Spruch:
Durch die angefochtenen Beschlüsse wurde Johann G***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerden werden abgewiesen.
Text
Gründe:
Im Rahmen des oben bezeichneten Strafverfahrens wird gegen Johann G***** die Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 2 SGG geführt. Ihm liegt zur Last, in der Zeit von Oktober 1991 bis April 1992 von Kurt M***** mindestens 10 kg Haschisch und eine derzeit noch nicht genau bestimmte Menge Kokain sowie ab 1989 bis Mai 1991 mehrere Kilogramm Cannabisharz von derzeit unbekannten Tätern erworben und im Inland an unbekannte Personen gewinnbringend verkauft zu haben, ferner ab Mai 1989 bis April 1992 an Karl P***** Haschisch sowie auch eine geringe Menge Kokain verkauft und diesen auch dazu bestimmt zu haben, auf dem Grund seiner Eltern Cannabispflanzen zu ziehen. Im Zuge sicherheitsbehördlicher Erhebungen wurden am 29.Juli 1992 etwa 10 kg Cannabispflanzen sichergestellt. Der Beschuldigte wird seit dem 23.Juli 1992 aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach dem § 180 Abs. 2 Z 3 lit. a und b StPO in Untersuchungshaft angehalten.
Mit dem angefochtenen Beschluß vom 4.März 1993, 9 Bs 498/92, hat das Oberlandesgericht Graz die Beschwerde des Beschuldigten gegen den dessen Enthaftungsantrag abweisenden Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes Leoben vom 17.Dezember 1992, ON 268, als unbegründet verworfen. Mit dem gleichfalls angefochtenen Beschluß vom 2.März 1993, 11 Ns 1/93, wurde gemäß dem § 193 Abs. 4 StPO bestimmt, daß die über Johann G***** verhängte Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach dem § 180 Abs. 2 Z 3 lit. a und lit. b StPO bis zu zehn Monaten dauern darf.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Beschlüsse richten sich die fristgerecht beim Erstgericht gesondert eingebrachten Grundrechtsbeschwerden, über die kraft ihres Zusammenhanges gemeinsam abgesprochen werden konnte.
In den vorliegenden Grundrechtsbeschwerden wird der dringende Tatverdacht und das Vorliegen von Haftgründen bestritten, eine Unverhältnismäßigkeit der bisherigen Haftdauer behauptet und außerdem in der "schleppenden Vorgangsweise" und Säumigkeit des Untersuchungsrichters ein Verstoß gegen Art. 5 und 8 MRK erblickt, der insbesondere auch eine Verlängerung der Untersuchungshaft nicht rechtfertige.
Den Beschwerden kommt keine Berechtigung zu:
Zum Tatverdacht:
Die Dringlichkeit des Tatverdachts gründete das Oberlandesgericht Graz auf die Aussage des Harald H***** vor der Bundespolizeidirektion Leoben am 9.Juli 1992 und vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Leoben, woraus sich ergebe, daß der Beschuldigte von Kurt M***** etwa 10 kg Haschisch gekauft habe (vgl. 4 Bs 498/92 S 5 f; 11 Ns 1/93 S 5 ff). Ferner auf die Aussage des Karl P***** vor der Kriminalabteilung am 30.Juli 1992, der zu entnehmen sei, daß der Genannte vom Beschuldigten etwa 100 Gramm Haschisch in kleineren Mengen gekauft und von diesem auch 1 Gramm Kokain erworben habe. Auch ergebe sich aus dem Verfahren, daß der Beschuldigte den Karl P***** zum Anbau von Marihuana bestimmt habe und daß von den Erhebungsbeamten am 29.Juli 1992 in einem Glashaus in der Nähe des Anwesens des P***** in Strallegg insgesamt 10,8 kg Marihuana sichergestellt worden sei (vgl. 9 Bs 498/92 S 7 f; 11 Ns 1/93 S 6 f).
Demgegenüber vermag der Beschwerdeführer keine Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, die den nach der Aktenlage vom Oberlandesgericht mit Recht angenommenen dringenden Tatverdacht erschüttern könnten. Die Beschwerde bestreitet lediglich den Beweiswert dieser Aussagen der Belastungszeugen und verweist darauf, daß Kurt M***** entschieden in Abrede stellt, mit G***** jemals mit Haschischgeschäften oder anderen Rauschgiften zu tun gehabt zu haben.
Ob die vom Oberlandesgericht zur Rechtfertigung der Annahme des dringenden Tatverdachtes zutreffend herangezogenen Ergebnisse der Untersuchung auch ausreichen werden, den Beschwerdeführer des ihm angelasteten Verbrechens zu überführen, kann vom Obersten Gerichtshof im Grundrechtsbeschwerdeverfahren nicht geprüft werden, sondern muß der freien Beweiswürdigung der Tatrichter überlassen bleiben.
Zum Haftgrund:
Der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß dem § 180 Abs. 2 Z 3 lit. a und b StPO ist dann anzunehmen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, der Beschuldigte werde auf freiem Fuße ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung (lit. a) mit schweren Folgen begehen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete strafbare Handlung mit schweren Folgen, oder (lit. b) mit nicht bloß leichten Folgen, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete strafbare Handlung, wenn er entweder wegen einer solchen strafbaren Handlung bereits verurteilt worden ist oder wenn ihm nunmehr (wie hier) wiederholte oder fortgesetzte Handlungen angelastet werden.
Im angefochtenen Beschluß vom 4.März 1993, 9 Bs 498/92 (S 8 f) wird dazu ausgeführt, daß die durch die bisherigen Verfahrensergebnisse indizierte, vom Beschuldigten Johann G***** auch anfänglich selbst eingestandene Neigung zum Rauschgiftkonsum im Zusammenhang mit dem dringenden Verdacht, daß er durch einen längeren Zeitraum in wiederholten Angriffen gewerbsmäßig Rauschgift in Verkehr gesetzt habe, als bestimmte Tatsache anzusehen sei, auf Grund derer die Gefahr bestehe, daß der Beschuldigte auf freiem Fuß ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens eine strafbare Handlung mit schweren Folgen begehen werde, die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet ist wie die ihm angelastete strafbare Handlung mit schweren Folgen. Im Beschluß vom 2.März 1993, 11 Ns 1/93, hat das Oberlandesgericht außerdem angeführt, daß im Hinblick auf den Vorwurf, der Beschuldigte habe durch einen längeren Zeitraum in vielen Angriffen gewerbsmäßig mit Suchtgift gehandelt, auch der Verdacht bestehe, er verfüge über sehr gute Kenntnisse in der Suchtgiftszene.
Diesen Ausführungen ist beizupflichten, weil es sich bei Suchtgiftanfälligen regelmäßig um Personen mit labiler Gemütsbeschaffenheit handelt, die - wie im vorliegenden Fall - der Verlockung, sich durch Handel mit Drogen eine finanzielle Basis für die Deckung des eigenen Suchtgiftbedarfes zu schaffen, selten widerstehen können. Es liegen daher konkrete Anhaltspunkte für die haftbegründende Befürchtung der Begehung strafbarer Handlungen zumindest mit nicht bloß leichten Folgen vor. Durch gelindere Mittel kann der Haftzweck nach Lage des Falles aber nicht erreicht werden (§ 180 Abs. 4 und Abs. 5 StPO).
Zur Unverhältnismäßigkeit:
Das Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 2 SGG ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht. Angesichts des dem Beschwerdeführer angelasteten Inverkehrsetzens einer Menge von etwa 10 kg Haschisch kann von einer offenbar unangemessenen Dauer der bisherigen Untersuchungshaft im Verhältnis zu der zu erwartenden Strafe keine Rede sein (§ 193 Abs. 2 StPO).
Zu den Einwänden einer Verzögerung der Voruntersuchung:
Als Abhilfe gegen Verzögerungen, wie vom Beschwerdeführer gerügt, ist zunächst ausschließlich die Beschwerde an die Ratskammer vorgesehen (§ 113 StPO), ein Rechtsbehelf, der allerdings im vorliegenden Fall noch nicht genützt wurde. Eine Prüfung der Frage, ob durch die behauptete Säumigkeit im Rahmen der Voruntersuchung der Beschwerdeführer im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt wurde, ist daher mangels Erschöpfung des Instanzenzuges im Rahmen dieses Grundrechtsbeschwerdeverfahrens gar nicht möglich (13 Os 26/93 ua). Eine Grundrechtsverletzung aus Verzögerungen dieser Art könnte im übrigen aber erst dann abgeleitet werden, wenn diese zu einer Unverhältnismäßigkeit der Haft führen, was aber hier - wie bereits oben dargetan - noch nicht der Fall ist.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch der Ausspruch des Oberlandesgerichtes Graz, daß die über den Beschwerdeführer verhängte Untersuchungshaft bis zu zehn Monaten dauern darf, im Hinblick auf den besonderen Umfang der Voruntersuchung, vor allem aber auch auf die Tatsache, daß der sich über Jahre hinziehende Suchtgifthandel der in dieses Verfahren involvierten Personen in allen Einzelheiten überprüft werden muß, sachlich begründet. Das Beschwerdegericht hat hiebei - zumal die Haft im Hinblick auf die oben dargestellten Gründe in diesem Zeitraum noch nicht zu einer unangemessenen zu werden droht - von seinem Ermessen innerhalb der Grenze des § 193 Abs. 4 StPO gesetzmäßig Gebrauch gemacht.
Durch die in Beschwerde gezogenen Beschlüsse des Oberlandesgerichtes Graz hat in keinem der Beschwerdepunkte eine Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit in Ansehung des Johann G***** stattgefunden.
Die Beschwerden waren daher abzuweisen.
Damit hatte eine Kostenentscheidung zu entfallen (§ 8 GRBG).
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