Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Villach stellte den Antrag, der ae Mutter mangels Erziehungseignung und wegen Gefahr der Schädigung des Kindeswohles die Obsorge zu entziehen und diese mangels anderer geeigneter Personen dem "Bezirksjugendamt Villach" zu übertragen. Gleichzeitig möge auch mit Beschluß festgelegt werden, daß der Minderjährige im Rahmen der vollen Erziehung bei den Pflegeeltern Petra und Anton H*****in *****, zu verbleiben habe.
Das Erstgericht übertrug die Obsorge für den Minderjährigen gemäß § 176a ABGB dem Land Kärnten und führte zur Zuständigkeit aus, Träger der öffentlichen Jugendwohlfahrt sei gemäß § 4 JWG 1989 das Land, wobei die Ländergesetzgebung bestimme, welche Organisationseinheiten die Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege zu besorgen haben. Das Kärntner JWG, LGBl 1991/139, bestimme in § 34 Abs 1 als Träger der öffentlichen Jugendwohlfahrt das Land und weise in Absatz 2 verschiedene, konkret angeführte Aufgaben dieses Gesetzes der Landesregierung zu, während die anderen Aufgaben in Absatz 3 den Bezirksverwaltungsbehörden zugeordnet seien. Damit fehle es aber an einer konkret in Frage kommenden Organisationseinheit. Die Obsorge müsse daher allgemein dem Jugendwohlfahrtsträger, also dem Land Kärnten übertragen werden, dies unabhängig davon, wem letztlich die Durchführung der Alleinerziehung zukommen werde.
Das Berufungsgericht gab dem Rekurs der Bezirkshauptmannschaft Villach, welche sich nur dagegen wendete, daß die Obsorge für den Minderjährigen dem Land Kärnten und nicht ihr als zuständiger Bezirksverwaltungsbehörde übertragen wurde, keine Folge. Für den Fall des hier nicht mehr zu prüfenden Vorliegens der Voraussetzungen nach § 176a ABGB sei die Obsorge dem Jugendwohlfahrtsträger zu übertragen. Dieser sei aber nach § 4 Abs 1 JWG, § 34 Abs 1 Kärntner JWG das Land Kärnten. Daran vermöge auch die in § 4 Abs 2 JWG vom Grundsatzgesetzgeber erteilte Ermächtigung, nach der die Landesgesetzgebung bestimmen könne, welche Organisationseinheiten (Verwaltungsbehörden und sonstige Stellen) die Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt zu besorgen haben, nichts zu ändern. Die Kompetenzabgrenzung zwischen der Landesregierung und den Bezirksverwaltungsbehörden betreffe lediglich die Ausführung und Besorgung der jeweiligen Maßnahmen, was zivilrechtlich gesehen keine Durchbrechung der Rechtsstellung des Landes als umfassender Träger der öffentlichen Jugendwohlfahrt bedeuten könne. Eine andere Auslegung des § 34 Kärntner JWG komme auch deshalb nicht in Betracht, weil bei einer Obsorgeentscheidung nach § 176a ABGB häufig auch noch nicht absehbar sei, in welcher Art diese Obsorge im Wege der vollen Alleinerziehung (Unterbringung in einer Pflegefamilie - Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde - oder aber in einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung - Zuständigkeit der Landesregierung -) durchgeführt werde.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs im Hinblick auf die bereits erflossene Entscheidung des OGH 2 Ob 589/91 nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Bezirkshauptmannschaft Villach ist im Hinblick darauf, daß zum Kärntner JWG LGBl 1991/139 erst eine einzige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ergangen ist, zulässig, aber nicht berechtigt.
Durch das KindRÄG BGBl 1989/162 wurde im § 215a ABGB abweichend von den vorangegangenen - in Einzelgesetzen verstreuten - Zuständigkeitsvorschriften die Zuständigkeit des Jugendwohlfahrtsträgers normiert. Soweit nichts anderes angeordnet ist, fallen die Aufgaben dem Jugendwohlfahrtsträger zu, in dessen Sprengel der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines solchen im Inland seinen Aufenthalt hat. Nach § 4 Abs 1 JWG ist der Träger der öffentlichen Jugendwohlfahrt das Land. Absatz 2 legt fest, daß die Landesgesetzgebung bestimmt, welche Organisationseinheiten die Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt zu besorgen haben.
Das Kärntner Jugendwohlfahrtsgesetz bestimmt im III. Hauptstück "Träger der Jugendwohlfahrt" in § 34: Träger der Jugendwohlfahrt ist das Land (Jugendwohlfahrtsträger). Entsprechend der im Grundsatzgesetz erteilten Ermächtigung, durch die Landesgesetzgebung die Organisationseinheiten zu bestimmen, welche die Aufgaben der öffentlichen Jugendwohlfahrt zu besorgen haben, werden in § 34 Abs 2 lit a bis k jene Agenden aufgezählt, die der Landesregierung obliegen, während in Abs 3 alle nicht darunter fallenden Aufgaben (soweit nicht die Gemeinden gemäß § 10 Abs 2 für die Errichtung und den Betrieb von Beratungsstellen für Schwangere, Mütter und Eltern sorgen) den Bezirksverwaltungsbehörden zugewiesen sind. Diese Zuständigkeitsvorschriften vermögen nichts daran zu ändern, daß der Jugendwohlfahrtsträger das Land bleibt und nur die Durchführung bestimmter Aufgaben verschiedenen Stellen obliegt. Es ist dem Gesetz in keiner Weise zu entnehmen, daß etwa im Falle der Einstellung von Maßnahmen nach § 28 Kärntner JWG (derartige Maßnahmen gehören gemäß § 34 Abs 2 lit h zu den Aufgaben der Landesregierung) ein Wechsel des Jugendwohlfahrtsträgers einzutreten hätte, weil allenfalls später erforderliche Maßnahmen in den Aufgabenkreis der Bezirksverwaltungsbehörde fallen. Jugendwohlfahrtsträger bleibt in derartigen Fällen nach wie vor das Land, wie § 34 Abs 1 Kärntner JWG ausdrücklich anordnet. Daraus wird deutlich, daß durch die Vorschriften der Abs 2 und 3 dieser Gesetzesstelle nicht verschiedene Jugendwohlfahrtsträger bezeichnet, sondern nur Kompetenzen innerhalb der Organisation eines einzigen Jugendwohlfahrtsträgers, nämlich des Landes, festgelegt werden.
Durch die Festlegung dieser Kompetenzen ist aber auch gewährleistet, daß der Jugendwohlfahrtsträger Handlungen der Bezirksverwaltungsbehörden in jenen Fällen, in welchen diese zur Durchführung der Maßnahmen berufen sind, wie dies etwa auch für die Ausübung der Obsorge zutrifft, gegen sich gelten lassen muß und auch gerichtliche Zustellungen an die gesetzlich festgelegte Organisationseinheit vorzunehmen sind. Die im Revisionsrekurs befürchteten unüberbrückbaren Probleme in der Praxis hinsichtlich Verständigungen und Zustellungen treffen daher nicht zu.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren zu bestätigen.
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