OGH 13Os82/93

OGH13Os82/932.6.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juni 1993 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Markel, Dr.Mayrhofer und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Hautz als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl H***** wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.November 1992, GZ 2 a Vr 1586/92-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.November 1943 geborene Vertragsbedienstete Karl H***** des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach den §§ 15, 201 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 18.Dezember 1991 in Wien Isabella F***** mit Gewalt, indem er ihr Schläge und Tritte versetzte, sie würgte und an den Haaren riß sowie durch gefährliche Drohung, indem er sagte: "Wenn du mir keinen bläst, dann bring ich dich um", zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, nämlich zur Durchführung eines Mundverkehrs zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung (S 128) gestellten Beweisantrages auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens über die "psychische Verfassung der Zeugin F*****, insbesondere zum Beweise dafür, daß diese auf Grund ihrer leichten psychischen Störung ein gestörtes Erlebnisbewußtsein hat und nicht fähig und in der Lage ist, die Vorfälle des inkriminierten Tages zu erfassen und der Realität entsprechend wiederzugeben".

Die Rüge versagt.

Die gerichtsärztliche Untersuchung eines Zeugen auf seinen Geisteszustand, die grundsätzlich nur unter denselben Voraussetzungen wie die des Beschuldigten in Betracht kommt (§ 134 StPO), setzt voraus, daß objektive Momente die geistige Gesundheit und damit die Wahrnehmungs- und Aussagefähigkeit des Zeugen in Frage stellen, und daß das Vorliegen solcher Gründe für die Untersuchung dargetan wird (vgl. Mayerhofer-Rieder, StPO3, § 281 Z 4 ENr. 113). Davon kann hier, wie das Schöffengericht im Ergebnis zutreffend aussprach, keine Rede sein. Aus dem im Akt 1 SW 16/90 des Bezirksgerichts Floridsdorf erliegenden Gutachten des Sachverständigen Dr.Walter Salzmann (ON 9 des erwähnten Aktes), auf das sich der Beschwerdeführer sowohl anläßlich der Stellung des Beweisantrages als auch in der Beschwerdeschrift beruft und das in der Hauptverhandlung verlesen wurde (S 125), ergeben sich keine Anhaltspunkte, die die Wahrnehmungs- und Aussagefähigkeit der Zeugin Isabella F***** in Frage stellen könnten. Nach diesem Gutachten ist die geistige Leistungsfähigkeit der Genannten herabgesetzt, ihre hervorstechendste Eigenschaft ist die absolute Vertrauensseligkeit auch zu fremden Personen, wobei sie sich hier als Schutz lediglich auf ihr Gefühl, nicht aber auf intellektuelle Faktoren verlassen kann. Auf Grund ihrer harmlosen Gutgläubigkeit besteht nach Ansicht des Gutachters auch die Gefahr, daß die Zeugin in jeder Hinsicht mißbraucht werden kann. Damit hat das Schöffengericht aber mit Recht die Auffassung vertreten, es fehle hier an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Beiziehung eines Psychiaters zur Begutachtung der Wahrnehmungs- und Aussagefähigkeit der Zeugin. Durch die Abweisung des Beweisantrages wurde der Angeklagte in seinen Verfahrensrechten somit nicht beeinträchtigt.

Der mit Schriftsatz vom 3.Juni 1992 (ON 9) gestellte Beweisantrag auf Vernehmung der Zeugin N.H***** wurde in der mit Urteil zum Abschluß gebrachten Hauptverhandlung am 10.November 1992 nicht ausdrücklich wiederholt, sodaß es an den formellen Voraussetzungen für eine Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes fehlt (Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 1).

Auch der Mängelrüge kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht durch die Konstatierung einerseits, daß Isabella F***** in ihrer geistigen Leistungsfähigkeit herabgesetzt sei und der Annahme andererseits, daß diese aber nicht geisteskrank, geistesschwach oder in einem ähnlichen psychischen Zustand sei, keineswegs Tatsachen festgestellt, die einander logisch ausschließen und daher nicht nebeneinander bestehen können, sodaß der in der Beschwerde behauptete innere Widerspruch des Urteils in Wahrheit nicht vorliegt.

Nicht entscheidungswesentlich und daher nicht näher zu erörtern war der Umstand, daß die Zeugin F***** in der Hauptverhandlung am 9.Juli 1992 sich zunächst nicht erinnern konnte, ob sie mit einem "Wolfgang" in der Lobau Geschlechtsverkehr hatte (S 98). Dieser Umstand schließt die Annahme der Täterschaft des Angeklagten in keiner Weise aus.

Soweit die Rüge die ausführlichen Überlegungen des Erstgerichts zur Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin Isabella F***** (US 6-8) nur als Scheinbegründung bezeichnet und aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens den Schluß gezogen haben will, daß diese Zeugin den Angeklagten der inkriminierten Handlung zu Unrecht belaste, erschöpft sich dieses Vorbringen in einer unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung der Tatrichter.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft fällt demnach in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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