OGH 2Ob22/93

OGH2Ob22/9327.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard L*****, vertreten durch Dr. Walter Hofbauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Interunfall, Internationale Unfall- und Schaden*****, vertreten durch Dr.Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 1,575.000,‑- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5. März 1993, GZ 4 R 30/93‑12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. Dezember 1992, GZ 40 Cg 1106/92v‑7, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0020OB00022.930.0527.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.971,70 (darin enthalten S 3.661,95 Ust., keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Am 14.Dezember 1979 wurde der Kläger bei einem Verkehrsunfall auf der S*****straße 2 zwischen M***** und G***** schwer verletzt. Das Alleinverschulden an diesem Unfall trifft den Versicherungsnehmer der beklagten Partei Gerhard B*****. Zum Unfallszeitpunkt führte der Kläger als selbständiger Unternehmer einen Tischlereibetrieb mit etwa 18 Bediensteten. Im Verfahren zu 5 Cg 718/82 des Landesgerichtes Innsbruck wurde dem Kläger Verdienstentgang für die Jahre 1980, 1981 und 1982 in der Höhe von S 693.090,‑- zugesprochen. Mit Teilanerkenntnisurteil vom 28. 2. 1983 wurde in diesem Verfahren, festgestellt, daß die Beklagte dem Kläger für alle in Zukunft entstehenden Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 14. 12. 1979 hafte und alle künftigen aus diesem Unfall entstehenden Schäden zu ersetzen habe, dies jedoch eingeschränkt auf die Deckungssummen der zwischen der beklagten Partei und Gerhard B***** abgeschlossenen Haftpflichtversicherung.

Mit der am 24. 8. 1992 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger Verdienstentgang für die Jahre 1983, 1984, 1985 und für das erste Halbjahr 1986 in der Höhe von jährlich S 450.000,‑ ‑, insgesamt also S 1,575.000,‑ ‑. Der Kläger machte geltend, sein Unternehmen sei bis zum Unfall voll ausgelastet gewesen. Durch die beim Unfall erlittenen Verletzungen sei es zu einem Rückschlag gekommen; sein persönlicher Einsatz sei für das Unternehmen von größter Bedeutung gewesen, außer der unternehmerischen Tätigkeit habe er mindestens 1000 Stunden im Jahr manuell im Betrieb mitgearbeitet. Am 30. 6. 1986 sei der Betrieb geschlossen worden.

Zu der von der Beklagten eingewendeten Verjährung wurde ausgeführt, daß diese durch die Einbringung der Feststellungsklage und das darüber ergangene Teilanerkenntnisurteil unterbrochen worden sei. Beim klagsgegenständlichen Anspruch handle es sich nicht um eine Forderung auf eine wiederkehrende Leistung, sondern bedürfe es einer Prüfung und Bestimmung durch das Gericht.

Die beklagte Partei erhob die Einrede der Verjährung mit der Begründung, daß es sich bei den vom Kläger geltend gemachten Ansprüchen um solche auf wiederkehrende Leistungen handle, die der dreijährigen Verjährungsfrist unterliegen.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß die Ansprüche des Klägers aus dem Titel Verdienstausfall für den Zeitraum 1983 bis 30. 6. 1986 dem Grunde nach zu Recht bestünden; die Entscheidung über die Höhe der Forderung und die Kostenentscheidung wurden der Endentscheidung vorbehalten.

Das Erstgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die durch ein Feststellungsurteil ausgedrückte Judikatsschuld grundsätzlich der 30‑jährigen Verjährungsfrist unterliege. Nur wenn das Feststellungsurteil auch die Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftig fällig werdender Rentenbeträge in sich schließe, unterlägen diese künftigen, nach dem Feststellungsurteil verfallenden Renten einer neuerlichen dreijährigen Verjährungsfrist. Bei dem vom Kläger geltend gemachten Verdienstentgang handle es sich aber nicht um eine Rente oder wiederkehrende Leistung im Sinne des § 1480 ABGB. In welcher Höhe der Kläger einen Verdienstentgang gehabt habe, hänge von den Gewinnberechnungen der entsprechenden Jahre ab und bestehe auch die Möglichkeit, daß in bestimmten Jahren keine Verminderung seines Verdienstes eingetreten sei. Durch das Feststellungsurteil vom 28. 2. 1983 sei somit eine Unterbrechung der Verjährung eingetreten und die nunmehr anzuwendende 30‑jährige Verjährungsfrist nicht abgelaufen.

Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung und wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab; die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, bei dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Verdienstentgang handle es sich um eine Forderung von rückständigen jährlichen Leistungen im Sinne des § 1480 ABGB die auch nach einem Feststellungsurteil der 3‑jährigen Verjährung unterliege. Soweit ein Feststellungsurteil auch die Verpflichtung zum Ersatz künftig wiederkehrender Leistungen im Sinne des § 1480 ABGB umfasse, unterlägen die nach dem Feststellungsurteil verfallenden wiederkehrenden Leistungen neuerlich der 3‑jährigen Verjährungsfrist nach § 1480 ABGB. Die Aufzählung der innerhalb von drei Jahren verjährenden Forderungen im § 1480 ABGB sei nur eine beispielsweise, vielmehr werde in dieser Bestimmung zum Ausdruck gebracht, daß es sich um periodisch wiederkehrende Leistungen handeln müsse. Der Verdienstentgang wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit - wie er hier geltend gemacht werde - gebühre prinzipiell in Form einer Rente. Allein deshalb, weil der Kläger den jährlich berechneten Verdienstentgang zusammengezählt habe, könne bei der Beurteilung der Verjährung des Verdienstentgangsanspruches nicht von einer einmaligen Kapitalabfindung ausgegangen werden. Nur deshalb, weil die Höhe des Verdienstentganges für jedes Jahr neu berechnet werden müsse, verliere der Verdienstentgangsanspruch nicht seinen Charakter als jährlich wiederkehrende Leistung im Sinne des § 1480 ABGB. Es komme bei der Beurteilung einer jährlichen Leistung auch nicht darauf an, ob der zu zahlende Betrag immer gleich hoch sei; die Höhe der einzelnen Leistungen könne schwanken, es könne sich auch ergeben, daß zu einzelnen Terminen keine Leistungen zu erbringen seien.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil zur Frage der Qualifikation des jährlich zu berechnenden Verdienstentganges eines Unternehmers keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Die Beklagte hat die Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge zu geben.

 

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht der Kläger geltend, der hier zu beurteilende Sachverhalt sei jenem, der der Entscheidung SZ 61/221 zugrundeliege, vergleichbar. In dieser Entscheidung habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß für den Anspruch des Klägers die 30‑jährige Verjährung gelte, weil die aus dem Gewinnanteil des Beklagten zu berechnende Leibrente wegen der Ungewißheit ihres Anfanges, der schwankenden Höhe des Gewinnes eines Unternehmers und der schwierigen Feststellbarkeit seiner Voraussetzungen nicht zu den jährlichen Leistungen im Sinne des § 1480 ABGB gehöre. Auch im vorliegenden Fall müsse der Gewinnentgang für die einzelnen Jahre genau berechnet werden, er hänge von der jeweiligen Konjunkturlage und einer Vielzahl anderer Faktoren ab. Bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 1480 ABGB, daß es sich um rückständige Leistungen handeln müsse, ergebe sich, daß es sich um eine bereits ziffernmäßig feststehende oder leicht bestimmbare Leistung handeln müsse, mit der der Verpflichtete in Verzug geraten sei. Auch in der Entscheidung SZ 30/58 habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, daß Gewinnanteilansprüche aufgrund der schwankenden Höhe des Gewinnes und des Verlustes und anderer oft schwierig feststellbarer Voraussetzungen nicht unter § 1480 ABGB zu subsumieren seien.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß nach ständiger Rechtsprechung nach einem Feststellungsurteil verfallende Renten und wiederkehrende Leistungen auch dann, wenn es die Verpflichtung zum Ersatz solcher künftig fällig werdender Renten oder wiederkehrender Leistungen in sich begreift, der in § 1480 ABGB festgesetzten 3‑jährigen Verjährung unterliegen (ZVR 1990/121). Zu prüfen ist daher, ob der vom Kläger geltend gemachte Anspruch unter § 1480 ABGB zu subsumieren ist. Nach dieser Bestimmung verjähren Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten in drei Jahren. Die Aufzählung der verschiedenen Arten von Leistungen ist nur beispielsweise. Ist ungewiß, ob eine Leistung ‑ mag ihre Höhe auch nach einem vorausbestimmten Plan wechseln ‑ jährlich wiederkehrend zu erbringen ist, dann handelt es sich nicht um eine jährlich wiederkehrende Leistung, weil die Wiederkehr nach § 1480 ABGB bloß durch die Zeit, nicht aber durch andere, wenn auch regelmäßig wiederkehrende Ereignisse bestimmt wird. Bei der Beurteilung einer jährlichen Leistung kommt es allerdings nicht darauf an, ob der zu zahlende Betrag immer gleich hoch ist. Die Höhe der einzelnen Leistungen muß nicht von vornherein festgelegt sein; sie kann schwanken, und es kann sich ergeben, daß zu einzelnen Terminen keine Leistungen zu erbringen sind (SZ 61/221; Soergel‑Wolf, 12. Auflage § 197 BGB Rz 15). Wesentlich für die Frage der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 1480 ABGB ist, daß sich die Ansprüche von vornherein und ihrer Natur nach auf Leistungen richten, die in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind, die regelmäßige Wiederkehr mithin für die betreffenden Ansprüche typisch ist. Die regelmäßige Wiederkehr bezieht sich auf die Zeit, nicht auf die Gleichmäßigkeit des Betrages. Besteht also die Verbindlichkeit nur in fortlaufenden Leistungen und hat darin ihre charakteristische Erscheinung, dann greift die 3‑jährige Verjährung auch ein, wenn die Beträge in der Höhe wechseln, zeitweise auf ein Minimum absinken und gelegentlich sogar ganz ausfallen (von Feldmann in Münchener Kommentar zum BGB, 2. Auflage, Rz 1 zu § 197).

Bei dem Anspruch des Klägers gegen den Schädiger und dessen Versicherer auf Ersatz von Verdienstentgang handelt es sich um einen Anspruch auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 1480 ABGB. Der Anspruch ist von vornherein und seiner Natur nach auf Leistungen gerichtet, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind. Dies folgt daraus, daß der Ersatz für künftigen Verdienstentgang wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit in Form einer Rente zu leisten ist; nur in Ausnahmefällen kann aus wichtigen Gründen eine Pauschalabfindung begehrt werden; die Voraussetzungen hiezu hat der Geschädigte darzutun. Der Kläger hat in dieser Richtung nichts vorgebracht. Es kann nicht bloß deshalb, weil er den jährlich berechneten Verdienstentgang zusammenzählt, bei der Beurteilung der Verjährung des Verdienstentgangsanspruches von einer einmaligen Kapitalabfindung ausgegangen werden (ZVR 1990/121). Daß die Höhe des Verdienstausfalles schwanken und für einzelne Perioden gänzlich entfallen kann, steht der Annahme eines Anspruchs auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen nicht entgegen (BGH, NJW‑RR 1989, 215).

Zutreffend ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche der 3‑jährigen Verjährungsfrist unterliegen. Diese Rechtsansicht steht jener, die der Entscheidung SZ 61/221 zugrunde liegt, nicht entgegen. In dieser Entscheidung wurde ausgeführt, daß ein Anspruch auf Zahlung eines Gewinnanteiles dann nicht der 3‑jährigen Verjährungsfrist des § 1480 ABGB unterliegt, wenn er nur nach einem rechtsbegründenden Gesellschafterbeschluss fällig wird, wenn also seine jährliche Auszahlung nicht von vornherein festgelegt ist. Ansprüche auf Zahlung von Gewinnanteilen unterliegen daher dann nicht der 3‑jährigen Verjährungsfrist, wenn sie jeweils von einem rechtsbegründenden Gesellschafterakt abhängig sind. Ist es aber nicht der Fall und sind die Gewinnanteile in regelmäßig wiederkehrenden Abständen zu bezahlen, dann gilt die 3‑jährige Verjährungsfrist des § 1480 ABGB (vgl von Feldmann, aaO, Rz 7). Unbeachtlich ist, daß die Ansprüche auf Gewinnanteil vom Entstehen eines Gewinnes abhängig sind und daher gelegentlich ganz ausfallen können (Soergel‑Walter, aaO, Rz 15).

Da die 3‑jährige Verjährungsfrist des § 1480 ABGB unzweifelhaft bereits bei Klagseinbringung abgelaufen war, war der Revision des Klägers ein Erfolg zu versagen.

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