung von S 300.000,- s.A. die Exekution durch Pfändung und Überweisung der Forderung der Firma M*****gesellschaft mbH kurz: M***** Gesellschaft gegen die Beklagte auf Einzahlung der noch unberichtigten Stammeinlage bewilligt.
In der am 29.11.1985 beim Handelsregister überreichten Liste der Gesellschafter der M***** Gesellschaft scheinen die Beklagte mit einem Gesellschaftsanteil von S 315.000,-, auf den S 157.500,-
eingezahlt waren, sowie Gerhard B***** und Rudolf M***** auf. Mit Notariatsakt vom selben Tag hatte die Beklagte den Gesellschaftsanteil von S 315.000,- des Rudolf M***** als verdeckte Treuhänderin im eigenen Namen und für dessen Rechnung übernommen. Bis 10.8.1987 war Rudolf M***** Geschäftsführer, ab diesem Zeitpunkt Gerhard B*****. Mit Saldenbestätigung vom 11.3.1988 erklärte die Gesellschaft mbH, daß Rudolf M***** im Zeitraum vom 29.9.1987 bis 10.3.1988 insgesamt S 171.245,56 an die Gesellschaft gezahlt habe. Dieser Betrag werde auf den noch ausstehenden Rest der Stammeinlage des Rudolf M***** in Höhe von S 157.500,- angerechnet. Sämtliche dieser Saldenbestätigung zugrundeliegenden Zahlungen wurden in bar abgewickelt. Am 8.4.1988 stellte die GesmbH den Antrag auf Konkurseröffnung, der mit Beschluß vom 11.5.1988 mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde.
Die klagende Partei begehrt mit ihrer Drittschuldnerklage den Betrag von S 157.500,- als restlichen aushaftenden Geschäftsanteil der Beklagten als Gesellschafterin der GesmbH. Bei der Saldenbestätigung vom 11.3.1988 handle es sich um eine rückdatierte Scheinbestätigung. Eine allenfalls damit erklärte Aufrechnung sei wirkungslos, weil die Forderung nicht vollwertig gewesen sei. Die GesmbH sei bereits ab 1986 zahlungsunfähig gewesen.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ein, daß die GesmbH bereits aufgelöst worden, daß sie selbst bloß Treuhänderin des Rudolf M***** gewesen und daß die restliche Stammeinlage laut Saldenbestätigung zur Gänze eingezahlt worden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die beweispflichtige klagende Partei habe den Einwand der Beklagten, daß die Forderung durch Einzahlung ihres Treugebers bzw. durch Anrechnung dessen Zahlungen auf die Einlage zur Gänze erloschen sei, nicht entkräften können. Die Judikatur zum Aufrechnungsverbot spreche jene Fälle an, in denen die Leistung des Gesellschafters gerade nicht in Barzahlung bestehe. Selbst wenn daher die GesmbH in dem Zeitraum, in dem die Bareinzahlungen des Rudolf M***** erfolgt seien, zahlungsunfähig gewesen seien sollte, wären die Zahlungen zur Gänze auf den Geschäftsanteil anzurechnen. Ansonsten könnte der Gesellschafter seine Einlage ab Eintritt der Insolvenz nicht haftbefreiend einzahlen. Daß Rudolf M***** die Zahlungen aus anderen Schuldigkeiten geleistet und wegen drohender Insolvenz umgewidmet hätte, habe die klagende Partei weder behauptet noch bewiesen.
Das Gericht zweiter Instanz änderte das Urteil im Sinn einer Klagsstattgebung ab und erklärte die Revision für zulässig. Es vertrat zusammengefaßt die Ansicht, daß nicht die klagende Partei für das Nichterlöschen, sondern die Beklagte für das Erlöschen der Forderung beweispflichtig sei. Es hätte daher die Beklagte beweisen müssen, daß die Zahlungen des Rudolf M***** in einem offenkundigen Bezug gerade zur Schuld der Beklagten gestanden wären. Nicht nur eine in der Anrechnungsvereinbarung allenfalls zu erblickende einverständliche Kompensation, sondern auch eine allfällige Umwidmung früherer Zahlungen des Rudolf M***** als auch deren erstmalige Widmung widersprächen dem Kompensationsverbot des § 63 Abs 3 zweiter Satz GesmbHGesetz. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, die von der klagenden Partei bestrittene Vollwertigkeit allfälliger Forderungen des Rudolf M***** im Zeitpunkt der Vereinbarung vom 11.3.1988 zu beweisen. Das Treuhandverhältnis zwischen der Beklagten und dem Zeugen Messer bewirke keine Änderung der Rechtslage. Demnach stehe der klagenden Partei als Überweisungsgläubigerin der Anspruch auf die restliche Stammeinlage gegen die Beklagte zu, ohne daß es einer förmlichen Einforderung nach dem GesmbHGesetz bedurft hätte.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Revision bekämpft lediglich die Ansicht des Berufungsgerichtes als unrichtig, daß eine zulässige Aufrechnung generell die Vollwertigkeit der Forderung des Gesellschafters voraussetze. Die Ansicht des Berufungsgerichtes würde dazu führen, daß Barzahlungen von Gesellschaftern in Höhe des aushaftenden Teiles ihrer Stammeinlage bei bestehender Insolvenz nur mehr zu einem Bruchteil auf den Geschäftsanteil angerechnet würden und der Gesellschafter somit ab Eintritt der Insolvenz seine Einlage nicht mehr haftbefreiend einzahlen könnte. Es sei daher entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes eine rechtswirksame Aufrechnung mit Forderungen, die auf die aushaftende Stammeinlage der Beklagten angerechnet werden sollte, erfolgt.
Die in der Revision vertretene Ansicht, derartige Aufrechnungserklärungen der Gesellschaft müßten auch noch im Fall ihrer Insolvenz gelten, widerspricht dem Zweck der Vorschrift des § 63 Abs 3 GesmbHG, im Gläubigerinteresse die Aufbringung des statutarischen Haftungsfonds zu sichern. Die in der Revisionsschrift wiedergegebene Auffassung des Erstgerichtes, daß andernfalls Zahlungen auf die Stammeinlagen ab Eintritt der Insolvenz nicht mehr schuldbefreiend erfolgen könnten, läßt sich aus den rechtlichen Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz in keiner Weise ableiten.
Nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre kann zwar die Gesellschaft trotz des Verbotes des § 63 Abs 3 GesmbHG einseitig aufrechnen oder auch einen Aufrechnungsvertrag schließen. Die Zulässigkeit dieser Aufrechnung setzt aber insbesondere voraus, daß die Gesellschaft dadurch eine vollwertige Leistung erhält, weil ein sinnloses Hin- und Herschieben von Geldbeträgen nicht verlangt wird. Reicht aber das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsschulden nicht aus, ist die Gesellschaft überschuldet oder zahlungsunfähig, so ist die Vollwertigkeit der Forderung des Gesellschafters nicht gegeben und eine Aufrechnung durch die Gesellschaft ausgeschlossen (SZ 40/168, SZ 42/6, SZ 56/37, GesRZ 1981, 230, 4 Ob 540, 1517, 1518/89; Kastner-Doralt-Nowotny Gesellschaftsrecht5 428; Reich-Rohrwig GmbH Recht 585, Kostner-Umfahrer, GesmbH-Recht, Rz 604).
Daß die M***** Gesellschaft im Zeitpunkt der festgestellten Vereinbarung ("Saldenbestätigung"), auf die es hiebei ankommt (SZ 40/168 GesRZ 1981, 230), trotz des Umstandes, daß von ihr kurz danach die Konkurseröffnung beantragt, der Antrag aber mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen wurde, ausreichend Kapital besessen hätte, um alle ihre Gesellschaftsschulden zu befriedigen, wurde und wird von der Beklagten nicht einmal behauptet. Sie ließ vielmehr das Vorbringen der klagenden Partei über die mangelnde Vollwertigkeit der Forderung unbekämpft und verwies hiezu lediglich auf ihre Rechtsansicht, daß diese Frage ohne Belang sei. Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen der Vollwertigkeit der Forderung trifft aber, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, die sich auf die Erfüllung berufende Beklagte (SZ 22/161; RdW 1987, 161; ZfRV 1992, 468; Fasching ZPR2 Rz 882, 883; Reischauer in Rummel2 II Rz 7 zu § 1298 ABGB; Reich-Rohrwig aaO).
Da die Beklagte in ihrer Revision selbst davon ausgeht, daß die Vereinbarung vom 11.3.1988 eine Aufrechnung beeinhalte und in ihrer Revisionsschrift ausschließlich den Rechtsgrund der wirksamen Aufrechnung zur Abwehr des Klagebegehrens aufrecht hält, erübrigt es sich, auf die anderen vom Berufungsgericht in Erwägung gezogenen Auslegungsmöglichkeiten der zu beurteilenden "Saldenbestätigung" und deren jeweilige rechtliche Konsequenz einzugehen (EvBl 1985/154). Daß die Stellung der Beklagten als Treuhänderin des Rudolf M***** an ihrer Zahlungspflicht nichts ändert und diese nicht von einer förmlichen Einforderung der ausständigen Einlage abhängt, wird in der Revision nicht in Zweifel gezogen, sodaß auf die auch insoweit zutreffenden Ausführungen des Gerichtes zweiter Instanz verwiesen werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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