OGH 5Ob38/93

OGH5Ob38/9325.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Christine L*****, Trabrennfahrerin und Rennstallbesitzerin, ***** B*****, F*****gasse 35/4, vertreten durch Dr.Edwin Schubert, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, betreffend Eintragungen in den EZ 70, 72 und 852 des Grundbuches ***** P*****, infolge Revisionsrekurses des Dr.Herbert Hochegger, Rechtsanwalt, 1040 Wien, Brucknerstraße 4/6, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Franz L*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt vom 5.März 1993, GZ R 182/92, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Güssing vom 22.Juli 1991, TZ 2141/91, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der nunmehrige Revisionsrekurswerber erwirkte am 11.September 1987 beim Handelsgericht Wien zu 25 Cg 501/87 die Bewilligung der grundbücherlichen Anmerkung der dort am 9.September 1987 gegen Christine L***** eingebrachten Anfechtungsklage ob deren Liegenschaften 70, 72 und 852 der KG P*****. Diese Anmerkung wurde vom Grundbuchsgericht am 17.September 1987 zu TZ 4804 vollzogen, allerdings entgegen der Vollzugsanordnung bei den Liegenschaften EZ 70 und 72 der KG P***** nicht im B-Blatt, sondern im C-Blatt. Anläßlich der Umstellung des Grundbuchs der KG P***** auf EDV am 14. Mai 1990 wurden dann die Eintragungen versehentlich - jeweils unter CLNR 3 a der betreffenden Einlagen - als Anmerkungen der "Hypothekarklage" (ohne Bezugnahme auf ein bestimmtes Pfandrecht, jedoch mit dem Beisatz "HG Wien 25 Cg 501/87") in das EDV-Grundbuch übernommen.

Am 22.Juli 1991 beantragte Christine L***** u.a. die Einverleibung von Simultanpfandrechten auf den damals noch in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften EZ 70, 72 und 852 der KG P***** unter Ausnützung bereits angemerkter Rangordnungen sowie die Löschung der Anmerkungen der Hypothekarklage im C-Blatt der Einlagen 70 und 72 wegen offenkundiger Unrichtigkeit. Zum damaligen Zeitpunkt waren auf den Pfandliegenschaften nur die bereits erwähnten Rangordnungsanmerkungen für die beabsichtigte Verpfändung, aber keine Pfandrechte eingetragen.

Das Grundbuchsgericht gab mit Beschluß vom 22.Juli 1991 sämtlichen Anträgen statt, bewilligte (und vollzog) also auch - wegen offenkundiger Unrichtigkeit - die Löschung der jeweils in CLNR 3 a eingetragenen Anmerkungen der Hypothekarklage ob den Liegenschaften EZ 70 und 72 der KG P***** durch Übertragung in das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen gemäß § 3 Abs 2 GUG.

Dieser Beschluß wurde dem nunmehrigen Revisionsrekurswerber, der in der Zustellverfügung des Grundbuchsgerichtes nicht aufschien, erst am 30. September 1992 zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte - auf Grund eines Kaufvertrages vom 13.April 1992 - bereits Peter M***** die (inzwischen gerechtfertigte) grundbücherliche Vormerkung seines Eigentumsrechtes ob den Liegenschaften EZ 70 und 72 der KG P***** erwirkt.

Der nunmehrige Revisionsrekurswerber erhob am 15.Oktober 1992 Rekurs gegen die Löschung der Klagsanmerkungen in den Einlagen 70 und 72 des Grundbuches ***** P*****, hatte damit aber keinen Erfolg. Das Rekursgericht behandelte zwar sein Rechtsmittel als rechtzeitig und zulässig, hielt es jedoch aus folgenden Erwägungen nicht für berechtigt:

Der bei der Umstellung des Grundbuches begangene Fehler hätte, weil die Berichtigung bücherliche Rechte dritter Personen berührt, die auf Grund eines Rechtsgeschäftes nach der Umstellung eingetragen wurden, gemäß § 21 GUG nur innerhalb von 6 Monaten nach Eröffnung des umgestellten Grundbuches korrigiert werden können. Die ratio des Ausschlusses einer weitergehenden Berichtigungsmöglichkeit liege im Schutz des Vertrauens dritter Personen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuches (vgl. NZ 1989, 274/159). Wäre Christine L***** noch Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaften, stünde einer Berichtigung nichts im Wege; da nunmehr eine dritte Person Eigentum und weitere dritte Personen Pfandrechte an den Liegenschaften erworben haben, komme eine Berichtigung des Grundbuches nicht mehr in Betracht.

Die Löschung der Anmerkungen der Hypothekarklage habe im übrigen dem Gesetz entsprochen. Diese in § 60 GBG geregelte Grundbuchsanmerkung setze nämlich eine "verpfändete Liegenschaft" bzw. eine bereits bestehende Forderung voraus. Sie sei unzulässig, solange nicht die Wirksamkeit des Pfandrechtes für eine existent gewordene Forderung aus dem Grundbuch zu ersehen ist. Damit liege im gegenständlichen Fall eine grundbuchswidrige (unzulässige) Eintragung vor, weil sie ein Recht zum Gegenstand habe, dessen Eintragung weder im Grundbuchsgesetz noch in anderen Gesetzen zugelassen sei, und einen physisch oder rechtlich unmöglichen Grundbuchsstand schaffe, dem die materielle Rechtslage nicht entsprechen könne. Grundbuchswidrige Eintragungen seien trotz formeller Rechtskraft des sie anordnenden Beschlusses mit einer unheilbaren Nichtigkeit behaftet und könnten auf keinen Fall irgendwelche rechtliche Wirkungen haben. Sie wirkten auch dritten Personen gebenüber nicht, weil ein "Vertrauen" auf derartige unheilbar nichtige Eintragungen nicht zu schützen sei. § 130 GBG spreche in diesem Zusammenhang schlechthin von Eintragungen, iSd § 8 GBG also auch von Anmerkungen, sodaß das Erstgericht die Anmerkung der Hypothekarklage nach dieser Gesetzesbestimmung zu Recht gelöscht habe.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß noch keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, ob eine im Zuge der Grundbuchsumstellung anstelle der Anmerkung einer Anfechtungsklage irrtümlich gespeicherte Anmerkung der Hypothekarklage gemäß § 130 GBG gelöscht werden könne, wenn die Liegenschaft gar nicht verpfändet ist.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs vertritt der Rechtsmittelwerber den Standpunkt, daß sich § 130 GBG nur auf die Löschung abstrakt unzulässiger Eintragungen beziehe, wovon bei einer an sich zulässigen Anmerkung der Hypothekarklage nicht gesprochen werden könne. Das Grundbuchsgericht wäre nach der Sachlage verpflichtet gewesen, das Berichtigungsverfahren nach § 104 Abs 3 GBG einzuleiten, was bei der Beschlußfassung über das Eintragungsgesuch der Christine L***** auch noch möglich gewesen wäre, ohne die Rechte Dritter zu tangieren. Auch einer Berichtigung nach § 21 Abs 1 GUG wäre damals nichts im Wege gestanden, da dritte Personen noch keine Rechte an den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften erworben hatten. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß im Sinne einer Abweisung des Löschungsbegehrens der Antragstellerin abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 130 GBG ist eine Grundbuchseintragung von Amts wegen als unzulässig zu löschen, wenn ihr Inhalt nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung sein kann. Ein Maßstab der Unzulässigkeit ist dabei die physische oder rechtliche Unmöglichkeit des durch die Eintragung geschaffenen Grundbuchsstandes (SZ 45/26 ua; vgl. zuletzt WoBl 1992, 129/95). Ist demnach eine Eintragung unheilbar nichtig, dann kann sie wegen des im Grundbuchsrecht geltenden Rangprinzips auch durch eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht wirksam werden (vgl. JBl 1972, 208; SZ 55/58).

Die grundbücherliche Anmerkung der Hypothekarklage setzt, wie schon das Rekursgericht zutreffend bemerkte, die gerichtliche Geltendmachung der Sachhaftung gegen den Eigentümer der "verpfändeten Liegenschaft" voraus (§ 60 Abs 1 GBG). Sie erfordert daher das Bestehen eines gültigen, gemäß § 451 Abs 1 ABGB nur durch die grundbücherliche Einverleibung zu erwerbenden Pfandrechtes und ist beispielsweise dann zu verweigern, wenn der Kläger nur einen Rangordnungsbescheid für die beabsichtigte Verpfändung in Händen hat (5 Ob 319/69). Schon in der Hypothekarklage muß das zu realisierende Pfandrecht genau bezeichnet sein (vgl. SZ 60/47; 8 Ob 637, 638/92).

Im gegenständlichen Fall wurde durch den Fehler bei der Grundbuchsumstellung ein Zustand geschaffen, der nicht nur dem seinerzeitigen Verbücherungsbeschluß widersprach (und damit Anlaß für die Einleitung eines Berichtigungsverfahrens gemäß § 104 Abs 3 GBG hätte sein können: vgl. NZ 1970, 29 ua), sondern schlechthin rechtlich Unmögliches bewirkte, nämlich die Anmerkung der Hypothekarklage im Grundbuch einer (noch) gar nicht verpfändeten Liegenschaft. Den Vorinstanzen ist daher beizupflichten, daß die Eintragung gemäß § 130 GBG zu löschen war. Rechte Dritter konnten dadurch gar nicht beeinträchtigt werden, weil grundbuchswidrige, unheilbar nichtige Eintragungen überhaupt keine Rechtswirkungen nach sich ziehen (SZ 45/26; NZ 1982, 188 ua).

Genau diese gesetzwidrige, mit unheilbarer Nichtigkeit behaftete (im übrigen auch durch den Verbücherungsbeschluß gar nicht gedeckte) Eintragung müßte wiederhergestellt werden, würde man dem Revisionsrekursantrag einer Abweisung des Löschungsbegehrens folgen. Tatsächlich besteht die Beschwer des Rechtsmittelwerbers allein darin, im Zuge der Grundbuchsumstellung der Anmerkung seiner Anfechtungsklage gegen Christine L***** zu 25 Cg 501/87 des Handelsgerichtes Wien verlustig gegangen zu sein. Dieser Umstand hätte zwar bei Behandlung des gegenständlichen Grundbuchsgesuches der Christine L***** auffallen und zur Einleitung eines Berichtigungsverfahrens nach § 21 GUG (allenfalls sogar nach Ablauf der Frist des Abs 3 leg cit) oder nach § 104 Abs 3 GBG führen können, weil das aus der ursprünglichen Anmerkung der Anfechtungsklage resultierende Recht nach wie vor besteht (vgl. SZ 64/18), doch ist es zu einem amtswegigen Einschreiten des Grundbuchsgerichtes in dieser Richtung - ein Antrag lag nicht vor - eben nicht gekommen. Es wurden vielmehr neue bücherliche Rechte (die der Pfandgläubiger und des nunmehrigen Eigentümers) begründet, die durch die Wiedereintragung der Klagsanmerkung beeinträchtigt würden.

Damit reduziert sich das Vorbringen des Revisionsrekurswerbers, der sich ja nicht gegen die Unterlassung amtswegiger Berichtigungsmöglichkeiten beschweren kann (vgl. SZ 24/193; SZ 35/60; RZ 1967, 132 ua; zuletzt 5 Ob 3/92), auf das Begehren, die seinerzeit versäumte (amtswegige) Berichtigung des Grundbuches jetzt (auf Antrag) nachzuholen. Selbst wenn dieses Begehren auf Wiederherstellung einer nicht mehr im Grundbuch vorhandenen Eintragung dem § 21 Abs 1 GUG oder § 136 GBG unterstellt werden könnte, wäre es als Neuerung unbeachtlich (§ 122 Abs 2 GBG). Außerdem ist nach beiden Gesetzesbestimmungen (gemäß § 21 Abs 3 GUG jedenfalls nach Ablauf der dort bestimmten Frist) die Berichtigung unzulässig, wenn sie - wie hier - die bücherlichen Rechte dritter Personen berührt (§ 21 Abs 3 GUG) bzw. betrifft (§ 136 Abs 2 GBG). Der Revisionsrekurswerber wird daher die Wiedereintragung der Klagsanmerkung nur mit Zustimmung der Beteiligten oder durch den Nachweis der Schlechtgläubigkeit jener Buchberechtigten erreichen können, deren Rechte auf Grund eines Rechtsgeschäftes nach der Grundbuchsumstellung eingetragen wurden. Für letztere Möglichkeit stünde nur der streitige Rechtsweg zur Verfügung (vgl. NZ 1991, 253/217).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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