OGH 5N503/93

OGH5N503/9316.4.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Kindes Andreas ***** S*****, geboren am 11.Jänner 1982, Schüler, ***** vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Bezirkshauptmannschaft - Jugendamt Spittal an der Drau, als Sachwalter für die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche gegenüber der Mutter Helga S*****, Buffetkraft, ***** über den negativen Kompetenzkonflikt bei Bestimmung der Sachverständigengebühren zwischen dem Bezirksgericht Spittal an der Drau (P 262/86) und dem Bezirksgericht Salzburg (34 Hc 16/91 und 31 Hc 1/92) als der nach dem § 47 Abs 1 JN zuständige Gerichtshof den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Bestimmung der Gebühren des vom Bezirksgericht Salzburg bestellten Sachverständigen hat das Bezirksgericht Salzburg vorzunehmen.

Text

Begründung

Das Bezirksgericht Spittal an der Drau ersuchte in der dort anhängigen Pflegschaftssache das Bezirksgericht Salzburg am 10.Jänner 1991 um die Bestellung eines ärztlichen Sachverständigen und Einholung eines schriftlichen Gutachtens.

Das Rechtshilfegericht bestellte den Sachverständigen und ordnete die schriftliche Begutachtung an.

Das Gutachten des Sachverständigen langte am 10.Dezember 1991 beim Rechtshilfegericht ein, das darauf die Akten dem ersuchenden Gericht übermittelte.

Das Bezirksgericht Spittal an der Drau ersuchte am 30.Dezember 1991 das Bezirksgericht Salzburg um die Einholung einer Gutachtensergänzung und um die Bestimmung der vom Sachverständigen verzeichneten Gebühren.

Das ersuchte Gericht beauftragte den Sachverständigen mit der Entsprechung des Rechtshilfeersuchens und sandte die Akten mit dem erst am 1.Oktober 1992 eingelangten ergänzenden Gutachten samt Gebührenverzeichnis dem ersuchenden Gericht mit dem Hinweis zurück, daß die Sachverständigengebühren vom erkennenden Gericht zu bestimmen seien. Am 12.November 1992 wiederholte das Bezirksgericht Salzburg seine Weigerung, die Gebühren zu bestimmen und meinte, nach der Judikatur des Landesgerichtes Salzburg sei auch dann das ersuchende Gericht zur Sachverständigengebührenbestimmung zuständig, wenn der Sachverständige vom ersuchten Gericht bestellt wurde.

Das Bezirksgericht Spittal an der Drau legte nun am 22.März 1993 die Akten dem Obersten Gerichshof zur Entscheidung in diesem Zuständigkeitsstreit vor.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem klaren Wortlaut des § 39 Abs 1 GebAG ist die Gebühr des Sachverständigen von dem Gericht zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über den Sachverständigenbeweis haben auch im außerstreitigen Verfahren Bedeutung, wenn auch eine ausdrückliche Verweisung fehlt (Dolinar, Außerstreitverfahrensrecht, 122). Wird die Aufnahme des Beweises durch Sachverständige notwendig, hat nach § 351 Abs 1 ZPO das erkennende Gericht einen Sachverständigen zu bestellen. Dies kann unter den Voraussetzungen des § 352 Abs 1 ZPO dem mit der Beweisaufnahme betrauten ersuchten Richter überlassen werden. Der mit der Leitung der Beweisaufnahme betraute Richter kann nach § 357 ZPO auch die schriftliche Begutachtung anordnen. In diesem Fall ist der Sachverständige verpflichtet, auf Verlangen über das schriftliche Gutachten mündliche Aufklärungen zu geben.

Daraus folgt, daß die Beweisaufnahme durch die Einholung des Gutachtens des ärztlichen Sachverständigen durch den ersuchten Richter stattgefunden hat und dieser daher zur Bestimmung der Gebühren des von ihm bestellten Sachverständigen nach § 39 Abs 1 GebAG, der durch Neufassungen des § 2 Abs 2 GEG durch Art II GGG bzw § 3 Abs 2 GEG idF nach Art XI ZVN 1983 unberührt blieb, zuständig ist.

Die Entscheidungen 11 und 12 in Krammer - Schmidt GebAG2 MGA 18. Band zu § 39 GebAG betreffen einen anders gelagerten Sachverhalt. In diesen Fällen war durch den ersuchten Richter nur eine Aktenübermittlung erfolgt. Bestellt der ersuchte Richter den Sachverständigen und holt selbst das schriftliche Gutachten ein, so findet vor ihm die Beweisaufnahme statt. Durch die Weigerung des nach § 39 Abs 1 GebAG zur Gebührenbestimmung berufenen Richters ist entgegen dem Gesetzesauftrag eine ungebührliche Verzögerung in der Bestimmung und Auszahlung der Sachverständigengebühren eingetreten. Daran ändert eine allenfalls nicht dem § 39 Abs 1 GebAG Rechnung tragende Rechtsprechung des dem Bezirksgericht Salzburg übergeordneten Gerichtshofes nichts, weil eine gesetzwidrige Rechtsprechung vom Erstgericht nicht zum Anlaß einer Rechtsverweigerung genommen werden darf.

Die gegensätzliche Auffassung über die Pflicht zur Gebührenbestimmung ist nach den Regeln des § 47 JN zum Gegenstand einer Entscheidung des den beiden Gerichten gemeinsam übergeordneten Obersten Gerichtshofs zu machen, die nur dahin lauten kann, daß der um die Beweisaufnahme durch die Einholung des Sachverständigengutachtens ersuchte Richter die Sachverständigengebühr zu bestimmen hat.

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