OGH 3Ob530/93

OGH3Ob530/932.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Pflegschaftssache 1.) des am 26.Juni 1978 geborenen Alexander L***** und 2.) der am 24.November 1979 geborenen Tamara L*****, beide *****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt, Klagenfurt, Völkermarkter Ring 19, als Sachwalter, wegen Erhöhung des Unterhalts, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Manfred L*****, derzeit arbeitslos, Klagenfurt, Völkermarkter Straße 65/3/5, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 30. April 1993, GZ 1 R 239/93-117, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 2.April 1993, GZ 4 P 8/87-114, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:

"Manfred L***** ist schuldig, seinen Kindern Alexander und Tamara L***** ab 18.1. 1993 bis zum Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit zusätzlich zu den ihnen mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 2.3.1990, GZ 4 P 8/87-84, zuerkannten monatlichen Unterhaltsbeträgen von je 1.300 S einen weiteren Unterhaltsbetrag von je 400 S und somit insgesamt monatliche Unterhaltsbeträge von je 1.700 S zu Handen der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt, und zwar die bereits fällig gewordenen Beträge innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses und die in Zukunft fällig werdenden Beträge am Ersten eines jeden Monats im vorhinein, zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die monatlichen Unterhaltsbeträge auch für Zeit vom 1.8.1992 bis 17.1.1993 um 400 S je Kind zu erhöhen, wird abgewiesen."

Text

Begründung

Der Revisionsrekurswerber hat seinen am 26.6.1978 geborenen ehelichen Sohn und seiner am 24.11.1979 geborenen ehelichen Tochter auf Grund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 2.3.1990 einen monatlichen Unterhaltsbetrag von je 1.300 S zu zahlen. Auf Grund eines entsprechenden Antrags der Kinder erhöhte das Erstgericht diese Beträge ab 1.8.1992 auf je 1.700 S im Monat. Es stellte hiezu im wesentlichen folgendes fest:

Der (am 29.5.1952 geborene) Vater der Kinder, der noch für einen am 3.6.1984 geborenen, mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Sohn zu sorgen hat, war während der letzten 15 Jahre als Hilfsarbeiter, Fahrverkäufer und Hausbesorger beschäftigt. Vom 18.2. bis 28.4.1992 bezog er die Notstandshilfe in der Höhe von 188,50 S täglich. In der Zeit vom 25.5. bis 1.7.1992 bezog er als Bauhilfsarbeiter einschließlich der Sonderzahlungen ein Nettoeinkommen von 12.392 S im Monat. Anfangs Juli 1992 wurde er entlassen, weil er nicht zur Arbeit erschien. Seit 30.7.1992 bezieht er wieder die Notstandshilfe, die im Jahre 1992 188,50 S täglich betrug und seit 1.1.1993 196,10 S täglich beträgt. Dem Vater der Kinder wurden in der Zeit vom 1.8.1992 bis 12.1.1993 vom Arbeitsamt 12 Stellen angeboten. Er wurde jedoch von keinem der Dienstgeber beschäftigt, weil sie sich für andere Bewerber entschieden. Er konnte nicht nachweisen, ob und welche Bemühungen er seit seiner Entlassung im Juli 1992 unternommen hat, um wieder ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Im Jänner 1993 wurde ihm vom Arbeitsamt ein Arbeitsgeber genannt, der mit ihm mit Wirkung ab 18.1.1993 einen unbefristeten Arbeitsvertrag abschloß. Als Entgelt für die Tätigkeit als Lagerarbeiter wurde ein Stundenlohn von 72,50 S brutto bei einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden vereinbart. Der Vater der Kinder erschien wohl am Arbeitsplatz, verließ diesen jedoch nach einer halben Stunde ohne Angabe von Gründen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht dieser Sachverhalt dahin, daß der Vater der Kinder gegen seine Pflichten verstoßen habe. Er habe außer seiner Meldung beim Arbeitsamt nichts unternommen, um einen Arbeitsplatz zu finden, und habe den schließlich mit Erfolg angebotenen Arbeitsplatz wieder verlassen. Er könne daher auf einen ihm nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten zumutbaren Beruf angespannt werden. In einem solchen Beruf könnte er im Durchschnitt etwa 12.000 S bis 15.000 S im Monat verdienen. Dies würde ihm trotz seiner weiteren Sorgepflicht die begehrte, noch unter dem Unterhaltsbedarf der Kinder liegende monatliche Zahlung von 1.700 S je Kind ermöglichen.

Das Rekursgericht gab dem vom Vater der Kinder gegen diesem Beschluß des Erstgerichtes erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Notstandshilfe, die der Vater beziehe, lasse zwar die vom Erstgericht festgesetzte Erhöhung des Unterhalts nicht zu. Der Vater sei aber vom Erstgericht mit Recht auf ein monatliches Einkommen von 12.000 S angespannt worden, weil er sich nach seinen eigenen Angaben nicht bemüht habe, einen Arbeitsplatz zu finden und das bereits eingegangene Arbeitsverhältnis wieder beendet habe. Die Kinder hätten Anspruch auf je 17 % (= 20 % minus 2 % wegen der Sorgepflicht für ein Kind im Alter von über 10 Jahren und 1 % wegen der Sorgepflicht für ein Kind im Alter von unter 10 Jahren) des demnach jedenfalls mit 12.000 S netto im Monat anzunehmenden Einkommens, weshalb dem Erhöhungsantrag zu Recht Folge gegeben worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Vater der Kinder gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Das Rekursgericht ist unzutreffend davon ausgegangen, daß der Revisionsrekurswerber angab, er habe sich nicht selbst bemüht, eine Arbeitsstelle zu finden. Er hat nämlich sowohl in seiner Stellungnahme zum Erhöhungsantrag der Kinder vorgebracht als auch bei seiner Vernehmung am 12.1.1993 angegeben, daß er sich neben der Meldung beim Arbeitsamt hierum auch persönlich, wenn auch erfolglos, bemüht habe. Dieser Umstand ist hier aber ohne Bedeutung. Der Oberste Gerichtshof hat zwar schon mehrfach ausgesprochen, daß es bei einer vom Unterhaltspflichtigen verschuldeten Entlassung darauf ankommt, ob er sich sodann über die bloße Anmeldung beim Arbeitsamt hinaus in jeder ihm zumutbaren Weise um die Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes tatkräftig bemüht hat (EFSlg 65.196; ÖA 1992, 55; ÖA 1991, 142 ua). Dem Revisionsrekurswerber wurden aber ohnedies vom Arbeitsamt in einem Zeitraum von bloß etwas mehr als fünf Monaten 12 mögliche Dienstgeber genannt und es kam trotzdem ohne sein Verschulden nicht zum Abschluß von Arbeitsverträgen. Unter diesen Umständen kann aber mangels eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, daß zusätzliche persönliche Bemühungen, einen Arbeitsplatz zu finden, von Erfolg begleitet gewesen wären. Dem Revisionsrekurswerber könnte es daher gegebenenfalls nicht angelastet werden, daß er solche Bemühungen nicht unternommen hat. Selbst wenn man also im Sinn der Annahme der Vorinstanzen hievon ausgeht, ist es nicht gerechtfertigt, ihm vor dem 18.1.1993 zur Leistung eines höheren als des ihm mit dem Beschluß vom 2.3.1990 auferlegten, seinem tatsächlich bezogenen Einkommen entsprechenden Unterhaltes zu verpflichten.

Ab 18.1.1993 ist der Antrag der Kinder hingegen berechtigt, weil feststeht, daß der Revisionsrekurswerber von diesem Tag an seine Pflicht, ein ihm zumutbares Einkommen zu erzielen, verletzt hat. Im übrigen genügt es in diesem Zusammenhang, auf die zutreffende Begründung des Rekursgerichtes hinzuweisen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

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