OGH 1Ob505/93

OGH1Ob505/9311.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gestenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Eduard Z*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagte Partei L***** Handelsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Haas und Dr. Georg Lugert, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgerichtes vom 21. Oktober 1992, GZ R 768/92-18, womit das Urteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 25. August 1992, GZ 3 C 3430/91-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die beklagte Textilhandelsgesellschaft mbH mietete vom Rechtsvorgänger und Vater des nun klagenden Hauseigentümers in einem Haus 1975 die im Keller und Erdgeschoß liegenden Räumlichkeiten als Geschäftslokal (und verwendet sie seither unverändert als solches) und Ende 1978 zusätzlich im 2.Stock zwei zu diesem Zeitpunkt als Wohnung dienende Räume zur Verwendung als Büro sowie im 4. Stock a) zwei zu diesem Zeitpunkt als Wohnung dienende Räume, vom Stiegenhaus durch eine Tür erreichbar und den zwischen ihnen liegenden Gang und b) den durch diesen Gang und eine weitere Tür erreichbaren Dachboden. Ein schriftlicher Mietvertrag besteht nicht, nur eine Schreiben der beklagten Partei an den Hausverwalter (Beilage A), in welchem von einer besonderen Widmung der 1978 dazugemieteten Räume nicht die Rede ist. Es steht nicht fest, daß zwischen dem Vater des Klägers und dem damaligen Geschäftsführer der beklagten Partei vereinbart worden wäre, die Räume im 4.Stock dürften ausschließlich zu Geschäftszwecken verwendet werden, noch daß ein Weitergabe- oder Untermietverbot vereinbart worden wäre. In Ansehung der Benützung des Dachbodens erteilte der Vater des Klägers dem damaligen Geschäftsführer der beklagten Partei ausdrücklich die Zustimmung zu dessen Ausbau. Der mitgemietete Dachboden wurde nicht ausgebaut und ausschließlich zu Lagerzwecken verwendet. In der Folge wurden die beiden anderen Räume im 4. Stock teils zu Lagerzwecken und teils als Aufenthaltsräume für das Personal der beklagten Partei in Arbeitspausen verwendet. Nachdem bereits die geschiedene Gattin des Geschäftsführers der beklagten Partei fallweise in den Zimmern im 4. Stock übernachtet hatte, benutzt ein Dienstnehmer der beklagten Partei seit Sommer 1991 den Gang und die beiden Zimmer im 4. Stock unentgeltlich als Wohnung.

Die Vorinstanzen hoben die auf die Behauptung, die beklagte Partei habe die vermieteten Räumlichkeiten unzulässigerweise untervermietet und verwende diese nicht widmungsgemäß als Geschäftsräume, gestützte Aufkündigung der im 4. Stock oben unter a) bezeichneten Räumlichkeiten auf und wiesen das entsprechende Räumungsklagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Daß das Bestandverhältnis den Bestimmungen des MRG unterliegt, ist unbestritten. Gegenstand der auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 4 - worauf der Kläger im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zurückkommt - und Z 7 MRG gestützten Aufkündigung war ein Teil der von der beklagten Partei 1978 zusätzlich in Bestand genommenen Räumlichkeiten im 4. Stock. Bei einer Teilkündigung iS des § 31 Abs 2 MRG ist, wie schon vorher in § 22 Abs 2 MG normiert, die Kündigung hinsichtlich von Teilen des Mietgegenstandes für wirksam zu erklären, wenn der Kündigungsgrund „nicht hinsichtlich des ganzen Mietgegenstandes“ gegeben ist.

Nach der von Würth (in WoBl 1989, 124, in Rummel 2, Rz 5 zu § 31 MRG und in Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 3 zu § 31 MRG) kritisierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (MietSlg 38.489/10, fortgeführt in MietSlg 40.475 = RZ 1988/37 = WoBl 1989/63; weiters MietSlg 29.419; SZ 44/9 = MietSlg 23.471/5 ua) müssen bei einer Teilkündigung die Voraussetzungen für eine Kündigung in Ansehung des gesamten Mietgegenstandes vorliegen. Ob mehrere in einem Vertrag in Bestand gegebene Sachen eine einheitliche Bestandsache bilden, ist nach dem Parteiwillen zu beurteilen; die objektive Gemeinsamkeit iS gegenseitigen Erforderlich- oder Nützlichseins kann einen Anhaltspunkt für die Parteienabsicht bilden (WoBl 1992/22 = RdW 1991, 323; MietSlg 38/10; Würth in Rummel 2, Rz 2 zu §§ 1092 bis 1094 ABGB). Auch Würth bezweifelt aber nicht die Richtigkeit der Rechtsprechung (MietSlg 38/10; 8 Ob 1503, 1504/89), daß die Behauptungs- und Beweislast für einen teilbaren Bestandgegenstand, somit das Vorliegen in Wahrheit selbständiger Bestandobjekte, die weder wirtschaftlich noch technisch eine Einheit bilden, den Kläger trifft. Hier hat indes der Kläger weder in der Aufkündigung noch im Verfahren erster Instanz entsprechende Behauptungen aufgestellt, daß objektive selbständige Teile zu einem einheitlichen Mietobjekt zusammenfallen bzw. der Bestandgegenstand in wirtschaftlich verschiedene Teile zerfällt.

Die Revision ist demnach zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung, weil sie auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ihres Gegners nicht hingewiesen hat.

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