OGH 12Os45/93

OGH12Os45/9322.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.April 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut, Dr.Markel, Mag.Strieder und Dr.Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kobler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hector Rodney C***** u.a. wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 16.April 1991, GZ 20 U 279/90-8, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Rodney C***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 16.April 1991, GZ 20 U 279/90-8, womit die Hector Rodney C***** im Verfahren 16 a U 141/90 des Jugendgerichtshofes Wien bestimmte Probezeit "angeglichen" wurde, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 494 a Abs. 1 Z 2 StPO und 55 Abs. 3 StGB.

Dieser ("Angleichungs-")Beschluß wird aufgehoben und dahin erkannt, daß vom Widerruf der Hector Rodney C***** im Verfahren des Jugendgerichtshofes Wien zu 16 a U 141/90 gewährten bedingten Strafnachsicht aus Anlaß der neuen Verurteilung vom 16.April 1991 zu 20 U 279/90 des Jugendgerichtshofes Wien abgesehen wird.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Hector Rodney C***** wurde mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 18.Dezember 1990, GZ 16 a U 141/90-13, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Bei seiner nachträglichen neuerlichen Verurteilung am 16.April 1991 zur GZ 20 U 279/90-8 desselben Gerichtes (wegen einer am 13.Juni 1990 begangenen Straftat) wurde (ersichtlich unter Bedachtnahme auf §§ 31, 40 StGB) von einer Zusatzstrafe zum erstangeführten Urteil abgesehen und zugleich (irrig) innerhalb der Strafentscheidung dieses Erkenntnisses (der Sache nach in Anwendung des § 494 a StPO beschlußmäßig) ausgesprochen, die (im Vor-Urteil bestimmte) Probezeit werde "angeglichen". Ein Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht im Vor-Verfahren geht aus dieser Entscheidung nicht hervor (Protokolls- und Urteilsvermerk, ON 8 in 20 U 279/90) und ist auch der schriftlichen Ausfertigung des Beschlusses (ON 11; irrig datiert mit "5.7.1991") nicht zu entnehmen.

Diese Vorgangsweise des Jugendgerichtshofes Wien steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Bei nachträglicher Verurteilung gemäß § 31 StGB kommt eine (diesfalls von Gesetzes wegen eintretende) Verlängerung der im Vorverfahren bestimmten Probezeit nur in Betracht, wenn eine Zusatzstrafe verhängt und diese bedingt nachgesehen wird. In § 55 Abs. 3 StGB ist nur für diesen Fall eine Ausdehnung der ursprünglich bestimmten Probezeit dahin vorgesehen, daß jede der zusammentreffenden Probezeiten bis zum Ablauf derjenigen von ihnen dauert, die zuletzt endet, jedoch nicht länger als fünf Jahre.

Voraussetzung dafür ist allerdings, daß vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht jenes Urteiles, auf das Bedacht zu nehmen ist, abgesehen wird. Erst dieser Beschluß bildet die Basis für eine Maßnahme im Sinne des § 494 a Abs. 7 StPO; ohne Absehen vom Widerruf kann die Verlängerung der Probezeit im früheren Verfahren nicht eintreten.

Mit Urteil vom 13.Juni 1990 wurde (gemäß §§ 31, 40 StPO) keine Zusatzstrafe verhängt und demgemäß auch keine bedingte Strafnachsicht gewährt sowie folglich auch keine Probezeit bestimmt. Für eine Verlängerung der mit Urteil vom 18.Dezember 1990 bestimmten Probezeit gemäß § 55 Abs.3 StGB war somit kein Raum (16 Os 28/91).

Die gesetzesverletzende Vorgangsweise des Jugendgerichtshofes Wien gereicht dem Verurteilten Hector Rodney C***** infolge der Verschiebung des Endes der Probezeit vom 20.Dezember 1993 auf 22. April 1994 (siehe Strafregisterauskünfte ON 15 und 16 in 20 U 279/90) zum Nachteil. Sie war daher in Stattgebung der vom Generalprokurator gemäß § 33 StPO erhobenen Beschwerde wie im Spruch festzustellen und nach § 292 letzter Satz StPO zu beheben.

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