OGH 1Ob527/93

OGH1Ob527/9322.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Reinhard S***** , vertreten durch Dr. Günther Steiner, Dr. Hans-Peter Herle, Dr. Anton Krautschneider, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Christine K*****, vertreten durch Dr. Otto Kern, Dr. Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Benützungsregelung, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 20. Oktober 1992, GZ 44 R 526, 527/92-26, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 16. Mai 1992, GZ 6 Nc 76/91-19, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Außerstreitsache wird an das Gericht zweiter Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller war gemeinsam mit seiner am 23.6.1989 verstorbenen Mutter Anna S***** je zur Hälfte Eigentümer von Superädifikaten, welche der von der Verstorbenen am Standort 1110 Wien, Simmeringer Hauptstraße 431 auf Pachtgründen betriebenen Friedhofsgärtnerei dienten. Der Nachlaß nach Anna S***** wurde dem Antragsteller und dessen Schwester, der Antragsgegnerin, im Verlassenschaftsverfahren 6 A 388/89 des Erstgerichtes am 3.1.1990 je zur Hälfte eingeantwortet. Zum Zweck des Eigentumserwerbes an je einem Viertel der Superädifikate wurde die Hinterlegung der Einantwortungsurkunde angeordnet.

Mit seinem Antrag vom 17.7.1991 begehrte der Antragsteller die gerichtliche Benützungsregelung. Am genannten Standort seien zwei Unternehmen, nämlich der Gärtnereibetrieb der Anna S***** und jener des Antragstellers geführt worden. Der Antragsteller sei nunmehr zu 3/4 Eigentümer der Überbauten und berechtigt, in diesem Umfang die vorhandenen Blumen- und Aufzuchtsbeete, die freien Feldflächen sowie sonstige Betriebsmittel zu nutzen. Der Antragsgegnerin, welche aus gewerberechtlichen Gründen zur Weiterführung des Betriebes die Christian K***** Gesellschaft mbH gegründet habe, stehe lediglich die Nutzung eines Viertels der Einrichtungen des Betriebes zu, sie verwende faktisch jedoch einen wesentlich höheren Anteil. Das strittige gärtnerische Unternehmen werde vom Antragsteller dringend benötigt und stelle seine Existenzgrundlage dar. Es möge daher eine Benützungsregelung unter Berücksichtigung der der Antragsgegnerin und dem Antragsteller zustehenden je 50 % Miteigentumsanteile am Gärtnereibetrieb nach Anna S***** sowie des im eigenen Namen betriebenen Gärtnereibetriebes des Antragstellers getroffen und den Parteien Blumen-Aufzuchtsbeete, Überbauten, Anteile an Freiflächen sowie des Glashauses und der sonstigen gärtnerischen Betriebsmittel zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen werden. Im Zuge des Verfahrens erstattete der Antragsteller den Teilungsvorschlag AS 20 f.

Die Antragsgegnerin führte aus, daß eine Teilung des Betriebes im Hinblick auf die damit entstehenden Kosten zur Zeit nicht möglich sei. Sie begehrte, ihr die Alleinbenützung zuzusprechen (AS 31) und bot eine Ausgleichszahlung an (AS 63).

Das Erstgericht regelte die Benützung des „von den Streitteilen betriebenen Gärtnereibetriebes“ im wesentlichen dem Teilungsvorschlag des Antragstellers folgend dahingehend, daß dem Antragsteller die in der einen Bestandteil des Beschlusses bildenden Skizze mit den Zahlen 1, 2, 4, 5, 7, 14, 15 und 16 bezeichneten Beete sowie die Hälfte des mit 3 bezeichneten Beetes, der Schuppen und die Garage sowie 3/4 der „Freifläche“ (in Längsrichtung geteilt), das unmittelbar an das Wohnhaus anschließende Glashaus, das anschließende Heizhaus und das unmittelbar daran anschließende Glashaus sowie im Wohnhaus das „Wohnzimmer“ und „Schlafzimmer“ zum ausschließlichen Gebrauch zugewiesen wurde, während die von dieser Aufzählung nicht erfaßten Beete, Einrichtungen und Räume ausschließlich von der Antragsgegnerin genutzt werden sollten. Lediglich Bad und WC im Wohnhaus wurde beiden Parteien zur gemeinsamen Nutzung zugewiesen. Es stellte fest, daß der Antragsteller und seine Mutter am gegenständlichen Standort zwei Gärtnereiunternehmen betrieben haben, wobei weder eine Gebrauchsregelung noch eine sonstige Vereinbarung über die Nutzung der Flächen und Betriebsmittel getroffen worden sei. In Anbetracht des guten Einvernehmens seien die Betriebe ohne förmliche Aufteilung geführt, die Beete gemeinsam bepflanzt und die Superädifikate gemeinsam genutzt worden. In der Zeit von 1967 bis 1989 seien zahlreiche Investitionen im Betrieb vorgenommen worden, ohne daß als erwiesen angenommen werden könnte, daß diese ausschließlich Anna S***** oder dem von ihr geführten Teilunternehmen zugeordnet werden könnten. Der Antragsteller habe immer den Beruf eines Gärtners ausgeübt. Nach dem Tod der Anna S***** sei zwischen den Erben keine Einigung über die Fortführung des Gärtnereibetriebes zustande gekommen.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß die Parteien Miteigentümer eines Gärtnereiunternehmens seien. Hiebei sei es unerheblich, daß der Antragsteller und seine Mutter an diesem Standort jahrelang zwei Unternehmen betrieben haben, da es niemals zu einer exakten Abgrenzung gekommen sei. Auch sei unerheblich, wann einzelne Investitionen vorgenommen worden seien, da der Antragsteller und seine Mutter die Gärtnerei gemeinschaftlich betrieben hätten, ohne Gewinn, Investitionen oder Betriebsmittel genau aufzuteilen. Es könne daher keinesfalls davon ausgegangen werden, daß sämtliche Investitionen ausschließlich von der Mutter des Antragstellers vorgenommen worden seien. Vielmehr sei zugrundezulegen, daß der Antragsteller mit seiner Mutter konkludent eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet habe, woraus sich im Zweifel die Zurechenbarkeit der Investitionen entsprechend den Miteigentumsanteilen, somit je zur Hälfte, ergebe. Grundsatz der Benützungsregelung sei, daß jeder Miteigentümer die Sache annähernd im Umfang seines Miteigentumsanteiles nutzen könne. In Anbetracht des Umstandes, daß der Miteigentumsanteil des Antragstellers 3/4 betrage, entspreche der Teilungsvorschlag der Antragsgegnerin, ihr die Alleinbenützung zu gewähren, keinesfalls der Billigkeit. Der Antragsteller sei Zeit seines Lebens als Gärtner tätig gewesen und bedürfe für die Sicherung seiner Existenz der Fortführung des Unternehmens, während die Antragsgegnerin immer nur „aushilfsweise“ im Betrieb mitgearbeitet habe. Die vom Antragsteller vorgeschlagene Benützungsregelung sei daher angemessen. Die Tatsache, daß dem Antragsteller vor einigen Monaten die Gewerbeberechtigung entzogen worden sei, sei ohne Bedeutung, zumal der Antragsteller diese durchaus wiedererlangen könne. Die Tatsache, daß der Sohn der Antragsgegnerin vom Finanzamt an einem Holzhaus begründete Pfandrechte erworben habe, sei auf die Benützungsregelung ohne Einfluß, da die Identität mit dem dieser unterfallenden Wohnhaus nicht gegeben sei.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Gericht zweiter Instanz unter anderem dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es den Antrag auf Benützungsregelung abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteige. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig. Die Benützungsregelung setze rechtliche Verfügbarkeit der in Betracht kommenden Liegenschaftsteile oder Räume voraus. Der im Miteigentum der Streitteile stehende Überbau und das Wohnhaus diene dem Gärtnereibetrieb und stehe damit dem Eigentümer nicht ohne weiteres zur Verfügung, sondern teile das rechtliche Schicksal des Unternehmens, sodaß eine Regelung darüber nur im Zusammenhang mit einer Verfügung über die Gärtnerei getroffen werden könne. Die Benützungsregelung betreffend Sachen, die zum gesellschaftsrechtlich gebundenen Betriebsvermögen gehören, sei ausgeschlossen. Auch ohne Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses könne eine Unternehmensteilung, die inhaltlich der beantragten Benützungsregelung zugrundeliege, nicht durch außerstreitige Benützungsregelung vorgenommen werden. Für eine derartige Auseinandersetzung stehe bloß der Rechtsweg offen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Antragstellers ist berechtigt.

Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß wiederholt ausgesprochen wurde, eine Benützungsregelung finde hinsichtlich gesellschaftsvertraglich gebundener Güter der OHG oder KG nicht statt (Hofmeister in Schwimann ABGB § 835 Rdz 16; EvBl. 1957/263; MietSlg 15.026; 6 Ob 660/76). Tragende Begründung der zitierten Entscheidungen war jeweils, daß die Bestimmungen über die Gemeinschaft des Eigentums nach den §§ 825 ff ABGB auf das Gesamthandeigentum der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft am Gesellschaftsvermögen im Hinblick auf die im Handelsgesetzbuch getroffene Regelung über die Geschäftsführungsbefugnis der Gesellschafter keine Anwendung finden könne. Eine Benützungsregelung durch den Außerstreitrichter sei daher nicht möglich. Es wurde weiters wiederholt ausgesprochen, daß Erben, die ein vollkaufmännisches Einzelhandelsgewerbe weiterführen, so lange die Stellung von Gesellschaftern einer Offenen Handelsgesellschaft zukommt, als sie sich über die Form der Fortführung des Unternehmens nicht geeinigt haben (Aicher, Ostheim, OHG und Erbengemeinschaft, ÖJZ 1981, 253 mit zahlreichen Judikaturhinweisen). Nach dem Akteninhalt wurde aber von der verstorbenen Anna S***** weder ein Grundhandelsgewerbe im Sinne des § 1 Abs. 2 HGB (vgl. EvBl. 1954/278) betrieben noch kam ihr die Kaufmannseigenschaft kraft Eintragung gemäß §§ 2 und 3 Abs. 2 HGB zu. Eine den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches zu unterstellende gesellschaftsrechtliche Bindung des Teilungsgutes scheidet daher schon deshalb aus.

Das Erstgericht ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Sache davon ausgegangen, daß der Antragsteller mit seiner verstorbenen Mutter Anna S***** den Gärtnereibetrieb in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt habe. Besteht die Gesellschaft nur aus zwei Personen, so erlischt sie gemäß § 1207 ABGB durch den Tod der einen, ausgenommen den - hier nicht vorliegenden - Fall, daß die Gesellschaft zwischen Kaufleuten bestanden hat (vgl. Jabornegg in Schwimann ABGB § 1207 Rdz 3; EvBl. 1956/326). Durch die Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird das Gesellschaftsverhältnis in eine schlichte Miteigentumsgemeinschaft umgewandelt. Es gibt keine Liquidation, es fehlt auch der Begriff der Abwicklungsgesellschaft mit den sich daraus ergebenden rechtlichen Folgen (SZ 23/48; JBl. 1988, 516). Gemäß § 1215 ABGB ist die Teilung des Gesellschaftsvermögens quotenmäßig nach dem Verhältnis der Beteiligung am Hauptstamm vorzunehmen (GesRZ 1987, 206). Die - mangels Einigung im streitigen Verfahren durchzuführende (Gamerith in Rummel ABGB2 § 841 Rdz 5) - Teilung hat jedoch nur dann zu erfolgen, wenn keine (sei es auch konkludente) Vereinbarung der Miteigentümer entgegensteht (vgl zur Beendigung der Gesellschaft: GesRZ 1981, 225). Im gegenständlichen Fall haben sich beide Parteien für die Beibehaltung des Miteigentums und die Anrufung des Außerstreitrichters zwecks Benützungsregelung entschieden, wobei die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz ON 11 eine Teilung des Betriebes im Hinblick auf die damit entstehenden Kosten als zur Zeit nicht möglich bezeichnet hat, sodaß von einer der gerichtlichen Teilung zumindest derzeit entgegenstehenden (schlüssigen) Vereinbarung auszugehen ist.

Ebenfalls als schlichte Miteigentümer wären die Streitteile zu betrachten, wenn zwischen dem Antragsteller und seiner verstorbenen Mutter kein Gesellschaftsband bestanden haben sollte, worauf die Tatsachenfeststellung, es seien zwei getrennte Unternehmen geführt worden, hindeutet. Mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterläßt, entsteht zwischen diesen zunächst bis zur Einantwortung eine sich auf das Erbrecht beziehende schlichte Rechtsgemeinschaft gemäß den §§ 825 ff ABGB. Nach der Einantwortung werden die Erben, solange keine Erbteilung stattfindet, Miteigentümer der körperlichen Nachlaßsachen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile (Welser in Rummel ABGB2 § 550 Rdz 1 und 2). Die Gemeinschaft wird durch Erbteilung aufgehoben, die von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden kann, aber erst mit dieser dinglich wirksam wird. Sie erfolgt entweder durch Erbteilungsübereinkommen, für welches Vertragsfreiheit herrscht oder mangels Einigung durch Erbteilungsklage (Welser aaO Rdz 3). Nur in der gemeinsamen Fortführung des ererbten Unternehmens nach der Einantwortung ist der stillschweigende Abschluß eines Gesellschaftsvertrages zu erblicken (Wahle in Klang 2 V 502), wobei - wie bereits dargelegt - mangels abweichender Vereinbarungen bei Vorliegen eines Vollhandelsgewerbes eine OHG und bei Vorliegen eines Minderhandelsgewerbes eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsteht (ecolex 1990, 484).

Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich zweifelsfrei, daß eine gemeinsame Fortführung des Unternehmens der verstorbenen Anna S***** weder vorliegt noch beabsichtigt ist. Ganz im Gegenteil trachtet jede der Parteien ein eigenes Unternehmen durch Nutzung der vorhandenen Betriebsmittel unter Aufrechterhaltung des an diesen bestehenden Miteigentums zu betreiben.

Was nun die Rechtsansicht des Rekursgerichtes betrifft, die gegenständliche Benützungsregelung strebe in Wahrheit eine - im Verfahren außer Streitsachen nicht durchführbare - Unternehmensteilung an, ist vorerst darauf zu verweisen, daß der Antragsteller schon zu Lebzeiten seiner Mutter Hälfteeigentümer der strittigen Superädifikate war. Selbst wenn er seinen Anteil dem Unternehmen der Mutter zur Gänze zur Verfügung gestellt haben sollte, sind die diesem Vorgang zugrundeliegenden Bindungen, sei es in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sei es aufgrund familiärer Zuwendung und Rücksichtnahme durch den Tod der Anna S***** jedenfalls weggefallen. Diesbezüglich muß der rekursgerichtliche Einwand daher jedenfalls fehlschlagen. Hinsichtlich der in die Verlassenschaft gefallenen Anteile ist - ohne daß hier etwa Haftungsfragen im Sinne des § 27 HGB zu berühren wären - davon auszugehen, daß nach allen bisher zur Verfügung stehenden Verfahrensergebnissen die Parteien das Unternehmen der verstorbenen Anna S***** gerade nicht fortführen. Es ist nicht zu erkennen, weshalb in einem derartigen Fall die Parteien ihre aus dem Miteigentum entspringenden Rechte nicht geltend machen könnten. Daß das Teilungsgut ehemals einem Unternehmen gedient haben mag, könnte nunmehr die rechtliche oder tatsächliche Verfügungsgewalt der Miteigentümer nicht einschränken, zumal es auch dem Unternehmensinhaber, solange er nicht in Rechte Dritter eingreift, nicht verwehrt ist, über die dem Unternehmen gewidmeten Betriebsmittel zu verfügen oder die Widmung aufzuheben.

Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Außerstreitsache an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen, damit dieses sich mit den die Aufteilung betreffenden Einwendungen in den Rekursen beider Parteien gegen den erstinstanzlichen Beschluß auseinandersetzt.

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