OGH 13Os57/93

OGH13Os57/9328.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Markel und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Malesich als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter C***** wegen des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach dem § 206 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Walter C***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 22.Dezember 1992, GZ 28 Vr 1541/90-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.April 1928 geborene Pensionist Walter C***** des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach dem § 206 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt ab Herbst 1982 bis 1984 in Navis einmal mit der am 25.November 1974 geborenen, sohin zur Tatzeit unmündigen Simone P***** den außerehelichen Beischlaf unternommen hatte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund rügt der Verteidiger die Abweisung der in der Hauptverhandlung am 22.Dezember 1992 gestellten Beweisanträge (vgl. S 275 f) auf

1. Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zum Beweise dafür, daß es ohne erhebliche Selbstverletzung am Körper nicht möglich ist, einen "Milupa-Kugelschreiber" in den Penis einzuführen;

2. Ausforschung und Einvernahme des "Franz", Familienname unbekannt, der zeitweise bei der Monika W***** gewohnt hat, zum Beweise dafür, daß Simone P***** Geschlechtsverkehr und ähnliche Handlungen zwischen Monika W***** und dritten Personen beobachtet hat;

3. und 4. Einholung der handschriftlichen Gesprächsmitschrift der vernommenen Zeugin Marion H***** und eines graphologischen Gutachtens darüber, daß es sich dabei um eine natürlich erfließende und nicht im nachhinein gestückelte und konstruierte Mitschrift eines Gesprächs zwischen dieser Zeugin und der Zeugin Simone P***** handelte und insbesondere alle in ON 2 auf AS 31 ff niedergelegten Einzelheiten der Aussage der Simone P***** in deren Reihenfolge und in schnellem und natürlichem Schriftfluß aufgeschrieben worden sind.

Durch die Abweisung dieser Beweisanträge wurde indes der Angeklagte in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt.

Das zu Punkt 1 angeführte Beweisthema betrifft den Anklagevorwurf nach dem § 208 StGB (vgl. S 271), von dem der Angeklagte freigesprochen worden ist (vgl. US 3); dieser Antrag war somit für das zum Schuldspruch führende Verfahren ohne Bedeutung.

Der zu Punkt 2 angeführte Antrag war schon von seinem Beweisthema her ungeeignet, die Beweislage zugunsten des Angeklagten maßgebend zu verändern, insbes. die Aussage der Zeugin Simone P***** zum inkriminierten Vorfall zu widerlegen oder deren Glaubwürdigkeit zu beeinträchtigen. Das (ergänzende) Vorbringen der Rüge, im Falle eines positiven Ergebnisses der zu Punkt 2 beantragten Beweisaufnahme hätte sich das Gericht damit auseinandersetzen müssen, ob das Mädchen größere sexuelle Erfahrung hatte, als vom Erstgericht angenommen, schlägt schon deshalb nicht durch, weil dieses Thema dem Beweisantrag nicht zu entnehmen ist (SSt. 41/71).

Zum Antrag Pkt. 3 und 4 hinwieder liegen - wie noch darzulegen sein wird - die behaupteten wesentlichen Divergenzen in der Aussage der Zeugin Simone P***** nicht vor. Und abgesehen davon hat das Gericht - wie auch die Rüge einräumt - im Sinne des Antrages als erwiesen angenommen, daß "das Protokoll nach den Angaben Simones ... verfaßt worden ist" (US 7, vgl. dazu auch die Aussage der Zeugin Marion H*****, S 266).

Auch der Mängelrüge (Z 5) kommt keine Berechtigung zu.

Mit den von der Zeugin Simone P***** im Protokoll vom 4.April 1990, ON 2, vorgenommenen Korrekturen mußte sich das Gericht - dem Beschwerdevorbringen zuwider - deshalb nicht befassen, weil sie, wie bereits kurz erwähnt, kein für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit bedeutsames Abgehen von der Darstellung des relevanten Sachverhalts erkennen lassen. Denn diese Ausbesserungen betreffen zum Teil nicht den inkriminierten Vorfall mit dem Angeklagten, sondern das Verhältnis der Zeugin zu ihrer Mutter (S 33 des Protokolls) und zu einem "Manfred" (vgl. S 35). Auch der Umstand, daß die Zeugin die Formulierung des Protokolls "er hat sich auf mich gelegt und hat auch bei mir probiert, mit dem Penis unten eini zu kommen", durch die Worte: "er hat herumgefummelt" ersetzt hat (vgl. S 37), war nicht gesondert zu erörtern, weil dadurch die hier entscheidungswesentlichen Angaben - daß der Penis des Angeklagten und die Scheide der Zeugin einander direkt berührten (vgl. S 37 zweiter Absatz) - nicht in Frage gestellt worden sind.

Unbegründet ist auch der Vorwurf der Mängelrüge, das Gericht habe die Ausführungen der Sachverständigen Univ.Prof.DDr.Maria N*****-V***** im ersten und zweiten Rechtsgang übergangen, daß ein "gewisser Unsicherheitsfaktor" hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Zeugin Simone P***** vorliege. Richtig ist zwar, daß in dem in der Hauptverhandlung am 30.Jänner 1991 ergänzten Gutachten - wie in der Beschwerde angeführt - auch von einem solchen Unsicherheitsfaktor gesprochen wird (vgl. S 171, 172 und 173). Die Sachverständige hat jedoch - was die Rüge verschweigt - in diesem Zusammenhang ausdrücklich erklärt, es sei höchst unwahrscheinlich, daß sich das Mädchen das alles ausgedacht habe (S 173). Auch ist die Sachverständige von ihren Schlußfolgerungen im schriftlichen Gutachten ON 6 - daß insbes. keinerlei Hinweise auf eine bewußte und zielstrebig einsetzbare Lügenhaftigkeit vorhanden seien, daß auch eine bewußt falsche Angabe aus Rachsucht ausgeschlossen werden könne (S 123 f) und auch eine Geltungsbedürftigkeit weitgehend auszuschließen sei und man von einer hohen Glaubwürdigkeit sprechen müsse (S 131 f) - nicht abgegangen (vgl. insbes. S 247: "Es bestätigt sich wieder, daß sie nicht geltungsbedüftig wirkt ..... Die Angaben zur Glaubwürdigkeit von Simone ändern sich aufgrund des heutigen Eindrucks nicht. Man muß sagen, sie lügt da nicht.").

Die in der Beschwerde angeführten Passagen des Gutachtens in der Hauptverhandlung vom 24.November 1992 werden aus dem Zusammenhang gelöst interpretiert. Es wird nämlich darin in Wahrheit nicht die Glaubwürdigkeit der Zeugin P***** in Frage gestellt, die Sachverständige führt vielmehr nur allgemein aus, daß sie mit der Beurteilung des Geltungsbedürfnisses in ihren Gutachten immer äußerst vorsichtig sei, weil man mit einem punktuellen Geltungsbedürfnis rechnen müsse, bezieht dies jedoch in keiner Weise auf die genannte Zeugin. Auch die nach Vorhalt der Angaben der Zeugin P***** im Protokoll S 37, letzter Absatz, von der Sachverständigen abgegebene Stellungnahme wird in der Rüge nur unvollständig und sinnentstellt wiedergegeben (vgl. dazu S 250). So fehlt zB jede Bezugnahme darauf, daß die Sachverständige einleitend erklärte, für den Wahrheitsgehalt (dieses Teiles der Aussage der Zeugin Simone P*****) spreche, "daß sich Simone so quält" (vgl. S 250 und auch S 247). Auch der im Gutachten erwähnte Vorfall in der "Servitenkirche" wird mißverständlich angeführt (vgl. S 250).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen mußte sich demnach das Erstgericht mit diesen Ausführungen nicht gesondert auseinandersetzen.

Nicht zu erörtern, weil nicht entscheidungswesentlich, war auch der Umstand, daß die Zeugin Simone P***** ursprünglich von Videofilmen gesprochen hat (S 91), später aber von einer Filmleinwand.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten fällt demnach in die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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