OGH 1Ob532/93

OGH1Ob532/932.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Angst, Dr. Schiemer und Dr. Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz Sch*****, und 2. Helga Sch*****, vertreten durch Dr. Bernd Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am 11. Oktober 1991 verstorbenen Engelbert St*****, vertreten durch Dr. Rudolf Zitta, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 2,593.818,98 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. Dezember 1992, GZ 6 R 92/92-87, womit infolge von Berufungen beider Parteien das Endurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 24. Jänner 1992, GZ 8 Cg 156/89-79, abgeändert wurde, in in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 26.875,02 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.679,17 Umsatzsteuer und S 4.800,- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 11.10.1991 verstorbene Erblasser der nun beklagten Verlassenschaft (im folgenden kurz Erblasser) erwarb die Liegenschaft EZ 118 KG Neuberg mit dem 1949 errichteten Jugendheim durch Zuschlag im Versteigerungsverfahren. Dem erst 1973 fertiggestellten Haus fügte er 1975 einen Zubau an und verpachtete das Jugendheim. Als der Heimbetrieb am 19.2.1979 wegen Erkrankung eines zu einer Jugendgruppe gehörigen Gastes vom Amtsarzt gesperrt und Mängel an der Wasserversorgungsanlage festgestellt worden waren, entschloß sich der Erblasser zum Verkauf der Liegenschaft. Er betraute damit einen Immobilienmakler, der ihm die Kläger als Kaufinteressenten namhaft machte. Bei den Vertragsgesprächen im Zuge der Besichtigung des Jugendheims versicherte er den Klägern wahrheitswidrig, sie könnte den Betrieb sofort aufnehmen, und verschwieg ihnen dabei, daß er von den Behörden darauf aufmerksam gemacht worden war, vor Betriebsaufnahme müßten die Mängel behoben und müßte die wasserrechtliche Bewilligung für die Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung erwirkt werden. Im Vertrauen auf diese Zusicherung durch den Beklagten kauften die Kläger die Liegenschaft mit Vertrag vom 28.5.1979 um S 3,850.000, wovon 3 Mio S auf das Grundstück und das Gebäude und S 850.000 auf das Inventar entfielen, nahmen zur Finanzierung des Kaufpreises einen Hypothekarkredit von S 3,571.000 in Anspruch und eröffneten noch im Juni 1979 den Betrieb des Jugendheims. Schon zwei Wochen später untersagte die Behörde jedoch den Betrieb; erst jetzt erfuhren die Kläger, daß die für die Erteilung der Konzession erforderliche wasserrechtliche Bewilligung fehlte. Die Konzession wurde ihnen erst am 19.11.1979 unter verschiedenen wasserrechtlichen Auflagen erteilt. Da die Nächtigungszahlen hinter den Erwartungen zurückblieben, die Sanierung der Trinkwasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen anstand und eine drückende Zinsenlast zu bewältigen war, gerieten die Kläger in zunehmende finanzielle Bedrängnis. Am 3.6.1983 wurde das Jugendheim zudem noch wegen Einsturzgefahr gesperrt, weil Teile der Holztramdeckenkonstruktion durchgemorscht waren. Schließlich wurde die Liegenschaft der Bank, die den Klägern den Kredit gewährt hatte und die wegen ihrer Außenstände von mehr als S 4,100.000 das Versteigerungsverfahren betrieb, bei einem Schätzwert von S 2,757.466 um das Meistbot von 2 Mio S zugeschlagen.

Bei ihrer am 21.5.1982 überreichten Klage, mit der der vorliegende Rechtsstreit eingeleitet wurde, gingen die Kläger noch von der Gültigkeit ihres mit dem Erblasser am 28.5.1979 geschlossenen Kaufvertrags aus, obwohl sie dort behaupteten, der Erblasser habe sie durch Verschweigung wesentlicher Mängel in Irrtum geführt, weshalb gegen ihn ein strafgerichtliches Verfahren anhängig sei. Sie machten in der Klage den Ersatz von Mängelbehebungskosten von 1,3 Mio S, Verdienstentgang in Höhe von S 717.060 und den Ersatz der durch die Mängel verursachten zusätzlichen Zinsenbelastung von weiteren 1,3 Mio S geltend.

In diesem Verfahren trat wegen des gegen den Erblasser anhängigen strafgerichtlichen Verfahrens am 31.8.1982 Ruhen ein. Im Strafverfahren wurde der Wert der Liegenschaft nach Abzug der Kosten der Erfüllung der behördlichen Auflagen von S 460.000 und der Sanierung von Bauschäden von S 380.000 mit S 2,619.250 geschätzt. Der Beklagte wurde in erster Instanz am 21.9.1982 wegen des Vergehens der Täuschung nach § 108 Abs 1 StGB verurteilt, in zweiter Instanz jedoch am 13.12.1982 freigesprochen, weil die dem Schuldspruch zugrundeliegende Schädigung des Dispositionsrechtes der Kläger über den Ankauf der Liegenschaft keine Schädigung an einem konkreten Recht nach § 108 StGB darstelle.

Am 17.6.1983 brachten die Kläger, die vorher schon die Fortsetzung des Verfahrens beantragt hatten, eine weitere Klage gegen den Erblasser ein, mit der sie nun die Aufhebung des mit ihm geschlossenen Kaufvertrags wegen List und dessen Rückabwicklung durch Erstattung eines Betrags von S 1,942.244 s.A. begehrten. Im ersten Rechtsgang dieses Verfahrens sprach der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 22.1.1986 abschließend aus, daß das auf List gestützte Aufhebungsbegehren berechtigt sei, beließ es jedoch bei der vom Gericht zweiter Instanz verfügten Aufhebung, weil Feststellungen über die Höhe der gerechtfertigten Rückabwicklungsansprüche fehlten. Dieser Beschluß wurde den Klägern am 4.4.1986 zugestellt. Im zweiten Rechtsgang sprach das Erstgericht aus, daß der Kaufvertrag aufgehoben werde; die Rückabwicklungsansprüche der Kläger wurden schließlich mit S 1,216.404 als berechtigt erkannt. Mit diesem Ergebnis wurde der Rechtsstreit nach Erschöpfung des Instanzenzugs beendet.

Am 18.2.1988 begehrte die Klägerin die Fortsetzung des nun zu erledigenden Rechtsstreits. Bei der Verhandlungstagsatzung vom 24.3.1988 schränkten sie ihr Begehren um die Mängelbehebungskosten von 1,3 Mio S ein, hielten es, soweit sie Verdienstentgang von S 717.060 forderten, aufrecht und erweiterten es um den Ersatz weiterer Zinsen von (richtig) S 600.000, so daß das Klagebegehren insgesamt auf S 2,617.060 eingeschränkt wurde. Der Erblasser wendete schon damals Verjährung ein, die Kläger replizierten, daß er auf den Verjährungseinwand verzichtet habe.

Bei der Verhandlungstagsatzung am 24.1.1989 dehnten die Kläger ihr Begehren um den Ersatz von näher bezeichneten Aufwendungen auf das Kaufobjekt bzw im Zusammenhang mit dem Betrieb des Jugendheims in einer Gesamthöhe von S 678.282,32, die sie, wären sie nicht getäuscht worden, nicht getätigt hätten, auf S 3,295.342,32 aus. Der Erblasser präzisierte seinen auch gegen das nun erweiterte Begehren aufrechterhaltenen Verjährungseinwand dahin, daß die Kläger bisher nur das Erfüllungsinteresse geltend gemacht hätten.

Bei der Verhandlungstagsatzung vom 9.5.1989 brachten die Kläger vor, die Klagsansprüche seien nicht verjährt, weil der Schaden auf einem arglistigen Vorgehen des Erblassers beruhe und daher die 30-jährige Verjährungsfrist maßgeblich sei.

Mit Beschluß und Teilurteil vom 12.1.1990 wies das Erstgericht die Klage im Umfang des Begehrens auf Ersatz aufgelaufener Zinsen in Höhe von S 1,090.172,80 wegen entschiedener Streitsache zurück und das restliche Zinsenersatzbegehren von S 809.827,80 ab. Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß des Erstgerichts im Betrag von S 947.227,60 und trug diesem die Fortsetzung des Verfahrens über das Begehren auf restlichen Zinsenersatz von S 142.944,60 auf. Das Teilurteil des Erstgerichts war mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.

Mit einem am 8.1.1991 überreichten Schriftsatz erweiterten die Kläger das Verdienstentgangsbegehren um S 659.640 auf S 1,376.700 und das Aufwandersatzbegehren um S 2,058.311,20 auf S 2,736.593,50 und somit das gesamte Begehren auf S 4,113.293,54 s.A. und stützten nun das gesamte Begehren auf die Täuschung durch den Erblasser, ohne die ihnen der Schaden nicht erwachsen wäre.

Bei der Verhandlungstagsatzung am 5.2.1991, bei der die Kläger den vorher wiedergegebenen Schriftsatz vortrugen, wendete der Erblasser wie schon vorher Verjährung ein, weil die Kläger bisher das Erfüllungsinteresse, nun aber das negative Vertragsinteresse begehrten.

Bei der Verhandlungstagsatzung vom 26.2.1991 schränkten die Kläger das Aufwandersatzbegehren um S 346.957,96, worin auch das restliche offene Zinsenersatzbegehren von S 142.944,60 enthalten war, ein und erweiterten es gleichzeitig um weiteren Aufwandersatz von S 204.183,40, so daß das Klagebegehren von nun an auf Zahlung von S 3,970.518,98 s.A. gerichtet war. Auch der Klagserweiterung hielt der Erblasser seine bisherigen Einwendungen - darunter also auch den Verjährungseinwand - entgegen.

Mit Teilurteil vom 21.3.1991 wies das Erstgericht das gesamte Verdienstentgangsbegehren von S 1,376.700 s.A. ab. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil, der Oberste Gerichtshof wies die dagegen erhobene außerordentliche Revision zurück.

Mit Endurteil vom 24.1.1992 sprach das Erstgericht aus, daß die eingeklagte (Aufwandersatz-)Forderung mit S 1,858.493,70 zu Recht und mit S 735.325,28 nicht zu Recht und die vom Erblasser eingewendete Gegenforderung jedenfalls bis zur Höhe der als berechtigt erkannten Klagsforderung zu Recht bestünden und wies das gesamte Klagebegehren ab.

Es stellte - soweit dies zur Erledigung der Revision von Bedeutung ist - fest, um die bei der Übergabe des von den Klägern erworbenen Jugendheims vorhandenen Mängel, namentlich an der Wasserversorgungs- und Abwässerbeseitigungsanlage, am Gebäude selbst und an dessen Einrichtung, zu beheben, seien den Klägern in der Zeit von 1979 bis 1982 über deren Auftrag von näher genannten Unternehmen Lieferungen bzw Leistungen im Gesamtbetrag von S 1,340.531,47 erbracht worden, die die Kläger im Vertrauen auf die Gültigkeit des Kaufvertrags bestellt hätten; diese Aufwände hätten im Meistbot keinen Niederschlag gefunden. Zur Verpflegung der Pensionsgäste sowie überhaupt zur Aufrechterhaltung des Betriebs hätten die Kläger in der Zeit von 1980 bis 1982 bei verschiedenen Unternehmen Betriebsmittel bzw Leistungen zum Entgelt von insgesamt S 149.753,36 in Anspruch genommen. Außerdem hätten die Kläger bis 1981 Kredite in Höhe von S 263.539,63 aufgenommen, um für den Betrieb des Jugendheims Betriebsmittel anzuschaffen, die sie, hätten sie auf die Gültigkeit des Kaufvertrags nicht vertraut, nicht erstanden hätten. Bis 1982 seien den Klägern Exekutionskosten und Gerichtsgebühren in Gesamthöhe von S 34.412,90 deshalb erwachsen, weil sie infolge der listigen Irreführung durch den Erblasser in eine prekäre finanzielle Lage geraten seien. Bis 1984 seien den Klägern Kosten für die Vertretung in verschiedenen gerichtlichen Verfahren in Höhe von zusammen S 35.310,96 erwachsen, die entweder im Zusammenhang mit dem Vertrauen auf die Gültigkeit des Kaufvertrags stünden oder nur deshalb eingeleitet worden seien, weil die Kläger infolge der Täuschung durch den Erblasser in einen finanziellen Engpaß geraten seien und deshalb die Schulden nicht rechtzeitig hätten begleichen können. Schließlich seien den Klägern wegen der durch die Irreführung ausgelösten mißlichen finanziellen Lage Verzugszinsen von S 34.946,17 entstanden, weil sie die während des Betriebs des Jugendheims aufgelaufenen Sozialversicherungsbeiträge nicht hätten entrichten können. Nach dem 7.5.1991 habe der Beklagte Forderungen der Gläubiger der Kläger im Gesamtbetrag von S 1,688.865,78 eingelöst.

Rechtlich meinte das Erstgericht, angesichts der Vertragsaufhebung hätten die Kläger Anspruch auf Ersatz des Aufwands, der ihnen nicht erwachsen wäre, wäre es nicht zum Vertragsabschluß gekommen. Verjährt seien die Ersatzansprüche deshalb nicht, weil das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit dem Vertragsgeschehen den Tatbestand des Betrugs in der Begehungsform des § 146 Abs 3 StGB erfülle. Damit lägen aber die Voraussetzungen für die 30-jährige Verjährung gemäß § 1489 zweiter Satz ABGB vor. Die ersatzfähigen Aufwände betrügen insgesamt S 1,858.493,70 (richtig: S 1,858.494,49). Die beklagte Partei habe zur Aufrechnung Gegenforderungen eingewendet. Ein Benützungsentgelt stehe ihnen nach dem Ergebnis des Verfahrens über die Aufhebungsklage jedoch nicht zu. Durch Teilurteil sei aber rechtskräftig festgestellt worden, daß die Kläger von der Bank in der Zeit vom 19.5.1982 bis 24.3.1988 nicht mit Zinsen belastet worden seien; dennoch seien ihnen mit Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 31.8.1987 (im Aufhebungsverfahren) für diesen Zeitraum 10 % Zinsen aus S 654.160 zuerkannt worden. Mit der Zinsendifferenz von 6 % seien die Kläger deshalb bereichert, weshalb die beklagte Partei S 229.611,18 zurückzufordern berechtigt sei. Überdies habe diese von den Klägern als richtig zugestandene Forderungen gegen sie in Höhe von S 1,688.865,78 erworben und außerdem seien ihr vom Berufungsgericht mit Urteil vom 6.8.1991Verfahrenskosten in Höhe von S 22.063,38 zuerkannt worden. Der berechtigten Klagsforderung stünden daher Gegenforderungen von S 1,940.540,34 gegenüber, so daß das Klagebegehren deshalb abzuweisen sei.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies, ohne daß es erst einer Aufrechnung mit den eingewendeten Gegenforderungen der beklagten Partei bedürfte, und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, daß die eingeklagten Forderungen verjährt seien. Da die Kläger lediglich Arglist behauptet hätten, habe das Erstgericht nicht alle „Vorsatzformen“ des Betrugs (Irreführungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz) untersuchen müssen. Die Differenz zwischen dem Schätzwert der Liegenschaft im Versteigerungsverfahren und dem wenig früher vereinbarten Kaufpreis sei sehr gering, der notwendig gewordene Verbesserungsaufwand erfülle aber nicht alle „Vorsatzformen“.

Die von den Klägern dagegen erhobene Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auf den Verjährungseinwand der klagenden Partei replizierten die Kläger im wesentlichen damit, der Erblasser habe auf diese Einwendung verzichtet und außerdem sei die 30jährige Verjährungsfrist maßgeblich, weil der Schaden auf einem arglistigen Vorgehen des Erblassers beruhe (ON 31, S 7). Beiden Repliken kommt jedoch keine Berechtigung zu:

Zur Untermauerung des „Verjährungsverzichts“ beriefen sich die Kläger auf das Schreiben des (damaligen) Beklagtenvertreters an den (damaligen) Klagevertreter vom 11.7.1983 (Beilage 3), mit dem die angesichts der kurz vorher überreichten, auf § 870 ABGB gestützten und auf Aufhebung des Kaufvertrags gerichteten Klage getroffene Vereinbarung über das Ruhen dieses Verfahrens und den Verzicht „auf eine Einrede der Verjährung wegen nicht ordnungsgemäßer Fortsetzung dieses Prozesses“ bestätigt wurde. Aufgrund dieser Formulierung - eine davon abweichende Parteienabsicht wurde nicht festgestellt - kann es nicht zweifelhaft sein, daß diese Verzichtserklärung nur die damals schon geltend gemachten Schadenersatzansprüche - also Mängelbehebungskosten, Verdienstentgang wegen Betriebssperre und die dadurch verursachte erhöhte Kreditzinsenbelastung - zum Gegenstand hatte; daß der Erblasser alle denkbaren, also auch auf einem geänderten Rechtsgrund beruhenden Ersatzansprüche, die damals noch nicht im geringsten, auch nicht außergerichtlich geltend gemacht, ja nicht einmal angekündigt waren, in seine Verzichtserklärung miteinbezog, kann ihm schon deshalb nicht unterstellt werden, weil er deren Berechtigung und Klagbarkeit zu diesem Zeitpunkt gar nicht abzusehen imstande war. Die im genannten Schreiben bestätigte Disposition beschränkte sich somit ausschließlich auf die damals eingeklagten Ansprüche, so daß die Replik der Arglist (vgl Schubert in Rummel, ABGB2 § 1501 Rz 2) erfolglos bleiben muß.

Mit dem ursprünglichen Klagebegehren, das noch auf dem Boden der Gültigkeit des Kaufvertrags vom 28.5.1979 stand, machten die Kläger ausschließlich zum Erfüllungsinteresse zu rechnende Ansprüche geltend, also Nachteile in ihrem Vermögen, die nicht entstanden wären, hätte der Erblasser den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Die mit der Klage ursprünglich geltend gemachten Ansprüche sind aber nicht mehr Streitgegenstand: Um den Anspruch auf Ersatz der Mängelbehebungskosten von 1,3 Mio S schränkten die Kläger ihr Begehren bei der Verhandlungstagsatzung vom 24.3.1988 (ON 15) ein, das in dem am 8.1.1991 überreichten Schriftsatz (ON 56) auf S 1,376.700 erweiterte Verdienstentgangsbegehren wurde mit dem im Instanzenzug bestätigten Teilurteil des Erstgerichts vom 21.3.1991 (ON 61, 72 und 75) abgewiesen. Das später erweiterte Zinsenersatzbegehren (zuletzt 1,9 Mio S) wurde zum Teil (S 809.827,80) rechtskräftig aberkannt (Teilurteil vom 12.1.1990 - ON 38), zum Teil (S 947.227,60) wurde die Klage in diesem Umfang wegen rechtskräftig entschiedener Streitsache zurückgewiesen (Beschluß des Berufungsgerichtes vom 3.7.1990 - ON 52) und um den restlichen Teil des Zinsenbegehrens (S 142.944,60) schränkten die Kläger ihr Begehren bei der Verhandlungstagsatzung am 26.2.1991 (ON 60) ein. Das zuletzt noch zur Entscheidung stehende Begehren - Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen der Kläger auf das Kaufobjekt bzw im Zusammenhang mit dem Betrieb des Jugendheims, die sie nicht gemacht hätten, wären sie nicht getäuscht worden - stützen die Kläger nun selbst auf die Verpflichtung der beklagten Partei zum Ersatz des negativen Vertragsinteresse, also des ihnen durch das arglistige Vorgehen des Erblassers entstandenen Vertrauensschadens, der nicht eingetreten wäre, wäre die Täuschung durch den Erblasser unterblieben. Sie machten damit aber von den bisherigen Ansprüchen nach Art, Ausmaß und vor allem nach dem Rechtsgrund völlig verschiedene Schadenersatzansprüche (§ 874 ABGB) geltend, für welche die Voraussetzungen der eingewendeten Verjährung von den anderen, bereits erledigten Ansprüchen gesondert und unabhängig zu prüfen sind; insbesondere wurde deren Verjährung nicht schon durch die Klage, sondern erst durch die verfahrensrechtlich wirksame Erklärung, das Begehren um diese Ansprüche zu erweitern, unterbrochen (SZ 56/157 uva; Schubert aaO § 1497 Rz 6).

Schon ihrem eigenen Vorbringen zufolge machen die Kläger Schadenersatzansprüche (§ 874 bzw §§ 1293 ff ABGB) geltend. Die Verjährungsfrist für solche Ansprüche und deren Beginn regelt § 1489 ABGB. Danach ist jede Entschädigungsklage in drei Jahren von der Zeit verjährt, zu welcher der Schaden und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde, der Schaden mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag entstanden sein. Ist der Schaden allerdings aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, entstanden, so erlischt das Klagerecht nur nach 30 Jahren. Da sich die Kläger schon in der am 21.5.1982 überreichten Klage darauf beriefen, daß sie der Erblasser durch Verschweigung wesentlicher Mängel - vor allem auch an der Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlage - getäuscht habe und deshalb gegen ihn ein Strafverfahren anhängig sei, ist davon auszugehen, daß ihnen alle für die Ingangsetzung der dreijährigen Frist maßgeblichen Umstände - also Schaden, Ursachenzusammenhang und Schädiger - schon damals in einem Ausmaß bekannt waren, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden konnte (SZ 63/37 uva; Schubert aaO § 1489 Rz 3). Die Verjährungsfrist wird dann schon in Gang gesetzt, wenn auch der Schaden in seinem gesamten Umfang noch nicht abzusehen ist (ZVR 1988/83 uva), weil der Verjährung künftig vorhersehbarer Schäden durch Feststellungsklage begegnet werden kann (Schubert aaO § 1489 Rz 3 mwN). Die nun zur Entscheidung stehenden, dem negativen Vertragsinteresse zuzurechnenden Ersatzansprüche haben die Kläger jedoch erstmals mit einem Betrag von S 678.282,32 bei der Verhandlungstagsatzung am 24.1.1989 (ON 26) und im restlichen Betrag sogar erst mit dem am 8.1.1991 überreichten und bei der Verhandlungstagsatzung am 5.2.1991 (ON 59) vorgetragenen Schriftsatz (ON 56) verjährungsunterbrechend (§ 1497; Schubert aaO Rz 6 hiezu) geltend gemacht. Es liegt daher auf der Hand, daß die dreijährige Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt bereits längst abgelaufen war.

Im Ergebnis zutreffend hat das Gericht zweiter Instanz die Voraussetzungen für die 30-jährige Verjährungsfrist (§ 1489 zweiter Satz ABGB) verneint. Die Kläger stehen auf dem Standpunkt, da sie sich auf Arglist stützen (und gewiß auch stützen können), gelte nicht die drei-, sondern die 30-jährige Verjährungsfrist. Sie übersehen dabei jedoch, daß der die lange Verjährungsfrist bedingende, im strafrechtlichen Sinn zu verstehende Verbrechensbegriff alle subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit in sich schließt (EvBl 1977/41 ua; Schubert aaO § 1489 Rz 5). Beim Betrug (§§ 146 und 147 StGB) - der hier als fristverlängernde strafbare Handlung allein in Betracht kommt - muß der Täter die Täuschung eines anderen über Tatsachen, die dadurch bewirkte unmittelbare Schädigung des Getäuschten oder eines anderen am Vermögen und ferner noch wollen oder es zumindest ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden (§ 5 Abs 1 StGB), daß er oder ein Dritter durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig bereichert wird (Leukauf-Steininger, Komm StGB2 § 146 Rz 52 ff mwN). Nun setzt die lange Verjährungsfrist des § 1489 ABGB zwar trotz der in Art 6 Abs 2 MRK verankerten Unschuldsvermutung, die im Verfahren vor den Zivilgerichten nicht beachtlich ist (IntKomm EMRK (Vogler) Art 6 Rz 383 mwN), keine strafgerichtliche Verurteilung voraus (ÖBA 1988/81 ua; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 321), doch hat dann der Geschädigte, sofern er sich auf Betrug stützen will, in Erwiderung des Verjährungseinwands nicht nur (zumindest bedingten) Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz, sondern, da das Grundtatbild des Betrugs (§ 146 StGB) der im § 1489 ABGB geforderten Qualifikation in der Strafdrohung nicht genügt, überdies die zusätzlichen Merkmale eines der qualifizierten Betrugsfälle, also eine der besonderen Begehungsformen (Abs 1) oder die vom Vorsatz umfaßte Schadenshöhe (Abs 2 und 3), zu behaupten und zu beweisen. Die Kläger haben aber zur Entkräftung des Verjährungseinwands ausschließlich Arglist ins Treffen geführt. Nachgewiesene List im Sinne des § 870 ABGB zieht jedoch für sich die Anwendung der langen Verjährungsfrist schon deshalb nicht nach sich, weil sie keinen Schädigungsvorsatz voraussetzt (Rummel in Rummel, ABGB2 § 870 Rz 2 mwN), sondern es bedarf der Behauptung und des Beweises einer im Sinne des § 1489 zweiter Satz ABGB qualifizierten strafbaren Handlung (ecolex 1989, 20; 3 Ob 510/82; Schubert aaO § 1489 Rz 5). Eine solche strafbare Handlung haben die Kläger indessen nicht einmal behauptet. Anhaltspunkte hiefür könnten - entgegen dem Erstgericht - auch den Akten nicht entnommen werden, ist doch der Erblasser selbst vom Vorwurf des Vergehens nach § 108 Abs 1 StGB freigesprochen worden, das für sich nicht einmal im Sinne des § 1489 ABGB qualifiziert ist, und liegen der im Straf- und im Versteigerungsverfahren festgestellte Schätzwert und der Kaufpreis nicht derart weit auseinander, daß diese Wertdifferenz an sich bereits einen verläßlichen Schluß auf den Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz zuließe.

Ist aber schon mangels Behauptung einer im Sinne des § 1489 zweiter Satz ABGB qualifizierten gerichtlich strafbaren Handlung durch die Kläger die lange Verjährungsfrist nicht anzuwenden, so sind die eingeklagten Forderungen deshalb verjährt, weil die dreijährige Frist (§ 1489 erster Satz ABGB) im Zeitpunkt des die Verjährungsunterbrechung auslösenden Verfahrensschrittes (Klagserweiterung bzw Klagsänderung) bereits längst abgelaufen war. Da somit das Gericht zweiter Instanz das Klagebegehren zu Recht abgewiesen hat, ohne daß die Berechtigung der Aufrechnungseinrede überhaupt noch geprüft werden müßte, ist der Revision der Kläger ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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