OGH 14Ns9/93

OGH14Ns9/9325.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Mai 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Hautz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Bernhard L***** wegen §§ 146 ff StGB, AZ 18 Vr 745/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, über die Erklärung des Bernhard L*****, das Landesgericht für Strafsachen Graz und das Oberlandesgericht Graz als befangen abzulehnen, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die (pauschale) Ablehnung des Oberlandesgerichtes Graz ist nicht gerechtfertigt.

Zur Entscheidung über die Ablehnung des Landesgerichtes für Strafsachen Graz werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Anläßlich einer am 15.März 1993 durch den Untersuchungsrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz im zitierten Verfahren durchgeführten (ergänzenden) Vernehmung des Untersuchungsgefangenen Bernhard L***** lehnte dieser unter Hinweis "auf die verleumderischen wahrheitswidrigen Disziplinaranzeigen des Straf- und Oberlandesgerichtes" betreffend seinen Verteidiger an die Rechtsanwaltskammer (unter anderem auch) "das LG für Strafs. Graz und das OLG Graz als befangen ab" (S 1 verso und 3 des in Fotokopie angeschlossenen Protokolls). Der schriftlichen Einladung des Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz vom 7.April 1993, Jv 984-7/93-2, binnen vierzehn Tagen "allfällige konkrete Umstände anzuführen, inwiefern hinsichtlich aller Richter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz und des Oberlandesgerichtes Graz Befangenheitsgründe bzw. Umstände vorliegen, welche (im Sinne des § 72 StPO) aus objektiver und subjektiver Sicht geeignet erscheinen, die Befangenheit aller Richter der genannten Gerichtshöfe zu bewirken", kam der Einschreiter nicht nach.

Rechtliche Beurteilung

Zur Entscheidung über die Ablehnungserklärung in Ansehung des gesamten Landesgerichtes für Strafsachen Graz ist das Oberlandesgericht Graz berufen (§ 74 Abs. 2 zweiter Halbsatz StPO). Da dieser Gerichtshof zweiter Instanz aber vom Beschuldigten seinerseits in seiner Gesamtheit abgelehnt wird, hat zuvor der Oberste Gerichtshof über die Zulässigkeit der Ablehnung des Oberlandesgerichtes Graz zu entscheiden (§ 74 Abs. 2 dritter Halbsatz StPO).

Die Ablehnung ist nicht gerechtfertigt.

Gemäß § 72 Abs. 1 StPO kann der Beschuldigte Mitglieder des Gerichtes ablehnen, wenn er außer den in den §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit des oder der Abgelehnten in Zweifel zu setzen. Diese Ablehnungsgründe müssen genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO). Die Ablehnung eines Richters ist nur dann gerechtfertigt, wenn Umstände vorliegen, die aus objektiver Sicht zur Befürchtung Anlaß geben, der Abgelehnte könnte sich bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (EvBl. 1973/326 uva). Daraus folgt, daß Ablehnungserklärungen immer prozeßbezogen sein müssen, auf unsubstantiierte und haltlose Pauschalvorwürfe ohne individuellen Gehalt - wie sie hier gegen die Gesamtheit der Richterschaft des Oberlandesgerichtes Graz vorgebracht werden - aber nicht einzugehen ist (13 Ns 24/92, 14 Ns 6/93 uva).

Der Ablehnung war demnach ein Erfolg zu versagen.

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