OGH 14Os69/93

OGH14Os69/9325.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Mai 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Hautz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Jovan D***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreis-(nunmehr Landes-)gericht Leoben vom 10. Feber 1993, GZ 12 Vr 895/92-63, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Raunig, und des Verteidigers Dr.Heinke, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde Jovan D***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 23.August 1992 in Fohnsdorf den Ranko D***** (seinen Neffen) durch einen Pistolenschuß vorsätzlich getötet zu haben.

Die Geschwornen hatten die (anklagekonforme) Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes stimmeneinhellig bejaht; demgemäß blieben die Eventualfragen nach den Verbrechen des Totschlags (§ 76 StGB), der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83, 86 StGB) und der absichtlichen schweren Körperverletzung (§ 87 Abs. 1 und Abs. 2 StGB) unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 8 und 10 a des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In der Instruktionsrüge (Z 8) bezeichnet der Beschwerdeführer die Rechtsbelehrung (der Sache nach) deshalb als unrichtig, weil den Geschwornen nicht schon bei der Belehrung zur Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes der für eine Beurteilung der Tat als Verbrechen (bloß) des Totschlags nach § 76 StGB (Eventualfrage II) wesentliche Rechtsbegriff der "allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung" erklärt wurde.

Damit ist die Beschwerde nicht im Recht. Denn sie übersieht, daß die Rechtsbelehrung (gemäß § 321 Abs. 2 StPO) für jede gestellte Frage gesondert zu erfolgen hat, von den Geschwornen aber stets als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen ist (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr. 50 zu § 345 Z 8). Es entsprach demnach durchaus dem Gesetz, in der Belehrung zur Hauptfrage nach Mord nur die in dieser Frage aufscheinenden Rechtsbegriffe, nicht aber ihr Verhältnis zu den Deliktsmerkmalen anderer Tatbestände zu erläutern. Demnach hatte eine Erörterung der Tatbestandsmerkmale des Verbrechens nach § 76 StGB im Rahmen der Ausführungen der Rechtsbelehrung zum Verbrechen des Mordes zu unterbleiben; sie war - wie der Schwurgerichtshof zutreffend erkannte - jenem Teil der Rechtsbelehrung vorzubehalten, der sich auf die Frage nach dem Verbrechen des Totschlags bezieht. Dort gelangten aber, was die Beschwerde an sich gar nicht bestreitet, die Merkmale des in Rede stehenden Delikts zur vollständigen und richtigen Darstellung.

Nicht zielführend ist aber auch die Tatsachenrüge (Z 10 a).

Soweit sich der Angeklagte dagegen wendet, daß ihm nicht der privilegierte Fall der Tötung nach § 76 StGB zugebilligt worden sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß durch das (isolierte) Hervorheben von früheren Droh- und Aggressionshandlungen des Tatopfers und durch den Hinweis darauf, daß der Angeklagte vor Beginn der tatgegenständlichen Auseinandersetzung telefonisch die Gendarmerie verständigt hatte, ferner durch Bezugnahme auf das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr.Zigeuner (welcher der Beschwerde zuwider dem Angeklagten keineswegs ein Handeln in Panik zubilligte - vgl. S 289/Bd. I, 37/Bd. II), kein mit den Denkgesetzen oder der menschlichen Erfahrung (bei intersubjektiver Betrachtungsweise) im Widerspruch stehendes Beweisergebnis aufgezeigt wird, das der Beurteilung der Tat als Mord entgegenstünde. Die bezügliche Beschwerdeargumentation richtet sich vielmehr mit dem Ziel, einer für den Angeklagten günstigeren Tatvariante zum Durchbruch zu verhelfen, nur gegen die allein den Geschwornen obliegende Beweiswürdigung, ohne erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der insoweit entscheidungswesentlichen Tatsachen aufzuzeigen.

Das gilt gleichermaßen für die (weitere) Beschwerdeargumentation, die sich unter Erörterung des Beweiswertes einzelner Verfahrensergebnisse, ferner gestützt auf die nicht aktengetreue Behauptung über die angebliche Treffsicherheit des Angeklagten als Pistolenschütze (S 10/Bd. II), in Mutmaßungen darüber ergeht, daß sich der Angeklagte im Fall einer vorgeplanten Tat anders verhalten hätte.

Die - zum Teil nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführte - Tatsachenrüge vermag somit weder schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Verpflichtung des Gerichtes zur amtswegigen Wahrheitserforschung zustande gekommene Mängel in der Sachverhaltsermittlung noch anhand der Akten Beweisergebnisse aufzuzeigen, die nach den Denkgesetzen oder nach der allgemeinen Lebenserfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der im Verdikt festgestellten entscheidenden Tatsachen entstehen lassen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 (sechzehn) Jahren. Dabei wertete es die hartnäckige Verfolgung des mörderischen Handelns des Angeklagten, der den wehrlosen Ranko D***** von seiner Wohnung bis in den Ort Fohnsdorf vor sich hertrieb und nach mehreren Schüssen schließlich erschoß, als erschwerend, hingegen eine gewisse Provokation durch das Opfer, das immer wieder die Konfrontation mit dem Angeklagten suchte, und die bisherige Unbescholtenheit als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen dem Berufungsvorbringen hat das Geschwornengericht mit der berücksichtigten bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten dem Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB voll Rechnung getragen, der dann vorliegt, wenn der Täter einen ordentlichen Lebenwandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht. Bei dem Einwand hinwieder, er habe die Tat in einer allgemein begreiflichen und heftigen Gemütsbewegung ausgeführt, negiert der Berufungswerber den rechtskräftigen Schuldspruch wegen Mordes. Der als Milderungsgrund reklamierten Tatbegehung in einem besonderen Furcht- und Angstzustand steht das Gutachten des gerichtspsychiatrischen Sachverständigen Dr.Zigeuner entgegen, wonach beim Angeklagten, der mit der Ehefrau des Tatopfers eine Lebensgemeinschaft unterhielt, keine Panik bestand; vielmehr wandelte sich die vorgelegene Angst durch den Besitz einer Waffe in Aggressivität, die den Angeklagten veranlaßte, den in seiner Beziehung zu Notburga D***** als Störfaktor empfundenen Neffen zu eliminieren und bei früheren persönlichen Auseinandersetzungen erlittene Niederlagen auszugleichen (S 37/Bd. II).

Die demzufolge im wesentlichen richtig und vollständig angenommenen Strafzumessungsgründe hat das Geschwornengericht auch ihrem Gewicht entsprechend gewürdigt. Angesichts des hohen Schuld- und Unrechtsgehalts der vorliegenden Straftat ist die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe nicht zu hoch bemessen. Daß nach Lage des Falles eine außerordentliche Strafmilderung nicht in Erwägung gezogen werden konnte, wurde bereits vom Erstgericht zutreffend dargelegt (US 4 f).

Der Berufung mußte daher gleichfalls ein Erfolg versagt bleiben.

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