OGH 4Ob41/93

OGH4Ob41/9318.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****verband *****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer und Dr.Martin Prunbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P***** Gesellschaft mbH & Co, ***** vertreten durch Dr.Alexander Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 330.000) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13.Jänner 1993, GZ 2 R 169/92-19, womit das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 6.Mai 1992, GZ 4 Cg 73/91-13, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 13.611,60 betimmten Kosten der Rekursbeantwortung (darin S 2.268,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Rekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob eine Angabe im geschäftlichen Verkehr zur Irreführung geeignet ist, ist eine Rechtsfrage, wenn für die Beurteilung ihrer Wirkung auf die angesprochenen Verkehrskreise die Erfahrungssätze des täglichen Lebens ausreichen; fehlt hingegen dem Richter die erforderliche Erfahrung, dann handelt es sich um eine Tatfrage, und es sind Beweise aufzunehmen (ÖBl 1987, 78; ÖBl 1985, 105 mwN).

Ob die Erfahrung des Richters im vorliegenden Fall ausreicht, um die Irreführungseignung der beanstandeten Angabe beurteilen zu können, ist eine Frage, die nur für den Einzelfall Bedeutung hat. Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung den Grundsätzen gefolgt, welche die Rechtsprechung für die Abgrenzung von Rechts- und Tatfrage bei Beurteilung der Irreführungseignung aufgestellt hat.

Auch der Zurückverweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes steht mit der Rechtsprechung im Einklang; wenn - wie hier - das Beweisverfahren nicht bloß zu ergänzen, sondern erst durchzuführen ist, begründet die Zurückverweisung an das Erstgericht keinen Verfahrensmangel (SZ 59/134).

Entgegen der Behauptung der Rekurswerberin widerspricht die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Verkehrsauffassung eines fachkundigen Publikums maßgebend ist, nicht der Rechtsprechung, wonach es auf den Gesamteindruck einer Ankündigung ankommt. Auch bei einer Beurteilung der beanstandeten Angabe nach ihrem Gesamteindruck muß geprüft werden, wie die davon angesprochenen Verkehrskreise diese Angabe verstehen; schon daraus ergibt sich, daß der allgemeine Sprachgebrauch nur insoweit maßgebend ist, als er sich mit dem Sprachgebrauch der angesprochenen Verkehrskreise deckt (s. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht17 § 3 dUWG Rz 3).

Die zu § 2 UWG in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze gelten nicht nur für Werbung im engeren Sinn, sondern für alle Angaben im geschäftlichen Verkehr, die zu Zwecken des Wettbewerbs gemacht werden. Dazu zählen schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut auch Angaben über die Beschaffenheit der Ware, die in Anboten enthalten sind. Ob die Behauptung, daß eine Leistung "nach der ÖNorm hergestellt" worden sei, als Hinweis auf eine Kennzeichnung im Sinne des NormenG verstanden werden kann, ist, wie bereits ausgeführt, keine Rechtsfrage, wenn die Wirkung der Angabe auf die angesprochenen Verkehrskreise nicht auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung beurteilt werden kann. Daß diese Frage noch nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung war, kann den Rekurs daher nicht zulässig machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Dem Kläger waren die Kosten der Rekursbeantwortung zuzuerkennen, weil er auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat.

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