OGH 2Ob534/93

OGH2Ob534/9327.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard U*****, vertreten durch Dr.Gottfried Fresacher, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Josef R*****, vertreten durch Mag.Dr.Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 211.851,35 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 26. Jänner 1993, GZ 1 R 217/92-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 3.August 1992, GZ 27 Cg 94/92-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 31.3.1964 verstorbene Simon R***** und die am 11.5.1991 verstorbene Anna R***** waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 51 KG K**********. Am 21.2.1964 errichteten sie ein wechselseitiges Testament, in dem sie einander zu Alleinerben einsetzten. Nach ihrer beider Ableben bestimmten sie den außerehelichen Sohn der Anna R*****, den Beklagten, zum Nacherben. Dieser sollte das dem jeweiligen Ehepartner vermachte und auch das jeweils eigene Vermögen der Testierenden erhalten. Gleichzeitig bestimmten sie "für den Fall des Ablebens von uns beiden" dem am 29.11.1962 geborenen Kläger ein Vermächtnis von S 100.000,--, wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex I, Stand 9.Jänner 1964 von 116,8, das der Nacherbe dem Kläger "binnen einem halben Jahr nach dem Ableben des Überlebenden von uns beiden bar auszubezahlen" habe. Simon R***** verstarb am 31.3.1964. Sein Nachlaß wurde am 9.3.1966 der Anna R***** mit der Beschränkung der durch die letztwillige Verfügung angeordneten fideikommissarischen Substitution zugunsten des Beklagten und seines am 3.6.1957 geborenen Sohnes Walter R***** eingeantwortet. In der Einantwortungsurkunde wurde auf der gesamten Liegenschaft EZ 51 KG K***** die Einverleibung des Pfandrechtes des Klägers für die Vermächtnisforderung von 100.000,-- S angeordnet.

Dieses Pfandrecht des Klägers über 100.000,-- S wurde sodann auf der Liegenschaft EZ 51 der KG K********** und in der Folge nach deren Teilung dort als Haupteinlage und in EZ 606 derselben KG als Nebeneinlage einverleibt.

Durch die Übergabsverträge vom 23.3.1966, 9.10.1968 und die Nachträge vom 5.11.1971 und 8.10.1973 erwarb der Beklagte von Anna R***** die Liegenschaften EZ 51 und 606 der KG K*****. Im Übergabsvertrag vom 23.3.1966 hielten die Parteien die Pfandrechte (unter anderem für die Vermächtnisforderung des Klägers) fest. Weiters wurde festgelegt, daß somit "der Übernehmer für diese Hypotheken sachlich mit dem Übergabsobjekt" haftet, "ohne daß sich hiebei am persönlichen Schuldverhältnis der Vertragsparteien gegenüber den Hypohekargläubigern etwas ändert". Im Nachtrag vom 8.10.1973 wurde festgelegt, daß "hinsichtlich der Substitution zugunsten des Herrn Josef R*****...die Erfüllung durch diesen Vertrag gegeben" sei, und daß das Pfandrecht für die Vermächtnisforderung des Klägers von 100.000,-- S hafte und "diese noch zur Gänze offene Forderung von Herrn Josef R***** zur alleinigen Zahlung übernommen" werde. Der Beklagte verpflichtete sich, hinsichtlich der übernommenen Forderung die Übergeberin klag- und schadlos zu halten. Als Gegenleistung hat der Beklagte der Übergeberin eine Leibrente geleistet und unter anderem auch die Forderungen des Finanzamtes bezahlt.

Am 11.12.1981 wurden an den Kläger S 100.000,-- überwiesen. Am 5.3.1982 unterfertigte er eine vom damaligen Vertreter des nunmehrigen Beklagten vorbereitetete Löschungsquittung zur Lastenfreistellung der Liegenschaften EZ 51 und 606 der KG K***** von den zugunsten seiner Vermächtnisforderung angemerkten Pfandrechten, in der er "infolge vollständiger Bezahlung der Forderung" diese Zustimmung erteilt.

Mangels Vermögens fand eine Verlassenschaftsabhandlung nach Anna R***** nicht statt, der Beklagte hat diese Erbschaft nicht angenommen.

Mit der am 17.4.1992 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger die nicht geleistete Wertsicherung in der Höhe von S 211.851,35 mit der Begründung, der Beklagte habe durch mehrere Verträge von Anna R***** deren Liegenschaftsvermögen übernommen, er habe sich auch zur alleinigen Zahlung der Vermächtnisforderung verpflichtet.

Der Beklagte wendete ein, er sei weder der Erbe nach Anna noch nach Simon R*****, er habe auch kein persönliches Zahlungsversprechen abgegeben und keine persönliche Haftung übernommen. Von einer Wertsicherung habe er keine Kenntnis gehabt. Durch die Fertigung der Löschungsquittung habe der Kläger auf die Geltendmachung weiterer Forderungen aus seinem Vermächtnis verzichtet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Beklagte habe bei Übergabe der Liegenschaft Gegenleistungen erbracht, eine persönliche Haftungsübernahme sei nicht erfolgt.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Die vom Erstgericht getroffene Feststellung, der Beklagte habe erst nach dem Ableben seiner Mutter von der Wertsicherung des dem Kläger vermachten Legates erfahren, wurde vom Berufungsgericht nicht übernommen, jedoch wurden im wesentlichen folgende weitere Feststellungen getroffen:

In einer vom Beklagten eigenhändig gefertigten Eingabe an das Verlassenschaftsgericht im Verfahren nach dem am 31.3.1964 verstorbenen Simon R***** wird ausdrücklich dargestellt, daß im wechselseitigen Testament vom 21.2.1964 dem nunmehrigen Kläger "ein Vermächtnis von S 100.000,-- wertgesichert nach dem Index I" bestimmt wurde und die Sicherstellung dieser Wertsicherung im Grundbuch ausgeschlossen sei; der Beklagte anerkennt ausdrücklich die Gültigkeit des Testamentes.

Weiters stellte das Berufungsgericht den Inhalt des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses der unbedingt erbserklärten Erbin Anna R***** fest sowie, daß der Beklagte zum Nachlaß nach Simon R***** keine Erbserklärung abgegeben habe.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, nach dem Wortlaut des wechselseitigen Testamentes vom 21.2.1964 stelle das Vermächtnis zugunsten des Klägers eine letzte Willenserklärung jedes einzelnen der beiden Testierenden hinsichtlich des Geldbetrages von S 100.000,-- dar, sodaß das Vermächtnis schon zu Lebzeiten der Anna R***** zufolge des Ablebens ihres Ehemannes als angefallen, wenngleich spätestens mit einem halben Jahr nach ihrem Ableben fällig, anzusehen war. Der letztwillige Aufsatz "gleichzeitig bestimmen wir für den Fall des Ablebens von uns beiden...ein Vermächtnis", könne nicht als Bedingung im Sinne des § 696 ABGB verstanden werden, weil der Tod eine notwendige Bedingung sei, die als Befristung angesehen werden müsse.

Da das Vermächtnis zugunsten des Klägers also schon zu Lebzeiten der Vorerbin des Beklagten angefallen sei, seien sie, aber auch der Beklagte als Anwartschaftsberechtigter auf die Substitutionsmasse, verpflichtet gewesen, die für die Abdeckung des Vermächtnisses erforderliche Substanz zu erhalten. Auf die vom Erstgericht festgestellte und vom Berufungsgericht nicht übernommene Unkenntnis der Wertsicherung könne sich der Beklagte nicht berufen. Er habe selbst im Verlassenschaftsverfahren nach Simon R***** die Abhandlungsniederschrift und das Übereinkommen mit der Vorerbin vom 27.10.1965 unterfertigt, in dem die Gültigkeit des Testamentes ausdrücklich anerkannt und die Wertsicherung der Vermächtnisforderung ausdrücklich genannt werde.

Eine Haftung des Nacherben für den Erbfallschuldner mit eigenem Vermögen komme jedenfalls erst mit Abgabe einer Erbserklärung in Frage, eine solche sei vom Beklagten im Verlassenschaftsverfahren nach Simon R***** nicht abgegeben worden. Eine solche Haftung des Beklagten gegenüber den Gläubigern der Vorerbin setze auch in ihrem Nachlaß eine Erbserklärung voraus, die aber nicht abgegeben worden sei. Da eine Abhandlung und Erbserklärung des Beklagten unterblieben sei, hafte er auch nicht als Universalrechtsnachfolger der Anna R***** gegenüber Nachlaßgläubigern mit seinem Privatvermögen. Diese hätten vielmehr die weiterhin parteifähige ruhende Verlassenschaft zu klagen.

Bei der im Nachtrag zum Übergabsvertrag vom 5.11.1971 vom Beklagten übernommenen Verpflichtung, die noch zur Gänze offene Vermächtnisforderung zur alleinigen Zahlung zu übernehmen und die Übergeberin klag- und schadlos zu halten, handle es sich um eine Erfüllungsübernahme im Sinne des § 1404 ABGB, die dem Dritten keinen unmittelbaren Anspruch gebe. Daß durch diese Vereinbarung den Gläubigern (dem Kläger) zusätzliche Rechte eingeräumt werden sollten und daß ihr Interesse im Vordergrund stehen sollte und es sich beim Übergabsvertrag sohin um einen echten Vertrag zugunsten eines Dritten handle, könne nicht angenommen werden. Vielmehr liege nur ein unechter Vertrag zugunsten des Klägers vor, der diesem keinen direkten Anspruch gebe. Durch den Tod der Anna R***** sei der ihr gegenüber dem Beklagten zustehende Anspruch auf Schad- und Klagloshaltung sowie Erfüllung der Vermächtnisforderung auf ihren Nachlaß übergegangen. Dessen Rechte könne der Kläger aber nicht ohneweiteres geltend machen.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Haftung des durch Rechtsgeschäft unter Lebenden die Substitutionsgegenstände übernehmenden und das Substitutionsband einvernehmlich mit dem erbserklärten Vorerben aufhebenden Nacherben für Nachlaßverbindlichkeiten nicht vorliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Klagebegehren stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig, weil eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beurteilen ist; das Revisionsgericht ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch nach § 500 Abs 2 ZPO nicht gebunden (8 Ob 641/92 ua).

Der Kläger wendet sich in seinem Rechtsmittel allein gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, bei dem zwischen dem Beklagten und Anna R***** festgelegten Nachtrag zum Übergabsvertrag handle es sich nicht um einen echten Vertrag zugunsten Dritter. Der Kläger macht in diesem Zusammenhang geltend, Anna R***** habe sicher gewollt, daß nach ihrem Tod das Vermächtnis zu seinen Gunsten erfüllt werde. Sie habe gewußt, daß nur der Beklagte als Übernehmer ihres Vermögens für die Erfüllung sorgen könne. Eine Schadloshaltung hinsichtlich des Legates wäre für Anna R***** ohne wesentliche Bedeutung gewesen, weil die Legatsforderung zu ihren Lebzeiten noch gar nicht fällig war. Eine bloße Erfüllungsübernahme werde dieser Interessenlage nicht gerecht. Da die Schadloshaltungserklärung des Beklagten zur Sicherung eines höchst unbedeutenden Nachlasses der Anna R***** kein Gewicht habe, liege keine bloße Schuldübernahme des Beklagten, sondern ein echter Vertrag zugunsten des Klägers vor.

Dieser in der Revision aufgeworfenen Frage kommt keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu.

Beim Vertrag zugunsten Dritter verspricht der Schuldner dem Versprechensempfänger die Erbringung einer Leistung an einen Dritten. Dabei kann vereinbart sein, daß nur der Versprechensempfänger das Recht hat, die Leistung an den Dritten zu fordern (unechter Vertrag zugunsten Dritter); das Forderungsrecht kann aber auch oder allein dem Dritten zustehen (echter Vertrag zugunsten Dritter). Nach § 881 Abs.2 ABGB ist im Zweifel ein echter Vertrag zugunsten Dritter anzunehmen, wenn die Leistung hauptsächlich dem Dritten zum Vorteil gereichen soll. Die Frage, ob ein Forderungsrecht des Dritten entsteht, ist eine solche der Vertragsauslegung, die im § 881 Abs.2 ABGB aber nur unvollständig durch Auslegungsregeln beantwortet wird (Rummel in Rummel2, Rz 2 zu § 881). Vielmehr hat die Beurteilung dieser Frage nach den Umständen des Einzelfalles zu erfolgen (EvBl. 1984/21).

Es bedarf sohin einer Auslegung der strittigen Klausel im Nachtrag vom 8.10.1973. Einer Auslegung einer Vertragsklausel kommt aber eine über den konkreten Einzelfall hinausreichende Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nur dann zu, wenn aufgezeigt wird, daß die Auslegung durch die Vorinstanzen bestehenden Auslegungsregeln widerspricht, unlogisch oder gar mit den Sprachregeln unvereinbar ist (MietSlg XXXVIII/32; 8 Ob 641/92 uva). Keine dieser Zulässigkeitsvoraussetzungen wird vom Kläger in seiner Revision aufgezeigt. Die Frage, ob im konkreten Fall der Erklärung des Beklagten die Bedeutung einer Erfüllungs- oder einer Schuldübernahme zukommt, ist eine Frage des Einzelfalles, der eine über den vorliegenden Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung nicht zukommt.

Die Revision des Klägers ist daher mangels Vorliegens der im § 502 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen.

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsbeantwortung ist abzuweisen, da in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde.

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