OGH 14Os48/93

OGH14Os48/9327.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof.Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Zawilinski als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Pero S***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 8.Jänner 1993, GZ 14 Vr 1.679/92-37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,

im Schuldspruch (2) wegen des Verbrechens des versuchten Beischlafs mit Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs. 1 StGB

sowie im Schuldspruch (3) wegen des Vergehens des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB, diesbezüglich jedoch nur insoweit, als dieser Schuldspruch sich auf die in Tateinheit mit der zu 2 beschriebenen strafbaren Handlung gründet, ferner

im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Vorhaftanrechnung)

aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen auf den kassatorischen Teil dieser Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Pero S***** wurde (zu 1 des Urteilssatzes) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB, (zu 2) des Verbrechens des versuchten Beischlafs mit Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs. 1 StGB und (zu 3) des damit (zu 1 und 2) in Tateinheit begangenen Vergehens des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich des Urteilsspruchs hat er

1. von Anfang 1989 bis 17.Juni 1992 in Klagenfurt und anderen Orten eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er seine am 19.Februar 1984 geborene Tochter Roswitha S***** wiederholt im Scheidenbereich betastete, wobei er einen Finger in die Scheide des Kindes einführte;

2. in der Nacht vom 27. auf den 28.Mai 1992 in Klagenfurt versucht, mit seiner Tochter Roswitha den außerehelichen Beischlaf zu unternehmen, indem er sich auf sie legte und versuchte, mit seinem entblößten erigierten Glied ihre Scheide zu berühren;

3. durch die zu 1 und 2 beschriebenen Tathandlungen sein minderjähriges Kind zur Unzucht mißbraucht.

Der Angeklagte bekämpft diese Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde, gestützt auf § 281 Abs. 1 Z 4 (gemeint 5), 9 lit. a, lit. b und 10 StPO.

Er ist teilweise im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Kein Widerspruch (Z 5) liegt in den - vom Beschwerdeführer aus dem Zusammenhang gelösten - Urteilsfeststellungen, daß die Minderjährige einerseits vor dem Sommerurlaub 1990 (jeweils unmittelbar vor ihrem zweimaligen Aufenthalt im Landeskrankenhaus Klagenfurt wegen Infektionen im Scheiden- und Gesäßbereich) bei ihrem Vater (dem Angeklagten) übernachtet und andererseits dies bis Ende August/Anfang September 1991 nicht getan hätte (und in diesem Zeitraum auch keinen Ausschlag und keinerlei Entzündungen im Genitalbereich gehabt hätte). Denn die letztgenannte Zeitspanne reicht - wie die vorangehenden Feststellungen unmißverständlich zeigen - nur bis zum Sommer 1990 zurück, schließt also die Zeit davor nicht ein.

Verfehlt ist auch die Rechtsrüge (Z 9 lit. a), wenn sie, abweichend vom insoweit bindenden Urteilssachverhalt (US 15 f) und damit prozeßordnungswidrig davon ausgeht, daß die Berührungen des Mädchens durch den Angeklagten im Genitalbereich (Pkt 1 des Urteilssatzes) ausschließlich Heil- und Pflegecharakter hatten bzw. lediglich der Untersuchung dienten.

Zutreffend wird allerdings geltend macht, daß Konstatierungen fehlen (Z 9 lit. b), warum der Angeklagte das ihm angelastete Verbrechen des versuchten Beischlafs nicht vollendete. Neben undeutlichen bzw. mehrdeutigen Schilderungen von Vorgängen, die bereits auf ein "Unternehmen" des Beischlafes schließen lassen könnten (vgl. ua Foregger-Serini MKK5, § 206 StGB, Erl. II), enthält das Urteil - ersichtlich von der noch fehlenden Deliktsvollendung ausgehend (vgl. auch US 18) - nur die Feststellung, daß der Angeklagte, als er "versuchte" (?), mit seinem entblößten und erigierten Glied die Scheide des Kindes zu berühren, dieses "in Ruhe ließ", weil das Kind ihm zu verstehen gab, daß ihm "dies (?) weh tut" (US 17). Damit fehlen jedoch eindeutige Konstatierungen zur Beantwortung der Frage, ob der Angeklagte allenfalls freiwillig die Ausführung der Tat aufgegeben hat, was durch äußere, situationsbedingte Umstände, wie durch einen Appell des Opfers nicht ausgeschlossen wird, wenn der Täter gleichwohl meint, daß eine dem Tatplan entsprechende Vollendung der Tat möglich wäre (siehe Leukauf-Steininger Komm.3 § 16 RN 2).

Da sich die vorliegende Strafsache im Umfang des Schuldspruchs wegen des Verbrechens des versuchten Beischlafs und des damit insoweit in Tateinheit begangenen Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses somit als nicht spruchreif erweist, war der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schon in nichtöffentlicher Sitzung teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil im aufgezeigten Umfang aufzuheben und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen. Bei der Neudurchführung des Verfahrens wird das Erstgericht zu beachten haben, daß etwaigen mit einem Beischlaf verbundenen, seiner Vorbereitung dienenden, und somit mit ihm in Konnex stehenden Unzuchtshandlungen dann selbständige Bedeutung zukommt, wenn die Bestrafung des Beischlafs ausscheidet (Leukauf-Steininger Komm.3 § 216 RN 13, Mayerhofer-Rieder3 E 37 zu § 16 StGB).

Im übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen.

Mit ihren durch die Teilkassierung des Urteils gegenstandslos gewordenen Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens hat der Angeklagte nur insoweit zu ersetzen, als er mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde nicht durchgedrungen ist.

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