OGH 4Ob121/92

OGH4Ob121/9223.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Rudolf F*****, vertreten durch Dr.Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei F*****Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Ralph Mitsche und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 74.360 S sA, Unterlassung und Beseitigung (Streitwert im Provisorialverfahren: 200.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 25.September 1992, GZ 3 R 128/92-9, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 30.April 1992, GZ 37 Cg 62/92-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.836,20 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin enthalten S 1.472,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Im Februar 1992 war der Kläger von der Beklagten mit der Erstellung eines "Corporate Identity-Programms" ("CI-Programms"), also mit der Gestaltung eines Signets (Logos) und von Drucksorten (Briefköpfen, Kuverts, Visitenkarten udgl), beauftragt worden. Der Kläger lieferte in mehreren Layoutphasen bis zum 21.2.1992 ein "CI-Programm", darunter auch das nachstehende, von ihm gestaltete Logo, an die Beklagte aus:

Mit Schreiben vom 24.2.1992 brachte die Beklagte dem Kläger ihre Enttäuschung über die bisherigen Leistungen seines Ateliers zum Ausdruck. Die nunmehr übersandten Unterlagen seien unvollständig. So fehle zB ein Entwurf, der Firma und Anschrift (horizontal) nur auf der rechten Papierhälfte darstelle, obwohl darauf von der Beklagten besonderer Wert gelegt worden sei; Visitenkarten seien praktisch nur in einer Variante erstellt worden. Sie bitte deshalb den Kläger zu verstehen, daß sie seine Leistungen nicht weiter in Anspruch nehmen werde, und erwarte seine Honorarnote über die bisher aufgelaufenen Kosten.

Mit Schreiben vom 28.2.1992 erklärte sich die Beklagte bereit, dem Kläger für die "geleisteten Rohentwürfe" einen Betrag von 6.000 S zuzüglich Mehrwertsteuer unter der Voraussetzung zu zahlen, daß er eine ordnungsgemäße Rechnung lege und sich damit einverstanden erkläre, keine weiteren Forderungen zu erheben.

Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 13.3.1992 dahin, daß er keine "Rohentwürfe", sondern ein bereits fertiggestelltes "CI-Programm" geliefert und damit den Auftrag der Beklagten ordnungsgemäß und termingerecht erfüllt, also keinen Grund für eine etwaige Vertragsauflösung gesetzt habe. Er stelle daher der Beklagten 13.800 S als Aufwandersatz für die Entwicklung des "CI-Programms" und 16.200 S als Entschädigung für den durch die Beklagte verschuldeten Verdienstentgang (Rückstellung vorhandener, dringlicher Aufträge sowie Nichtannahme anderer Aufträge etc) in Rechnung; weiters untersage er der Beklagten die Verwendung des noch in seinem Eigentum stehenden "CI-Programms".

Demgegenüber bot der Beklagtenvertreter dem Kläger mit Schreiben vom 30.3.1992 "zum Ausgleich aller Forderungen aus dem von der Beklagten erteilten Auftrag" die Zahlung von 10.000 S zuzüglich Umsatzsteuer an.

Die Beklagte ließ noch im März 1992 Visitenkarten, Briefpapier und Kuverts mit dem vom Kläger gestalteten Signet bedrucken.

Mit der Behauptung, er habe das Signet als Werk der bildenden Künste im Rahmen des ihm erteilten Auftrages zur Erstellung eines "CI-Programms" für die Beklagte geschaffen, welche das urheberrechtlich geschützte Werk hierauf zurückgewiesen habe, es aber dennoch ohne Werknutzungsrecht oder -bewilligung auf eine dem Urheber vorbehaltene Weise benütze, begehrt der Kläger zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Verwendung des Logos zu verbieten.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens, hilfsweise die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur gegen Erlag einer Sicherheit von zumindest 400.000 S. Das vom Kläger gestaltete Logo sei kein Werk der bildenden Künste, sondern eine "besonders simple graphische Darstellung" wie sie im geschäftlichen Verkehr "dutzendfach Verwendung finde". Davon abgesehen, sei die Beklagte zufolge des mit dem Kläger geschlossenen Werkvertrages zur uneingeschränkten Nutzung des Logos berechtigt. Mit Schreiben vom 24.2.1992 habe sie ja im Hinblick auf die offensichtliche Unfähigkeit des Klägers zur Herstellung brauchbarer Drucksorten nur den Teilrücktritt vom Vertrag erklärt, so daß ihr das Nutzungsrecht an der von ihr angenommenen Teilleistung des Klägers ("Logo") verblieben sei.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Das vom Kläger geschaffene Signet sei ein Werk der bildenden Künste im Sinne der §§ 1, 3 Abs 1 UrhG. Zwar dürfe die Beklagte nach dem Zweck des mit dem Kläger geschlossenen Werkvertrages das Signet für ihr Unternehmen benützen, doch sei der Werkvertrag entweder durch berechtigten Rücktritt der Beklagten oder durch deren zwar unberechtigten, vom Kläger aber unter Vorbehalt von Schadenersatzansprüchen angenommenen Rücktritt - sohin einvernehmlich - aufgehoben worden, so daß nunmehr eine vertragliche Grundlage für die Nutzung des Zeichens durch die Beklagte fehle und sie durch die Vervielfältigung die Verwertungsrechte des Klägers verletzt habe.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die Parteien hätten einen Werkvertrag geschlossen, demzufolge der Kläger für die Beklagte ein "CI-Programm" einschließlich der Gestaltung eines Signets als graphisches Symbol für deren Unternehmen zu erstellen gehabt habe. Sollte das vom Kläger entworfene Signet ein Werk der bildenden Künste sein, dann hätte die Beklagte schon nach dem Zweck des Werkvertrages die Werknutzungsrechte daran erwerben sollen. Das Nutzungsrecht der Beklagten sei in Ansehung des Logos mit dessen Vollendung entstanden und nicht von der Zahlung des Werklohns abhängig. Es liege weder ein berechtigter Teilrücktritt der Beklagten vom Werkvertrag noch eine einvernehmliche Aufhebung dieses Vertrages vor; die Beklagte habe vielmehr auf die Fertigstellung der Gesamtleistung des Klägers verzichtet. Dieser habe mangels besonderer Vereinbarung auch keinen Anspruch auf vollständige Ausführung des Werkvertrages. Die Beklagte habe daher die Fertigstellung des Werkes durch eine "fristlose Kündigung" ablehnen können, sei jedoch dadurch gemäß § 1168 Abs 1 ABGB nicht von ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Werklohns befreit. Im Hinblick auf die durch die Kündigung bewirkte Beendigung des Vertragsverhältnisses habe die Beklagte unbeschadet des dem Kläger gebührenden Werklohns den Anspruch auf die von ihr übernommene Teilleistung, also auf die Nutzung des Signets. Bei dieser Sachlage könne es dahingestellt bleiben, ob ein nach § 3 UrhG geschütztes Werk der bildenden Künste vorliegt.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes, hilfsweise Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Die Beklagte stellt den Antrag, das Rechtsmittel des Klägers "nicht für zulässig zu erklären" oder ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen der Meinung der Beklagten schon deshalb zulässig, weil zur Frage der Nutzung eines gelieferten Werkteils durch den Besteller nach dessen Abbestellung des Werkes eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Das Rekursgericht hat zunächst zutreffend erkannt, daß der Auftrag der Beklagten an den Kläger zur Erstellung eines "CI-Programms" für ihr Unternehmen, also zur Gestaltung eines Signets und der geschäftlichen Drucksorten, als Werkvertrag zu qualifizieren ist, gehören doch zum Werkbegriff des § 1165 ABGB auch graphische Arbeiten, selbst wenn durch sie Werke der bildenden Kunst im Sinne der §§ 1, 3 Abs 1 UrhG geschaffen werden oder geschaffen werden sollen (Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 9 und 46 zu §§ 1165, 1166). Wie weit die Rechte des Bestellers an vom Werkunternehmer geschaffenen Immaterialgüterrechten reichen, ist allerdings nicht Gegenstand der Regeln über den Werkvertrag. Das hängt vielmehr von der konkreten Vereinbarung und von den Bestimmungen des UrhG ab (Adler-Höller in Klang2 V, 390; Krejci aaO Rz 134). Diesbezügliche Vereinbarungen sind im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet worden. Für den Umfang der vertraglich gewährten Werknutzung ist daher die Frage nach dem Zweck des Vertrags entscheidend und demnach im Zweifel das Ausmaß der Befugnisse, die der Besteller erhält, nicht weiter auszulegen, als für den praktischen Zweck der ins Auge gefaßten Werknutzung erforderlich erscheint (ÖBl 1982, 52; 4 Ob 414/82; MR 1989, 210 = ÖBl 1990, 136). Da es aber eindeutig der Zweck der Gestaltung eines Signets im Rahmen der Erstellung eines "CI-Programmes" für ein Unternehmen ist, daß dieses vom Besteller auch als Unternehmenszeichen verwendet wird, kann es nicht zweifelhaft sein, daß schon durch den Werkvertrag die Übertragung der Rechte und Befugnisse zur Ausübung des Urheberrechtes an den Besteller erfolgte, weshalb der Beklagten diese Rechte oder Befugnisse auch mit der Vollendung des Werkes (hier: des Signets) zustanden, ohne daß es noch eines besonderen Übertragungsaktes durch den Kläger bedurft hätte (Adler-Höller aaO 391; SZ 51/134).

Daran ändert es entgegen der Meinung des Klägers nichts, daß die Beklagte mit Schreiben vom 24.2.1992 seine bisherigen Leistungen in Ansehung der entworfenen Geschäftsdrucksorten als unvollständig bezeichnet und erklärt hat, daß sie seine Leistungen nicht mehr weiter in Anspruch nehmen werde. Sie hat damit Mängel der Werkleistungen des Klägers behauptet, welche allerdings nicht die Gestaltung des Signets betrafen, und durch den Hinweis auf die von ihr erwartete Honorarnote des Klägers auch zum Ausdruck gebracht, daß sie keineswegs gemäß § 1167 ABGB vom Vertrag abgehen, also wandeln wollte, sondern nur weitere Werkleistungen des Klägers abbestellte. Die Parteien konnten sich aber in der Folge über den Werklohn des Klägers nicht einigen, zumal dieser auch Ansprüche auf Verdienstentgang stellte und der Beklagten die Verwendung des "noch in seinem Eigentum stehenden 'CI-Programms'" untersagte. Dabei übersieht der Kläger aber auch noch jetzt, daß die Abbestellung des ganzen Werkes oder von Teilen davon durch den Besteller stets zulässig ist, wenn ihm nicht vertraglich eine Abnahmepflicht auferlegt wurde; der Besteller bleibt dann freilich gemäß § 1168 Abs 1 ABGB zur Zahlung des Werklohns verpflichtet, wenn die Abbestellung nicht ihren berechtigten Grund in der fehlenden Eignung des Unternehmers hatte (Krejci aaO Rz 11 zu § 1168;

Schwimann-Grillberger, ABGB IV/2, § 1168 Rz 7; SZ 45/11; ecolex 1990,212 ua). Wieso die Beklagte demnach das Nutzungsrecht oder die Nutzungsbefugnis an dem von ihr übernommenen Signet durch Abbestellung weiterer Werkleistungen des Klägers verloren haben soll, ist nicht zu sehen, standen ihr doch diese Rechte oder Befugnisse bereits mit der Vollendung des Signets auf Grund des Werkvertrages zu. Ob es sich dabei um ein Werknutzungsrecht oder nur um eine Werknutzungsbewilligung handelt, spielt entgegen der Meinung des Klägers keine Rolle, weil in beiden Fällen der von ihm geltend gemachte Unterlassungsanspruch versagen muß. Selbst wenn somit das von ihm gestaltete Signet ein Werk der bildenden Künste im Sinne der §§ 1, 3 Abs 1 UrhG sein sollte, wäre dem Unterlassungsanspruch der Boden entzogen. Mit Recht konnte daher das Rekursgericht diese Frage offen lassen.

Dem Revisionsrekurs mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf §§ 402 Abs 4, 78 EO und §§ 41, 50 und 52 Abs 1 ZPO. Da der Kläger den zu sichernden Unterlassungsanspruch und das Beseitigungsbegehren global mit S 400.000 bewertet hat, ist als Bemessungsgrundlage für die Kosten im Provisorialverfahren die Hälfte dieses Betrages anzunehmen.

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